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Man schelt' es nicht, denn wohl genießt sie rein, Auch über Wolken, heitern Sonnenschein.

VI.

Gehinderter Verkehr.

Wie sich am Meere Mann um Mann befestigt
Und am Gestade Schiffer überlästigt,
Die engen Pfade völlig weglos macht,
Auf Sicherheit, mehr auf Gewalt bedacht;
Bald Recht, bald Plackerei, sein selbst gewiß,
Sey, wie es sey, und immer Hinderniß,
So Tag und Nacht den Reisenden zur Last:
Es ist vielleicht zu düster aufgefaßt.

Skizzen zu Cafti's Fabelgedicht: Die redenden Thiere.

1817.

Diese, von einem vorzüglichen Künstler an die Weimarischen Kunstfreunde gesandt, gaben zu folgenden Betrachtungen Anlaß.

Das Fabelgedicht von Casti bietet zu malerischer Darstellung weniger günstigen Stoff, als Reineke Fuchs und andere einzelne Apologen. Was gebildet werden soll, muß ein Aeußerliches mit sich führen; wo nichts geschieht, hat der Künstler seine Vortheile verloren. In genanntem Gedichte find innerliche Zustände die Hauptsache, lebhafte, heftige, kluge, revolu= tionäre Gesinnungen einer schwachen und doch gewaltsamen und in ihrer Klugheit selbst unklugen, besorgten und sorglosen Despotie entgegengestellt. Als Werk eines geistreichen Mannes hat es große Vorzüge, dem bildenden Künstler aber gewährt es wenige bedeutende Momente. In solchen Fällen betrachtet man ein Bild, und man weiß nicht was man sieht, wenn man uns gleich sagt, was dabei zu denken wäre.

I. Berathschlagen der Thiere über künftige Regierungsform, ob monarchisch oder republikanisch? Macht eine gute Thiergruppe; wer könnte aber dabei errathen, daß sie berathschlagen?

II. Rede des Löwen als erwählten Königs. Bildet sich gut zusammen, auch drückt sich das Herrische des Löwen, die Nachgiebigkeit der übrigen untergeordneten Geschöpfe deutlich aus.

III. Die Krönung des Löwen durch den Ochsen. Ein sinnlicher Act, macht ein gutes Bild; nur ist die Plumpheit des Krönenden keineswegs erfreulich; man fürchtet, den neuen Monarchen auf der Stelle erdrückt zu sehen.

IV. Das Taßenlecken; wird spöttisch dadurch der Handfuß

vorgestellt. Wir können uns hier der Bemerkung nicht enthalten, daß das Gedicht, mit allen seinen Verdiensten, nicht sowohl poetisch ironisch als direct satyrisch ist. Hier sind nicht Thiere, die wie Menschen handeln, sondern völlige Menschen, und zwar moderne, als Thiere maskirt. Das Tazenlecken kann im beabsichtigten Sinne nicht deutlich werden. Man glaubt, des Löwen Pfote sey verlegt, das Lecken eine Cur, und man wird durch den leidenden Blick des Löwen, gegen Affen und Kater gerichtet, in diesen Gedanken bestärkt. Kein Künstler vermöchte wohl auszudrücken, daß der Löwe Langeweile hat.

Diese Bilder würden durch das Gedicht klar, und da sie gut componirt und wohl beleuchtet sind, von bekannter geschickter Hand dem Liebhaber wohl erfreulich seyn. Das sechste und siebente hingegen ist nicht zu entziffern; wenn man den Zweck nicht schon weiß, so versteht man sie nicht, und wird uns das Verständniß eröffnet, so befriedigen sie nicht. Bon bildlichen Darstellungen, welche zu einem geschriebenen Werke gefertigt werden, darf man freilich nicht so streng verlangen, daß sie sich selbst aussprechen sollen; aber daß sie an und für sich gute Bilder sehen, daß sie nach gegebener Erklärung den Beifall des Kunstfreundes gewinnen, läßt sich wohl erwarten.

Was jedoch solchen Productionen eigentlich den höchsten Werth giebt, ist ein guter Humor, eine heitere, leidenschaftslose Ironie, wodurch die Bitterkeit des Scherzes, der das Thierische im Menschen hervorhebt, ge= mildert und für geistreiche Leser ein geschmackvoller Beigenuß bereitet wird. Musterhaft sind hierin Jost Ammon und Aldert van Everdingen in den Bildern zu Reineke Fuchs, Paul Potter in dem berühmten weiland Casseler Gemälde, wo die Thiere den Jäger richten und bestrafen.

Vorstehendes gab zu weitern Betrachtungen Anlaß.

Die Thierfabel gehört eigentlich dem Geiste, dem Gemüth, den sittlichen Kräften, indessen sie uns eine gewisse derbe Sinnlichkeit vorspiegelt. Den verschiedenen Charakteren, die sich im Thierreich aussprechen, borgt sie Intelligenz, die den Menschen auszeichnet, mit allen ihren Vortheilen, dem Bewußtseyn, dem Entschluß, der Folge, und wir finden es

wahrscheinlich, weil kein Thier aus seiner beschränkten, bestimmten Art herausgeht, und deßhalb immer zweckmäßig zu handeln scheint.

Wie die Fabel des Fuchses sich durch lange Zeiten durchgewunden und von mancherlei Bearbeitern erweitert, bereichert und aufgestutt worden, darüber giebt uns eine einsichtige Literargeschichte täglich mehr Aufklärung.

Daß wir sinnliche Gegenstände, wovon wir hören, auch mit Augen sehen wollen, ist natürlich, weil sich alles, was wir vernehmen, dem innern Sinn des Auges mittheilt und die Einbildungskraft erregt. Diese Forderung hat aber der bildenden Kunst, ja allen äußerlich darstellenden, großen Schaden gethan und richtet sie mehr oder weniger zu Grunde. Die Thierfabel sollte eigentlich dem Auge nicht dargestellt werden, und doch ist es geschehen; untersuchen wir an einigen Beispielen, mit welchem Glück?

Jost Ammon, in der zweiten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts, gab zu einer lateinischen metrischen Ueberseßung des Reineke Fuchs kleine allerliebste Holzschnitte. In dem großen Kunstsinne der damaligen Zeit behandelt er die Gestalt der Thiere symbolisch, flügelmännisch, nach heraldischer Art und Weise, wodurch er sich den größten Vortheil verschafft, von der naivsten Thierbewegung bis zu einer übertriebenen, fraßenhaften Menschenwürde gelangen zu können. Jeder Kunstfreund besißt und schätzt dieses kleine Büchelchen.

Aldert van Everdingen zog als vortrefflicher Landschaftsmäler die Thierfabel in den Naturkreis herüber, und wußte, ohne eigentlich Thiermaler zu seyn, vierfüßige Thiere und Vögel dergestalt ans gemeine Leben heran zu bringen, daß sie, wie es denn auch in der Wirklichkeit geschieht, zu Reisenden und Fuhrleuten, Bauern und Pfaffen gar wohl passend, einer und eben derselben Welt unbezweifelt angehören. Everdingens außerordentliches Talent bewegte sich auch hier mit großer Leichtigkeit; seine Thiere, nach ihren Zuständen, passen vortrefflich zur Landschaft und componiren mit ihr aufs anmuthigste. Sie gelten eben so gut für verständige Wesen, als Bauern, Bäuerinnen, Pfaffen und Nonnen. Der Fuchs in der Wüste, der Wolf ans Glockenseil gebunden, einer wie der andere, sind an ihrem Plaß. Darf man nun hinzuseßen, daß Everdingens landschaftliche Composition, ihre Staffage mit inbegriffen, zu Licht- und Schattenmassen trefflich gedacht, dem vollkommensten Helldunkel Anlaß geben, so bleibt wohl nichts weiter zu wünschen übrig.

Diese Sammlung, in guten Abdrücken, ist jedem Liebhaber werth. Im Nothfall kann man sich aus der Gottschedischen Quartausgabe, wozu man die schon geschwächten Platten benußte, immer noch einen Begriff von dem hohen Verdienst dieser Arbeit machen.

Von allen Künstlern, welche die Thierfabel zum Gegenstand ihrer Bemühungen erkoren, hat wohl keiner so nahe den rechten Punkt getroffen, als Paul Potter in einem Gemälde von mehreren Abtheilungen, so sich ehemals in der Galerie zu Caffel befunden. Die Thiere haben den Jäger gefangen, halten Gericht, verurtheilen und bestrafen ihn; auch des Jägers Gehülfen, Hunden und Pferd, wird ein schlimmes Loos zu Theil. Hier ist alles ironisch, und das Werk scheint uns als gemaltes Gedicht außerordentlich hoch zu stehen. Wir sagen absichtlich als gemaltes Gedicht: denn obgleich Potter der Mann war, daß alles von ihm Herrührende von Seite der Ausführung Verdienste hat, so gehört doch gerade das erwähnte Stück nicht unter diejenigen, wo er uns als Maler Bewunderung abnöthigt. Hingegen wird schwerlich ein anderes, selbst das vollendete Meisterstück der pissenden Kuh nicht ausgenommen, dem Beschauer größeres Vergnügen gewähren, sich seinem Gedächtniß so lebhaft und ergößend einprägen.

Giebt Potters Gemälde ein Beispiel, in welchem Geist Thierfabeln, wofern der bildende Künstler sich dieselben zum Gegenstande wählt, zu behandeln sehen, so möchte hingegen die bekannte Folge von Fabeln, welche der sonst wackere Elias Riedinger eigenhändig radirt hat, als Beispiel durchaus fehlerhafter Denkweise und mißlungener Erfindung in dieser Art angeführt werden. Verdienst der Ausführung ist ihnen wohl nicht abzusprechen; allein sie sind so trocken ernsthaft, haben einen moralischen Zweck, ohne daß die Moral aus dem Dargestellten errathen werden kann; es gebricht ihnen gänzlich an jener durchaus geforderten ironischen Würze; sie sprechen weder das Gemüth an, noch gewähren sie dem Geist einige Unterhaltung.

Wer sich jedoch in diesem Fache bemüht, wie denn dem geistreichen Talente sein Glück nirgends zu versagen ist, dem wäre zu wünschen, daß er die radirten Blätter des Benedict Castiglione immer vor Augen habe, welcher die doch mitunter allzubreiten, halbgeformten, unerfreulichen Thiergestalten so zu benußen gewußt, daß einige das Licht in großen Massen aufnehmen, andere wieder durch kleinere Theile, so wie durch Localtinten die Schattenpartien mannichfaltig beleben. Dadurch entspringt der ästhetische Sinnenreiz, welcher nicht fehlen darf, wenn Kunstzwecke bewirkt werden sollen.

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