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ein jeder beschränkte Raum ganz eigentlich durch die dargestellten Figuren verziert seyn müsse, so kommt, besonders bei größeren Bildern, eine gewisse Symmetrie zum Vorschein, welche, bedingter oder freier beobachtet, dem Auge jederzeit wohl thut.

Dieß so eben Gesagte entschuldige man damit, daß ich mir Gelegenheit wünschte, vom Hauptzweck der im Raum bedingten Malerei, den ich nicht anders als durch ort- und zweckgemäße Verzierung des Raumes in kurzem auszusprechen wüßte, vom Alterthum herauf bis in die neuesten Zeiten ausführlich vorzulegen.

VI.

Einzeln vertheilte malerische Zierrathen.

Dreizehn Platten.

Haben wir oben dieser Art die Wände zu beleben alle Freiheit gegönnt, so werden wir uns wegen des Einzelnen nunmehr nicht formalisiren. Gar vieles der künstlerischen Willkür Angeeignete wird aus dem Pflanzenreiche entnommen seyn. So erblicken wir Candelaber, die, gleichsam von Knoten zu Knoten, mit verschieden gebildeten Blättern besetzt, uns eine mögliche Vegetation vorspiegeln. Auch die mannichfaltigst umgebildeten gewundenen Blätter und Ranken deuten unmittelbar dahin, endigen sich nun aber manchmal, statt abschließender Blumen und Fruchtentwickelungen, mit bekannten oder unbekannten Thieren; springt ein Pferd, ein Löwe, ein Tiger aus der Blättervolute heraus, so ist es ein Zeugniß, daß der Thiermaler, in der allgemeinen Verzierergilde eingeschlossen, seine Fertigkeiten wollte sehen lassen.

Wie denn überhaupt, sollte je dergleichen wieder unternommen werden, nur eine reiche Gesellschaft von Talenten, geleitet von einem übereinstimmenden Geschmacke, das Geschäft glücklich vollenden könnte. Sie müssen geneigt seyn sich einander zu subordiniren, so daß jeder seinen Plaß geistreich einzunehmen bereit wäre.

Ist doch zu unsern Zeiten in der Villa Borghese ein höchst merkwürdiges Beispiel hiervon gegeben worden, wo in den Arabesken des großen Saales das Blättergeranke, Stängel- und Blumengeschnörkel von geschickten, in diesem Fache geübten römischen Künstlern, die Thiergestalten vom Thiermaler Peters, und, wie man sagt, einige kleine,

mit in den Arabeskenzierrathen angebrachte Bilder von Hamilton herrühren.

Bei solchen Willkürlichkeiten jedoch ist wohl zu merken, daß eine geniale phantastische Metamorphose immer geistreicher, anmuthiger und zugleich möglicher sich darstelle, je mehr sie sich den geseßlichen Umbildungen der Natur, die uns seit geraumer Zeit immer bekannter geworden sind, anzuschließen, und sich von daher abzuleiten das Ansehen hat.

Was die phantastischen Bildungen und Umbildungen der menschlichen. oder thierischen Gestalt betrifft, so haben wir zu vollständiger Belehrung uns an die Vorgänge der Alten zu wenden, und uns dadurch zu be= geistern.

VII.

Andere sich auf Architektur näher beziehende malerische Zierrathen.

Sie sind häufig in horizontalen Baugliedern und Streifen durch abwechselnde Formen und Farben höchst anmuthig auseinandergesetzt. Sodann finden sich aber auch wirklich erhabene Bauglieder, Gesimse und dergleichen, durch Farben vermannichfaltigt und erheitert.

Wenn man irgend eine Kunsterscheinung billig beurtheilen will, so muß man zuvörderst bedenken, daß die Zeiten nicht gleich find. Wollte man uns übel nehmen, wenn wir sagen: Die Nationen steigen aus der Barbarei in einen hochgebildeten Zustand empor, und senken sich später dahin wieder zurück, so wollen wir lieber sagen: Sic steigen aus der Kindheit in großer Anstrengung über die mittlern Jahre hinüber, und sehnen sich zulegt wieder nach der Bequemlichkeit ihrer ersten Tage. Da nun die Nationen unsterblich sind, so hängt es von ihnen ab, immer wieder von vorn anzufangen; freilich ist hier manches im Wege Stehende zu überwinden. Verzeihung diesem Allgemeinen! Eigentlich war hier nur zu bemerken, daß die Natur in ihrer Rohheit und Kindheit unwiderstehlich nach Farbe dringt, weil sie ihr den Eindruck des Lebens giebt, das sie denn auch da zu sehen rerlangt, wo es nicht hingehört.

Wir sind nun unterrichtet, daß die Metopen der ernstesten sicilischen Gebäude hie und da gefärbt waren, und daß man selbst im griechischen Alterthume einer gewissen Wirklichkeitsforderung nachzugeben sich nicht enthalten kann. So viel aber möchten wir behaupten, daß der köstliche Stoff Goethe, sämmtl. Werke. XXV.

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des Pentelischen Marmors, so wie der ernste Ton eherner Statuen einer höher und zarten gesinnten Menschheit den Anlaß gegeben, die reine Form über alles zu schäßen, und sie dadurch dem innern Sinne, abgesondert von allen empirischen Reizen, ausschließlich anzueignen.

So mag es sich denn auch mit der Architektur und dem, was sich sonst anschließt, verhalten haben.

Später aber wird man die Farbe immer wieder hervortreten sehen. Rufen wir ja doch auch schon, um Hell und Dunkel zu erzwecken, einen gewissen Ton zu Hülfe, durch den wir Figuren und Zierrathen vom Grunde abzusetzen und abzustufen geneigt sind.

So viel sey gesagt, um das Vorliegende, wo nicht zu rechtfertigen, doch demselben seine eigenthümliche Stelle anzuweisen.

Von Mosaik ist in diesen Heften wenig dargeboten, aber dieses Wenige bestätigt vollkommen die Begriffe, die wir uns seit langen Jahren von ihr machen konnten. Die Willkür ist hier, bei Fußbodenverzierung, beschränkter, als bei den Wandverzierungen, und es ist, als wenn die Bestimmung eines Werks, „mit Sicherheit betreten zu werden," den musivischen Bildner zu mehr Gefaßtheit und Ruhe nöthigte. Doch ist auch hier die Mannichfaltigkeit unsäglich, in welcher die vorhandenen Mittel angewendet werden, und man möchte die kleinen Steinchen den Tasten des Instruments vergleichen, welche in ihrer Einfalt vorzuliegen scheinen, und kaum eine Ahnung geben, wie, auf die mannichfaltigste Weise verknüpft, der Tonkünstler sie uns zur Empfindung bringen werde.

VIII.
Landschaften.

Wir haben schon oben vernommen, daß in den älteren Zeiten die Wände öffentlicher Gebäude auch wohl mit Landschaften ausgeziert wurden; dagegen war es eine ganz richtige Empfindung, daß man in der Beschränkung von Privathäusern dergleichen nur untergeordnet anzubringen habe. Auch theilt unser Künstler keine im Besondern mit, aber die in Farben abgedruckten Wandbilder zeigen uns genugsam die in abgeschlossenen Rahmen gar zierlich daselbst eingeschalteten ländlichen, meist phantastischen Gegenstände. Denn wie konnte auch ein in der herrlichsten Weltumgebung sich befindender und fühlender Pompejaner die Nachbildung

irgend einer Aussicht, als der Wirklichkeit entsprechend, an seiner Seite wünschen!

Da jedoch in den Kupfern nach Herculanischen Entdeckungen eine Unzahl folcher Nachbildungen anzutreffen ist, auch zugleich ein in der Kunstgeschichte interessanter Punkt zur Sprache kommt, so seh es vergönnt, hierbei einen Augenblick zu verweilen.

Die Frage, ob jene Künstler Kenntniß der Perspective gehabt, beantworte ich mir auf folgende Weise. Sollten solche mit den herrlichsten Sinnen, besonders auch dem des Auges, begabte Künstler, wie so vieles andere, nicht auch haben bemerken können und müssen, daß alle unterhalb meines Auges sich entfernenden Seitenlinien hinauf-, dagegen die oberhalb meines Blickes sich entfernenden hinabzuweichen scheinen? Diesem Gewahrwerden sind sie auch im Allgemeinen gefolgt.

Da nun ferner, in den älteren Zeiten sowohl als in den neueren, bis in das siebzehnte Jahrhundert, jedermann recht viel zu sehen verlangte, so dachte man sich auf einer Höhe, und in sofern mußten alle dergleichen Linien aufwärts gehen, wie es denn auch damit in den ausgegrabenen Bildern gehalten wird, wo aber freilich manches Schwankende, ja Falsche wahrzunehmen ist.

Eben so findet man auch diejenigen Gegenstände, die nur über dem. Auge erblickt werden, als in jener Wandarchitektur die Gesimschen und was man sich an deren Stelle denken mag, wenn sie sich als entfernend darstellen sollen, durchaus im Sinken gezeichnet, so wie auch das, was unter dem Auge gedacht wird, als Treppen und dergleichen aufwärts sich richtend vorgestellt.

Wollte man aber diese nach dem Geseße der reinen subjectiven Perspectivlehre untersuchen, so würde man sie keineswegs zusammenlaufend finden. Was eine scharfe, treue Beobachtung verleihen kann, das besaßen sie; die abstracte Regel, deren wir uns rühmen, und welche nicht durchaus mit dem Geschmacksgefühl übereintrifft, war, mit so manchem andern Späterentdeckten, völlig unbekannt.

Durch alles Borgesagte, welches freilich noch viel weiter hätte ausgeführt werden sollen, kann man sich überzeugen, daß die vorliegenden Zahn'schen Hefte gar mannichfaltigen Nußen zu stiften geeignet sind. Dem Studium des Alterthums überhaupt werden sie förderlich seyn, dem Studium der alterthümlichen Kunstgeschichte besonders. Ferner werden sie,

theils weil die Nachbildungen vieler Gegenstände in der an Ort und Stelle vorhandenen Größe gezeichnet sind, theils weil sie im ganzen Zusammenhange und sogar farbig vorgeführt werden, eher in das praktische Leben eingehen, und den Künstler unserer Tage zu Nachbildung und Erfindung aufwecken, auch dem Begriff, wie man am schicklichen Plaße sich eine heitere, geschmackvolle Umgebung schaffen könne und solle, immer mehr zur allgemeinen Reise verhelfen.

Anschließlich mag ich hier gern bemerken, daß meine alte Vorliebe für die Abbildung des Säuglings mit der Mutter, von Myrons Kuh ausgehend, durch Herrn Zahns Gefälligkeit abermals belohnt worden, indem er mir eine Durchzeichnung des Kindes Telephus, der in Gegenwart seines Heldenvaters und aller schüßenden Wald- und Berggötter an der Hinde saugt, zum Abschied verehrte. Von dieser Gruppe, die vielleicht alles übertrifft, was in der Art je geleistet worden, kann man sich Band I. Seite 31 der Herculanischen Alterthümer einen allgemeinen, obgleich nicht genügenden Begriff machen, welcher nunmehr durch den gedachten Umriß, in der Größe des Originals, vollkommen überliefert wird. Die Verschränkung der Glieder eines zarten saugenden Knaben mit dem leichtfüßigen Thiergebilde ciner zierlichen Hinde, ist eine kunstreiche Composition, die man nicht genug bewundern kann.

Undankbar aber wäre es, wenn ich hier, wo es Gelegenheit giebt, nicht eines Delbildes erwähnte, welches ich täglich gern vor Augen sehe. In einem still-engen, doch heiter-mannichfaltigen Thal, unter einem alten Eichbaume säugt ein weißes Reh einen gleichfalls blendend weißen Abkömmling unter liebkosender Theilnahme.

Auf diese Weise bildet sich denn um mich, angeregt durch jene früheren Bemerkungen, ein heiterer Cyclus dieses anmuthigen Zeugnisses ursprünglichster Verwandtschaft und nothwendigster Neigung. Vielleicht kommen wir auf diesem Wege am ersten zu dem hohen philosophischen Ziel, das göttlich Belebende im Menschen mit dem thierisch Belebten auf das unschuldigste verbunden gewahr zu werden.

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