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obendrein unmittelbar nachher erfahren. Somit stände die Verstimmung unsres Helden fest, als deren Factoren sich also wirklich seine Eifersucht auf seine Selbstständigkeit und seiner Gattin aus ihm geschöpftes Glücksgefühl erwiesen haben.

Vielleicht um aus dieser Verstimmung sich zu retten, geht Othello äußeren Geschäften nach, von denen er dann mit Jago zurückkehrt. Da sieht er Cassio bei seinem Erscheinen sich zurückziehen. Jezt hat Jago leichtes Spiel, die Eifersucht in ihm zu wecken, oder vielmehr er ist es gar nicht, der sie in ihm weckt. Der Dichter hat es flar genug dargelegt, daß sie in demselben Augenblick in ihm erwacht, in dem Jago sein erstes wohl gezieltes Geschoß gegen ihn richtet. Rötscher (S. 184) hat sonderbarer Weise ganz übersehen, daß schon in dem nun folgenden Gespräch mit Desdemona das Mißtrauen gegen sie in Othello lauert, und datirt dasselbe erst von seiner Unterredung mit Jago. Aber noch eh' er zu Desdemona tritt, ist es in ihm, und Rötscher's Auffaffung Othello's als des „arglosen Gemüths," der „arglofen Seele“, zeigt sich gleich hier als eine arge Täuschung. Oder ist das das Kennzeichen eines arglosen Gemüths, das Arge (Jago selbst nennt es so), das in Andern sich noch verhüllt kundgibt, alsbald zu errathen? Zeugt nicht ein solcher Scharffinn vielmehr gegen den, der ihn bethätigt? Othello aber ist wahrlich nicht der Reine, dem Alles rein ist," denn er besißt diesen Scharffinn; seine bloße Frage: ,,War das nicht Cassto, der mein Weib verließ?" beweist, daß er Jago's Ausrüf: „Ha! das gefällt mir nicht!" sogleich verstanden oder vielmehr, daß er dasselbe schon bei fich gedacht hat. Hiemit stehen wir an der Schwelle, an der ersten Aeußerung seiner Eifersucht, denn dieser Gedanke ist schon Argwohn, schon ein Zweifel an der Treue Desdemona's, der, wie wir sahen, mit seiner Liebe selbst gefeßt war, weil sie von der Prüfung, von dem Gegensatz zu ihr ausging, und dieser Zweifel mußte jezt in ihm erwachen, weil er vermöge der selbstischen Natur seiner Liebe nur

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Endlich gehört aus unserm Drama noch hieher Emiliens Knien, als Othello feine Gattin als feile Dirne besuchen will. Auch dessen Bedeutung ist unklar ausgedrückt, erst später in der Schlußscene ergibt sich mit ziemlicher Gewißheit, daß sie schon damals das Tuch im Sinne hatte, das sie Jago gab, da sagt sie: I thought so then, I'll kill myself for grief. Sie wagte nämlich nicht, ihren Gedanken Worte zu geben, denn ihr leitender Grundsaß war: It's fit I obey my husband, dieser Gehorsam mit seinem ganzen Inhalt von Liebe, Furcht 2. band ihr die Zunge.

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ihre Beziehung auf ihn anerkennt, sie jezt aber in Beziehung zu einem Andern findet; nun ist dieser Andere noch überdies derselbe, für den sie kaum noch „, tapfer" gesprochen hatte, und er schon in Uns muth gegen fie... Wenn es also vorher seine Selbstständigkeit als Organ des Staates war, deren der sittliche Geist sich bediente, um diesen Unmuth in ihm zu erregen, so sezt derselbe jezt auf dieser Basis seine selbstsüchtigen Ansprüche auf ihren ausschließlichen Besiz in Thätigkeit, die nun wieder aus sich selbst die Eifersucht erzeugen. Diese aber sind nicht weniger aus seiner Selbstständigkeit entsproffen, aus seiner Selbstständigkeit als Individuum, die er ihr gegenüber noch bewahrte, statt sich mit seinem ganzen Sein an ste hinzugeben; denn der Mangel diefer seiner Hingebung zwingt ihn eben, die ihrige für sich zu fordern, mithin ihrer Freiheit Gewalt anzuthun und sie zur Sache herabzusehen. Nun aber folgt aus dieser seiner Stellung ihr gegenüber, die die einzige Quelle der Eifersucht ist, daß, sobald er ihr verfallen ist, eine Verständigung zwischen ihm und dem Gegenstande seiner Liebe unmöglich ist; denn eine solche findet nur Statt, wó Eins das Andere als gleichberechtigte Persönlichkeit anerkennt, das aber ist hier eben ausgeschloffen, und wir sahen schon, daß Othello gleich Anfangs nicht bloß Desdemona's Bitte, sondern sie selbst abs gewiesen hatte, obschon er damals noch mit Gründen begann. Jezt also, wo der Zweifel an ihrer Treue durch ihre Beziehung zu Cassio in ihm erwacht ist, kann derselbe durch keine Verständigung mit ihr gehoben werden, an ihre Stelle tritt die Prüfung, wie sie einst die Basis seines Glaubens war. Aber diese Prüfung, die vom Mißtrauen ausgeht, schließt die Verlegung der Offenheit, als des äußern Ausdrucks des Vertrauens, nothwendig in sich sie kann nur geschehen einerseits durch die eigne Verstellung Othello's, andrerseits durch heimliche Ueberwachung seiner Frau mit Hülfe Andrer. Somit kehrt sich der sittliche Geist durch Othello's eignes Wesen zunächst gegen die Erscheinungsform seines eigentlichen Wesens, feines Selbstgefühls, denn die Bedeutung, sahen wir, hat seine Offenheit. Die Verstellung ist das erste Stadium seines Untergangs, andrerseits aber würde die Hülfe Andrer, wenn er sie in Anspruch nähme, seine Selbststäns digkeit selbst bedrohen, die er der Geliebten nicht hingeben wollte, womit dann der Kern seines Wesens bloß gestellt wäre.

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Sehen wir jegt, wie Othello sich Desdemona gegenüber verhält. Daß es Cassio war, der von ihr ging, weiß er; er hatte noch kaum

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gesagt: „Ich glaub', er war's." Jezt erzählt ihm Desdemona, sie habe mit einem Bittenden gesprochen, der in seiner Ungnade schmachte : Worte, die den legten Zweifel bannen mußten, wenn überhaupt ein folcher in ihm war. Er aber fragt, als hätt' er keine Ahnung, daß es Caffio gewesen sei, und als hätte er die Sache Cassio's ganz vergeffen, scheinbar unbefangen: Wer ist es, den du meinst?" Und diese Verstellung seht er fort:,,Ging er jeßt fort?" fragt er, fie beobachtend, statt auf ihre Rede einzugehen, die er vielmehr gar nicht beachtet. Jezt also hat er keine Gründe mehr, um ihre Bitte abzuweisen, ja er schlägt sie ihr überhaupt nicht ab, weil er dann Gründe nennen müßte, scheint vielmehr nur durch äußre Umstände gehindert, fie ihr jezt zu gewähren, und gewährt sie ihr sogar, obschon nicht ausdrücklich Alles, nur um ihrem Drängen oder vielmehr um ihr selbst zu entgehen, denn er endigt mit der Gegenbitte, „ihn nur ein wenig sich selbst zu überlassen,“ offenbar voll innrer Ungeduld.

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So hat er sich durch sein Mißtrauen selbst der Möglichkeit beraubt, den Grund deffelben aufzuheben. Er ist ferner zum ersten Male, wenn auch noch unbewußt, von der Wahrheit und Offenheit abgefallen und hat, wie wir gleich sehen werden, Bitterkeit gegen sie in sich genährt - Alles um seiner Selbstständigkeit willen in dem Sinne, wie wir es vorher ausgesprochen haben. Jezt fragt sich, ob er diese da zu wahren wissen wird, wo sie zu wahren ebenso sehr Pflicht war, wie dort ein Vergehn. Aber schon a priori läßt sich behaupten, daß er sie hier nicht wahren wird. Denn der Zerfall mit seiner Gattin, die eine bloße Schöpfung seiner subjectiven Seite, der Bedürftigkeit in allen ihren Formen war, macht ihn um das, was er in fie verlegte, Armer, das aber ist seine ganze subjective Befriedigung, die an sie geknüpft ist; jener Zerfall mit ihr also, denn der ist in dem Zweifel schon gesezt, weckt nicht bloß seine frühere Bedürftigkeit, sondern steigert sie zugleich ins Unendliche, um durch sie auch seine Selbstständigkeit aufzuheben. Auch hat ihn seine Gattin, seiner Bitte folgend, kaum verlaffen, als er in einen Ausruf ausbricht, der einerseits ausdrücklich ausspricht, daß er schon der Eifersucht verfallen ist und somit den lezten Zweifel daran tilgt, andrerseits aber die Bedeutung derselben, die Bedeutung seines Zerfalls mit ihr, in kurzen Worten scharf bezeichnet: „Holdselige Unglückselige" (excellent wretch), sagt er,,,Verdammniß fasse meine Seele, außer (but) ich liebe dich! und wann (when) ich dich nicht liebe, ist das Chaos wieder da.“ Das

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Erstere betreffend, so weiht er sich zwar der Verdammniß, wenn er fie nicht liebe, aber nicht nur seht er in der zweiten Zeile ausdrücklich den Fall, daß er sie ein Mal nicht liebe, als möglich, auch die erste enthält dieselbe Möglichkeit, indem er sie negirt, infofern der Negation die Position in ihm vorausgegangen war. Die Bedeutung des Zweifels an ihrer Treue aber ist für ihn zunächst die, daß mit der leztern auch seine Liebe enden würde; das spricht er aus, indem er hier, als kaum der Argwohn gegen seine Gattin in ihm erwacht ist, schon seine eigne Liebe in Frage stellt. Und in der That ist das Aufhören seiner Liebe mit dem des Glaubens an die ihrige unmittelbar gesezt, weil er, wie wir wissen, sie nicht ihrer felbst willen, sondern allein wegen ihrer Liebe zu ihm liebt, sowie also diese für ihn fällt, muß auch seine Liebe fallen. Daß er selbst aber schon Bewußtsein davon hat, daß er selbst schon jezt das Aufhören seiner Liebe für möglich hält, liegt darin, daß, während einerseits ihre Liebe ein Lebensmoment für ihn geworden ist, er andrerseits doch selbstständig geblieben ist und ihr also, sobald sie sich von ihm lösen zu wollen scheint, selbstständig gegenüber, d. h. in Gegensah zu ihr tritt. Die Empfindungen, durch die dieser Gegensaß sich in ihm offenbart, find nothwendig gehässiger Art, eben weil sie ihm ein unentbehrliches Lebensmoment entziehen will und er ihr überdies kein selbstständiges Recht einräumt. Somit find mit dem Argwohn auch zugleich gehässige Empfindungen gesezt und wir haben schon a priori das Recht, diese in ihm vorauszusehen, als er feiner Gattin beobachtend und ausforschend gegenüberstand. Das nun bes stätigt er uns hier, denn allein daraus, aus der ań sich selbst gemachten Erfahrung, aus dem Erlebniß, daß die frühere liebevolle Gesinnung, wenn auch nur auf Augenblicke, durch gehässige verdrängt worden war, ist er zum Bewußtsein über sich gelangt, zu der Erkenntniß, daß seine Liebe wirklich enden könne. - Das ist die Eine Seite der Bedeutung, die der Zweifel an der Liebe seiner Gattin für ihn hat; noch aber hat ihre Holdseligkeit, die sich soeben wieder vor ihm entfaltete, jene Empfindungen aus ihm verdrängt, ja sie hat ihn ergriffen, und zum ersten Male stellt er sie als selbstständiges Wesen hin, deren Glück wie das seinige in Frage kommt. In diesem Sinne fagt er: „Holdselige Unglückselige, Verdammniß fasse meine Seele, wenn ich dich nicht liebe, die du so holdselig bist, denn dann bist du unglückselig, und dafür wär' ich der Verdammniß werth." Dann

aber geht er auf sich selber über, um das Loos zu schildern, das ihm fallen würde, wenn er sie ein Mal nicht liebte. Und, fagt er, für mich ist dann das Chaos wieder da! ́ein Ausruf, den wir nach Einer Seite früher schon besprochen haben. Die andre Seite, die hier noch in Frage kommt, die subjective Bedeutung, die derselbe für ihn hat, ist die, daß er dann als selbstständiges Wesen, als Kraft, aufhören und zum inhaltsleeren Atome werden würde. Der Weg dahin aber ginge durch die Zerstörung der jezt herrschenden Ordnung, der Objectivität.

So sehen wir die ganze Entwicklung unsres Dramas in diesem Einen Ausruf vorgezeichnet: der Haß gegen seine Gattin liegt schon, wenn auch noch unentwickelt, in Othello; dieser aber muß, zur Eristenz befreit, bis zu ihrer moralischen und physischen Vernichtung fortgehen, weil er nur so sich von ihr lösen kann, und sich von ihr lösen muß er, sobald er sie treulos glaubt, kraft des Selbsterhaltungstriebes, der jezt von seiner Selöstständigkeit allein übrig bleibt. Er selbst aber sinkt in dasselbe Nichts zurück, dem er seine Gattin zuführen will. Beides zu bewirken, dazu muß jene Bedürftigkeit dienen, die sich hier ergreifend äußert, dieselbe, der er früher nachgab, als er sich Desdemona vermählte und dadurch den sittlichen Geist verlegte. Indem er also durch diese seinem Untergang verfällt, zahlt er nur die Buße der Gerechtigkeit.

Es ist ein Irrthum Nötscher's, wenn er meint, Jago sei bloß bieder, soldatisch, treuherzig und derb; Jago ist stets ein Andrer je nach der Person, die er vor sich hat. Dem Cassio gegenüber ist er allerdings bloß Soldat, und dieser nennt ihn auch so in seinem ersten Gespräch mit Desdemona. Othello aber zeigt er sich von vorn herein in andrer Gestalt. Gleich in seinen ersten Worten stellt er sich ihm als fromm und heilsbedürftig hin, was allein schon hinreichen würde, dieselbe Seite in Othello zu vermuthen. Dann aber sehen wir ihn auch in derselben Scene schon besorgt um Othello's Wohl und Ehre, ein Zug, der wieder auf den entsprechenden in dèm Leztern hinweist, auf die subjective Bedürftigkeit desselben, die also Jago wohl erkannt hat. Später als Othello bei dem nächtlichen Lärm in feiner Brautnacht ihn auffordert, Rechenschaft zu geben, wer der Schuldige sei, Cassio oder Montano, sieht er nach Othello's eignen Worten bleich vor Gram,“ und als er nun beginnt, da schwört er:

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