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Von deutscher Bankunft.

D. M. Ervini a Steinbach. 1771.

Als ich auf deinem Grabe herumwandelte, edler Erwin, und den Stein suchte, der mir deuten sollte: Anno domini 1318. xvi. Kal. Febr. obiit Magister Ervinus, Gubernator Fabricae Ecclesiae Argentinensis, und ich ihn nicht finden, keiner deiner Landsleute mir ihn zeigen konnte, daß sich meine Verehrung deiner an der heiligen Stätte ergossen hätte, da ward ich tief in die Seele betrübt, und mein Herz, jünger, wärmer, thörichter und besser als jeßt, gelobte dir ein Denkmal, wenn ich zum ruhigen Genuß meiner Besißthümer gelangen würde, von Marmor oder Sandsteinen, wie ich's vermöchte.

Was braucht's dir Denkmal! Du hast dir das herrlichste errichtet; und kümmert die Ameisen, die drum krabbeln, dein Name nichts, hast du gleiches Schicksal mit dem Baumeister, der Berge aufthürmte in die Wolken.

Wenigen ward es gegeben, einen Babelgedanken in der Seele zu zeugen, ganz, groß, und bis in den kleinsten Theil nothwendig schön, wie Bäume Gottes; wenigeren, auf tausend bietende Hände zu treffen, Felsengrund zu graben, steile Höhen drauf zu zaubern, und dann sterbend ihren Söhnen zu sagen: Ich bleibe bei euch in den Werken meines Geistes; vollendet das Begonnene in die Wolken!

Was braucht's dir Denkmal! und von mir! Wenn der Pöbel heilige. Namen ausspricht, ist's Aberglaube oder Lästerung. Dem schwachen Geschmäckler wird's immer schwindeln an deinem Koloß, und ganze Seelen werden dich erkennen ohne Deuter.

Also nur, trefflicher Mann, ehe ich mein geflicktes Schiffchen wieder. auf den Ocean wage, wahrscheinlicher dem Tod, als dem Gewinnst Goethe, sämmtl. Werke. XXV.

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entgegen, siehe hier in diesem Hain, wo ringsum die Namen meiner Geliebten grünen, schneide ich den deinigen in eine deinem Thurm gleich schlank aufsteigende Buche, hänge an seinen vier Zipfeln dieß Schnupftuch mit Gaben dabei auf nicht ungleich jenem Tuche, das dem heiligen Apostel aus den Wolken herabgelassen ward, voll reiner und unreiner Thiere; so auch voll Blumen, Blüthen, Blätter, auch wohl dürres Gras und Moos und über Nacht geschossene Schwämme, das alles ich, auf dem Spaziergang durch unbedeutende Gegenden kalt, zu meinem Zeitvertreib botanisirend, eingesammelt, dir nun zu Ehren der Verwesung weihe.

Es ist im kleinen Geschmack, sagt der Italiäner, und geht vorbei. Kindereien! lallt der Franzose nach, und schnellt triumphirend auf seine Dose à la Grecque. Was habt ihr gethan, daß ihr verachten dürft?

Hat nicht der seinem Grab entsteigende Genius der Alten den deinen gefesselt, Wälscher! Krochst an den mächtigen Resten, Verhältnisse zu betteln, flicktest aus den heiligen Trümmern dir Lusthäuser zusammen, und hältst dich für Verwahrer der Kunstgeheimnisse, weil du auf Zoll und Linie von Riesengebäuden Rechenschaft geben kannst. Hättest du mehr gefühlt als gemessen, wäre der Geist der Massen über dich gekommen, die du anstauntest, du hättest nicht so nur nachgeahmt, weil sie's thaten, und es schön ist; nothwendig und wahr hättest du deine Plane geschaffen, und lebendige Schönheit wäre bildend aus ihnen gequollen.

So hast du deinen Bedürfnissen einen Schein von Wahrheit und Schönheit aufgetüncht. Die herrliche Wirkung der Säulen traf dich; du wolltest auch ihrer brauchen und mauertest sie ein, wolltest auch Säulenreihen haben, und umzirkeltest den Vorhof der Peterskirche mit Marmorgängen, die nirgends hin noch her führen, daß Mutter Natur, die das Ungehörige und Unnöthige verachtet und haßt, deinen Pöbel trieb jene Herrlichkeit zu öffentlichen Cloaken zu prostituiren, daß ihr die Augen wegwendet und die Nasen zuhaltet vorm Wunder der Welt.

Das geht nun so alles seinen Gang: die Grille des Künstlers dient dem Eigensinne des Reichen; der Reisebeschreiber gafft, und unsere schönen Geister, genannt Philosophen, erdrechseln aus protoplastischen Mährchen Principien und Geschichte der Künste bis auf den heutigen Tag, und ächte Menschen ermordet der böse Genius im Vorhof der Geheimnisse.

Schädlicher als Beispiele sind dem Genius Principien. Vor ihm mögen einzelne Menschen einzelne Theile bearbeitet haben; er ist der erste, aus dessen Seele die Theile, in Ein ewiges Ganzes zusammen gewachsen, hervortreten. Aber Schule und Principium feffelt alle Kraft der Erkenntniß und Thätigkeit. Was soll uns das, du neufranzösischer philosophirender Kenner, daß der erste zum Bedürfniß erfindsame Mensch vier Stämme einrammelte, vier Stangen drüber verband, und Aeste und Moos drauf deckte? Daraus entscheidest du das Gehörige unserer heutigen Bedürfnisse, eben als wenn du dein neues Babylon mit einfältigem patriarchalischem Hausvatersinn regieren wolltest.

Und es ist noch dazu falsch, daß deine Hütte die erstgeborne der Welt ist. Zwei an ihrem Gipfel sich kreuzende Stangen vornen, zwei hinten und eine Stange quer über zum First ist und bleibt, wie du alltäglich an Hütten der Felder und Weinberge erkennen kannst, eine weit primävere Erfindung, von der du doch nicht einmal Principium für deine Schweinställe abstrahiren könntest.

So vermag keiner deiner Schlüsse sich zur Region der Wahrheit zu erheben, sie schweben alle in der Atmosphäre deines Systems. Du willst uns lehren, was wir brauchen sollen, weil das, was wir brauchen, sich nach deinen Grundsäßen nicht rechtfertigen läßt.

Die Säule liegt dir sehr am Herzen, und in anderer Weltgegend wärst du Prophet. Da sagst: Die Säule ist der erste, wesentliche Bestandtheil des Gebäudes, und der schönste. Welche erhabene Eleganz der Form, welche reine mannichfaltige Größe, wenn sie in Reihen dastehen! Nur hütet euch, sie ungehörig zu brauchen; ihre Natur ist freizustehen. Wehe den Elenden, die ihren schlanken Wuchs an plumpe Mauern geschmiedet haben!

Und doch dünkt mich, lieber Abt, hätte die öftere Wiederholung dieser Unschicklichkeit des Säuleneinmauerns, daß die Neuern sogar antiker Tempel Intercolumnia mit Mauerwerk ausstopften, dir einiges Nachdenken erregen können; wäre dein Ohr nicht für Wahrheit taub, diese Steine würden sie dir gepredigt haben.

Säule ist mit nichten ein Bestandtheil unserer Wohnungen; sie widerspricht vielmehr dem Wesen all unserer Gebäude. Unsere Häuser entstehen nicht aus vier Säulen in vier Ecken; sie entstehen aus vier Mauern auf vier Seiten, die statt aller Säulen sind, alle Säulen ausschließen, und

wo ihr sie anflict, sind sie belastender ́ Ueberfluß. Eben das gilt von unsern Palästen und Kirchen, wenige Fälle ausgenommen, auf die ich nicht zu achten brauche.

Eure Gebäude stellen euch also Flächen dar, die, je weiter sie sich ausbreiten, je kühner sie zum Himmel steigen, mit desto unerträglicherer Einförmigkeit die Seelen unterdrücken müssen! Wohl! wenn uns der Genius nicht zu Hülfe käme, der Erwinen von Steinbach eingab: Vermannichfaltige die ungeheure Mauer, die du gen Himmel führen sollst, daß sie aufsteige gleich einem hocherhabenen weitverbreiteten Baume Gottes, der mit tausend Aesten, Millionen Zweigen, und Blättern wie der Sand am Meer, ringsum der Gegend verkündet die Herrlichkeit des Herrn, seines Meisters.

Als ich das erstemal nach dem Münster ging, hatte ich den Kopf voll allgemeiner Erkenntniß guten Geschmacks. Auf Hörensagen ehrte ich die Harmonie der Massen, die Reinheit der Formen, war ein abgesagter Feind der verworrenen Willkürlichkeiten gothischer Verzierungen. Unter die Rubrik Gothisch, gleich dem Artikel eines Wörterbuchs, häufte ich alle synonymischen Mißverständnisse, die mir von Unbestimmtem, Ungeordnetem, Unnatürlichem, Zusammengestoppeltem, Aufgeflicktem, Ueberladenem jemals durch den Kopf gezogen waren. Nicht gescheidter als ein Volk, das die ganze fremde Welt barbarisch nennt, hieß alles Gothisch, was nicht in mein System paßte, von dem gedrechselten, bunten Puppenund Bilderwerk an, womit unsere bürgerlichen Edelleute ihre Häuser schmücken, bis zu den ernsten Resten der ältern deutschen Baukunst, über die ich, auf Anlaß einiger abenteuerlichen Schnörkel, in den allgemeinen Gesang stimmte: Ganz von Zierrath erdrückt!" und so graute mir's im Gehen vorm Anblick eines mißgeformten, krausborstigen Ungeheuers.

Mit welcher unerwarteten Empfindung überraschte mich der Anblick, als ich davor trat. Ein ganzer, großer Eindruck füllte meine Seele, den, weil er aus tausend harmonirenden Einzelheiten bestand, ich wohl schmecken und genießen, keineswegs aber erkennen und erklären konnte. Sie sagen, daß es also mit den Freuden des Himmels sey. Wie oft bin ich zurückgekehrt, diese himmlisch- irdische Freude zu genießen, den Riesengeist unserer ältern Brüder in ihren Werken zu umfaffen! Wie oft bin ich zurückgekehrt, von allen Seiten, aus allen Entfernungen, in jedem Lichte des Tags zu

schauen seine Würde und Herrlichkeit! Schwer ist's dem Menschengeist, wenn seines Bruders Werk so hoch erhaben ist, daß er nur beugen und anbeten muß. Wie oft hat die Abenddämmerung mein durch forschendes Schauen ermattendes Auge mit freundlicher Ruhe gelegt, wenn durch sie die unzähligen Theile zu ganzen Massen schmolzen, und nun diese, einfach und groß, vor meiner Seele standen, und meine Kraft sich wonnevoll entfaltete, zugleich zu genießen und zu erkennen! Da offenbarte sich mir in leisen Ahnungen der Genius des großen Werkmeisters. Was staunst du? lispelt er mir entgegen. Alle diese Massen waren nothwendig; und siehst du sie nicht in allen älteren Kirchen meiner Stadt? Nur ihre willkürlichen Größen habe ich zum stimmenden Verhältniß geboten. Wie über dem Haupteingang, der zwei kleinere zu'n Seiten beherrscht, sich der weite Kreis des Fensters öffnet, der dem Schiffe der Kirche antwortet und sonst nur Tageloch war, wie hoch darüber der Glockenplatz die kleineren Fenster forderte! das all war nothwendig, und ich bildete es schön. Aber ach, wenn ich durch die düstern erhabenen Oeffnungen hier zur Seite schwebe, die leer und vergebens da zu stehen scheinen! In ihre kühne schlanke Gestalt habe ich die geheimnißvollen Kräfte verborgen, die jene beiden Thürme hoch in die Luft heben sollten, deren, ach, nur einer traurig da steht, ohne den fünfgethürmten Hauptschmuck, den ich ihm bestimmte, daß ihm und seinem königlichen Bruder die Provinzen umher huldigten! Und so schied er von mir, und ich versank in theilnehmende Traurigkeit, bis die Vögel des Morgens, die in seinen tausend Oeffnungen wohnen, der Sonne entgegen jauchzten und mich aus dem Schlummer weckten. Wie frisch leuchtet er im Morgenduftglanz mir entgegen, wie froh konnte ich ihm meine Arme entgegenstrecken, schauen die großen harmonischen Massen, zu unzählig kleinen Theilen belebt, wie in Werken der ewigen Natur, bis aufs geringste Zäserchen, alles Gestalt, und alles zweckend zum Ganzen; wie das festgegründete, ungeheure Gebäude sich leicht in die Luft hebt, wie durchbrochen alles und doch für die Ewigkeit! Deinem Unterricht danke ich's, Genius, daß mir's nicht mehr schwindelt an deinen Tiefen, daß in meine Seele ein Tropfen sich senkt der Wonneruhe des Geistes, der auf solch eine Schöpfung herabschauen, und Gott gleich sprechen kann: Es ist gut!

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