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sogenannten Vorzügen des Marmors gewinnt. Auch sucht der Bildhauer die Stimmung nicht in der Materie, woraus er arbeitet, er versteht sie in der Natur zu sehen, er findet sie so gut in dem Gyps als in dem Marmor; denn es ist falsch, daß der Gyps eines harmonischen Marmors nicht auch harmonisch sey, sonst würde man nur Abgüffe ohne Gefühl machen können; das Gefühl ist Uebereinstimmung und vice versa. Die Liebhaber, die bezaubert von diesen tons, diesen feinen Schwingungen sind, haben nicht Unrecht; denn es zeigen sich solche an dem Marmor so gut wie in der ganzen Natur, nur erkennt man sie leichter da, wegen der einfachen und starken Wirkung, und der Liebhaber, weil er sie hier zum erstenmal bemerkt, glaubt, daß sie nirgends oder wenigstens nirgends so kräftig anzutreffen sehen. Das Auge des Künstlers aber findet sie überall. Er mag die Werkstätte eines Schusters betreten oder einen Stall; er mag das Gesicht seiner Geliebten, seine Stiefel oder die Antike ansehen, überall sieht er die heiligen Schwingungen und leisen Töne, womit die Natur alle Gegenstände verbindet. Bei jedem Tritt eröffnet sich ihm die magische Welt, die jene großen Meister innig und beständig umgab, deren Werke in Ewigkeit den wetteifernden Künstler zur Ehrfurcht hinreißen, alle Verächter, ausländische und inländische, studirte und unstudirte, im Zaum halten, und den reichen Sammler in Contribution setzen werden.

Jeder Mensch hat mehrmal in seinem Leben die Gewalt dieser Zauberei gefühlt, die den Künstler allgegenwärtig faßt, und durch die ihm die Welt rings umher belebt wird. Wer ist nicht einmal beim Eintritt in einen heiligen Wald von Schauer überfallen worden? Wen hat die umfangende Nacht nicht mit einem unheimlichen Grausen geschüttelt? Wem hat nicht in Gegenwart seines Mädchens die ganze Welt golden gefchienen? Wer fühlte nicht an ihrem Arme Himmel und Erde in wonnevollsten Harmonien zusammenfließen ?

Davon fühlt nun der Künstler nicht allein die Wirkungen, er dringt bis in die Ursachen hinein, die sie hervorbringen. Die Welt liegt vor ihm, möcht' ich sagen, wie vor ihrem Schöpfer, der in dem Augenblick,

Warum ist die Natur immer schön? überall schön? überall bedeutend? sprechend? Und der Marmor und Gyps, warum will der Licht, besonder Licht haben? Ift's nicht, weil die Natur sich ewig in sich bewegt, ewig neu erschafft, und der Marmor, der belebteste, da steht tødt, erst durch den Zauberstab der Veleuchtung zu retten von seiner Leblosigkeit?

da er sich des Geschaffenen freut, auch alle die Harmonien genießt, durch die er sie hervorbrachte und in denen sie besteht. Darum glaubt nicht so schnell zu verstehen, was das heiße: das Gefühl ist die Harmonie und vice versa.

Und das ist es, was immer durch die Seele des Künstlers webt, was in ihm nach und nach sich zum verstandensten Ausdrucke drängt, ohne durch die Erkenntnißkraft durchgegangen zu seyn. Ach! dieser Zauber ist's, der aus den Sälen der Großen und aus ihren Gärten flieht, die nur zum Durchstreifen, nur zum Schauplatz der an einander hinwischenden Eitelkeit ausstaffirt und beschnitten sind. Nur da wo Vertraulichkeit, Bedürfniß, Innigkeit wohnen, wohnt alle Dichtungskraft, und weh dem Künstler, der seine Hütte verläßt, um in den akademischen Pranggebäuden sich zu verflattern! Denn wie geschrieben steht, es sey schwer, daß ein Reicher ins Reich Gottes komme, eben so schwer ist's auch, daß ein Mann, der sich der veränderlichen modischen Art gleichstellt, der sich an der Flitterherrlichkeit der neuen Welt ergößt, ein gefühlvoller Künstler werde. Alle Quellen natürlicher Empfindung, die der Fülle unserer Väter offen waren, schließen sich ihm. Die papierene Tapete, die an seiner Wand in wenig Jahren verbleicht, ist ein Zeugniß seines Sinns und ein Gleichniß seiner Werke.

Ueber das Uebliche sind schon so viel Blätter verdorben worden; mögen diese mit drein gehen. Mich dünkt das Schickliche gelte in aller Welt fürs Uebliche; und was ist in der Welt schicklicher als das Gefühlte? Rembrandt, Raphael, Rubens kommen mir in ihren geistlichen Geschichten wie wahre Heilige vor, die sich Gott überall auf Schritt und Tritt, im Kämmerlein und auf dem Felde gegenwärtig fühlen, und nicht der umständlichen Pracht von Tempeln und Opfern bedürfen, um ihn an ihre Herzen herbeizuzerren. Ich seße da drei Meister zusammen, die man fast immer durch Verge und Meere zu trennen pflegt; aber ich dürfte mich wohl getrauen noch manche große Namen herzuseßen, und zu beweisen, daß sie sich alle in diesem wesentlichen Stücke gleich waren.

Ein großer Maler wie der andere lockt durch große und kleine empfundene Naturzüge den Zuschauer, daß er glauben soll, er sey in die Zeiten der vorgestellten Geschichte entrückt, während er nur in die Vorstellungsart, in das Gefühl des Malers versett wird. Und was kann er im Grunde verlangen, als daß ihm Geschichte der Menschheit mit und zu wahrer menschlicher Theilnehmung hingezaubert werde?

Wenn Rembrandt seine Mutter Gottes mit dem Kinde als niederländische Bäuerin vorstellt, sieht freilich jedes Herrchen, daß entseßlich gegen die Geschichte geschlägelt ist, welche vermeldet, Christus seh zu Bethlehem im jüdischen Lande geboren worden. Das haben die Italiäner beffer ge= macht! sagt er. Und wie? Hat Raphael was anders, was mehr gemalt, als eine liebende Mutter mit ihrem Ersten, Einzigen? und war aus dem Süjet etwas anders zu malen? Und ist Mutterliebe in ihren Abschattungen nicht eine ergiebige Quelle für Dichter und Maler in allen Zeiten? Aber es sind die biblischen Stücke alle durch kalte Veredlung und die gesteifte Kirchenschicklichkeit aus ihrer Einfalt und Wahrheit herausgezogen und dem theilnehmenden Herzen entrissen worden, um gaffende Augen des Dumpffinns zu blenden. Sißt nicht Maria zwischen den Schnörkeln aller Altareinfassungen vor den Hirten mit dem Knäblein da, als ließ sie's um Geld sehen, oder habe sich, nach ausgeruhten vier Wochen, mit aller Kindbettsmuße und Weibseitelkeit auf die Ehre dieses Besuchs vorbereitet? Das ist nun schicklich! das ist gehörig! das stößt nicht gegen die Geschichte!

Wie behandelt Rembrandt diesen Vorwurf? Er versetzt uns in einen dunkeln Stall; Noth hat die Gebärerin getrieben, das Kind an der Brust mit dem Vieh das Lager zu theilen; sie sind beide bis an Hals mit Stroh und Kleidern zugedeckt; es ist alles düster, außer einem Lämpchen, das dem Vater leuchtet, der mit einem Büchelchen dasißt und Marien einige Gebete vorzulesen scheint. In dem Augenblick treten die Hirten herein; der vorderste, der mit einer Stalllaterne vorangeht, guckt, indem er die Müße abnimmt, in das Stroh. War an diesem Plaße die Frage deutlicher auszudrücken: Ist hier der neugeborene König der Juden?

Und so ist alles Costüm lächerlich, denn auch der Maler, der's euch am besten zu beobachten scheint, beobachtet's nicht einen Augenblick. Derjenige, der auf die Tafel des reichen Mannes Stengelgläser seßte, würde übel angesehen werden, und drum hilft er sich mit abenteuerlichen Formen, belügt euch mit unbekannten Töpfen, aus welchem uralten Gerümpelschranke er nur immer mag, und zwingt euch durch den markleeren Adel überirdischer Wesen in stattlich gefalteten Schleppmänteln zu Bewunderung und Ehrfurcht.

Was der Künstler nicht geliebt hat, nicht liebt, soll er nicht schildern, kann er nicht schildern. Ihr findet Rubens Weiber zu fleischig? Ich sage euch, es waren seine Weiber, und hätte er Himmel und Hölle, Luft,

Erde und Meer mit Idealen bevölkert, so wäre er ein schlechter Ehemann gewesen, und es wäre nie kräftiges Fleisch von seinem Fleisch und Bein von seinem Bein geworden. '

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Es ist thörig von einem Künstler zu fordern, er soll viel, er soll alle Formen umfassen. Hatte doch oft die Natur selbst für ganze Provinzen nur Eine Gesichtsgestalt zu vergeben. Wer allgemein seyn will, wird nichts ; die Einschränkung ist dem Künstler so nothwendig, als jedem der aus sich etwas Bedeutendes bilden will. Das Haften an ebendenselben Gegenständen, an dem Schrank voll alten Hausraths und wunderbaren Lumpen hat Rembrandt zu dem Einzigen gemacht, der er ist. Denn ich will hier nur von Licht und Schatten reden, ob sich gleich auf Zeichnung eben das anwenden läßt. Das Haften an eben der Gestalt unter Einer Lichtart muß nothwendig den, der Augen hat, endlich in alle Geheimnisse leiten, wodurch sich das Ding ihm darstellt, wie es ist. Nimm jeßo das Haften an Einer Form, unter allen Lichtern, so wird dir dieses Ding immer lebendiger, wahrer, runder, es wird endlich Du selbst werden. Aber bedenke, daß jeder Menschenkraft ihre Gränzen gegeben sind. Wie viel Gegenstände bist du im Stande so zu fassen, daß sie aus dir wieder neu hervorgeschaffen werden mögen? Das frage dich, geh' vom Häuslichen aus und verbreite dich, so du kannst, über alle Welt.

III.

Dritte Wallfahrt nach Erwins Grabe im Juli 1775. Vorbereitung.

Wieder an deinem Grabe und dem Denkmal des ewigen Lebens in dir über deinem Grabe, heiliger Erwin! fühle ich, Gott sey Dank, daß ich bin, wie ich war; noch immer so kräftig gerührt von dem Großen,

1 In dem Stücke von Goudt nach Elzheimer: Philemon und Baucis, hat sich Jupiter auf einem Großvaterstuhl niedergelassen, Mercur ruht auf einem niedern Lager aus, Wirth und Wirthin sind nach ihrer Art beschäftigt sie zu bedienen. Jupiter hat sich indessen in der Stube umgesehen und just fallen seine Augen auf einen Holzschnitt an der Wand, wo er einen seiner Liebesschwänke, durch Mercurs Beihülfe ausgeführt, klärlich abgebildet steht. Wenn so ein Zug nicht mehr werth ist als ein ganzes Zeughaus wahrhaft antiker Nachtgeschirre, so will ich alles Denken, Dichten, Trachten und Schreiben aufgeben.

und o Wonne! noch einziger, ausschließender gerührt von dem Wahren, als ehemals, da ich oft aus kindlicher Ergebenheit das zu ehren mich bestrebte, wofür ich nichts fühlte und, mich selbst betrügend, den kraft- und wahrheitsleeren Gegenstand mit liebevoller Ahnung übertünchte. Wie viel Nebel sind von meinen Augen gefallen, und doch bist du nicht aus meinem Herzen gewichen, alles belebende Liebe! die du mit der Wahrheit wohnst, ob sie gleich sagen, du sehst lichtscheu und entfliehend im Nebel.

Gebet.

Du bist Eins und lebendig, gezeugt und entfaltet, nicht zusammengetragen und geflickt. Vor dir, wie vor dem schaumstürmenden Sturze des gewaltigen Rheins, wie vor der glänzenden Krone der ewigen Schneegebirge, wie vor dem Anblick des heiter ausgebreiteten Sees und deiner Wolkenfelsen und wüsten Thäler, grauer Gotthard! wie vor jedem großen Gedanken der Schöpfung, wird in der Seele reg, was auch Schöpfungskraft in ihr ist. In Dichtung stammelt sie über, in krißelnden Strichen wühlt sie auf dem Papier Anbetung dem Schaffenden, ewiges Leben, um= fassendes unauslöschliches Gefühl deß, was da ist und da war und da seyn wird.

Erfte Station.

Ich will schreiben, denn mir ist's wohl, und so oft ich da schrieb, ist's auch andern wohl worden, die's lasen, wenn ihnen das Blut rein durch die Adern floß und die Augen ihnen hell waren. Möge es euch wohl seyn, meine Freunde, wie mir in der Luft, die mir über alle Dächer der verzerrten Stadt morgendlich auf diesem Umgange entgegenweht.

Bweite Station.

Höher in der Luft, hinabschauend, schon überschauend die herrliche Ebene, vaterlandwärts, liebwärts, und doch voll bleibenden Gefühls des gegenwärtigen Augenblicks.

Ich schrieb ehemals ein Blatt verhüllter Innigkeit, das wenige lasen, buchstabenweise nicht verstanden, und worin gute Seelen nur Funken wehen sahen deß, was sie unaussprechlich und unausgesprochen glücklich macht. Wunderlich war's, von einem Gebäude geheimnißvoll reden, Thatsachen in Räthsel hüllen, und von Maßverhältnissen poetisch lallen! Und doch

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