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So viel man übrigens die noch stehen gebliebene Architektur beurtheilen. kann, so ist sie zwar nicht in einem strengen, aber doch sinnigen Style gedacht und ausgeführt; es erscheint an ihr nichts Willkürliches, Phantastisches, welches man den verschlossenen Räumen des Innern scheint vorbehalten zu haben.

II.

Ganze Wände.

Vierzehn Platten (davon sieben colorirt).

Die Enge und Beschränktheit der meisten Häuser, welche mit unsern Begriffen von bequemer und stattlicher Wohnung nicht wohl vereinbar ist, führt uns auf ein Volk, welches, durchaus im Freien, in städtischer Ge= felligkeit zu leben gewohnt, wenn es nach Hause zurückzukehren genöthigt war, sich auch daselbst einer heiter gebildeten Umgebung gewärtigte.

Die vielen hier mitgetheilten colorirten Zeichnungen ganzer Wände schließen sich dem in dieser Art schon Bekannten auf eine bedeutende und belehrende Weise glücklich an. Was uns bisher vielleicht irre machte, erscheint hier wieder. Die Malerei producirt phantastische, unmögliche Architekturversuche, an deren Leichtsiun wir den antiken Ernst, der selbst in der äußern Baukunft waltet, nicht wieder erkennen. Helfen wir uns mit der Vorstellung, man habe nur eigentlich ein leichtes Sparren- und Lattenwerk andeuten wollen, woran sich eine nachherige Verzierung, als Draperie oder als sonstiger willkürlicher Ausput, humoristisch anschließen sollte.

Hierbei kommt uns denn Vitruv im siebenten Buche in dessen fünftem Capitel entgegen, und seßt uns in den Stand mit Klarheit hierüber zu denken. Er, als ein ächter Realist, der Malerei nur die Nachbildung wirklicher Gegenstände vergönnend, tadelte diese der Einbildungskraft sich hingebenden Gebilde; doch verschafft er uns Gelegenheit, in die Veranlassung dieser neueren Leichtfertigkeiten hineinzusehen.

Im höheren Alterthume schmückte man nur öffentliche Gebäude durch malerische Darstellungen; man wählte das Würdigste, die mannichfaltigsten Heldengestalten, wie uns die Lesche des Polygnot deren eine Menge vorführt. Freilich waren die vorzüglichsten Menschenmaler nicht immer so bei der Hand, oder auch lieber mit beweglichen Tafeln beschäftigt; und so wurden nachher wohl auch an öffentlicher Stelle Landschaften angebracht,

Häfen, Vorgebirge, Gestade, Tempel, Haine, Gebirge, Hirten und Heerden. Wie sich aber nach und nach die Malerei in das Innere der Gebäude zog, und engere Zimmer zu verzieren aufgefordert wurde, so mußte man diese Malereien, welche Menschen in ihrer natürlichen Größe vorstellten, sowohl in der Gegenwart lästig, als ihre Verfertigung zu kostbar, ja unmöglich gefunden haben.

Daher denn jene mannichfaltigen phantastischen Malereien entstanden, wo ein jeder Künstler, was es auch war das er vermochte, willkommen und anwendbar erschien. Daher denn jenes Rohrwerk von schmächtigen Säulchen, lattenartigen Pföstchen, jene geschnörkelten Giebel, und was sich sonst von abenteuerlichem Blumenwesen, Schlingranken, wiederkehrenden seltsamen Auswüchsen daraus entwickeln, was für Ungeheuer zuletzt daraus hervortreten mochten.

Dessenungeachtet aber fehlt es solchen Zimmern nicht an Einheit, wie es die colorirten Blätter unserer Sammlung unwidersprechlich vor Augen stellen. Ein großes Wandfeld ward mit Einer Farbe rein angestrichen, da es denn von dem Hausherrn abhing, in wiefern er hierzu ein kostbares Material anwenden und dadurch sich auszeichnen wollte; welches denn auch dem Maler jederzeit geliefert wurde.

Nun mochten sich auch wohl fertige Künstler finden, welche eine leichte Figur auf eine solche einfärbige Wand in die Mitte zeichneten, vielleicht kalkirten und alsdann mit technischer Kunstfertigkeit ausmalten.

Um nun auch den höhern Kunstsinn zu befriedigen, so hatte man schon, und wahrscheinlich in besondern Werkstätten, sich auf die Fertigung kleinerer Bilder gelegt, die, auf getünchte Kalktafeln gemalt, in die weite getünchte Wand eingelassen und, durch ein geschicktes Zustreichen, mit derselben völlig ins gleiche gebracht werden konnten.

Und so verdient keineswegs diese Neuerung den harten Tadel des strengen, nur Nachbildung wirklicher und möglicher Gegenstände fordernden ernsten Baumeisters. Man kann einen Geschmack, der sich ausbreitet, nicht durch irgend ein Ausschließen verengen; es kommt hier auf die Fähigkeit und Fertigkeit des Künstlers, auf die Möglichkeit an, einen solchen zur gegebenen Arbeit anzulocken; und da wird man denn bald finden, daß selbst Prunkzimmer nur als Einfassung eines Juwels angesehen werden können, wenn ein Meisterwerk der Malerei auf sammtenen und seidenen. Tapeten uns vor Augen gebracht wird.

III.

Ganze Decken.

Vier Platten (sämmtlich gefärbt).

Deren mögen wohl so wenige gegeben werden, weil die Dächer eingedrückt und die Decken daher zerstört worden. Diese mitgetheilten aber sind merkwürdig: zwei derselben find an Zeichnung und Farbe ernsthafter, wie sich es wohl zu dem Charakter der Zimmer gefügt haben mag, zwei aber in dem leichtesten heitersten Sinne, als wenn man über sich nur Latten und Zweige sehen möchte, wodurch die Luft strich, die Vögel hin und wieder flatterten, und woran allenfalls die leichtesten Kränze aufzuhängen wären.

IV.

Einzelne, gepaarte und sonst neben einander gestellte Figuren.

Dreiunddreißig Platten.

Diese sind sämmtlich in der Mitte von farbigen Wandflächen, Körper und Gewänder kunstmäßig colorirt zu denken.

Man hat wohl die Frage aufgeworfen, ob man schwebende Figuren abbilden könne und dürfe. Hier nun scheint sie glücklich beantwortet. Wie der menschliche Körper in verticaler Stellung sich als stehenden erweist, so ist eine gelinde Senkung in die Diagonale schon hinreichend, die Figur als schwebend darzustellen; eine hierbei entwickelte, der Bewegung gemäße Zierlichkeit der Glieder vollendet die Illusion.

Sogar dergleichen schwebende fliegende Figuren tragen hier noch andere auf den Rücken, ohne daß sie eigentlich belastet scheinen; und wir machen dabei die Bemerkung, daß wir, bei Darstellung des Graziösen, den Boden niemals vermissen, wie uns alles Geistige der Wirklichkeit entsagen läßt.

So dankenswerth es nun auch ist, daß uns hier so viele angenehme Bilder überliefert werden, die man mit Bequemlichkeit nur auf die Wand durchzeichnen und mit Geschmack coloriren dürfte, um sie wieder schicklich anwendbar zu machen, so erinnere sich doch nur der Künstler, daß er mit der Masse der Bevölkerung großer Städte gerade diesem ächt lebendigen antiken Kunstsinne immerfort schon treu bleibt. Wen ergößt nicht der Anblick großer theatralischer Ballete? wer trägt sein Geld nicht Seiltänzern, Luftspringern und Kunstreitern zu? und was reizt uns, diese flüchtigen

Erscheinungen immer wiederholt zu verlangen, als das anmuthig vorübergehende Lebendige, welches die Alten an ihren Wänden festzuhalten trachteten.

Hierin hat der bildende Künstler unserer Tage Gelegenheit genug, sich zu üben: er suche die augenblicklichen Bewegungen aufzufassen, das Verschwindende festzuhalten, ein Vorhergehendes und Nachfolgendes fimultan vorzustellen, und er wird schwebende Figuren vor die Augen bringen, bei denen man weder nach Fußboden, so wenig als nach Seil, Drath und Pferd fragt. Doch was das letzte betrifft, dieses edle Geschöpf muß auch in unsern Bildkreis herangezogen werden. Durchdringe sich der Künstler von den geistreichen Gebilden, welche die Alten so meisterhaft im Centaurengeschlechte darstellten. Die Pferde machen ein zweites Volk im Kriegsund Friedenswesen aus; Reitbahn, Wettrennen und Revuen geben dem Künstler genugsame Gelegenheit, Kraft, Macht, Zierlichkeit und Behendigkeit des Thieres kennen zu lernen; und wenn vorzügliche Bildner den Stallmeister und Cavalleristen zu befriedigen suchen, wenigstens in Hauptsachen, wo ihre Forderungen naturgemäß sind, so ziehe der vollkommene Decorationsmaler auch dergleichen in sein Fach. Fene allgemeinen Gelegenheiten wird er nicht meiden; dabei aber laffe er alle die einer aufgeregten Schaulust gewidmeten Stunden für seine Zwecke nicht vorüber.

Gedenken wir an dieser Stelle eines vor Jahren gegebenen, hierher deutenden glücklichen Beispiels, der geistreich aufgefaßten anmuthigen Bewegungen der Viganos, zu denen sich das ernste Talent des Herrn Director Schadow seiner Zeit angeregt fühlte, deren manche sich, als Wandgemälde im antiken Sinne behandelt, recht gut ausnehmen würden. Lasse man den Tänzern und andern, durch bewegte Gegenwart uns erfreuenden Personen ihre technisch herkömmlichen, mitunter dem Auge und sittlichen Gefühle widerwärtigen Stellungen, fasse und fixire man das, was lobenswürdig und musterhaft an ihnen ist, so kommt auch wohl hier eine Kunst der andern zu gute, und sie fügen sich wechselseitig in einander, um uns das durchaus Wünschenswerthe vor Augen zu bringen.

V.

Vollständige Bilder.

Sieben Platten.

Es ist allgemein bekannt und jedem Gebildeten höchst schäßenswerth, was gründliche Sprachforscher seit so langer Zeit zur Kenntniß des

Alterthums beigetragen; es ist jedoch nicht zu läugnen, daß gar vieles im Dunkeln blieb, was in der neuern Zeit enthüllt worden ist, seit die Gelehrten sich auch um eine nähere Kunstkenntniß bemüht, wodurch uns nicht allein manche Stelle des Plinius in ihrem geschichtlichen Zusammenhange, sondern auch nach allen Seiten hin anderes der überlieferten Schriftsteller klar geworden ist.

Wer unterrichtet seyn will, wie wunderlich man in der Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts sich jene rhetorisch beschriebenen Bilder vorgestellt hat, welche uns durch die Philostrate überliefert worden, der schlage die französische Ueberseßung dieser Autoren nach, welche von Arthus Thomas Sieur d'Embry mit schäßenswerthen Notizen, jedoch mit den unglücklichsten Kupferstichen versehen; man findet seine Einbildungskraft widerwärtig ergriffen, und weit von dem Ufer antiker Einfalt, Reinheit und Eigenthümlichkeit verschlagen. Auch in dem achtzehnten Jahrhunderte sind die Versuche des Grafen Caylus meistens mißrathen zu nennen; ja wenn wir uns in der neuern Zeit berechtigt finden, jene in dem Philostratischen Werke freilich mehr besprochenen als beschriebenen Bilder als damals wirklich vorhandene zuzugeben, so sind wir solches Urtheil den Herculanischen und Pompejischen Entdeckungen schuldig, und sowohl die Weimarischen Kunstfreunde, als die in diesem Fache eifrig gebildeten Gebrüder Riepenhausen werden gern gestehen, daß, wenn ihnen etwas über die Polygnotische Lesche in Worten oder bildlichen Darstellungen zu äußern gelungen ist, solches eigentlich erst in gedachten ausgegrabenen antiken Bildern Grund und Zuverlässigkeit gefunden habe.

Auch die vom Referenten vorgetragenen Studien über die Philostratischen Bilder, wodurch er das Wirkliche vom Rhetorischen zu sondern getrachtet hat, sind nicht ohne die genaueste und wiederholteste Anschauung der neu aufgefundenen Bilder unternommen worden.

Hierüber etwas Allgemeines mitzutheilen, welches ausführlich geschehen müßte, um nicht verwegen zu scheinen, gehörte ein weit größerer als der hier gegönnte Raum. So viel aber seh kürzlich ausgesprochen. Die alte Malerei, von der Bildhauerkunst herstammend, ist in einzelnen Figuren höchst glücklich; zwei, gepaart und verschlungen, gelingen ihr aufs beste; eine dritte hinzukommende giebt schon mehr Anlaß zu Nebeneinanderstellung als zu Vereinigung; mehrere zusammen darzustellen, glückt diesen Künstlern auf unsere Weise nicht; da sie aber doch das innige Gefühl haben, daß

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