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XX.

Zur Topographie des alten Alexandria.

Nach Mahmûd Beg's Entdeckungen,

bearbeitet von H. Kiepert.

(Hierzu eine Karte Taf. IV.)

Die Topographie dieser grössten und wichtigsten hellenistischen Hauptstadt des Orients ist uns bisher nur in den allgemeinsten Zügen, die sich den zerstreuten und unbestimmten Angaben alter Schriftsteller entnehmen liessen und durch gelehrte Forschung gesammelt und verglichen wurden, *) bekannt gewesen. Viel weniger ist bisher durch Beobachtung an Ort und Stelle geleistet worden, da die Franzosen zur Zeit ihrer Besitznahme am Ende des vorigen Jahrhunderts, wenn sie sich auch das Verdienst erwarben den ersten einigermassen zuverlässigen Plan der Oertlichkeit aufzunehmen und zu veröffentlichen, doch während der verhältnissmässig kurzen Zeit der Occupation, wo ihre Gelehrten vollständig mit Erforschung der nationalen Alterthümer Mittel- und Ober- Aegyptens beschäftigt waren, leider die günstige Gelegenheit unbenutzt liessen, durch planmässige Ausgrabungen den ganzen antiken Stadtplan, ja selbst nur den Umfang der antiken Stadtmauern aufzudecken. Die Aus

*) Nach G. Parthey's von der königl. Akademie der Wissenschaften zu Berlin gekrönter Preisschrift: Das Alexandrinische Museum, Berlin, 1838, hat E. Desjardins das Resultat seiner eigenen Untersuchungen, aber nur in einem Stadtplane ohne jede Erläuterung bestehend, an einem Orte, wo man ihn kaum suchen wird, publicirt, nämlich bei Gelegenheit einer vergleichenden Uebersicht der durch Anschwemmungen bewirkten Veränderungen in Hafenanlagen des Alterthums, in seinem Aperçu historique sur les embouchures du Rhône, Paris 1866, pl. II. Topographie comparée de l'ancienne et de la nonvelle Alexandrie.

Zeitschr. d. Gesellsch. f. Erdk. Bd. VII.

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führung einer solchen Localuntersuchung wäre zu jener Zeit, wo die moderne Stadt (mit kaum dem dreissigsten Theile der heutigen Bevölkerung) in ihrer Ausdehnung fast ausschliesslich auf die alte Pharos-Insel und die dieselbe mit der alten Küste verbindenden, die Stelle der alten Häfen einnehmenden, erst im Mittelalter angeschwemmten sandigen Düne beschränkt war, unendlich viel leichter gewesen, als in der Gegenwart, wo nach und nach der grösste Theil der eigentlichen antiken Stadtlage theils durch zusammenhängende und meist in europäischem Styl solide aufgeführte Gebäudemassen, theils durch Gartenanlagen bedeckt worden ist: ein Anbau, der natürlich mit der schnell anwachsenden Bevölkerung der neubegründeten Handelsmetropole noch immer weiter landeinwärts fortschreitet und in nicht ferner Zeit die ganze antike Stadtlage überdeckt haben wird. Desto erfreulicher ist es, dass gerade noch zur rechten Zeit und unterstützt mit allen Mitteln der öffentlichen Autorität eine Localuntersuchung hat ausgeführt werden können, die, wenn sie auch nicht alle topographischen Fragen nach der Lage der von den alten Historikern erwähnten Hauptgebäude lösen konnte, doch die Hauptsache festgestellt hat, nämlich den genauen Umfang und die Strassenzüge der Gründung Alexanders und seiner ptolemäischen Nachfolger, in derjenigen rechtwinkligen Regelmässigkeit, die Strabon ausdrücklich bei Alexandria hervorhebt, die man überhaupt bei neuen Stadtanlagen jener schöpferischen Zeit (seit den ersten derartigen Bauplänen des perikleischen Zeitgenossen, Hippodamos von Milet) voraussetzen konnte und die man auch mehr oder weniger in den offen zu Tage liegenden, aber weniger umfangreichen Ruinen von Städteanlagen jener Zeit, in Klein-Asien, Syrien, Cyrene etc., wiederfindet nur dass die Richtung der Strassenzüge Alexandriens sich erheblich anders herausgestellt hat, als es die früheren hypothetischen Herstellungsversuche, mit dem vorausgesetzten Parallelismus zur Meeresküste, angenommen hatten.

Die unmittelbare Veranlassung zu dieser von Orientalen selbst ausgeführten Aufdeckungsarbeit hat natürlich nicht ein, unter jenem Volke bekanntlich nirgend vorhandener Wissenstrieb und Forschungseifer gegeben, sondern eine bestimmte Anregung von aussen, d. h. von Europa her, und zwar speciell das Autoren-Interesse Louis Napoleons, welcher der seit Jahren vorbereiteten, für den dritten Band der Histoire de Jules César bestimmten Darstellung der sogenannten Bürgerkriege eine ähnliche gesicherte militär-topographische Unterlage zu geben wünschte, wie durch die von ihm. angeregten verdienstlichen Localforschungen die gallischen Kriege sie bereits erfahren hatten. Der von Paris aus geäusserte Wunsch einer möglichst speciellen Localuntersuchung des alten Alexandria war natürlich für den dienstwillig befreundeten Satrapen am Nil

Befehl, zu dessen Ausführung er so glücklich war, die geeignete europäisch geschulte technische Kraft in seinem Lande zu besitzen. Der Hofastronom des Vicekönigs, Mahmûd Beg, Araber von Geburt, aber in Paris erzogen und ausgebildet, erhielt den Auftrag, mit Hülfe von zweihundert auf zwei Jahre zur Disposition gestellten Arbeitern die nöthigen Ausgrabuugen vorzunehmen und die Resultate derselben, sowie der neuen Vermessung der existirenden Anlagen auf einem grossen Plane niederzulegen, der im Massstabe von 1: 10000 ausgeführt, im Jahre 1867 vollendet und zur weiteren Benutzung nach Paris eingesendet wurde. Der Autor begleitete denselben mit einem ausführlichen, den ganzen Zusammenhang seiner Arbeiten, Entdeckungen und Hypothesen darlegenden Memoire in französischer Sprache, *) dessen Publication nach dem damals als nahe bevorstehend gedachten Erscheinen des betreffenden Theiles der Histoire de César er sich vorbehielt. Seitdem nun aber auf die Vollendung dieses Werkes überhaupt nicht mehr zu rechnen ist, hat Mahmûd Beg, wie er uns bei einem kurzen Aufenthalt in Berlin im Sommer d. J. selbst mittheilte, seine Arbeit an einem von seiner Heimath sehr entlegenen Orte, während eines längeren Aufenthalts zur Industrie-Ausstellung in Kopenhagen, drucken lassen und uns die freie Benutzung seiner Arbeit zu einer Darstellung der Hauptresultate gestattet. Ich gebe derselben nicht den grossen Originalplan bei, welcher ausser dem antiken Strassennetze auch den darüber gelegten modernen Stadtplan enthält, wie er sich bis zum Jahre 1867 entwickelt hatte **) in einem Detail, welches eine weitere Reduction auf kleineren Masstab kaum ohne Schaden der Deutlichkeit gestattet hätte, sondern eine vereinfachte, auf die Häfte des Originalmasstabes reducirte Fassung, in welcher die für unsern Zweck wichtigeren archäologischen Thatsachen als Hauptsache hervortreten.

1. Allgemeine Lage der Stadt.

Zwischen der Küste und dem mareotischen Sumpfsee breitet sich eine Kette von Kalkhügeln aus, deren Breite von 1 bis 3 Ki

*) Memoire sur l'antique Alexandrie, ses fauxbourgs et environs, découverts par les fouilles, sondages, nivellements et autres recherches faits d'après les ordres de S. A. Ismail Pacha par Mahmoud Beg, Astronome de S. A. 1867.

**) In der That stimmt auch dieser grosse Plan nicht mehr mit dem gegenwärtigen Zustande überein, besonders in Folge der vielfachen Neubauten in der Gegend des Bahnhofes (an der Südweststrecke der alten Stadt), wie ich mich im März 1870 an Ort und Stelle überzeugen konnte, und wahrscheinlich sind seitdem neue Veränderungen hinzugekommen.

lometer wechselt, deren grösste Erhebung 35 Meter beträgt und in der man überall 4 bis 5 Meter tief süsses Wasser findet. Die heutige Oberfläche, wo nicht stellenweise der nackte Fels zu Tage liegt, besteht aus den mehr oder weniger hohen Schuttanhäufungen der antiken Gebäude, welche mittelst Nachgrabungen bis auf den ursprünglichen Felsboden (an 50 Stellen) oder das Pflaster der alten Strassen (an 170 Stellen) durchbohrt wurden. Das hierdurch stellenweise direkt, für die zwichenliegenden Theile approximativ ermittelte antike Niveau ist auf dem Plane durch punctirte Horizontalcurven von 2 resp. 4 Meter Distanz angegeben, deren Höhen sich auf den tiefsten Wasserstand des Meeres beziehen, welchen die grösste beobachtete Fluthhöhe nur um 0,62 Meter übertrifft.

2. Umfassungsmauer.

Nordseite gegen den „Grossen Hafen“. Der Anfang der Mauer vom alten Damme des Heptastadion her liegt unter den Häusern der modernen Stadt; bei einem Neubau von solchen, nördlich der Kirche S. Athanasios, wurde vor einigen Jahren ein Stück der Ufermauer, welche hier zugleich die Stadtmauern trug, aufgedeckt. Weiter nach Osten hin, hat das Meer seit langer Zeit tiefer ins Land eingeschnitten und bedeckt gegenwärtig 2 bis 3 Meter hoch die gewaltigen Steinblöcke der alten Ufermauer, deren Lage den Fischern wohl bekannt ist und die bei stillem Wetter deutlich sichtbar sind, bis zu der vorspringenden Halbinsel, welche im Alterthume den Namen Lochias führte (jetzt Burdj-es-Silsile d. i. „Thurm der Kette"). Weiter östlich (bis zum arabischen Heiligengrabe Santon Schelibi) ist noch im Meere, aber nahe am Ufer, die 5m breite Grundmauer, aus Bruchsteinen und mit Ziegelstücken gemischtem Mörtel bestehend, auf 300m Länge sichtbar, dann setzte sie sich auf dem Lande und mit südöstlicher Biegung 200m weit ganz ähnlich fort. Die Ostseite der Mauer konnte nur nach schwachen Spuren bestimmt, nicht thatsächlich freigelegt werden, weil der sehr niedrige Boden, kaum 5m über dem Meere, sich voll von Wasser zeigte, welches die Nachgrabungen behinderte. Erst an der Südostecke, südlich vom Kanobischen Thore, traf man beim Neubau der kleinen Moschee el-Chadra wieder auf Reste derselben Mauer. *) Ebenso beeinträchtigt waren die Nachforschungen auf der Südseite der Altstadt durch die jetzt dort vorhandenen Gärten und Garten

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*) Da sie diese Spuren nicht kannten, haben die früheren Topographen, namentlich auch Parthey und Desjardins, die östliche Stadtmauer um ein Kilometer weiter einwärts verlegt, die Länge der Stadt also um etwa 1% verkürzt.

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