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Dr. Jacob Rour über die Farben in technischem Sinne. (1. Heft 1824. 2. Heft 1828.)

Die Zahn'schen colorirten Nachbildungen der Pompejischen Wandgemälde seßen uns, außer den glücklichen Gedanken, auch noch durch eine wohlerhaltene Färbung in Erstaunen. Erwägen wir nun, daß jener Farbenschmuck sich durch so manche Jahrhunderte, durch die ungünstigsten Umstände klar und augenfällig erhalten, und finden dagegen Bilder der neuern Zeit, ja der neuesten geschwärzt, entfärbt, rissig und sich ablösend; treffen wir ferner auch bei Restaurationen dieser Mängel auf gar mancherlei Fehler der ersten Anlage; dann haben wir allerdings den Künstler zu loben, welcher hierüber forschend und nachdenkend einen Theil seiner edlen Zeit anwendet.

Wir empfehlen obgenannte Hefte den Künstlern um desto mehr, als man in der neuern Zeit völlig zu vergessen scheint, daß die Kunst auf dem Handwerk ruht, und daß man sich aller technischen Erfordernisse erst zu versichern habe, ehe man ein eben so würdiges als dauerndes Kunstwerk hervorzubringen Anstalt macht.

Die Bemühungen des sorgfältigen Verfassers noch höher zu schäßen, sehen wir uns dadurch veranlaßt, daß Palmaroli, der sich durch seine Restauration in Dresden so viel Verdienste erworben, in Rom leider mit Tode abgegangen ist; da denn Uebung und Nachdenken sowohl über ältere Bilder, wie solche allenfalls wieder herzustellen, als über die Art den neu zu verfertigenden dauernde Kraft und Haltung zu geben, im allgemeinen bestens zu empfehlen steht.

Myrons Kuh.

1812.

Myron, ein griechischer Bildner, verfertigte ungefähr vierhundert Jahre vor unserer Zeitrechnung eine Kuh von Erz, welche Cicero zu Athen, Procopius im siebenten Jahrhundert zu Rom sah, also daß über tausend Jahre dieses Kunstwerk die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich gezogen. Es sind uns von demselben mancherlei Nachrichten übrig geblieben, allein wir können uns doch daraus keine deutliche Vorstellung des eigentlichen Gebildes machen; ja, was noch sonderbarer scheinen muß, Epigramme, sechsunddreißig an der Zahl, haben uns bisher eben so wenig genugt, sie sind nur merkwürdig geworden als Verirrungen poetisirender Kunstbeschauer. Vlan findet sie eintönig, sie stellen nicht dar, sie belehren uns nicht; sie verwirren vielmehr den Begriff, den man sich von der verlorenen Gestalt machen möchte, als daß sie ihn bestimmten.

Genannte und ungenannte Dichter scheinen in diesen rhythmischen Scherzen mehr unter einander zu wetteifern, als mit dem Kunstwerke; sie wissen nichts davon zu sagen, als daß sie sämmtlich die große Natürlichkeit desselben anzupreisen beslissen sind. Ein solches Dilettantenlob ist aber höchst verdächtig. Denn bis zur Verwechselung mit der Natur Natürlichkeit darzustellen, war gewiß nicht Myrons Bestreben, der, als unniittelbarer Nachfolger von Phidias und Polyklet, in einem höhern Sinne verfuhr, beschäftigt war Athleten, ja sogar den Hercules zu bilden, und gewiß seinen Werken Styl zu geben, sie von der Natur abzusondern wußte.

Man kann als ausgemacht annehmen, daß im Alterthum kein Werk berühmt worden, das nicht von vorzüglicher Erfindung gewesen wäre: denn diese ist's doch, die am Ende den Kenner wie die Menge entzückt.

Wie mag denn aber Myron eine Kuh wichtig, bedeutend und für die Aufmerksamkeit der Menge durch Jahrhunderte durch anziehend gemacht haben?

Die sämmtlichen Epigramme preisen durchaus an ihr Wahrheit und Natürlichkeit, und wissen die mögliche Verwechselung mit dem Wirklichen nicht genug hervorzuheben. Ein Löwe will die Kuh zerreißen, ein Stier sie bespringen, ein Kalb an ihr saugen, die übrige Heerde schließt sich an sie an; der Hirte wirft einen Stein nach ihr, um sie von der Stelle zu bewegen, er schlägt nach ihr, er peitscht sie, er dutet sie an; der Ackersmann bringt Kummet und Pflug sie einzuspannen, ein Dieb will sie stehlen, eine Bremse setzt sich auf ihr Fell, ja Myron selbst verwechselt sie mit den übrigen Kühen seiner Heerde.

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Offenbar strebt hier ein Dichter den andern mit leeren rednerischen Floskeln zu überbieten und die eigentliche Gestalt, die Handlung der Kuh bleibt immer im Dunkeln. Nun soll sie zulett gar noch brüllen; dieses fehlte freilich noch zum Natürlichen. Aber eine brüllende Kuh, in sofern sie plastisch vorzustellen wäre, ist ein so gemeines und noch dazu unbestimmtes Motiv, daß es der hochsinnige Grieche unmöglich brauchen konnte.

Wie gemein es sey, fält jedermann in die Augen, aber unbestimmt und unbedeutend ist es dazu. Sie kann brüllen nach der Weide, nach der Heerde, dem Stier, dem Kalbe, nach dem Stalle, der Melkerin, und wer weiß nach was allem? Auch sagen die Epigramme keineswegs, daß sie gebrüllt habe, nur daß sie brüllen würde, wenn sie Eingeweide hätte, so wie sie sich fortbewegen würde, wenn sie nicht an das Piedestal angegossen wäre.

Sollten wir aber nicht trotz aller dieser Hindernisse doch zum Zwecke gelangen und uns das Kunstwerk vergegenwärtigen, wenn wir alle die falschen Umstände, welche in den Epigrammen enthalten sind, ablösen und den wahren Umstand übrig zu behalten suchen?

Niemand wird in der Nähe dieser Kuh, oder als Gegen- und Mitbild einen Löwen, den Stier, den Hirten, die übrige Heerde, den Ackersmann, den Dieb oder die Bremse denken. Aber ein Lebendiges konnte der Künstler ihr zugesellen, und zwar das einzige Mögliche und Schickliche, das Kalb. Es war eine säugende Kuh: denn nur in sofern sie säugt, ist es erst eine Kuh, die uns, als Heerdenbesißern, bloß durch Fortpflanzung und Nahrung, durch Milch und Kalb bedeutend wird.

Wirft man nun alle jene fremden Blumen hinweg, womit die Dichter,

und vielleicht manche derselben ohne eigene Anschauung, das Kunstwerk zu schmücken glaubten, so sagen mehrere Epigramme ausdrücklich, daß es eine Kuh mit dem Kalbe, daß es eine säugende Kuh gewesen.

Myron formte, Wandrer, die Kuh; das Kalb sie erblickend

Nahet lechzend sich ihr, glaubet die Mutter zu sehn.

Armes Kalb, was nahst du dich mir mit bittendem Blöken?
Milch ins Euter hat mir nicht geschaffen die Kunst.

Wollte man jedoch gegen die Entschiedenheit dieser beiden Gedichte einigen Zweifel erregen und behaupten, es seh hier das Kalb wie die übrigen hinzugedichteten Wesen auch nur eine poetische Figur, so erhalten sie doch durch nachstehendes eine unwidersprechliche Bekräftigung:

Vorbei Hirt bei der Kuh, und deine Flöte schweige,

Daß ungestört ihr Kalb sie säuge!

Flöte heißt hier offenbar das Horn, worein der Hirte stößt, um die Heerde in Bewegung zu setzen. Er soll in ihrer Nähe nicht duten, damit sie sich nicht rühre; das Kalb ist hier nicht supponirt, sondern wirklich bei ihr, und wird für so lebendig angesprochen als sie selbst.

Bleibt nun hierüber kein Zweifel übrig, finden wir uns nunmehr auf der rechten Spur, haben wir das wahre Attribut von den eingebildeten, das plastische Beiwerk von dem poetischen abzusondern gewußt, so haben wir uns noch mehr zu freuen, daß zu Vollendung unserer Absicht, zum Lohne unseres Bemühens uns eine Abbildung aus dem Alterthume überliefert worden; sie ist auf den Münzen von Dyrrhachium oft genug wiederholt, in der Hauptsache sich immer gleich. Wir fügen einen Umriß davon Hier bei, und sähen gern durch geschickte Künstler die flacherhobene Arbeit wieder zur Statue verwandelt.

Da nun dieß herrliche Werk, wenn auch nur in entfernter Nachbildung, abermals vor den Augen der Kenner steht, so darf ich die Vortrefflichkeit der Composition wohl nicht umständlich herausheben. Die Mutter, stramm auf ihren Füßen wie auf Säulen, bereitet durch ihren prächtigen Körper dem jungen Säugling ein Obdach; wie in einer Nische, einer Zelle, einem

Heiligthum, ist das kleine nahrungsbedürftige Geschöpf eingefaßt, und füllt den organisch umgebenen Raum mit der größten Zierlichkeit aus. Die halbknieende Stellung, gleich einem Bittenden, das aufgerichtete Haupt, gleich einem Flehenden und Empfangenden, die gelinde Anstrengung, die zarte Heftigkeit, alles ist in den besten dieser Copien angedeutet, was dort im Original über allen Begriff muß vollendet gewesen seyn. Und nun wendet die Mutter das Haupt nach innen, und die Gruppe schließt sich auf die vollkommenste Weise selbst ab. Sie concentrirt den Blick, die Betrachtung, die Theilnahme des Beschauenden, und er mag, er kann sich nichts draußen, nichts daneben, nichts anders denken, wie eigentlich ein vortreffliches Kunstwerk alles übrige ausschließen und für den Augenblick vernichten soll.

Die technische Weisheit dieser Gruppe, das Gleichgewicht im Ungleichen, der Gegensaß des Aehnlichen, die Harmonie des Unähnlichen und alles was mit Worten kaum ausgesprochen werden kann, verehre der bildende Künstler. Wir aber äußern hier ohne Bedenken die Behauptung, daß die Naivetät der Conception und nicht die Natürlichkeit der Ausfüh= rung das ganze Alterthum entzückt hat.

Das Säugen ist eine thierische Function und bei vierfüßigen Thieren von großer Anmuth. Das starre bewußtlose Staunen des säugenden Geschöpfes, die bewegliche bewußte Thätigkeit des Gesäugten stehen in dem herrlichsten Contrast. Das Fohlen, schon zu ziemlicher Größe erwachsen, kniet nieder, um sich dem Euter zu bequemen, aus dem es stoßweise die erwünschte Nahrung zieht. Die Mutter, halb verlegt, halb erleichtert, schaut sich um, und durch diesen Act entspringt das vertraulichste Bild. Wir andern Städtebewohner erblicken seltener die Kuh mit dem Kalbe, die Stute mit dem Fohlen; aber bei jedem Frühlingsspaziergang können wir diesen Act an Schafen und Lämmern mit Ergößung gewahr werden, und ich fordere jeden Freund der Natur und Kunst auf, solchen über Wiese und Feld zerstreuten Gruppen mehr Aufmerksamkeit als bisher zu schenken.

Wenden wir uns nun wieder zu dem Kunstwerk, so werden wir zu der allgemeinen Bemerkung veranlaßt, daß thierische Gestalten, einzeln oder gesellt, sich hauptsächlich zu Darstellungen qualificiren, die nur von einer Seite gesehen werden, weil alles Interesse auf der Seite liegt, wohin der Kopf gewendet ist; deßhalb eignen sie sich zu Nischen- und Wandbildern

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