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und zu dieser Erkenntniss musste Shakespeare alsbald nach seiner Ankunft in London kommen, wenn es nicht schon in Stratford geschah. Dieser Umstand liess ihn denn auch über die geringe Achtung hinwegsehen, welche der Schauspielerstand damals genoss und die er in seinen späteren Jahren bitter empfinden sollte. Vermuthlich war es weniger der innere Trieb zur Schauspielkunst, als das Verlangen seine und der Seinigen Lage gründlich und bleibend zu verbessern, was seine Wahl entschied; hätte er sich nicht in dürftigen oder bedrängten Umständen befunden, so wäre er trotz einer Neigung, die nicht hinweggeleugnet werden soll vielleicht nicht Schauspieler geworden.

Gewöhnlich wird das Jahr 1586 oder 1587 als der Zeitpunkt angenommen, zu welchem sich Shakespeare von seiner Heimath losriss, ohne dass jedoch irgend welche bestimmten Gründe zu Gunsten dieser Annahme geltend gemacht werden könnten. Wir haben unsere Ueberzeugung bereits dahin angedeutet, dass Shakespeare im Frühjahr oder Sommer 1585 nach London gegangen sein muss; auch die Gründe für diese abweichende Zeitbestimmung sind bereits im Verlaufe unserer Darstellung angegeben. Alle Umstände lassen sich so nicht allein am besten vereinigen, sondern scheinen. uns förmlich auf diesen Zeitpunkt hinzudrängen die Geburt der Zwillinge und die entscheidende Wilddieberei, die schon desshalb in die ersten Monate des Jahres 1585 gesetzt werden muss, weil wir sehr bald danach Sir Thomas Lucy im Parlamente bemüht sehen, seinen Wildstand durch gesetzliche Massregeln zu schützen. Aber auch eine andere Erwägung spricht für 1585. Wir haben gesehn, dass Shakespeare bereits 1589 bedeutend genug war, um von Thomas Nash angegriffen zu werden und aller Wahrscheinlichkeit nach (ausser andern Stücken) schon damals den Hamlet in seiner ersten Gestalt auf die Bühne gebracht hatte. Im folgenden Jahre schrieb er wahrscheinlich schon den Sommernachtstraum, und im J. 1592 hatte er bereits eine so hohe Stufe sowohl des Ruhmes als auch des Wohlstandes erstiegen, dass ihn Robert Greene in seinem nachgelassenen Pamphlet A Groatsworth of Wit als 'an absolute Johannes Factotum and, in

his own conceit, the only Shake-scene in a country' bezeichnen konnte. Shakespeare's Laufbahn, wie wunderbar schnell sie auch zum Gipfel emporstieg, würde ans Unglaubliche gränzen, wenn er eine solche Höhe in vier oder fünf Jahren erreicht haben sollte. Ueberhaupt führen die neuesten Untersuchungen darauf hin, dass die von den frühern Biographen und Kritikern angenommenen Daten in Shakespeare's Lebensgeschichte fast durchgängig etwas zu spät angesetzt sind. Er begann ganz ähnlich wie B. Jonson seine Laufbahn sehr frühe und schwang sich sehr schnell empor, allein man darf dies schnelle Emporsteigen nicht ausschliesslich auf die ersten Jahre seines Londoner Aufenthaltes beziehen wollen, sondern es vertheilt sich gleichmässig über seine ganze Lebensentwickelung. Aus diesen Gründen halten wir 1585 als das Jahr der Shakespeare'schen Hegira wie man sich öfter ausgedrückt hat

fest. 1

1) Wie wir bei der Biographie Shakespeare's. auf Schritt und Tritt von Verlegenheiten, Schwierigkeiten und Räthseln umgeben sind, so auch hier. In: The Castell of Courtesie, Chariot of Chastitie, and Diana and Venus by James Yates, Servingman, London 1582, John Wolfe, 4to finden sich S. 16: Verses written at the Departure of his friend W. S. when hee went to Dwell at London, in welchen mit dem Namen Will in ganz ähnlicher Weise gespielt wird wie in Sonett 135, 136, 143. Ist es möglich, dass dieser W. S. wirklich William Shakespeare war? Dann müsste er schon vor 1582 einen Versuch gemacht haben nach London überzusiedeln, was allerdings mit einer gleich zu erwähnenden Vermuthung Lord Campbell's nahe zusammen treffen würde. Anna Hathaway hätte dann vielleicht gar den Flüchtling zurückgeholt, damit er seinen Verpflichtungen gegen sie nachkomme. Hier fehlt uns aller Boden unter den Füssen, doch scheint der Umstand noch eine nähere Untersuchung zu verdienen. Nach Drake 339 scheint The Castell of Courtesie ein Unicum zu sein; leider giebt er nichts Näheres darüber an. Vergl. Censura Litteraria III, 175 und Fennell's Shakespeare - Repository 6.

III.

LONDON.

Ueber die Art und Weise, wie Shakespeare's Eintritt in London erfolgte, wird uns nicht der leiseste Fingerzeig zu Theil, und unsere Einbildungskraft hat daher freien Spielraum sich denselben nach Gefallen auszumalen. Die entscheidende Frage ist, ob wir es mit einer wirklichen Flucht oder mit einer Uebersiedlung zu thun haben. Verliess Shakespeare seine Vaterstadt heimlich oder mit Wissen und Willen seiner Familie? Liess ihn seine Frau gutwillig ziehen oder floh er vielleicht mehr noch vor ihr als vor Sir Thomas Lucy? Das sind Fragen, auf welche es keine anderen Antworten giebt als Vermuthungen je nach dem Bilde, welches man sich von Shakespeare's Charakter, seinen Familienverhältnissen und seiner ganzen Lage entwirft. Handelte es sich in der That um eine heimliche Flucht, so mag es Shakespeare vielleicht ähnlich ergangen sein, wie wenige Jahre später einem jungen Landsmanne, der möglicher Weise sogar ein weitläufiger Verwandter von ihm war. Das war John Sadler, wie Hunter (Illustrations I, 69) vermuthet ein Neffe Hamlet Sadler's und Schwager eines Quiney, über dessen Lebenswendung seine Tochter folgende Nachricht giebt. Der Vater dieses John Sadler, so lautet ihr Bericht, war ein vermögender Mann zu Stratford, welcher ein Einkommen von 400 Pfund besessen, dasselbe jedoch durch seine verschwenderische Lebensweise (his generous living)

1) The Holy Life of Mrs Elizabeth Walker, late Wife of A. Walker, D. D., Rector of Fyfield, in Essex. Lond. 1690. 8vo.

auf 80 Pfund herabgemindert hatte. Er hatte für seinen Sohn eine gute Partie auf dem Lande ausfindig gemacht, weshalb er ihn mit einem neuen Anzuge, einem guten Pferde und baarem Gelde versah und ihn auf die Werbung fortschickte. Der Sohn jedoch, der sich vor der Ehe fürchtete, gesellte sich unterwegs dem Hauderer (carrier) zu und kam mit diesem nach London, wo er noch nie gewesen war. Hier verkaufte er in Smithfield sein Pferd und ging, da er keinerlei Bekannte in London besass, von Strasse zu Strasse und von Haus zu Haus mit der Frage, ob man nicht einen Lehrling brauche; nach tausend abschlägigen und höhnischen Antworten fand er bei Mr Brooksbank, einem Krämer (grocer) in Bucklersbury, ein Unterkommen und arbeitete sich allmählich zu einem geachteten und wohlhabenden Kaufmann empor.'

Anders haben wir uns den Hergang zu denken, wenn wir mit Lord Campbell annehmen, dass Shakespeare bereits im Auftrage seines Prinzipals zur Besorgung von Rechtsgeschäften in London gewesen und folglich kein völliger Fremdling daselbst war; möglicher Weise hatte er bei einer

1) Thornbury (Shakespeare's England I, 342 und II, 26) sagt, leider ohne Quellenangabe, dass um 1564 von Canterbury, Norwich, Ipswich und andern Orten grosse Zeltwagen in Gang gesetzt wurden, um Reisende und Gepäck nach London zu bringen. Milton hat den Cambridger University Carrier' Thomas Hobson in zwei Grabschriften gefeiert. Im J. 1544 geboren, hatte dieser Hobson seit 1564 (Shakespeare's Geburtsjahr) bis zu seinem Tode (1631) allwöchentlich die Fahrt von Cambridge nach London und zurück gemacht, und sich dadurch wie durch den gleichzeitigen Betrieb der Ackerwirthschaft, Bierbrauerei und Gasthalterei ein ansehnliches Vermögen erworben. Er soll der erste Pferdeverleiher in England gewesen sein und bewährte sich in diesem Geschäfte so gut wie in den übrigen als ein redlicher und tüchtiger Mann; die Reisenden mussten bei ihm die Pferde der Reihe nach entnehmen (daher sprichwörtlich Hobson's choice). In 1 K. Henry IV, II, 1 haben die Kärrner allerdings keinen Wagen, sondern nur Packpferde, auf denen der eine u. a. eine Speckseite, der andere Truthähne nach London bringen soll. Der Sicherheit halber schliessen sich andere Reisende ihnen an, denn die Strasse von Rochester nach London war vorzugsweise verrufen. Vergl. Rye, England as seen by Foreigners 49 und 219 fg. Möglicher Weise hat sich auch auf dieser wie auf den andern Strassen der Zeltwagen aus dem Saumpferde entwickelt.

solchen Gelegenheit sogar einem oder dem andern Londoner Theater einen Besuch abgestattet. Was die von R. Gr. White (Shakespeare's Works I, XLVIII fgg.) aufgestellte Vermuthung betrifft, dass es Shakespeare's Plan gewesen. sei, die in Stratford begonnene advokatorische Laufbahn in London mit grösserem Erfolge fortzusetzen, so zerfällt sie nach dem oben Gesagten in sich selbst.

Das Einzige, was sich mit einiger Sicherheit aus einer Reihe von Thatsachen und Andeutungen abnehmen lässt, ist, dass Shakespeare verschiedene Landsleute in London besass, von denen sich voraussetzen lässt, dass einer oder der andere ihm hülfreiche Hand lieh. An der Spitze dieser Landsleute standen James und Richard Burbage, bezüglich deren schon Malone die von Knight (500), Collier1 u. A. gebilligte Vermuthung aufgestellt hat, dass sie aus Warwickshire stammten. Ein strenger Beweis lässt sich dafür freilich nicht erbringen, so viel aber ist sicher, dass die Burbages, gleich den Shakespeares, über Warwickshire und die angränzenden Grafschaften, besonders auch Hertfordshire, verbreitet, und dass eine oder mehrere Familien des Namens um die Mitte des 16. Jahrhunderts in Stratford ansässig waren; ein John Burbage war 1555 Bailiff daselbst, und am 12. Oktober 1565 verheirathete sich ebenda eine Ursula Burbage mit Robert Greene. Möglicher Weise war der junge Burbage mit den Dienern des Grafen Leicester in Stratford aufgetreten, und Shakespeare konnte bei dieser Gelegenheit seine persönliche Bekanntschaft gemacht haben. Auch John Heminge, der nachmalige Herausgeber der ersten Folio, scheint in Stratford oder Shottery zu Hause gewesen zu sein, wo nach Malone mindestens zwei Familien dieses Namens lebten. Elisabeth Heminge, Tochter eines John Heminge zu Shottery, wurde am 12. März 1567 zu Stratford

1) Spencer's Works ed. Collier I, XI Note. Der von Collier veröffentlichte angebliche Brief des Grafen Southampton an Graf Ellesmere, worin es heisst, Shakespeare und Richard Burbage seien both of one countie and indeede almost of one towne,' ist unecht. Knight, Wm Sh.; a. B. 496 fgg.

2) Vergl. Collier, Memoirs of the Principal Actors 2 und 12. Malone bei Drake 203 fg.

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