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Wir brauchen hier nicht zu wiederholen, daß wir das Wort Manier in einem hohen und respectabeln Sinne nehmen, daß also die Künstler, deren Arbeiten nach unserer Meinung in den Kreis der Manier fallen, sich über uns nicht zu beschweren haben. Es ist uns bloß angelegen, das Wort Styl in den höchsten Ehren zu halten, damit uns ein Ausdruck übrig bleibe, um den höchsten Grad zu bezeichnen, welchen die Kunst je erreicht hat und je erreichen kann. Diesen Grad auch nur erkennen, ist schon eine große Glückseligkeit, und davon sich mit Verständigen unterhalten ein edles Vergnügen, das wir uns in der Folge zu verschaffen manche Gelegenheit finden werden.

Von Arabesken.

1788.

Wir bezeichnen mit diesem Namen eine willkürliche und geschmackvolle malerische Zusammenstellung der mannichfaltigsten Gegenstände, um die innern Wände eines Gebäudes zu verzieren.

Wenn wir diese Art Malerei mit der Kunst im höhern Sinne ver gleichen, so mag sie wohl tadelnswerth seyn und uns geringschäßig vorkommen; allein wenn wir billig sind, so werden wir derselben gern ihren Plat anweisen und gönnen.

Wir können, wo Arabesken hin gehören, am besten von den Alten lernen, welche in dem ganzen Kunstfache unsere Meister sind und bleiben. Wir wollen suchen unseren Lesern anschaulich zu machen, auf welche Weise die Arabesken von den Alten gebraucht worden sind.

Die Zimmer in den Häusern des ausgegrabenen Pompeji sind meisten= theils klein; durchgängig findet man aber, daß die Menschen, die solche bewohnten, alles um sich her gern verziert und durch angebrachte Gestalten veredelt fahen. Alle Wände sind glatt und sorgfältig abgetüncht, alle sind gemalt; auf einer Wand von mäßiger Höhe und Breite findet man in der Mitte ein Bildchen angebracht, das meistens einen mythologischen Gegenstand vorstellt. Es ist oft nur zwischen zwei und drei Fuß lang und_proportionirlich hoch, und hat als Kunstwerk mehr oder weniger Verdienst. Die übrige Wand ist in einer Farbe abgetüncht; die Einfassung derselben besteht aus sogenannten Arabesken. Stäbchen, Schnörkel, Bänder, aus denen hie und da eine Blume oder sonst ein lebendiges Wesen hervorblickt, alles ist meistentheils sehr leicht gehalten, und alle diese Zierrathen, scheint es, sollen nur diese einfarbige Wand freundlicher machen und, indem sich

ihre leichten Züge gegen das Mittelstück bewegen, dasselbe mit dem Ganzen in Harmonie bringen.

Wenn wir den Ursprung dieser Verzierungsart näher betrachten, so werden wir sie sehr vernünftig finden. Ein Hausbesizer hatte nicht Vermögen genug, seine ganzen Wände mit würdigen Kunstwerken zu bedecken, und wenn er es gehabt hätte, wäre es nicht einmal rathsam gewesen, denn es würden ihn Bilder mit lebensgroßen Figuren in seinem kleinen Zimmer nur geängstigt, oder eine Menge kleiner neben einander ihn nur zerstreut haben. Er verziert also seine Wände nach dem Maße seines Beutels auf eine gefällige und unterhaltende Weise; der einfarbige Grund seiner Wände mit den farbigen Zierrathen auf demselben giebt seinen Augen immer einen angenehmen Eindruck. Wenn er für sich zu denken und zu thun hat, zerstreuen und beschäftigen sie ihn nicht, und doch ist er von angenehmen Gegenständen umgeben. Will er seinen Geschmack an Kunst befriedigen, will er denken, einen höhern Sinn ergößen, so sieht er seine Mittelbildchen an, und erfreut sich an ihrem Besit.

Auf diese Weise wären also Arabesken jener Zeit nicht eine Verschwendung, sondern eine Ersparniß der Kunst gewesen. Die Wand sollte und konnte nicht ein ganzes Kunstwerk seyn, aber sie sollte doch ganz verziert, ein ganz freundlicher und fröhlicher Gegenstand werden, und in ihrer Mitte ein proportionirliches gutes Kunstwerk enthalten, welches die Augen anzöge und den Geist befriedigte.

Die meisten dieser Stücke sind nunmehr aus den Wänden herausgehoben und nach Portici gebracht; die Wände mit ihren Farben und Zierrathen stehen noch meistentheils freier Luft ausgesezt und müssen nach und nach zu Grunde gehen. Wie wünschenswerth wäre es, daß man nur einige solche Wände im Zusammenhang, wie man sie gefunden, in Kupfer mitgetheilt hätte; so würde das was ich hier sage, einem jeden sogleich in die Augen fallen.

Ich glaube noch eine Bemerkung gemacht zu haben, woraus mir deutlich wird, wie die bessern Künstler damaliger Zeit dem Bedürfniß der Liebhaber entgegen gearbeitet haben. Die Mittelbilder der Wände, ob sie gleich auch auf Tünche gemalt sind, scheinen doch nicht an dem Orte, wo sie sich gegenwärtig befinden, gefertigt worden zu seyn; es scheint als habe man sie erst herbeigebracht, an die Wand befestigt, und sie daselbst eingetüncht und die übrige Fläche umher gemalt.

Es ist sehr leicht, aus Kalk und Puzzolane feste und transportable Tafeln zu fertigen. Wahrscheinlich hatten gute Künstler ihren Aufenthalt in Neapel, und malten mit ihren Schülern solche Bilder in Vorrath; von daher holte sich der Bewohner eines Landstädtchens, wie Pompeji war, nach seinem Vermögen ein solches Bild; Tüncher und subordinirte Künstler, welche fähig waren Arabesken hinzuzeichnen, fanden sich eher, und so ward das Bedürfniß eines jeden Hausbesizers befriedigt.

Man hat in dem Gewölbe eines Hauses zu Pompeji ein paar solche Tafeln los und an die Wand gelehnt gefunden; und daraus hat man schließen wollen, die Einwohner hätten bei der Eruption des Vesuv Zeit gehabt, solche von den Wänden abzufägen, in der Absicht sie zu retten. Allein es scheint mir dieses in mehr als einem Sinne höchst unwahrscheinlich, und ich bin vielmehr überzeugt, daß es solche angeschaffte Tafeln gewesen, welche noch erst in einem Gebäude hätten angebracht werden sollen.

Fröhlichkeit, Leichtsinn, Luft zum Schmuck scheinen die Arabesken erfunden und verbreitet zu haben, und in diesem Sinn mag man sie gerne zulassen, besonders wenn sie, wie hier, der bessern Kunst gleichsam zum Rahmen dienen, sie nicht ausschließen, sie nicht verdrängen, sondern sie nur noch allgemeiner, den Besit guter Kunstwerke möglicher machen.

Ich würde deßwegen nie gegen sie eifern, sondern nur wünschen, daß der Werth der höchsten Kunstwerke erkannt würde. Geschieht das, so tritt alle subordinirte Kunst, bis zum Handwerk herunter, an ihren Plaß, und die Welt ist so groß und die Seele hat so nöthig ihren Genuß zu vermannichfaltigen, daß uns das geringste Kunstwerk an seinem Platz immer schätzbar bleiben wird.

In den Bädern des Titus zu Rom sieht man auch noch Ueberbleibsel dieser Malerei. Lange gewölbte Gänge, große Zimmer sollten gleichsam nur geglättet und gefärbt, mit so wenig Umständen als möglich verziert werden. Man weiß, mit welcher Sorgfalt die Alten ihre Mauern abtünchten, welche Marmorglätte und Festigkeit sie der Tünche zu geben wußten. Diese reine Fläche malten sie mit Wachsfarben, die ihre Schönheit bis jetzt noch kaum verloren haben und in ihrer ersten Zeit wie mit einem glänzenden Firniß überzogen waren. Schon also, wie gesagt,

ergößte ein solcher gewölbter Gang durch Glätte, Glanz, Farbe, Reinlichfeit das Auge. Die leichte Zierde, der gefällige Schmuck contrastirte gleichsam mit den großen, einfachen, architektonischen Massen, machte ein Gewölbe zur Laube und einen dunkeln Saal zur bunten Welt. Wo sie solid verzieren sollten und wollten, fehlte es ihnen weder an Mitteln noch an Sinn, wovon ein andermal die Rede seyn wird.

Die berühmten Arabesken, womit Raphael einen Theil der Logen des Vatican ausgeziert, sind freilich schon in einem andern Sinne; es ist als wenn er verschwenderisch habe zeigen wollen, was er erfinden, und was die Anzahl geschickter Leute, welche mit ihm waren, ausführen konnte. Hier ist also schon nicht mehr jene weise Sparsamkeit der Alten, die nur gleichsam eilten mit einem Gebäude fertig zu werden, um es genießen zu können, sondern hier ist ein Künstler, der für den Herrn der Welt ar= beitet, und sich sowohl als jenem ein Denkmal der Fülle und des Reichthums errichten will. Am meisten im Sinne der Alten dünken mich die Arabesken in einem Zimmerchen der Villa, welche Raphael mit seiner Geliebten bewohnte. Hier findet man an den Seiten der gewölbten Decke die Hochzeit Alexanders und Roxanens und ein ander geheimnißvoll alle= gorisches Bild, wahrscheinlich die Gewalt der Begierden vorstellend. An den Wänden sieht man kleine Genien und ausgewachsene männliche Gestalten, die auf Schnörkeln und Stäben gaukeln, und sich heftiger und munterer bewegen. Sie scheinen zu balanciren, nach einem Ziel zu eilen, und was alles die Lebenslust für Bewegungen einflößen mag. Das Brustbild der schönen Fornarina ist viermal wiederholt, und die halb leichtsinnigen, halb soliden Zierrathen dieses Zimmerchens athmen Freude, Leben und Liebe. Er hat wahrscheinlicherweise nur einen Theil davon selbst ge= malt, und es ist um so reizender, weil er hier viel hätte machen können, aber weniger, und eben was genug war, machen wollte.

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