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erschrocken aufwärts sehend, vorwärts über den Tisch beugt, mit der rechten festgeschlossenen Hand den Beutel hält, mit der linken aber eine unwillkürliche krampfhafte Bewegung macht, als wollte er sagen: Was soll das heißen? was soll das werden? Petrus hat indessen mit seiner linken Hand des gegen ihn geneigten Johannes rechte Schulter gefaßt, hindeutend auf Chriftum, und zugleich den geliebten Jünger anregend, er folle fragen, wer denn der Verräther sey? Einen Messergriff in der Rechten, seßt er dem Judas unwillkürlich zufällig in die Rippen, wodurch dessen erschrockene Vorwärtsbewegung, die sogar ein Salzfaß umschüttet, glücklich bewirkt wird. Diese Gruppe kann als die zuerst gedachte des Bildes angesehen werden; sie ist die vollkommenste.

Wenn nun auf der rechten Seite des Herrn mit mäßiger Bewegung unmittelbare Rache angedroht wird, entspringt auf seiner Linken lebhaftes Entsetzen und Abscheu vor dem Verrath. Jacobus, der ältere, beugt sich vor Schrecken zurück, breitet die Arme aus, starrt, das Haupt niedergebeugt, vor sich hin wie einer, der das Ungeheure, das er durchs Ohr vernimmt, schon mit Augen zu sehen glaubt. Thomas erscheint hinter seiner Schulter hervor und, sich dem Heiland nähernd, hebt er den Zeigefinger der rechten Hand gegen die Stirne. Philippus, der dritte zu dieser Gruppe gehörige, rundet sie aufs lieblichste; er ist aufgestanden, beugt sich gegen den Meister, legt die Hände auf die Brust, mit größter Klarheit aussprechend: Herr, ich bin's nicht! Du weißt es! Du kennst mein reines Herz. Ich bin's nicht!

Und nunmehr geben uns die benachbarten drei leßtern dieser Seite neuen Stoff zur Betrachtung. Sie unterhalten sich unter einander über das schrecklich Vernommene. Matthäus wendet mit eifriger Bewegung das Gesicht links zu seinen beiden Genossen, die Hände hingegen streckt er mit Schnelligkeit gegen den Meister und verbindet so, durch das unschäzbarste Kunstmittel, seine Gruppe mit der vorhergehenden. Thaddäus zeigt die heftigste Ueberraschung, Zweifel und Argwohn: er hat die linke Hand offen auf den Tisch gelegt, und die rechte dergestalt erhoben, als stehe er im Begriff mit dem Rücken derselben in die linke einzuschla= gen eine Bewegung, die man wohl noch von Naturmenschen sieht, wenn sie bei unerwartetem Vorfall ausdrücken wollen: Hab' ich's nicht gesagt! Hab' ich's nicht immer vermuthet! Simon sigt höchst würdig am Ende des Tisches, wir sehen daher dessen ganze Figur; er,

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der älteste von allen, ist reich mit Falten bekleidet, Gesicht und Bewegung zeigen, er sey betroffen und nachdenkend, nicht erschüttert, kaum bewegt.

den

Wenden wir nun die Augen sogleich auf das entgegengesetzte Tischende, so sehen wir Bartholomäus, der auf dem rechten Fuß, linken übergeschlagen, steht, mit beiden ruhig auf den Tisch gestemmten Händen seinen übergebogenen Körper unterstüßend. Er horcht, wahrscheinlich zu vernehmen, was Iohannes vom Herrn ausfragen wird: denn überhaupt scheint die Anregung des Lieblingsjüngers von dieser ganzen Seite auszugehen. Jacobus, der jüngere, neben und hinter Bartholomäus, legt die linke Hand auf Petrus' Schulter, so wie Petrus auf die Schulter Johannis, aber Jacobus mild, nur Aufklärung verlangend, wo Petrus schon Rache droht.

Und also wie Petrus hinter Judas, so greift Jacob, der jüngere, hinter Andreas her, welcher als eine der bedeutendsten Figuren mit halbaufgehobenen Armen die flachen Hände vorwärts zeigt, als entschiedenen Ausdruck des Entseßens, der in diesem Bilde nur einmal vorkommt, da er in andern weniger geistreich und gründlich gedachten Werken sich leider nur zu oft wiederholt.

Technisches Verfahren.

Indem uns nun noch manches über Gestalten und Gesichtsbildung, Bewegung, Bekleidung zu sagen übrig bleibt, wenden wir uns zu einem andern Theil des Vortrags, von welchem wir nur Betrübniß erwarten können: es find nämlich die mechanischen, chemisch-physischen und technischen Kunstmittel, welche der Künstler anwendete, das herrliche Werk zu verfertigen. Durch die neuesten Untersuchungen wird es nur allzu klar, daß es auf die Mauer mit Delfarbe gemalt gewesen; dieses Verfahren, schon längst mit Vortheil ausgeübt, mußte einem Künstler wie Leonardo höchst willkommen seyn, der, mit dem glücklichsten Blick die Natur_an= zuschauen geboren, sie zu durchschauen trachtete, um ihr Inneres im Aeußern vorzustellen.

Wie groß diese Unternehmung, ja wie sie anmaßend sey, fällt bald in die Augen, wenn wir bedenken, daß die Natur von innen heraus_arbeitet und sich selbst erst unendliche Mittel vorbereiten muß, ehe sie, nach tausendfältigen Versuchen, die Organe aus und an einander zu entwickeln

fähig wird, um eine Gestalt wie die menschliche hervorzubringen, welche zwar die höchsten innerlichen Vollkommenheiten äußerlich offenbart, das Räthsel aber, wohinter die Natur sich verbirgt, mehr zu verwickeln als zu lösen scheint.

Das Innere nun im Aeußern gewissenhaft darzustellen, war nur der größten Meister höchster und einziger Wunsch; sie trachteten nicht nur den Begriff des Gegenstandes treffend wahr nachzubilden, sondern die Abbil= dung sollte sich an die Stelle der Natur selbst seßen, ja, in Absicht auf Erscheinung sie überbieten. Hier war nun vor allem die höchste Ausführlichkeit nöthig; und wie sollte diese anders als nach und nach zu leisten seyn? Ferner war unerläßlich, daß man irgend einen Reuezug anbringen und auffeßen könne. Diese Vortheile und noch so viele andere bietet die Delmalerei.

Und so hat man denn nach genauer Untersuchung gefunden, daß Leonardo ein Gemisch von Mastix, Pech und andern Antheilen mit warmen Eisen auf den Mauertünch gezogen. Ferner, um sowohl einen völligen glatten Grund als auch eine größere Sicherheit gegen äußere Einwirkung zu erhalten, gab er dem Ganzen einen zarten Ueberzug von Bleiweiß, auch gelben und feinen Thonerden. Aber eben diese Sorgfalt scheint dem Werke geschadet zu haben; denn wenn auch dieser lezte zarte Deltünch im Anfange, als die darauf getragenen Farben des Bildes ge= nugsame Nahrung hatten, seinen Theil davon aufnahm und sich eine Weile gut hielt, so verlor er doch, als das Del mit der Zeit austrocknete, gleichfalls seine Kraft und fing an zu reißen, da denn die Feuchtigkeit der Mauer durchdrang und zuerst den Moder erzeugte, durch welchen das Bild nach und nach unscheinbar ward.

Ort und Plak.

Was aber noch mehr traurige Betrachtungen erregt, ist leider, daß man, als das Bild gemalt wurde, dessen Untergang aus der Beschaffenheit des Gebäudes und der Lage desselben weissagen konnte. Herzog Ludwig, aus Absicht oder Grille, nöthigte die Mönche ihr verfallenes Kloster an diesem widerwärtigen Orte zu erneuern, daher es denn schlecht und wie zur Frohne gebaut ward. Man sieht in den alten Umgängen elende, liederlich gearbeitete Säulen, große Bogen mit kleinen abwechselnd, ungleiche angegriffene Ziegel, Materialien von alten abgetragenen Gebäuden. Wenn

man nun so an äußerlichen, dem Blick des Beobachters ausgefeßten Stellen verfuhr, so läßt sich fürchten, daß die innern Mauern, welche übertüncht werden sollten, noch schlechter behandelt worden. Hier mochte man verwitternde Backsteine und andere von schädlichen Salzen durchbrungene Mineralien verwenden, welche die Feuchtigkeit des Locals einsogen und verderblich wieder aushauchten. Ferner stand die unglückliche Mauer, welcher ein so großer Schaß anvertraut war, gegen Norden und überdieß in der Nähe der Küche, der Speisekammer, der Anrichten. Und wie traurig, daß ein so vorsichtiger Künstler, der seine Farben nicht genugsam wählen und verfeinern, seine Firnisse nicht genug klären konnte, durch Umstände genöthigt war gerade Plaß und Ort, wo das Bild stehen sollte, den Hauptpunkt, worauf alles ankommt, zu übersehen oder nicht genug zu beherzigen.

Wäre aber doch, troß allem diesem, das ganze Kloster auf einer Höhe gestanden, so würde das Nebel nicht auf einen solchen Grad erwachsen seyn. Es liegt aber so tief, das Refectorium tiefer als das übrige, fo daß im Jahre 1800, bei anhaltendem Regen, das Wasser darin über drei Palmen stand, welches uns zu folgern berechtigt, daß das entseßliche Gewässer, welches 1500 niederging und überschwoll, sich auf gleiche Weise hierher erstreckt habe. Denke man sich auch, daß die damaligen Geistlichen zur Austrocknung gethan, so blieb leider noch genug eingefogene Feuchtigkeit zurück. Und dieß ereignete sich sogar schon zu der Zeit, als Leonardo noch malte. Etwa zehn Jahre nach beendigtem Bilde überfiel eine schreckliche Pest die gute Stadt; und wie kann man bedrängten Geistlichen zumuthen, daß sie, von aller Welt verlassen, in Todesgefahr schwebend, für das Gemälde ihres Speisezimmers Sorge tragen sollten?

Kriegsunruhen und unzählig anderes Unglück, welches die Lombardei in der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts betraf, verursachten gleichfalls die gänzliche Vernachlässigung solcher Werke, da denn das unsere bei den schon angeführten innern Mängeln, besonders der Mauer, des Tünchgrundes, vielleicht der Malweise selbst, dem Verderben schon überliefert war. In der Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts sagt ein Reisender, das Bild seh halb verdorben; ein anderer sieht darin nur einen blinden Flecken; man beklagt das Bild als schon verloren, versichert, man sehe es kaum und schlecht; einer nennt es völlig unbrauchbar, und so sprechen alle spätern Schriftsteller dieser Zeit.

Aber das Bild war doch immer noch da, und wenn auch gegen seine erste Zeit nur ein Schatten, es war noch vorhanden. Jezt aber nach und nach tritt die Furcht ein, es völlig zu verlieren: die Sprünge vermehren sich, sie laufen zusammen, und die große kostbare Fläche, in unzählige kleine Krusten zersprengt, droht Stück vor Stück herabzufallen. Von diesem Zustande gerührt, läßt Cardinal Friedrich Borromeo 1612 eine Copie fördern, deren wir nur vorläufig dankbar gedenken.

Bunehmendes Bedürfniß.

Allein nicht nur der Zeitverlauf, in Verbindung mit gedachten Umständen, nein, die Besitzer selbst, die seine Hüter und Bewahrer hätten seyn sollen, veranlaßten sein größtes. Verderben und bedeckten dadurch ihr Andenken mit ewiger Schande. Die Thüre schien ihnen zu niedrig, durch die sie ins Refectorium gehen sollten; sie war symmetrisch mit einer an= dern im Sockel angebracht, worauf das Bild fußte: sie verlangten einen majestätischen Eingang in dieses ihnen so theure Gemach.

Eine Thüre, weit größer als nöthig, ward in die Mitte gebrochen. und ohne Pietät, weder gegen den Maler noch gegen die abgebildeten Verklärten, zerstörten sie die Füße einiger Apostel, ja Christi selbst. Und hier fängt der Ruin des Bildes eigentlich an! Denn da, um einen Bogen zu wölben, eine weit größere Lücke als die Thüre in die Mauer gebrochen werden mußte, so ging nicht allein mehr von der Fläche des Bildes verloren, sondern die Hammer- und Hackenschläge erschütterten das Gemälde in seinem eigenen Felde; an vielen Orten ging die Kruste los, deren Stücke man wieder mit Nägeln befestigte.

Späterhin war das Bild durch eine neue Geschmacklosigkeit verfinstert, indem man ein landesherrliches Wappenschild unter der Decke befestigte, welches, Christi Scheitel fast berührend, wie die Thüre von unten, so nun auch von oben des Herrn Gegenwart beengte und entwürdigte. Von dieser Zeit an besprach man die Wiederherstellung immer aufs neue; unternommen wurde sie später, denn welcher ächte Künstler mochte die Gefahr einer solchen Verantwortung auf sich nehmen? Unglücklicherweise endlich im Jahre 1726 meldet sich Bellotti, arm an Kunst, und zugleich, wie gewöhnlich, mit Anmaßungen überflüssig begabt; dieser, marktschreierisch, rühmte sich eines besondern Geheimnisses, womit er das verblichene Bild ins Leben zu rufen sich unterfange. Mit einer keinen Probe bethört er

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