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Kupferstich nach Tizian, wahrscheinlich von C. Cort.

1822.

Wenn man problematische Bilder wie das fragliche von Tizian verstehen und auslegen will, so hat man folgendes zu bedenken. Seit dem dreizehnten Jahrhundert, wo man anfing den zwar noch immer respectabeln, aber zulezt doch ganz mumienhaft vertrockneten byzantinischen Styl zu verlassen und sich an die Natur zu wenden, war dem Maler nichts zu hoch und nichts zu tief, was er nicht unmittelbar an der Wirklichkeit nachzubilden getrachtet hätte; die Forderung ging nach und nach so weit, daß die Gemälde als eine Art von Musterkarte alles dem Auge Erreichbare enthalten mußten. Eine solche Tafel sollte bis an den Rand bedeutend und ausführlich gefüllt seyn; hierbei blieb nun unvermeidlich, daß fremde, zum Hauptgegenstand nicht gehörige Figuren und sonstige Gegenstände als Beweise allgemeiner Kunstfertigkeit mit aufgeführt wurden. Zu Tizians Zeiten unterwarf sich der Maler noch gern solchen Forderungen.

Wenden wir uns nunmehr zum Bilde selbst! In einer offenen mannichfaltigen Landschaft sehen wir zu unserer linken Hand, fast am Rande nächst Felsen und Baum, das schönste nackte Mädchen liegen, bequem, gelassen, impassible, wie auf dem einsamsten Polster. Schnitte man sie heraus, so hätte man schon ein vollkommenes Bild und verlangte nichts weiter; bei gegenwärtigem Musterbilde aber sollte vorerst die Herrlichkeit des menschlichen Körpers in seiner äußerlichen Erscheinung dargethan werden. Ferner steht hinter ihr ein hohes enghalsiges Gefäß, wahrscheinlich des Metallglanzes willen; ein sanfter Rauch zieht aus ihm hervor. Sollte das vielleicht auf die Frömmigkeit dieser schönen Frau, auf ein stilles Gebet oder worauf sonst deuten? Denn daß hier eine höchst merkwürdige Person

vorgestellt sey, werden wir bald gewahr. Rechts gegenüber am Rande liegt ein Todtenkopf, und aus der Kluft daneben zeigt sich der Arm eines Menschen noch von Fleisch und Muskeln nicht entblößt.

Wie das zusammenhänge, sehen wir bald; denn zwischen gedachten Exuvien und jenem Götterbilde krümmt sich ein kleiner beweglicher Drache, begierlich nach der anlockenden Beute schauend. Sollten wir nun aber, da sie selbst so ruhig liegt und wie durch einen Zauber den Lindwurm abzuhalten scheint, für sie einigermaßen besorgt seyn, so stürmt aus der düstersten Gewitterwolfe ein geharnischter Ritter, auf einem abenteuerlichen feuerspeienden Löwen hervor, welche beide wohl dem Drachen bald den Garaus machen werden. Und so sehen wir denn, obgleich auf eine etwas wunderbare Weise, St. Georg, der den Lindwurm bedroht und die zu erlösende Dame vorgestellt.

Fragen wir nunmehr nach der Landschaft, so hat diese mit der Begebenheit gar nichts gemein; sie ist nur, nach oben ausgesprochenem Grundsat, für sich so merkwürdig als möglich, und doch finden die beschriebenen Figuren in ihr glücklichen Raum.

Zwischen zwei felsigen Ufern, einem steilern stark bebuschten, einem flächern der Vegetation weniger unterworfenen, strömt ein Fluß erst rauschend, dann sanft zu uns heran; das rechte steile Ufer ist von einer mächtigen Ruine gekrönt, gewaltige unförmliche Massen von überbliebenem Mauerwerk deuten auf Macht und Kraft, die sich beim Erbauen bewiesen. Einzelne Säulen, ja eine Statue noch in einer Nische deuten auf die Anmuth eines solchen königlichen Aufenthalts; die Gewalt der Zeit hat aber alle Menschenbemühungen unnüß und unbrauchbar gemacht.

Auf dem gegenüber liegenden Ufer werden wir auf neuere Zeiten gewiesen; da stehen mächtige Thürme, frisch errichtete oder völlig wiederhergestellte Vertheidigungsanstalten, neue, wohlausgemauerte Schießscharten und Zacken. Ganz hinten aber im Grunde verbindet die beiden Ufer eine Brücke, die uns an die Engelsbrücke, so wie der dahinter stehende Thurm an die Engelsburg erinnert. Bei jener Wahrheits- und Wirklichkeitsliebe ward eine solche Ort- und Zeitverwechselung dem Künstler nicht angerechnet. Denke man aber ja nicht das Ganze ohne die genaueste Congruenz; man könnte keine Linie verändern ohne der Composition zu schaden. Höchst merkwürdig preisen wir die vollkommen poetische Gewitterwolke die den Retter hervorbringt; doch läßt sich ohne Gegenwart des Blattes davon

nicht ausführlich sprechen. An der einen Seite scheint sie sich von jener Ruine gleich einem Drachenschwanz loszulösen, im Ganzen kann man aber mit allem Zoomorphismus keine eigentliche Gestalt herausbeuten; an der andern Seite entsteht zwischen Brücke und Festungswerken ein Brand, dessen Rauch, still wallend, bis zu dem feuerspeienden Rachen des Löwen hinaufsteigt und mit ihm in Zusammenhang tritt. Genug, ob wir gleich diese Composition erst als collectiv ansprachen, so müssen wir sie zulet als völlig zur Einheit verschlungen betrachten und preisen.

Zum Schlusse jedoch ganz genau besehen, nach befragten Legendenbüchern, ist es eine christliche Parodie der Fabel von Perseus und Andromeda. Eines heidnischen Königs Land wird durch einen Drachen verwüstet, welcher nur durch Menschenepfer zu beschwichtigen ist. Endlich trifft seine Tochter das Loos, welche jedoch durch den hereinstürmenden Ritter St. Georg befreit, und der Lindwurm getödtet wird. Sie geht zum Christenthum über; ihr Name jedoch blieb uns unbekannt.

Wilhelm Tischbeins Idyllen.

1821.

Wilhelm Tischbein bildete sich in der glücklichen Zeit, wo dem zeichnenden Künstler noch objectives Wahre von außen geboten ward, wo er die reinern Dichterwerke als Vorarbeit betrachten, sie, nach seiner Weise belebt, wieder hervorbringen konnte.

Wenn Homer ihn zur heroisch kriegerischen Welt heranzog, wendete er sich eben so gern mit Theokrit zum unschuldigen golden-filbernen_Zeitalter ländlichen Wesens und Treibens, und wenn die Phantasie, welche alles mit Bildern bevölkert, ins weite zu führen drohte, so kehrte er schnell zum Charakteristischen zurück, das er, Gestalt um Gestalt, bis zu den Thieren verfolgte.

Und so vorbereitet begab er sich nach Italien, da er denn schon auf der Reise das Vorgefühl einer heroisch bedeutenden Landschaft an Skizzen gar anmuthig auszudrücken wußte.

Seines wackern Lebensganges haben wir früher schon gedacht, so wie des wechselseitig freundschaftlich - belehrend fortdauernden Verhältnisses. Gegenwärtig sey von leicht entworfenen Blättern die Rede, durch deren Sendung er bis auf den heutigen Tag eine höchst erquickliche Verbindung auch aus der Ferne zu erhalten weiß.

Vor uns liegt ein Band in groß Quart mehr oder weniger ausgeführter Entwürfe, die Mannichfaltigkeit des künstlerischen Sinnes und Denkens enthaltend. Einem jeden Blatte haben wir, auf des Freundes Verlangen, einige Reime hinzugefügt; er liebt seine sinnigen Skizzen durch Worte verklärt und vollendet zu sehen. Als Titelschrift sandten wir

voran:

Wie seit seinen Jünglingsjahren
Unser Tischbein sich ergeht,

Wie er Berg und Thal befahren,
Stets an rechter Stelle steht;
Was er sieht, weiß mitzutheilen,
Was er dichtet, ebenfalls;
Faunen bringt er auch zuweilen,
Frauen doch auf allen Zeilen
Des poetisch-plastischen Alls.
Also war es an der Tiber,
Wo dergleichen wir geübt,
Und noch wirkt dieselbe Fiber,

Freund, dem Freunde gleich geliebt.

1.

Substructionen zerstörter ungeheurer Luft- und Prachtgebäude, deren Ruinen durch Vegetation wiederbelebt worden.

Gar manche bedeutende Stelle unserer Erdoberfläche erinnert, mitten in herrlicher Gegenwart, an eine größere Vergangenheit, und vielleicht ist nirgends dieser Contrast sichtbarer, fühlbarer, als in Rom und dessen Umgegend; das Zerstörte ist ungeheuer, durch keine Einbildungskraft zu vergegenwärtigen, und doch auch erscheint das Wiederhergestellte, unsern Augen sich Darbietende gleichfalls ungeheuer.

Nun aber zu unserm Blatt! Die weitläufigsten, von der Baukunst eroberten Räume sollten wieder als ebener Boden dem Pflanzenleben gewidmet werden. Substructionen, die Last kaiserlicher Wohnungen zu tragen geeignet, überlassen nunmehr einen ebenen gleichgültigen Boden dem Weizenbau; Schlinge- und Hängepflanzen senken sich in diese halbverschütteten finstern Räume; Früchte des Granatbaumes, Kürbisranken erheitern, schmücken diese Einöde; und wenn dem Auge des Wanderers ein so uneben zerriffener Boden als gestalteter Naturhügel erschien, so wunderte es einen Herabsteigenden desto mehr, in solchen Schluchten statt Urfels Mauerwerk, statt Gebirgslagern, Spalten und Gängen gerade anstrebende Mauerpfeiler, mächtige Gewölbsbogen zu erblicken, und wollte er sich wagen, ein unterirdisches Labyrinth von düsteren Hallen und Gängen vor sich zu finden.

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