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Blumenmalerei.
1818.

Wenn gleich die menschliche Gestalt, und zwar in ihrer Würde und Gesundheitsfülle, das Hauptziel aller bildenden Kunst bleibt, so kann doch keinem Gegenstande, wenn er froh und frisch in die Augen fällt, das Recht versagt werden gleichfalls dargestellt zu seyn, und im Nachbild ein großes, ja größeres Vergnügen zu erwecken, als das Urbild nur immer erregen konnte. Wir schränken uns hier auf die Blumen ein, die sehr frühe als Vorbilder vom Künstler ergriffen werden mußten. Der alten Kunst waren sie Nebensache: Pausias von Sichon malte Blumen zum Schmuck seines geliebten Sträußermädchens; dem Architekten waren Blätter, Knospen, Blumen und von daher abgeleitete Gestalten als Zierde seiner starren Flächen und Stäbe höchst willkommen, und noch sind uns hiervon die köstlichsten Reste geblieben, wie Griechen und Römer bis zum Uebermaß mit wandelbaren Formen der vegetirenden Welt ihren Marmor belebt.

Ferner zeigt sich auf den Thüren des Ghiberti die schönste Anwendung von Pflanzen und des mit ihnen verwandten Geflügels. Lucas della Robbia und seine Sippschaft umgaben mit bunt verglasten, hocherhabenen Blumen- und Fruchtkränzen anbetungswerthe, heilige Bilder. Gleiche Fruchtfülle bringt Johann da Udine dar, in den köstlich ge= drängten Obstgehängen der Vaticanischen Logen, und noch manche der= gleichen, selbst ungeheuer lastende Festone verzieren, Fries an Fries, die Säle Leo X. Zu gleicher Zeit finden wir auch koloffale und niedliche Pergamentblätter, heiligen und frommen Inhalts, zum Beginn und am Rande mit bewundernswürdig nachgebildeten Blumen und Früchten reichlich verziert.

Und auch später war Vegetation wie Landschaft nur Begleiterin menschlicher Gestalten, bis nach und nach diese untergeordneten Gegenstände durch die Machtgewalt des Künstlers selbstständig erschienen, und das Hauptinteresse eines Bildes zu bewirken sich anmaßten.

Manche Versuche vorbeigehend wenden wir uns zu den Künstlern, die in den Niederlanden zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts ihr Glück auf die Blumenliebe reicher Handelsherren gründeten, auf die eigentliche Blumisterei, welche, mit unendlicher Neigung, ausgesuchte Floren durch Cultur zu vervielfältigen und zu verherrlichen trachtete. Tulpe, Nelke, Aurikel, Hyacinthe wurden in ihrem vollkommensten Zustande bewundert und geschäßt; und nicht etwa willkürlich gestand man Vollkommenheiten zu, man untersuchte die Regeln, wonach etwas gefallen konnte, und wir wagen die Schätzung der Blumenliebhaber als wohl überdacht anzuerkennen, und getrauen uns durchaus etwas Gesetzliches darin nachzuweisen, wonach fie gelten ließen oder forderten.

Wir geben hier die Namen der Künstler, deren Arbeit wir bei Herrn Dr. Grambs in Frankfurt am Main in farbigen Aquarellzeichnungen mit Augen gesehen.

Morel aus Antwerpen blühte um 1700.

Maria Sibylla Merian deßgleichen.

Johann Bronkhorst, geb. 1648.

Hermann Henstenburgh, geb. 1667.

Johann van Huysum, geb. 1682, gest. 1749.

Oswald Wyne.

Vanloo.

Robb.

Roedig.

Johann van Os.

Van Brüssel, um 1780.

Van Leen.

Wilhelm Hendricus.

Nähere Nachrichten von den neueren Künstlern würden sehr willkommen seyn.

Ob nun schon Sibylla Merian, wahrscheinlich angeregt durch des hochverdienten, viel jüngern Carl Plumier Reiseruf und Ruhm, sich nach Surinam wagte und in ihren Darstellungen sich zwischen Kunst und

Wissenschaft, zwischen Naturbeschauung und malerischen Zwecken hin und her bewegte, so blieben doch alle folgenden großen Meister auf der Spur, die wir angedeutet: fie empfingen die Gegenstände von Blumenliebhabern; sie vereinigten sich mit ihnen über den Werth derselben, unb stellten sie in dem vollsten ästhetischen Glanze dar. Wie nur Licht und Schatten, Farbenwechsel und Widerschein irgend spielen wollten, ließ sich hier kunstreich und unerschöpflich nachbilden. Diese Werke haben den großen Vortheil, daß sie den sinnlichen Genuß vollkommen befriedigen. Blumen und Blüthen sprechen dem Auge zu, Früchte dem Gaumen, und das beiderseitige Behagen scheint sich im Geruch aufzulösen.

Und noch lebt in jenen wohlhäbigen Provinzen derselbe Sinn, in welchem Huysum, Rachel Ruysch und Seghers gearbeitet, indessen die übrige Welt sich auf ganz andere Weise mit den Pflanzen beschäftigte, und eine neue Epoche der Malerkunst vorbereitete. Es lohnt wohl der Mühe gerade auf dem Wendepunkt diese Bemerkung zu machen, damit auch hier die Kunst mit Bewußtseyn ans Werk schreite.

Die Botanik huldigte in früher Zeit dem Apotheker, Blumisten und Tafelgärtner; diese forderten das Heilsame, Augenfällige, Geschmackreiche, und so war jedermann befriedigt; allein die Wissenschaft, begünstigt vom raftlosen Treiben des Handels und Weltbewegens, erwarb sich ein Reich, das über Unendlichkeiten herrschte. Nun waren ihr Geschöpfe sogar verächtlich die nur nüßlich, nur schön, wohlriechend und schmackhaft seyn wollen; das Unnüßeste, das Häßlichste umfaßte sie mit gleicher Liebe und Antheil.

Diese Richtung mußte der Künstler gleichfalls verfolgen; denn obgleich der Gesetzgeber Linné seine große Gewalt auch dadurch bewies, daß er der Sprache Gewandtheit, Fertigkeit, Bestimmungsfähigkeit gab, um sich an die Stelle des Bildes zu seßen, so kehrte doch immer die Forderung des sinnlichen Menschen wieder zurück, die Gestalt mit einem Blick zu übersehen, lieber als sie in der Einbildungskraft erst aus vielen Worten aufzuerbauen.

Welchem Naturfreund wäre nun vorzuerzählen nöthig, wie weit die Kunst Pflanzen, sowohl der Natur als der Wissenschaft gemäß, nachzubilden in unsern Tagen gestiegen sey? Will man treffliche Werke vorzählen, wo soll man anfangen, wo soll man enden?

Hier sey uns eins für alle gegeben.

A Description of the Genus Pinus by Lambert. Lon

don 1803.

Der in seiner Kunst vollendete und sie zu seinen Zwecken geistreich anwendende Ferdinand Bauer stellt die verschiedenen Fichtenarten und die mannichfaltigen Umwandlungen ihrer Aeste, Zweige, Nadeln, Blätter, Knospen, Blüthen, Früchte, Fruchthülle und Samen zu unserer größten Zufriedenheit durch das einfache Kunstmittel dar, daß er die Gegenstände in ein volles freies Licht seßt, welches dieselben in allen ihren Theilen nicht allein umfaßt, sondern ihnen auch durch lichte Widerscheine überall die größte Klarheit und Deutlichkeit verleiht. Eine solche Behandlungsart gilt hauptsächlich bei diesem Gegenstand: Zweige, Nadeln, Blüthen haben in genanntem Geschlecht eigentlich keinen Körper, dagegen sind alle Theile durch Localfarben und Tinten so unendlich von einander abgeseßt und abgestuft, daß die reine Beobachtung solcher Mannichfaltigkeit und das Abgebildete als wirklich vor Augen bringt. Jede Farbe, auch die hellste, ist dunkler als das weiße Papier worauf sie getragen wird, und es bedarf also hier weder Licht noch Schatten, die Theile seßen sich unter einander und vom Grunde genugsam ab; und doch würde diese Darstellung noch immer etwas Chinesisches behalten, wenn der Künstler Licht und Schatten aus Unkunde nicht achtete, anstatt daß er hier aus Weisheit beides vermeidet; sobald er aber dessen bedarf, wie bei Aesten und Zapfen, die sich körperlich hervorthun, weiß er mit einem Hauch, mit einem Garnichts nachzuhelfen, daß die Körper sich runden, und doch eben so wenig gegen den Grund abstechen. Daher wird man beim Anblick dieser Blätter bezaubert: die Natur ist offenbar, die Kunst versteckt, die Genauigkeit groß, die Ausführung mild, die Gegenwart entschieden und befriedigend, und wir müssen uns glücklich halten, aus den Schäßen der großherzoglichen Bibliothek dieses Musterwerk uns und unsern Freunden wiederholt vorlegen zu können.

Denke man sich nun, daß mehrere Künstler im Dienste der Wissenschaft ihr Leben zubringen, wie sie die Pflanzentheile, nach einer sich ins unendliche vermannichfaltigenden und doch noch immer fürs Anschauen nicht hinreichenden Terminologie, durchstudiren, wiederholt nachbilden und ihrem scharfen Künstlerauge noch das Mikroskop zu Hülfe rufen, so wird man sich sagen: es muß endlich einer aufstehen, der diese Abgesondertheiten vereinigt, das Bestimmte fest hält, das Schwebende zu fassen weiß; er hat so oft, so genau, so treu wiederholt was man Geschlecht, Art, Varietät nennt, daß er auswendig weiß was da ist, und ihn nichts irrt was werden kann.

Ein solcher Künstler habe nun auch denselben innern Sinn, den unsere großen niederländischen Blumenmaler befassen, so ist er immer in Nachtheil, denn jene hatten nur Liebhaber des auffallend Schönen zu befriedigen, er aber soll im Wahren und durchs Wahre das Schöne geben; und wenn jene im beschränkten Kreise des Gartenfreundes sich behaglich ergingen, so soll er vor einer unübersehbaren Menge von Kennern, Wissenden, Unterscheidenden und Aufstechenden sich über die Natürlichkeit controliren lassen.

Nun verlangt die Kunst, daß er seine Blumen nach Form und Farbe glücklich zusammenstelle, seine Gruppen gegen das Licht zu erhöhe, gegen die Seiten schattend und halbschattig abrunde, die Blüthen erst in voller Ansicht, sodann von der Seite, auch nach dem Hintergrunde zu fliehend sehen lasse, und sich dabei dergestalt bewähre, daß Blatt und Blättchen, Kelch und Anthere eine Specialkritik aushalte, und er zugleich im Ganzen, Künstler und Kunstkenner zu befriedigen, den unerläßlichen Effect dargeben und leisten foll!

Daß irgend jemand eine solche Aufgabe zu lösen unternähme, würden wir nicht denken, wenn wir nicht ein paar Bilder vor uns hätten, wo der Künstler geleistet hat, was einem jeden, der sich's bloß einbilden wollte, völlig unmöglich scheinen müßte.

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