Зображення сторінки
PDF
ePub

Weber Chriftus und die zwölf Apostel.

Nach Raphael von Marc-Anton gestochen, und von Herrn Professor Langer in Düsseldorf copirt.

1789.

Indem wir die Meisterwerke Raphaels bewundern, bemerken wir gar leicht eine höchst glückliche Erfindung und eine dem Gedanken ganz gemäße bequeme und leichte Ausführung. Wenn wir jenes einem glücklichen Naturell zuschreiben, so sehen wir in diesem einen durch vieles Nachdenken geübten Geschmack und eine durch anhaltende Uebung unter den Augen großer Meister erlangte Kunstfertigkeit.

Die dreizehn Blätter, welche Christum und die zwölf Apostel vorstellen, und welche Marc-Anton nach ihm gestochen, Herr Professor Langer in Düsseldorf aber neuerdings copirt hat, geben uns die schönste Gelegenheit jene Betrachtung zu erneuern.

Die Aufgabe, einen verklärten Lehrer mit seinen zwölf ersten und vornehmsten Schülern, welche ganz an seinen Worten und an seinem Daseyn hingen, und größtentheils ihren einfachen Wandel mit einem Märtyrertode krönten, gebührend vorzustellen, hat er mit einer solchen Einfalt, Mannichfaltigkeit, Herzlichkeit und mit so einem reichen Kunstverständniß aufgelöst, daß wir diese Blätter für eins der schönsten Monumente seines glücklichen Daseyns halten können.

Was uns von ihrem Charakter, Stande, Beschäftigung, Wandel und Tode in ihren Schriften oder durch Traditionen übrig geblieben, hat er auf das zarteste benußt, und dadurch eine Reihe von Gestalten hervorgebracht, welche, ohne einander zu gleichen, eine innere Beziehung auf einander haben. Wir wollen sie einzeln durchgehen, um unsere Leser auf diese interessante Sammlung aufmerksam zu machen.

Petrus. Er hat ihn gerade von vorne gestellt und ihm eine feste gedrungene Gestalt gegeben. Die Extremitäten sind bei dieser, wie bei einigen andern Figuren, ein wenig groß gehalten, wodurch die Figur etwas kürzer scheint. Der Hals ist kurz, und die kurzen Haare sind unter allen dreizehn Figuren am stärksten gekraust. Die Hauptfalten des Gewandes laufen in der Mitte des Körpers zusammen, das Gesicht sieht man, wie die übrige Gestalt, ganz von vorn. Die Figur ist in sich selbst zusammengenommen und steht da wie ein Pfeiler, der eine Last zu tragen im Stande ist.

Paulus ist auch stehend abgebildet, aber abgewendet, wie einer der gehen will und nochmals zurücksieht; der Mantel ist aufgezogen und über den Arm, in welchem er das Buch hält, geschlagen; die Füße sind frei, es hindert sie nichts am Fortschreiten; Haare und Bart bewegen sich wie Flammen, und ein schwärmerischer Ernst glüht auf dem Gesichte.

Johannes. Ein edler Jüngling, mit langen, angenehmen, nur am Ende krausen Haaren. Er scheint zufrieden, ruhig, die Zeugnisse der Religion, das Buch und den Kelch, zu besißen und vorzuzeigen. Es ist ein sehr ́glücklicher Kunstgriff, daß der Adler, indem er die Flügel hebt, das Gewand zugleich mit in die Höhe bringt, und durch dieses Mittel die schön angelegten Falten in die vollkommenste Lage gesezt werden.

Matthäus. Ein wohlhabender, behaglicher, auf seinem Daseyn ruhender Mann. Die allzu große Ruhe und Bequemlichkeit ist durch einen ernsthaften, beinahe scheuen Blick ins Gleichgewicht gebracht; die Falten, die über den Leib geschlagen sind, und der Geldbeutel geben einen unbeschreiblichen Begriff von behaglicher Harmonie.

Thomas ist eine der schönsten, in der größten Einfalt_ausdrucksvollsten Figuren. Er steht, in seinen Mantel zusammengenommen, der auf beiden Seiten fast symmetrische Falten wirft, die aber durch ganz leise Veränderungen einander völlig unähnlich gemacht worden sind. Stiller, ruhiger, bescheidener kann wohl kaum eine Gestalt gebildet werden. Die Wendung des Kopfes, der Ernst, der beinahe traurige Blick, die Feinheit des Mundes harmoniren auf das schönste mit dem ruhigen Ganzen. Die Haare allein find in Bewegung, ein unter einer sanften Außenseite bewegtes Gemüth anzuzeigen.

Jacobus major. Eine sanfte, eingehüllte, vorbeiwandelnde Pilgrimsgestalt.

Philippus. Man lege diesen zwischen die beiden vorhergehenden, und betrachte den Faltenwurf aller drei neben einander, und es wird auffallen, wie reich, groß und breit die Falten dieser Gestalt, gegen jene ge= halten sind. So reich und vornehm sein Gewand ist, so sicher steht er, so fest hält er das Kreuz, so scharf sieht er darauf, und das Ganze scheint eine innere Größe, Ruhe und Festigkeit anzudeuten.

Andreas umarmt und liebkost sein Kreuz mehr als er es trägt; die einfachen Falten des Mantels sind mit großem Verstande geworfen.

Thaddäus. Ein Jüngling, der, wie es die Mönche auf der Reise zu thun pflegen, sein langes Ueberkleid in die Höhe nimmt, daß es ihn nicht im Gehen hindere. Aus dieser einfachen Handlung entstehen sehr schöne Falten. Er trägt die Partisane, das Zeichen seines Märtyrertodes, als einen Wanderstab in der Hand.

Matthias. Ein munterer Alter, in einem durch höchst verstandene Falten vermannichfaltigten einfachen Kleide, lehnt sich auf einen Spieß; sein Mantel fällt hinterwärts herunter.

Simon. Die Falten des Mantels sowohl als des übrigen Gewandes, womit diese mehr von hinten, als von der Seite zu sehende Figur bekleidet ist, gehören mit unter die schönsten der ganzen Sammlung, wie überhaupt in der Stellung, in der Miene, in dem Haarwuchse eine unbeschreibliche Harmonie zu bewundern ist.

Bartholomäus steht in seinen Mantel wild und mit großer Kunst kunstlos eingewickelt; seine Stellung, seine Haare, die Art, wie er das Messer hält, möchte uns fast auf die Gedanken bringen, er sey eher bereit, jemand die Haut abzuziehen, als eine solche Operation zu dulden.

Christus zuletzt wird wohl niemand befriedigen, der die Wundergestalt eines Gottmenschen hier suchen möchte. Er tritt einfach und still hervor, um das Volk zu segnen. Von dem Gewand, das von unten herauf gezogen ist, in schönen Falten das Knie sehen läßt und wider dem Leibe ruht, wird man mit Recht behaupten, daß es sich keinen Augenblick so erhalten könne, sondern gleich herunter fallen müsse. Wahrscheinlich hat Raphael supponirt, die Figur habe mit der rechten Hand das Gewand heraufgezogen und angehalten und lasse es in dem Augenblick, in dem sie den Arm zum Segnen aufhebt, los, so daß es eben niederfallen muß. Es wäre dieses ein Beispiel von dem schönen Kunstmittel, die kurz Goethe, sämmtl. Werke. XXV.

3

vorhergegangene Handlung durch den überbleibenden Zustand der Falten anzudeuten.

Alles dieses Bishergesagte sind immer nur Noten ohne Text, und wir würden uns wohl schwerlich entschlossen haben, sie aufzuzeichnen, -noch weniger sie abdrucken zu lassen, wenn es nicht unsern Lesern möglich wäre, sich wenigstens einen großen Theil des Vergnügens zu verschaffen, welches man beim Anblick dieser Kunstwerke genießt.

Herr Professor Langer in Düsseldorf hat von diesen seltenen und schätzbaren Blättern uns vor kurzem Copien geliefert, welche für das, was sie leisten, um einen sehr geringen Preis zu haben sind.

Die Contoure im allgemeinen, sowohl der ganzen Figuren als der einzelnen Theile, find sorgfältig und treu gearbeitet; auch sind Licht und Schatten, im Ganzen genommen, harmonisch genug behandelt, und der Stich thut, besonders auf lichtgrauem Papier, einen ganz guten Effect. Diese Blätter gewähren also unstreitig einen Begriff von dem Werth der Originale in Absicht auf Erfindung, Stellung, Wurf der Falten, Charafter der Haare und der Gesichter, und wir dürfen wohl sagen, daß kein Liebhaber der Künste versäumen sollte sich diese Langer'schen Copien anzuschaffen, selbst in dem seltenen Falle, wenn er die Originale besäße; denn auch alsdann würden ihm diese Copien, wie eine gute Uebersetzung, noch manchen Stoff zum Nachdenken geben. Wir wollen hingegen auch nicht bergen, daß, in Vergleichung mit den Originalen, uns diese Copien manches zu wünschen übrig lassen. Besonders bemerkt man bald, daß die Geduld und Aufmerksamkeit des Copirenden durch alle dreizehn Blätter sich nicht gleich geblieben ist. So ist zum Beispiel die Figur des Petrus mit vieler Sorgfalt, die Figur des Johannes dagegen sehr nachlässig gearbeitet, und bei genauer Prüfung findet man, daß die übrigen sich bald diesem, bald jenem am Werthe ́nähern. Da alle Figuren bekleidet sind, und der größere Kunstwerth in den harmonischen, zu jedem Charakter, zu jeder Stellung passenden Gewändern liegt, so geht freilich die höchste Blüthe dieser Werke verloren, wenn der Copirende nicht überall die Falten auf das zarteste behandelt. Nicht allein die Hauptfalten der Originale find_meisterhaft gedacht, sondern von den schärfsten und kleinsten Brüchen bis zu den breitesten Verflächungen ist alles überlegt, und mit dem verständigsten Grabstichel jeder Theil nach seiner Eigenschaft ausgedrückt. Die verschiedenen Abschattungen, kleine Vertiefungen, Erhöhungen, Ränder, Brüche, Säume

find alle mit einer bewundernswürdigen Kunst nicht angedeutet, sondern ausgeführt; und wenn man an diesen Blättern den strengen Fleiß und die große Reinlichkeit der Albrecht - Dürer'schen Arbeiten vermißt, so zeigen sie dagegen, bei dem größten Kunstverstand, ein so leichtes und glückliches Naturell ihrer Urheber, daß sie uns wieder unschäzbar vorkommen. In den Originalen ist keine Falte, von der wir uns nicht Rechenschaft zu geben getrauen, keine, die nicht, selbst in den schwächeren Abdrücken, welche wir vor uns haben, bis zu ihrer lezten Abstufung zu verfolgen wäre. Bei den Copien ist das nicht immer der Fall, und wir haben es nur desto mehr bedauert, da, nach dem was schon geleistet ist, es Herrn Professor Langer gar nicht an Kunstfertigkeit zu fehlen scheint, das mehrere gleichfalls zu leisten. Nach allem diesem glauben wir mit gutem Gewissen wiederholen zu können, daß wir wünschen, diesen geschickten, auf ernsthafte Kunstwerke aufmerksamen und welches in unserer Zeit selten zu seyn scheint Aufmerksamkeit erregenden Künstler, durch gute Auf- und Abnahme seiner gegenwärtigen Arbeit aufgemuntert zu sehen, damit er in der Folge etwa noch ein und das andere ähnliche Werk unternehmen, und mit Anstrengung aller seiner Kräfte uns eine Arbeit vorlegen möge, welche wir mit einem ganz unbedingten Lobe den Liebhabern anpreisen können.

« НазадПродовжити »