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Julius Cäsars Triumphzug, gemalt von Mantegna.

Erster Abschnitt. 1820.

Des Meisters Kunst im allgemeinßten.

An den Werken dieses außerordentlichen Künstlers, vorzüglich auch an dem Triumphzug Cäsars, einer Hauptarbeit, wovon wir näher zu handeln gedenken, glauben wir einen Widerstreit zu fühlen, welcher beim ersten Anblick nicht aufzulösen scheint.

Zuvörderst also werden wir gewahr, daß er nach dem strebt, was man Styl nennt, nach einer allgemeinen Norm der Gestalten: denn sind auch mitunter seine Proportionen zu lang, die Formen zu hager, so ist doch ein allgemein Kräftiges, Tüchtiges, Uebereinstimmendes durchaus wahrzunehmen an Menschen und Thieren, nicht weniger in allen Nebensachen von Kleidern, Waffen und erdenklichem Geräth. Hier überzeugt man sich von seinem Studium der Antike; hier muß man anerkennen, sey in das Alterthum eingeweiht, er habe sich darein völlig versenkt.

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Nun gelingt ihm aber auch die unmittelbarste und individuellste Natürlichkeit bei Darstellung der mannichfaltigsten Gestalten und Charaktere. Die Menschen, wie sie leiben und leben mit persönlichen Vorzügen und Mängeln, wie sie auf dem Markte schlendern, in Proceffionen einhergehen, sich in Haufen zusammendrängen, weiß er zu schildern; jedes Alter, jedes Temperament wird in seiner Eigenthümlichkeit vorgeführt, so daß, wenn wir erst das allgemeinste ideellste Streben gewahr wurden, wir sodann, nicht etwa neben an, sondern mit dem Höhern verkörpert auch das Besonderste, Natürlichste, Gemeinste aufgefaßt und überliefert sehen.

Lebensereignisse.

Diese beinahe unmöglich scheinende Leistung erklärt sich nur durch Ereignisse seines Lebens. Ein vorzüglicher Maler jener Zeit, Franz Squar= cione, gewinnt unter vielen Schülern den jungen, früh sich auszeichnenden Mantegna lieb, daß er ihm nicht allein den treuesten und entschiedensten Unterricht gönnt, sondern ihn sogar an Kindesstatt annimmt, und also mit ihm, für und durch ihn fortwirken zu wollen erklärt.

Als aber endlich dieser herangebildete glückliche Zögling mit der Familie Bellini bekannt wird und sie an ihm gleichfalls den Künstler wie den Menschen anzuerkennen und zu schäßen weiß, in solchem Grade, daß ihm eine Tochter Jakobs, die Schwester von Johann und Gentile angetraut wird, da verwandelt sich die eifersüchtige Neigung des ersten väterlichen Meisters in einen gränzenlosen Haß, sein Beistand in Verfolgung, sein Lob in Schmähungen.

Nun gehörte aber Squarcione zu den Künstlern, denen im fünfzehnten Jahrhunderte der hohe Werth antiker Kunst aufgegangen war; er selbst arbeitete in diesem Sinne nach Vermögen und säumte nicht seine Schüler unverrückt dahin zu weisen. Es sey sehr thöricht, war sein Behaupten, das Schöne, Hohe, Herrliche mit eigenen Augen in der Natur suchen, es mit eigenen Kräften ihr abgewinnen zu wollen, da unsere großen griechischen Vorfahren sich schon längst des Edelsten und des Darstellenswerthesten bemächtigt und wir also aus ihren Schmelzöfen schon das geläuterte Gold erhalten könnten, das wir aus Schutt und Grus der Natur nur mühselig ausflaubend als fümmerlichen Gewinn eines vergeudeten Lebens bedauern müssen.

In diesem Sinne hatte sich denn der hohe Geist des talentvollsten Jünglings unablässig gehalten, zu Freude seines Meisters und eigenen großen Ehren. Als nun aber Lehrer und Schüler feindselig zerfallen, vergißt jener seines Leitens und Strebens, seines Lehrens und Unterweifens; widersinnig tadelt er nunmehr, was der Jüngling auf seinen Rath, auf sein Geheiß vollbracht hat und vollbringt; er verbindet sich mit der Menge, welche einen Künstler zu sich herabziehen will, um ihn beurtheilen zu können. Sie fordert Natürlichkeit und Wirklichkeit, damit sie einen Vergleichungspunkt habe, nicht den höhern, der im Geiste ruht, sondern den gemeinern äußern, wo sich denn Aehnlichkeit und Unähnlichkeit des Origi= nals und der Copie allenfalls in Anspruch nehmen läßt. Nun soll Mantegna

nicht mehr gelten: er vermag, so heißt es, nichts Lebendiges hervorzubringen; seine herrlichsten Arbeiten werden als steinern und hölzern, als starr und steif gescholten. Der edle Künstler, noch in seiner kräftigsten Zeit, ergrimmt und fühlt recht gut, daß ihm, eben vom Standpunkt der Antike, die Natur nur desto natürlicher, seinem Kunstblick verständlicher geworden, er fühlt sich ihr gewachsen und wagt auch auf dieser Woge zu schwimmen. Von dem Augenblick an ziert er seine Gemälde mit den Ebenbildnissen vieler Mitbürger, und indem er das gereifte Alter im individuellen Freund, die köstliche Jugend in seinen Geliebten verewigt, und so den edelsten würdigsten Menschen das erfreulichste Denkmal sett, so verschmäht er nicht, auch seltsam ausgezeichnete, allgemein bekannte, wunderlich gebildete, ja, den letzten Gegensatz, mißgebildete darzustellen.

Jene beiden Elemente nun fühlt man in seinen Werken, nicht etwa getrennt, sondern verflochten. Das Ideelle, Höhere zeigt sich in der Anlage, in Werth und Würde des Ganzen; hier offenbart sich der große Sinn, Absicht, Grund und Halt. Dagegen dringt aber auch die Natur mit ursprünglicher Gewaltsamkeit herein, und wie der Bergstrom durch alle Zacken des Felsens Wege zu finden weiß und mit gleicher Macht, wie er angekommen, wieder ganz vom Ganzen herunterstürzt, so ist es auch hier. Das Studium der Antike giebt die Gestalt, sodann aber die Natur Gewandtheit und letztes Leben.

Da nun aber selbst das größte Talent, welches in seiner Bildung einen Zwiespalt erfuhr, indem es sich zweimal und zwar nach entgegengesetzten Seiten auszubilden Anlaß und Antrieb fand, kaum vermögend ist diesen Widerspruch ganz auszugleichen, das Entgegengesetzte völlig zu vereinigen, so wird jenes Gefühl, von dem wir zuerst gesprochen, das uns vor Mantegna's Werken ergreift, vielleicht durch einen nicht völlig aufgelösten Widerstreit erregt. Indessen möchte es der höchste Conflict seyn, in welchem sich jemals ein Künstler befunden, da er ein solches Abenteuer zu bestehen zu einer Zeit berufen war, wo eine sich entwickelnde höchste Kunst über ihr Wollen und Vermögen sich noch nicht deutliche Rechenschaft ablegen konnte.

Dieses Doppelleben also, welches Mantegna's Werke eigenthümlich auszeichnet, und wovon noch viel zu sagen wäre, manifestirt sich besonders in seinem Triumphzuge Cäsars, wo er alles, was ein großes Talent vermochte, in höchster Fülle vorüberführt.

Hiervon giebt uns nun einen genugsam allgemeinen Begriff die

Arbeit, welche Andreas Andreani gegen das Ende des sechzehnten Jahrhunderts unternommen, indem er die neun Bilder Mantegna's auf eben so viel Blättern mit Holzstöcken in bedeutender Größe nachgebildet, und also die Ansicht und den Genuß derselben allgemeiner verbreitet hat. Wir legen sie vor uns und beschreiben sie der Reihe nach.

1.

Posaunen und Hörner, kriegerische Ankündigung, pausbäckige Musifanten voraus. Hierauf andringende Soldaten, Feld, Kriegs- und Glückszeichen auf Stangen hoch emportragend. Roma's Büste voran, Juno, die Verleiherin, der Pfau besonders, Abundantien mit Fruchthorn und Blumenkorb, sie schwanken über fliegenden Wimpeln und schwebenden Tafeln. Dazwischen in den Lüften flammende, dampfende Fackelpfannen, den Elementen zur Ehre, zu Anregung aller Sinne.

Andere Krieger, vorwärts zu schreiten verhindert, stehen still, den unmittelbar nachfolgenden gewaltsamen Drang abzuwehren; je zwei und zwei halten senkrecht hohe, von einander entfernte Stangen, an denen man hüben und drüben angeheftet Gemälde lang und schmal ausgespannt erblickt. Diese Schildereien, in Felder abgetheilt, dienen zur Exposition; hier wird dem Auge bildlich dargebracht, was geschehen mußte, damit dieser überschwengliche Triumphzug stattfände.

Feste Städte von Kriegsheeren umringt, bestürmt durch Maschinen, eingenommen, verbrannt, zerstört; weggeführte Gefangene, zwischen Niederlage und Tod. Völlig die ankündigende Symphonie, die Introduction einer großen Oper.

2.

Hier nun die nächste und höchste Folge des unbedingten Sieges. Weggeführte Götter, welche die nicht mehr zu schüßenden Tempel verlassen. Lebensgroße Statuen von Jupiter und Juno auf zweispännigem, Koloffalbüste der Cybele auf einspännigem Wagen, sodann eine kleine tragbare Gottheit in den Armen eines Knechtes. Der Hintergrund überhaupt von hoch aufgethürmten Wagengerüsten, Tempelmodellen, baulichen Herrlichfeiten angefüllt, zugleich Belagerungsmaschinen, Widder und Balisten. Aber ganz gränzenlos mannichfaltig aufgeschichtet gleich hinterdrein Waffen aller Heeresarten, mit großem ernstem Geschmack zusammen und über einander gestellt und gehängt. Erst in der folgenden Abtheilung

3.

wird jedoch die größte Masse aufgehäuft vorübergeschafft. Sodann sieht man, von tüchtigen Jünglingen getragen, jede Art von Schäßen: dickbäuchige Urnen, angefüllt mit aufgehäuften Münzen, und auf denselben Traggestellen Vasen und Krüge; auf den Schultern lasten diese schon fchwer genug, aber nebenbei trägt jeder noch ein Gefäß oder sonst etwas Bedeutendes. Dergleichen Gruppen ziehen sich auch noch ins folgende Blatt fort.

4.

Die Gefäße sind von der mannichfaltigsten Art, aber die Hauptbestimmung ist gemünztes Silber heranzubringen. Nun schieben sich über dieses Gedränge überlange Posaunen in die Luft vor; an ihnen spielen herabhängende Bänder, mit inschriftlicher Widmung: Dem triumphirenden Halbgott Julius Cäsar; geschmückte Opferthiere; zierliche Camillen und fleischermäßige Popen.

5.

Vier Elephanten, der vordere völlig sichtbar, die drei andern perspectivisch weichend; Blumen und Fruchtkörbe auf den Häuptern, kranzartig. Auf ihrem Rücken hohe flammende Candelaber; schöne Jünglinge leicht bewegt, aufreichend, wohlriechendes Holz in die Flammen zu legen, andere die Elephanten leitend, andere anders beschäftigt.

6.

Auf die beschwerliche Masse der ungeheuern Thiere folgt mannichfaltige Bewegung; das Kostbarste, das höchste Gewonnene wird nun herangebracht. Die Träger schlagen einen andern Weg ein, hinter den Ele= phanten ins Bild schreitend. Was aber tragen sie? Wahrscheinlich lauteres Gold, Goldmünzen in kleinerem Geschirr, kleinere Vasen und Gefäße. Hinter ihnen folgt noch eine Beute von größerem Werth und Wichtigkeit, die Beute der Beuten, die alle vorhergehenden in sich begreift: es sind die Rüstungen der überwundenen Könige und Helden, jede Persönlichkeit als eigene Trophäe. Die Derbheit und Tüchtigkeit der überwundenen Fürsten wird dadurch angezeigt, daß die Träger ihre Stangenlast kaum heben können, sie nah am Boden herschleppen oder gar niederseßen, um, einen Augenblick ausruhend, sie wieder frischer fortzutragen.

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