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Die neuesten Publicationen der
'New Shakspere Society'.

Von

Nicolaus Delius.

Unsere englische Collegin hat dem im vorigen Jahresberichte besproche

nen Bande ihrer Transactions 1877-79 einen zweiten Band unter gleichem Titel und Datum folgen lassen, der sich vor dem vorhergehenden durch einen mannigfachen Inhalt auszeichnet. Die Fülle des dargebotenen Stoffes erlaubt nur das Interessanteste hier hervorzuheben. In der Sitzung der Gesellschaft, am 9. Mai 1879, las Mr. T. Tyler eine Abhandlung vor: 'Ueber Shakespeare's Aussöhnung mit der Welt, wie sie sich zeigt in den Dramen der vierten und letzten Periode'. Der Vortragende statuirt einen Contrast der Dramen dieser Periode mit dem deep gloom derjenigen der dritten Periode, der großen tragischen' und erklärt diese angebliche Wandlung in der Weltanschauung und Gemüthsverfassung des Dichters, aus dem erfolgten Wechsel seiner Lebensumstände und aus seinem Studium der Werke Bacon's. Solche Spuren dieser Lectüre sucht er dann in einzelnen Dramen, in Pericles, Tempest und Winter's Tale nachzuweisen. Mit Hilfe eines Passus aus Bacon's Advancement of Learning giebt Mr. Tyler dann eine weithergeholte Deutung einer Stelle im Tempest, die längst ihre viel einfachere richtige Erklärung gefunden hat. Es heißt da von der Hexe Sycorax (A. 1, Sc. 2) For one thing she did

They would not take her life,

d. h. man wollte sie in Algier nicht umbringen, weil sie sich dort hatte schwängern lassen. Tyler citirt dazu sonderbar einen Ausspruch Bacon's, dass die Ausübung der Hexenkunst zwar verdammlich, die Betrachtung derselben jedoch manchmal lehrreich sei.

Mr. Daniel erörtert nach einer Mittheilung des Professors Hagena einen Punkt der Eingangsscene zu K. Henry IV. Second Part, wo der deutsche Kritiker eine bisher übersehene Personenverwechselung von Seiten des Dichters nachgewiesen hat.

Miß Phipson verbreitet sich, von K. Henry VI. und gleichzeitigen Dramen ausgehend, über naturgeschichtliche Bilder und Anspielungen in den späteren Dramen Shakespeare's und giebt ein mit Zahlen belegtes Verzeichniss aller Objecte des Thierreichs, so weit es in seinen Werken repräsentirt ist. Im Anschluß daran folgt eine Abhandlung ähnlichen Inhalts von dem Rev. Kirkman in Bezug auf die in King Lear vorkommenden Thiernamen und deren specificirte Erwähnung in dem Munde der verschiedenen Personen des Dramas, je nach ihrer Charakteristik.

Eine animirte Polemik entspinnt sich sodann zwischen Dr. Ingleby, Mr. Malleson und Mr. Furnivall über die Frage, wo denn im Hamlet die 12-16 Zeilen zu finden oder nicht zu finden sein mögen, welche der Dänenprinz möglicher Weise in das Schauspiel von der Ermordung des Gonzago einschieben wollte?

Mr. Furnivall liefert aus zeitgenössischen Schriftstellern interessante Auszüge als Beiträge zur Kenntniß der Shakespearischen Astronomie und zur Erklärung darauf bezüglicher Stellen in den Werken des Dichters. Prof. Wilson setzt die in den früheren Transactions von ihm und Andern hinlänglich erörterte Frage der Zeitanalyse in Form eines Dialogs fort.

Eine höchst dankenswerthe Zugabe bilden auch zu diesem Bande der Transactions die unter dem Namen Scraps den einzelnen Abtheilungen angefügten Glossare ungewöhnlicher Wörter in Shakespeare's Drama mit Belegen derselben aus andern gleichzeitigen Schriftstellern.

Für deutsche Leser, insbesondere für Mitglieder unserer Gesellschaft interessant ist der Bericht, den Mr. Matthew über den Inhalt unserer Jahrbücher (XI-XIV) in eingehender, auch das Einzelne notirenden Weise giebt. Da des Verfassers ausgesprochene Absicht ist zu referiren und nicht zu kritisiren, so fällt auch für uns jeder Anlaß fort zu etwaiger Antikritik, da wo er ausnahmsweise einmal den Referenten mit dem Kritiker vertauscht hat.

Die zweite Publication gehört der als Shakespeare's England bezeichneten sechsten Serie an und enthält ein Werk, das schon 1869 für die 'Early English Text Society' herausgegeben war, das aber vermöge seines auch zu Shakespeare's Erläuterung wichtigen Inhalts wohl einen abermaligen Neudruck auch für diese Gesellschaft rechtfertigte. Es bringt unter dem gemeinsamen Titel 'The Rogues and Vagabonds in Shak

spere's Youth', der von den Herausgebern Viles und Furnivall herrührt, drei dieses Thema behandelnde Pamphlete, von verschiedenen sachverständigen Verfassern in der Jugendzeit unseres Dichters geschrieben. Das interessanteste dieser Pamphlete ist Harman's Caveat, als klassischer Zeuge schon früher theils citirt und ausgezogen in anderen Schriften, theils plagiirt von beliebten Vielschreibern der Shakespeare'schen Zeit, u. A. von dem bekannten Thomas Dekker, wie Furnivall in seiner lehrreichen Einleitung nachgewiesen hat. Es ist eine förmliche Naturgeschichte des Vagabunden- und Spitzbubenthums der Zeit, mit genauer Angabe der Klassenunterschiede, in die es zerfiel, der speciellen Charakteristik jeder einzelnen Branche und was das Frappanteste ist mit einem alphabetischen Namensverzeichnisse aller anrüchigen Individuen, die damals im Lande, wie es scheint, ziemlich öffentlich und ungenirt, ihr Wesen oder Unwesen trieben. Auch ein Glossar ihres üblichen Jargons ist von dem ehrenwerthen Harman mit dem Namen 'Peddelars Frenche' zusammengestellt und beigefügt. Die dritte Publication der New Shakspere Society schließt mit der Ausgabe des King Henry V. The Edition of 1623, newly Revised and Corrected with Notes and an Introduction by W. G. Stone die Reihe der vorherigen, von der Gesellschaft herausgegebenen Editionen dieses Dramas ab. Zuerst erschien die verstümmelte Quartausgabe, dann der Foliotext, endlich die beiden Paralleltexte einander gegenübergestellt. Da selbstverständlich alle diese drei Ausgaben genau den Druck der Originale wiederzugeben hatten, also der Foliotext bereits zweimal in seiner eigenthümlichen Orthographie abgedruckt ist, hätte vielleicht ein dritter Abdruck in dieser corrigirten und revidirten Edition erspart und die den Lesern geläufigere gewöhnliche Rechtschreibung eingeführt werden können. Das unbeschränkteste Lob aber gebührt dem Herausgeber für den ausführlichen, jeden einzelnen Punkt erläuternden Commentar, sowie der nach allen Seiten hin orientirenden Einleitung, mit denen er diesen abschließenden Band ausgestattet hat.

Literarische Uebersicht.

Blackie's comprehensive School Series. The Shakespeare Reader, being Extracts from the Plays of Shakespeare with introductory Paragraphs and Notes, grammatical, historical and explanatory. By C. H. Wykes. (Blakie & Son.)

Hunter, Rev. John. M. A., Annotated Shakespeare. With explanatory and illustrative notes, selected criticisms on the play, etc. 35 Hefte. Neue Ausgabe. Longman, Green & Co.

Macbeth

Shakespeare's Tempest edited by J. M. D. Meiklejohn, M. A., with notes, examination papers and plan of preparation. W. & R. Chambers, London & Edinburgh.

Drei Ausgaben, hauptsächlich für den Schüler-Gebrauch. Die letzte enthält recht gute sprachliche Noten.

Blackie's Sammlung ist etwas bedenklich. Mr. Wykes ist sehr gewaltsam in usum Delphini vorgegangen, und führt uns einen Gentleman vor, den wir nicht als Shakespeare erkennen, und der wahrscheinlich auch nicht von Shakespeare als sein Alter ego anerkannt werden würde. Es gehört wirklich eine gute Portion Kühnheit oder Naivetät dazu, um so mit einem Shakespeare umzuspringen!

Shakspere in old spelling, by F. J. Furnivall. Diese Ausgabe in der Schreibweise der ersten Drucke wird unter materieller Mithilfe der New Shakspere-Society in 8 Bänden zum Preise von 4 bis 5 Mark per Band, bei George Bell, London und Cambridge erscheinen.

The first Quarto Edition of Hamlet, 1603: Two Essays to which the Harness-Prize was awarded 1880. By C. H. Herford, B. A. and W. H. Widgery, London 1880.

Wieder eine Behandlung der alten Frage vom Werthe der beiden Quartos, und von dem früheren Hamlet. Beantwortet wird die Frage ebenso wenig erschöpfend wie dies bisher der Fall war.

Denton J. Snider, System of Shakespeare's Dramas. 2 vols. St. Louis 1880. (London, Trübner & Co.)

Ein freundliches Bild der persönlichen Beziehung zwischen Shakespeare und dem Autor ein neuer Beitrag zu den vielen subjectiven Behandlungen der Frage:

'Was hat der Dichter sich dabei gedacht? Was hat er damit sagen wollen?' Jedermann hat das Recht, seine Meinung darüber auszusprechen, Jedermann das Recht, die gedruckte Meinungsäusserung des Andern zu lesen, aber nothwendig ist im vorliegenden Falle Beides nicht.

Halliwell-Phillipps, J. O. Memoranda on the Tragedy of Ham

let. London 1879.

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Die Zeitperiode drückt allen Leistungen und Lebensäusserungen ihren Stempel auf. Die romantische Periode bringt ideale, die materielle bringt realistische Philosophen zu Tage sie sind die getreuen Dollmetscher des Zeitgeistes, in dessen Nachtrab sie lärmmachend einhereilen. Was Wunder, daß die ästhetische Kritik es nicht anders treibt?! Früher konnte sie in Hamlet die Seele erkennen, die unter der ihr aufgebürdeten Last zusammenbricht, den philosophischen Traumer, dem sein Gedankenspiel Thatsache ist, während die Bedeutung der Thatsache vor den Sinnen zerflattert. Und heute? Dem Realismus, der zur Fratze wird wenn er der Poesie huldigen will, ist Hamlet der thatkräftige Held, der aber an der übermächtigen Gewalt des Schicksals seine Kraft vergeudet, und untergeht. Wie arm, wie grenzenlos arm an dichterischem Verstehen sind Diejenigen, welche das traurige Verdienst haben, diese Theorie nicht populär gemacht zu haben, denn glücklicher Weise ist sie das noch nicht; es gehört doch eine geraume Zeit dazu, ehe der gesunde Sinn eines ganzen Volkes und ganzer Völker depravirt wird aber aufgestellt zu haben. Sie brauchen einen Zeugen, der es auf seinen Diensteid nehmen kann, daß Claudius den Mord begangen habe; einen Schutzmann z. B., der zufällig am Garten vorüberging, und durch eine schadhafte Stelle in der Mauer sah, wie Claudius dem schlafenden Könige Hamlet das Gift in's Ohr goß. Das wäre so etwas für die Herren! Ein Königreich für solchen Schutzmann. Dann hätten Sie einmal sehen sollen, wie lustig unser Hamlet an's,,Rächen" gegangen, und wie die in ihm steckende latente Energie explodirt wäre! Diese Richtung widerlegen? O nein! Wenn das der Hamlet selbst nicht vermochte, wo jeder Satz fast ein Veto gegen solche Auffassung hinausschreit, wenn nicht die Inhaltlosigkeit ihrer Argumente und die absolute Beleglosigkeit derselben sie zur Umkehr drängte, wer sollte sie überzeugen? Und es ist auch nicht nöthig. Derartige Anschauungen sind Krankheitssymptome der Zeit, Krampfanfälle und Producte innerer Störungen. Der Patient aber hat einen gesunden Körper, schüttelt die Krankheit von sich ab, und lacht die Freunde aus, die um ihn in Sorge waren.

Wenn diejenige Generation vom Schauplatze verschwunden sein wird, welche sich zu Aposteln solcher Auffassung machen liess, weil sie ihr in anziehender Form vom Catheder entgegentrat, dann verschwindet mit der Generation auch die Auslegung, und Shakespeare und Hamlet kommen wieder zu ihrem Rechte. Da beide unsterblich sind, können sie es aushalten, ein kurzes Decennium lang von einem kleinen Kreise verkannt zu werden. An ein ernstes Widerlegen wird man zu gehen haben, wenn die Krankheit weiter friẞt, und den gesunden Sinn des Volkes gefährdet, früher nicht!

Beklagenswerth aber ist es, wenn ein alter, tüchtiger und bewährter Kämpe im Kreise des Shakespearethums, sich von dieser modernen Deutung verlocken läßt. Aber er giebt uns selbst die Erklärung dafür im Vorworte: 'Let me add that the more I read of the tragedy of Hamlet, the less I really understand it as a whole.. Der Rahmen, in den er sein Bild faßt, ist characteristisch genug; im Anfang (pag. 13) lesen wir:

The present favourite idea is that in Hamlet the great dramatist intended to delineate an irresolute mind oppressed by the weight of a mission which it is unable to accomplish. This is the opinion of Goethe, following, if I have noted rightly, an English writer in the Mirror of 1780. careful examination of the tragedy will hardly sustain this hypothesis.' Und das Postscript sagt:

A

"The preceding memoranda were in type before I noticed that one or two of my views had been anticipated by Ritson in the year 1783, in remarks

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