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seine Gefährten in die obere Reihe gesetzt, die höhere Region des Hades bezeichnen wollen? Da Odysseus, nach Homerischer Dichtung, keineswegs in die Unterwelt hinabsteigt, sondern sich nur an sie heranwagt, so ist wohl nicht ohne Absicht der Acheron und jener den abgeschiedenen Seelen eigentlich bestimmte Eingang zum Schattenreiche unten an der Seite vorgestellt.

In dem Schiffe befindet sich Charon, neben ihm zwei junge Personen, weder durch sich noch durch ihre Verwandtschaft berühmt, über welche wir folgende Muthmaßungen hegen.

Tellis scheinet dem Alterthum als ein gegen seine Eltern frommes Kind bekannt gewesen zu seyn, indem außerhalb des Schiffes, unter ihm wahrscheinlich auf einer vorgestellten Landzunge, ein unfrommer Sohn von seinem eigenen Vater gequält wird.

Kleoboia trägt das heilige Kistchen, ein Zeichen der Verehrung gegen die Geheimnisse, mit sich, und unter ihr, außer dem Schiffe, wird zum deutlichen Gegensaß ein Frevler gepeinigt.

Ueber dem Charon sehen wir ein Schreckbild, den Dämon Eurynomos, und in derselben Gegend den zum Schatten verschwindenden Tithos. Diesen leşten würden wir den Künstlern rathen noch etwas weiter herunter zù sezen, als in unserer Tafel geschehen, damit dem Odysseus und seinen Gefährten der Rücken frei gehalten werde.

Warum Auge und Iphimedeia zunächst am Schiffe stehen, wagen wir nicht zu erklären; desto mehr finden wir bei der sonderbaren Gruppe zu bemerken, wo eine Eselin die Arbeit des beschäftigten Seildrehers aufzehrt.

Die Alten scheinen, und zwar mit Recht, ein fruchtloses Bemühen als die größte Pein betrachtet zu haben. Der immer zurückstürzende Stein des Sisyphos, die fliehenden Früchte des Tantalos, das Wassertragen in zerbrechenden Gefäßen, alles deutet auf unerreichte Zwecke. Hier ist nicht etwan eine dem Verbrechen angemessene Wiedervergeltung oder specifische Strafe! Nein, die Unglücklichen werden sämmtlich mit dem schrecklichsten der menschlichen Schicksale belegt, den Zweck eines ernsten, anhaltenden Bestrebens vereitelt zu sehen.

Was nun dort als Strafe gewaltsamer Titanen und sonstiger Schuldigen gedacht wird, ist hier durch Oknos und seine Eselin als ein Schicksal, ein Zustand auf das naivste dargestellt. Er flicht eben von Natur, wie

sie von Natur frißt, er könnte lieber aufhören zu flechten; aber was alsdann sonst beginnen? Er flicht lieber um zu flechten, und das Schilf, das sich auch ungeflochten hätte verzehren lassen, wird nun geflochten gespeist. Vielleicht schmeckt es so, vielleicht nährt es besser? Dieser Oknos, könnte man sagen, hat auf diese Weise doch eine Art von Unterhaltung mit seiner Eselin.

Doch indem wir unsern Lesern die weitere Entwicklung dieses profunden Symbols überlassen, bemerken wir nur, daß der Grieche, der gleich ins Leben zurücksah, darin den Zustand eines fleißigen Mannes, dem eine verschwenderische Frau zugefellt ist, zu finden glaubte.

Haben wir nun diese Seite des Bildes vollendet, wo wir fast nur frühere heroische Gestalten erblickten, so treffen wir bei fernerem Fortblick auf Gegenstände, die zu Odysseus einen näheren Bezug haben. Wir finden hier die Freunde des Odysseus, Antilochos, Agamemnon, Protesilaos, Achilleus und Patroklos. Sie dürfen sich nur in den freien Raum, der über ihnen gelassen ist, erheben, und sie befinden sich mit Odysseus auf Einer Linie.

Weiterhin sehen wir des Odysseus Gegner versammelt, die beiden Ajanten nebst Palamedes, dem edelsten der Griechen, der sein erfundenes Würfelspiel mit dem sonst so verschmähten Thersites zu üben beschäftigt ist.

In der Höhe zwischen beiden, sich der Gesinnung nach widerstrebenden, durch einen Zwischenraum abgesonderten Gruppen der Griechen finden sich Liebende versammelt: Phokos und Jaseus, mit einem Ringe, dem zartesten Zeichen der Freundschaft, beschäftigt; Aftaion und seine Mutter, mit gleicher Lust am Waidwerke theilnehmend; Maira, einsam zwischen beiden, könnte räthselhaft bleiben, wenn ihr nicht eine herzliche Neigung gegen ihren Vater diesen Plaß unter den anmuthig und naiv Liebenden verschaffte.

Man wende nun seinen Blick nach dem untern Theile des Bildes! Dort findet man die Dichterwelt, vortrefflich geschildert, beisammen. Orpheus, als treuer Gatte, ruht auf dem Grabe seiner zweimal Verlorenen: als berühmtester Dichter, hat er seine Hörer bei sich, Schedios und Pelias, deren Bezeichnung, so wie das Recht, in dieser Gesellschaft zu seyn, noch zu erklären wäre. Thamyris, das schönste Talent, in dem traurigsten Zustande der verwelkenden Abnahme. Gleich dabei Lehrer und Schüler, Marsyas und Olympos, auf ein frisches Leben und künftige Zeiten deutend.

Befanden sich nun über dieser Dichterwelt die abgeschiedenen Griechen, so sind neben ihnen, als wie in einem Winkel, die armen Trojaner vorgestellt: Hektor, sein Schicksal immerfort betrauernd, Memnon und Sarpedon.

Aber um diesen düstern Winkel zu erheitern, hat der Künstler den lüsternen, weiberschätzenden Knaben Paris in ewiger Jugend dargestellt. Noch als roher Waldbewohner, doch seiner Macht über Frauen sich bewußt, schlägt er in die Hände, um, das Gegenzeichen erwartend, irgend einer horchenden Schönen anzudeuten, wo er zu finden sey.

Aber Penthesileia, die Heldin, im kriegerischen Schmuck, steht vor ihm, ihre Gebärden und Mienen zeigen sich abstoßend und verachtend, und so wäre denn auch der peinliche Zustand eines anmaßlichen Weiberbesiegers, der endlich von einer hochherzigen Frau verschmäht wird, im Hades verewigt.

Warum übrigens Meleager, und ferner Kallisto, Pero, Nomia in der höhern Region einen Platz einnehmen, seh künftigen Auslegern anheim gestellt.

Wir betrachten nur noch, am Schlusse des Bildes, jene Gesellschaft vergeblich Bemühter, die uns eigentlich den Ort zu erkennen giebt, wo wir uns befinden. Sisyphos, Tantalos, Unbenannte, welche sich in die höhern Geheimnisse einweihen zu lassen verabsäumt, zeigen sich hier. Konnten wir noch über Oknos lächeln, so sind nun die Motive ähnlicher Darstellungen ins Tragische gesteigert. An beiden Enden des Hades finden wir vergeblich Bemühte und innerhalb solcher trostlosen Zustände Heroen und Heroïnen zusammengedrängt und eingeschlossen.

Bei den Todten ist alles ewig. Der Zustand, in welchem der Mensch zuletzt den Erdbewohnern erschien, fixirt sich für alle Zukunft. Alt oder jung, schön oder entstellt, glücklich oder unglücklich, schwebt er immer. unserer Einbildungskraft auf der grauen Tafel des Hades vor.

Nachtrag.

Indem die Künstler immer mehr Trieb zeigen sich dem Alterthume zu nähern, so wird es Pflicht ihnen zweckmäßig vorzuarbeiten, damit eine höchst lobenswerthe Absicht rascher gefördert werde. Wir wünschen, daß man dasjenige, was wir an den Gemälden der Lesche zu leisten

gesucht, als eine Probe dessen, was wir fünftig weiter fortzuführen gedenken, günstig aufnehme.

Pausanias ist ein für den heitern Künstlersinn beinahe unzugänglicher Schriftsteller; man muß ihn recht kennen, wenn man ihn genießen und nüşen soll. Gegen ihn, als Beobachter überhaupt, als Bemerker insbe= sondere, als Erklärer und Schriftsteller ist gar viel einzuwenden, dazu kommt noch ein an vielen Stellen verdorbener Text, wodurch sein Werk noch trüber vor unsern Augen erscheint; daher wäre zu wünschen, daß Freunde des Alterthums und der Kunst sich vereinigten, diese Decke wegzuziehen, und besonders alles, was den Künstler zunächst interessirt, vorerst ins Klare zu stellen.

Man kann dem Gelehrten nicht zumuthen, daß er die reiche Ernte, zu der ihn die Fruchtbarkeit seines weiten Feldes und seine eigene Thätigfeit berechtigt, selbst auseinander sondere; er hat zu viel Rücksichten zu nehmen, als daß er eine der andern völlig aufopfern könnte; und so ergeht es ihm gewöhnlich, wie es dem Pausanias erging, daß ein Kunstwerk, oder sonst ein Gegenstand, ihn mehr an sein Wissen erinnert, als daß es ihn aufforderte sich des großen Umfangs seiner Kenntnisse zu Gunsten dieses besondern Falles zu entäußern. Deßhalb möchte der Kunstfreund wohl ein verdienstliches Werk unternehmen, wenn er sich zwischen dem Gelehrten und Künstler in die Mitte stellte, und aus den Schäßen des ersten für die Bedürfnisse des andern auszuwählen verstünde.

Die Kunst überhaupt, besonders aber die deutsche, steht auf dem bedeutenden Punkte, daß sich Künstler und Liebhaber dem wahren Sinne des Alterthums mit starken Schritten genähert. Man vergleiche die Riepenhausischen Blätter mit Versuchen des sonst so verdienten Grafen Caylus, und man wird mit Vergnügen einen ungeheuern Abstand gewähr werden.

Fahren unsere Künstler nun fort, die Restauration verlorener Kunstwerke nach Beschreibungen zu unternehmen, so läßt sich gar nicht absehen, wie weit sie solches führen werde. Sie sind genöthigt, aus sich selbst, aus ihrer Zeit und Umgebung herauszugehen, und indem sie sich eine Aufgabe vergegenwärtigen, zugleich die Frage aufzuwerfen, wie eine entfernte Vorzeit sie gelöst haben würde. Sie werden auf die einfach hohen und profund naiven Gegenstände aufmerksam, und fühlen sich gedrungen Bedeutung und Form im höchsten Sinne zu cultiviren.

Betrachtet man nun den Weg, welchen die Alterthumskunde schon

seit geraumer Zeit einschlägt, so bemerkt man, daß auch sie dem wünschenswerthen Ziele nachstrebt, die Vorzeit überhaupt, besonders aber die Kunst der Vorzeit, zur Anschauung zu bringen.

Setzt sich nun zugleich die Manier, bloß durch Umrisse eine geistreiche Composition auszudrücken und ganze epische und dramatische Folgen darzustellen, beim Publicum in Gunst, so werden die höhern Kunstzwecke gewiß mehr gefördert, als durch die endlose Qual, womit Künstler oft unglücklich erfundene Bilder auszuführen Jahre lang bemüht sind. Das, was ein glücklicher Gedanke sey, wird mehr offenbar werden, und eine vollendete Ausführung wird ihm alsdann den eigentlichen Kunstwerth zu allgemeinem Behagen geben können.

Um zu diesem schönen Zweck das Mögliche beizutragen, werden wir unsere künftigen Aufgaben dahin lenken, und indessen, durch successive Bearbeitung des Pausanias und Plinius, besonders auch der Philostrate, die Künstler zu fördern suchen.

Auch würde die Vergleichung der Homerischen, Virgilischen und Polygnotischen Höllenfahrten dereinst, wenn die lettere vor den Augen des Publicums aufgestellt seyn wird, erfreuliche Gelegenheit geben, Poesie und bildende Kunst als verwandt und getrennt zu beobachten und zu beurtheilen.

Auf ähnliche Weise wird sich eine Vorstellung der Eroberung von Troja, wie sie auf einer antiken Vase vorkommt, mit der Polygnotischen Behandlung vergleichen und dergestalt benutzen lassen.

Wir hatten eine Zeichnung des Vasengemäldes neben den Riepenhausischen Blättern aufgestellt. Hier ist nichts, das mit der Polygnotischen, von uns oben entwickelten Darstellungsweise übereinstimmte; alles scheint mehr ins Kurze zusammengezogen, Thaten und Handlungen werden mit voller Wirklichkeit neben einander aufgezählt; woraus sich, wie uns dünkt, ohne die übrigen, von Geschmack, von Anordnung u. s. w. hergenommenen Gründe in Anschlag zu bringen, schon mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine jüngere Entstehung schließen läßt.

Wir wünschen, diese Abbildung gedachten Vasengemäldes künftig der Riepenhausischen Arbeit beigefügt zu sehen; denn obgleich, so viel wir wissen, Herr Tischbein solches bereits in Kupfer stechen lassen, so ist es doch immer noch viel zu wenig bekannt.

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