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Vorwort

ber Raleghs Person als Staatsmann und Kolonisator besteht eine

Über

umfangreiche Literatur mit großem biographischen Material.

Über Raleghs Schriften finden sich kaum mehr als spärliche und unvollständige Hinweise in den Lexicis, Biographien und Literaturgeschichten. Auch die Akademierede von C. A. Firth über die "History of the World" zu Raleghs 300jährigem Todestag gibt nur Einzelbetrachtungen und kein Gesamtbild von Raleghs geistesgeschichtlicher Leistung.

Dies wurde in der vorliegenden Arbeit auf Anregung von Friedrich Gundolf versucht.

Behandelt wurden vor allem Raleghs staatstheoretische Schriften weil sie den Kern seines politischen Denkens enthalten und also im Zentrum seines Werkes wie seiner geistigen Person überhaupt stehn und weil sie, wie sich aus der Quellenuntersuchung (Teil B der Arbeit) ergab, die erste englische Übertragung der neuen europäischen Staatsgesinnung der Renaissance, des Machiavellismus, sind.

So konnte neben der Einreihung Raleghs in den Zusammenhang der europäischen Geistesgeschichte des 16. Jahrhunderts ein Beitrag zur Geschichte des Machiavellismus gegeben werden, besonders durch die Aufzeigung der ersten englischen Übersetzungen von Machiavellis politischen Schriften und ferner ein Beitrag zur Geschichte der Übersetzungen im Elisabethanischen Zeitalter überhaupt.

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I. Kapitel

Raleghs geistesgeschichtliche Persönlichkeit

und literarisches Werk

ir Walter Ralegh, wegen der Schicksale und Wirrnisse seines Lebens

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Sucher des Eldorado und nüchterne Staatsmann der beginnenden britischen Weltmacht, nimmt seinen Platz in der Geistesgeschichte ein als der erste politische Schriftsteller in englischer Sprache im Sinne des durch die Renaissance neu erweckten Staatsgeistes und als Verfasser der ersten Universalgeschichte. Er hatte weder ein neues Weltgesicht wie Shakespeare, noch eine neue Weltanschauung wie Bacon, noch den Traum einer neuen Welt wie Columbus. Er war kein Schöpfer oder Gründer, sondern im Geistigen wie als Seefahrer: Entdecker, Eroberer und Kolonisator. Die wache Freude an jedem Neuen und Unbekannten, der rasche und zähe Griff zu durchdringen und zu besitzen und der tätige Wirkungswille des Nutzens und Ordnens unterscheidet ihn von den gelehrten Beobachtern und Sammlern wie von den Tagespolitikern oder gar den bloßen Genießern des eben erschlossenen neuen Geistes. Der gesamte Wissensstoff des Cinquecento war ihm zu eigen: Er las die lateinischen und französischen, die italienischen und spanischen Schriften im Original2, die griechischen und hebräischen Texte in Übersetzungen oder ließ sie sich von gelehrten Freunden erklären3, "an indefatigable reader whether by sea or land 4," also wenn auch von ihm selbst beinahe mit Verachtung geleugnet Humanist. Er war Soldat und großer Handelsherr ,,tam Marti, quam Mercurio" war sein Wahlspruch 5, - Seefahrer und Städtebauer, chemischer

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I Siehe ,,Virginien zur Kolonialzeit". Eine kulturgeschichtliche Studie von Joh. Hoops. Halle 1913.

2 Aus dem Tower bittet er Sir Robert Cotton um Bücher: "wherein I can read any of our written antiquities, or any old French history, wherein our nation is mentioned, or any else in what language soever." (Undatierter Brief: Edwards, Edw.: "Life of Sir Walter Ralegh," 1868, 2 vols. II, 322.) Siehe ferner verstreute französische, italienische und spanische ("Discovery of Guiana," p. 398/99) Zitate in Raleghs Schriften.

3 Nach eigener Aussage "History of the World," Pref. LXII.

4 Sir Robert Naunton: "Fragmenta Regalia," written about 1630. (English Reprints by E. Arber, 1870.)

5 Siehe Benj. Shirley, "The Life and Trial of Sir Walter Raleigh, 1677, p. 12; siehe auch Raleghs Kupferstich von R. Vaughan, "Remaines," 1656.

Experimentator und Dichter von Liebesliedern, Hofmann, Parlamentarier und Pirat, Puritaner und Freidenker: also,, uomo universale virtuoso“ der Hochrenaissance. Diese Fulle mannigfaltiger Fähigkeiten und Wirkungsbereiche bedingt auch die Verschiedenheit und den scheinbar uneinheitlichen Stil seines literarischen Werks vom Sonett bis zum Protokoll'.

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Daß der "Shepherd of the Ocean" auch ein Pastoraldichter war, scheint im Jahrhundert John Lilys und des Euphuismus zwar kaum erstaunlich: Das Versemachen war selbstverständliches Zubehör des Cortegiano und der stets bereite Ausdruck festlicher oder trauriger Stimmung. Doch Raleghs Gedichte haben einen eigenen, unverkennbaren Ton: "Sir Walter Ralegh's vein being most lofty, insolent and passionate." Der Zeit seiner Freundschaft mit Edmund Spenser und Marlowe gehört die Mehrzahl seiner Gedichte, obwohl sie der sinnlich-geistige Schmuck all seiner Lebensepochen bleiben von der ersten literarischen Huldigungsepistel des 24 jährigen an den Dichter Gascoigne3 bis zu dem letzten frommen und stillen Spruch, den Ralegh am Abend vor der Hinrichtung seiner Bibel einschrieb 4.

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Sein erstes bedeutenderes Prosawerk, vielleicht sein unmittelbarstes und lebendigstes Buch, ist "The Discovery of the Empyre of Guiana" (1596). Gleich nach seiner Rückkehr aus Amerika als Verteidigungs- und Werbeschrift abgefaßt, verdankt es dem frischen Ton seiner fahrfreudigen und augenfrohen, tagebuchartig berichteten Erinnerungen die große Popularität sofort nach seinem Erscheinen nicht nur in England, sondern auch auf dem Kontinent, in Deutschland und den Niederlanden 5.

Sein Hauptwerk aber ist die Weltgeschichte: "The History of the World," publ. for Walter Burre, London 1614. Hier hat der beste Kenner der gegenwärtigen Historie eine Darstellung der Geschichte des Universums geplant von der Erschatfung des Kosmos bis zur Elisabethanischen Zeit, mit wechselndem Ausdruck bald als gelehrter Astronom und Geograph, bald als Theologe und klassizistischer Rhetor wie als politischer Pragmatiker oder überlegener Feldherr.

Daß der große Gedanke einer Universalgeschichte in der "Preface" mit beinahe religiösem Schauer zum ersten Male verdichtet den noch kaum angebauten Acker der Historie nicht völlig zu durchdringen und zu

I Ralegh selbst "History of the World," Pref LXII: "If (the phrase be weak,) and the style not every where like itself; (the first shews their legitimation and true parent); the second will excuse itself upon the variety of matter. For Virgil, who wrote his Eclogues 'gracili avena,' used stronger pipes when he sounded the wars of Aeneas.”

2 G. Puttenham: "The Arte of English Poesie," 1589, L. I. Chap. XXXI (English Reprints by E. Arber 1869); ähnlich Francis Meres: "Palladis Tamia," 1598. (An English Garner, 1879, Vol. II, p. 100.)

3 "Prefatory verses prefixed to George Gascoigne's 'Steele Glass'," 1576 (George Gascoigne, English Reprints by E. Arber, p. 47, London 1868).

4 "Sir Walter Ralegh's Verses found in his Bible in the Gatehouse at Westminster." "Remains," 1651, p. 199.

5 Reprinted: R. Hakluyt, “Principal Navigations, Voyages etc." Vol. III, 1598. Übersetzt ins Lateinische: Nürnberg 1599, ins Holländische: Amsterdam 1605.

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