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so wie zum Basrelief, und gerade dadurch konnte uns Myrons Kuh, auch flacherhoben, so vollkommen überliefert werden.

Von den wie billig so sehr gepriesenen Thierbildungen wenden wir uns zu der noch preiswürdigeren Götterbildung. Unmöglich wäre es einem griechischen plastischen Künstler gewesen eine Göttin säugend vorzustellen. Juno, die dem Hercules die Brust reicht, wird dem Poeten verziehen, wegen der ungeheuern Wirkung, die er hervorbringt, indem er die Milchstraße durch den versprißten göttlichen Nahrungssaft entstehen läßt. Der bildende Künstler verwirft dergleichen ganz und gar. Einer Juno, einer Pallas in Marmor, Erz oder Elfenbein einen Sohn zuzugesellen, wäre für diese Majestäten höchst erniedrigend gewesen. Venus, durch ihren Gürtel eine ewige Jungfrau, hat im höhern Alterthum keinen Sohn; Eros, Amor, Cupido selbst erscheinen als Ausgeburten der Urzeit, Aphroditen wohl zugefellt, aber nicht so nahe verwandt.

Untergeordnete Wesen, Heroïnen, Nymphen, Faunen, welchen die Dienste der Ammen, der Erzieher zugetheilt sind, mögen allenfalls für einen Knaben Sorge tragend erscheinen, da Jupiter selbst von einer Nymphe, wo nicht gar von einer Ziege genährt worden, andere Götter und Heroen gleichfalls eine wilde Erziehung im Verborgenen genossen. Wer gedenkt hier nicht der Amalthea, des Chiron und so mancher andern?

Bildende Künstler jedoch haben ihren großen Sinn und Geschmack am höchsten dadurch bethätigt, daß sie sich der thierischen Handlung des Säugens an Halbmenschen erfreut. Davon zeigt uns ein leuchtendes Beispiel jene Centaurenfamilie des Zeuris. Die Centaurin, auf das Gras hingestreckt, giebt der jüngsten Ausgeburt ihres Doppelwesens die Milch der Mutterbrust, indessen ein anderes Thierkind sich an den Zißen der Stute erlabt, und der Vater einen erbeuteten jungen Löwen hintenherein zeigt. So ist uns auch ein schönes Familienbild von Waffergöttern auf einem geschnittenen Stein übrig geblieben, wahrscheinlich Nachbildung einer der berühmten Gruppen des Skopas.

Ein Tritonen-Ehepaar zieht geruhig durch die Fluthen; ein kleiner Fischknabe schwimmt munter voraus, ein anderer, dem das salzige Element auf die Milch der Mutter noch nicht schmecken mag, strebt an ihr hinauf; sie hilft ihm nach, indessen sie ein jüngstes an die Brust geschlossen trägt. Anmuthiger ist nicht leicht etwas gedacht und ausgeführt.

Wie manches ähnliche übergehen wir, wodurch uns die großen Alten

belehrt, wie höchst schätzbar die Natur auf allen ihren Stufen sey, da wo sie mit dem Haupte den göttlichen Himmel und da wo sie mit den Füßen die thierische Erde berührt.

Noch einer Darstellung jedoch können wir nicht geschweigen; es ist die römische Wölfin. Man sehe sie wo man will, auch in der geringsten Nachbildung, so erregt sie immer ein hohes Vergnügen. Wenn an dem zizenreichen Leibe dieser wilden Bestie sich zwei Heldenkinder einer würdigen Nahrung erfreuen, und sich das fürchterliche Scheufal des Waldes auch mütterlich nach diesen fremden Gastsäuglingen umsieht, der Mensch mit dem wilden Thiere auf das zärtlichste in Contact kommt, das zerreißende Monstrum sich als Mutter, als Pflegerin darstellt, so kann man wohl einem solchen Wunder auch eine wundervolle Wirkung für die Welt erwarten. Sollte die Sage nicht durch den bildenden Künstler zuerst entsprungen seyn, der einen solchen Gedanken plastisch am besten zu schäßen wußte. Wie schwach erscheint aber, mit so großen Conceptionen verglichen, eine Augusta Puerpera,

-!

Der Sinn und das Bestreben der Griechen ist, den Menschen zu vergöttern, nicht die Gottheit zu vermenschen. Hier ist ein Theomorphism, kein Anthromorphism! Ferner soll nicht das Thierische am Menschen ge= adelt werden, sondern das Menschliche des Thiers werde hervorgehoben, damit wir uns in höherem Kunstsinne daran ergößen, wie wir es ja schon, nach einem unwiderstehlichen Naturtrieb, an lebenden Thiergeschöpfen thun, die wir uns so gern zu Gesellen und Dienern erwählen.

Schauen wir nun nochmals auf Myrons Kuh zurück, so bringen wir noch einige Vermuthungen nach, die nämlich, daß er eine junge Kuh vorgestellt, welche zum erstenmal gekalbt, ferner, daß sie vielleicht unter Lebensgröße gewesen.

Wir wiederholen sodann das oben zuerst Gesagte, daß ein Künstler wie Myron nicht das sogenannte Natürliche zu gemeiner Täuschung ge= sucht haben könne, sondern daß er den Sinn der Natur aufzufassen und auszudrücken gewußt. Der Menge, dem Dilettanten, dem Redner, dem Dichter ist zu verzeihen, wenn er das, was im Bilde die höchste absichtliche Kunst ist, nämlich den harmonischen Effect, welcher Seele und Geist des Beschauers auf Einen Punkt concentrirt, als rein natürlich empfindet, weil es sich als höchste Natur mittheilt; aber unverzeihlich wäre es, nur einen Augenblick zu behaupten, daß dem hohen Myron, dem Nachfolger

des Phidias, dem Vorfahren des Praxiteles, bei der Vollendung seines Werks das Seelenvolle, die Anmuth des Ausdrucks gemangelt habe.

Zum Schluffe sey uns erlaubt, ein paar moderne Epigramme beizubringen, und zwar das erste von Menage, welcher Juno auf diese Kuh eifersüchtig seyn läßt, weil sie ihr eine zweite Jo vorzubilden scheint. Diesem braven Neuern ist also zuerst beigegangen, daß es im Alterthum so viele ideelle Thiergestalten giebt, ja daß sie, bei so vielen Liebeshändeln und Metamorphosen, sehr geeignet sind das Zusammentreffen von Göttern und Menschen zu vermitteln. Ein hoher Kunstbegriff, auf den man bei Beurtheilung alter Arbeiten wohl zu merken hat!

Als sie das Kühlein ersah, dein ehernes, eiferte Juno,
Myron! sie glaubte fürwahr, Inachos' Tochter zu sehn.

Zuletzt aber mögen einige rhythmische Zeilen stehen, die unsere Ansicht gedrängt darzustellen geeignet sind.

Daß du die Herrlichste bist, Admetos' Heerden ein Schmuck wärst,
Selber des Sonnengotts Rindern Entsprungene scheinst;

Alles reißet zum Staunen mich hin, zum Preise des Künstlers!
Doch daß du mütterlich auch fühlest, es ziehet mich an.

Jena, den 20. November 1812.

Anforderung an den modernen Bildhauer.

1817.

In der neuesten Zeit ist zur Sprache gekommen, wie denn wohl der bildende Künstler, besonders der plastische, dem Ueberwinder zu Ehren, ihn als Sieger, die Feinde als Besiegte darstellen könne, zu Bekleidung der Architektur, allenfalls im Fronton, im Fries, oder zu sonstiger Zierde, wie es die Alten häufig gethan? Diese Aufgabe zu lösen hat in den ge= genwärtigen Tagen, wo gebildete Nationen mit gebildeten kämpfen, größere Schwierigkeit, als damals, wo Menschen von höheren Eigenschaften mit rohen thierischen oder mit thierverwandten Geschöpfen zu kämpfen hatten.

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Die Griechen, nach denen wir immer als unsern Meistern hinaufschauen müssen, gaben solchen Darstellungen gleich durch den Gegensat der Gestalten ein entschiedenes Interesse. Götter kämpfen mit Titanen, und der Beschauende erklärt sich schnell für die edlere Gestalt; eben derselbe Fall ist, wenn Hercules mit Ungeheuern kämpft, wenn Lapithen mit Centauren in Händel gerathen. Zwischen diesen leßtern läßt der Künstler die Schale des Siegs hin und wieder schwanken, Ueberwinder und Ueberwundene wechseln ihre Rollen, und immer fühlt man sich geneigt dem rüstigen Heldengeschlecht endlich Triumph zu wünschen. Fast entgegengesezt wird das Gefühl angeregt, wenn Männer mit Amazonen sich balgen; diese, obgleich derb und kühn, werden doch als die schwächern geachtet, und ein heroisch Frauengeschlecht fordert unser Mitleid, sobald es besiegt, verwundet oder todt erscheint. Ein schöner Gedanke dieser Art, den man als den heitersten sehr hoch zu schätzen hat, bleibt doch immer jener Streit der Bacchanten und Faunen gegen die Tyrrhener. Wenn jene, als ächte Berg- und Hügelwesen, halb reh-, halb bocksartig, dem räuberischen Seevolk dergestalt zu Leibe gehen, daß es in das Meer springen muß

und im Sturz noch der gnädigen Gottheit zu danken hat, in Delphine verwandelt, seinem eigenen Elemente auch ferner anzugehören, so kann wohl nichts Geistreicheres gedacht, nichts Anmuthigeres den Sinnen vorgeführt werden.

Etwas schwerfälliger hat römische Kunst die besiegten und gefangenen faltenreich bekleideten Dacier ihren geharnischten und sonst wohlbewaffneten Kriegern auf Triumphsäulen untergeordnet, der spätere Polidor aber und seine Zeitgenossen die bürgerlich gespaltenen Parteien der Florentiner auf ähnliche Weise gegen einander kämpfen lassen. Hannibal Carracci, um die Kragsteine im Saale des Palastes Alexander Fava zu Bologna_bedeutend zu zieren, wählt männlich rüstige Gestalten, mit Sphingen oder Harpyien im Fauftgelag, da denn lettere imuner die Unterdrückten sind

ein Gedanke, den man weder glücklich noch unglücklich nennen darf. Der Maler zieht große Kunstvortheile aus diesem Gegensaß, der Zuschauer aber, der dieses Motiv zuletzt bloß als mechanisch anerkennt, empfindet durchaus etwas Ungemüthliches, denn auch das Ungeheuer will man überwunden, nicht unterdrückt sehen.

Aus allem diesem erhellt jene ursprüngliche Schwierigkeit, erst Kämpfende, sodann aber Sieger und Besiegte charakteristisch neben einander zu stellen, daß ein Gleichgewicht erhalten und die sittliche Theilnahme an beiden nicht gestört werde.

In der neuern Zeit ist ein Kunstwerk, das uns auf solche Art an= spräche, schon seltener. Bewaffnete Spanier mit nackten Amerikanern im Kampfe vorgestellt zu sehen, ist ein unerträglicher Anblick; der Gegensaß von Gewaltsamkeit und Unschuld spricht sich allzu schreiend aus, eben wie beim Bethlehemitischen Kindermord. Christen, über Türken siegend, nehmen sich schon besser aus, besonders wenn das christliche Militär im Costüm des siebzehnten Jahrhunderts auftritt. Die Verachtung der Mahomedaner gegen alle Sonstgläubigen, ihre Grausamkeit gegen Sklaven unseres Volkes berechtigt sie zu hassen und zu tödten.

Christen gegen Christen, besonders der neuesten Zeit, machen kein gutes Bild. Wir haben schöne Kupferstiche, Scenen des amerikanischen Krieges vorstellend; und doch sind sie, mit reinem Gefühl betrachtet, unerträglich. Wohl uniformirte, regelmäßige, kräftig bewaffnete Truppen, im Schlachtgemenge mit einem Haufen zusammengelaufenen Volks, worunter man Priester als Anführer, Kinder als Fahnenträger schaut, können das

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