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Und nun soll ich nicht ergrimmen, heiliger Erwin, wenn der deutsche Kunstgelehrte, auf Hörensagen neidischer Nachbarn, seinen Vorzug verkennt, dein Werk mit dem unverstandenen Worte Gothisch verkleinert, da er Gott danken sollte, laut verkündigen zu können: Das ist deutsche Baukunst, unsere Baukunst, da der Italiäner sich keiner eigenen rühmen darf, viel weniger der Franzose. Und wenn du dir selbst diesen Vorzug nicht zugestehen willst, so erweise uns, daß die Gothen schon wirklich so gebaut haben, wo sich einige Schwierigkeiten erheben werden. Und, ganz am Ende, wenn du nicht darthust, ein Homer seh schon vor dem Homer gewesen, so lassen wir dir gerne die Geschichte kleiner gelungener und mißlungener Versuche, und treten anbetend vor das Werk des Meisters, der zuerst die zerstreuten Elemente in ein lebendiges Ganzes zusammenschuf. Und du, mein lieber Bruder im Geiste des Forschens nach Wahrheit und Schönheit, verschließe dein Ohr vor allem Wortgeprahle über bildende Kunst, komm, genieße und schaue. Hüte dich, den Namen deines edelsten Künstlers zu entheiligen und eile herbei, daß du schauest sein herrliches Werk! Macht es dir einen widrigen Eindruck oder keinen, so gehab' dich wohl, laß einspannen, und so weiter nach Paris!

Aber zu dir, theurer Jüngling, geselle ich mich, der du bewegt da stehst, und die Widersprüche nicht vereinigen kannst, die sich in deiner Seele kreuzen, bald die unwiderstehliche Macht des großen Ganzen fühlst, bald mich einen Träumer schiltst, daß ich da Schönheit sehe, wo du nur Stärke und Rauheit siehst. Laß einen Mißverstand uns nicht trennen, laß die weiche Lehre neuerer Schönheitelei dich für das bedeutende Rauhe nicht verzärteln, daß nicht zuleßt deine kränkelnde Empfindung nur eine unbedeutende Glätte ertragen könne. Sie wollen euch glauben machen, die schönen Künste seyen entstanden aus dem Hang, den wir haben sollen, die Dinge rings um uns zu verschönern. Das ist nicht wahr! denn in dem Sinne, darin es wahr seyn könnte, braucht wohl der Bürger und Handwerker die Worte, kein Philosoph.

Die Kunst ist lange bildend, ehe sie schön ist, und doch so wahre große Kunst, ja oft wahrer und größer als die schöne selbst. Denn in dem Menschen ist eine bildende Natur, die gleich sich thätig beweist, wann seine Existenz gesichert ist; sobald er nichts zu sorgen und zu fürchten hat, greift der Halbgott, wirksam in seiner Ruhe, umher nach Stoff, ihm seinen Geist einzuhauchen. Und so modelt der Wilde mit abenteuerlichen Zügen,

gräßlichen Gestalten, hohen Farben seine Cocos, seine Federn und seinen Körper. Und laßt diese Bildnerei aus den willkürlichsten Formen bestehen, sie wird ohne Gestaltsverhältniß zusammenstimmen; denn Eine Empfindung schuf sie zum charakteristischen Ganzen.

Diese charakteristische Kunst ist nun die einzige wahre. Wenn sie aus inniger, einiger, eigener, selbstständiger Empfindung um sich wirkt, unbekümmert, ja unwissend alles Fremden, da mag sie aus roher Wildheit oder aus gebildeter Empfindsamkeit geboren werden, sie ist ganz und lebendig. Da seht ihr bei Nationen und einzelnen Menschen dann unzählige Grade. Je mehr sich die Seele erhebt zu dem Gefühl der Verhältnisse, die allein schön und von Ewigkeit sind, deren Hauptaccorde man beweisen, deren Geheimnisse man nur fühlen kann, in denen sich allein das Leben des gottgleichen Genius in seligen Melodien herumwälzt; je mehr diese Schönheit in das Wesen eines Geistes eindringt, daß sie mit ihm entstanden zu seyn scheint, daß ihm nichts genugthut als sie, daß er nichts aus sich wirkt als sie, desto glücklicher ist der Künstler, desto herrlicher ist er, desto tiefgebeugter stehen wir da und beten an den Gesalbten Gottes.

Und von der Stufe, auf welche Erwin gestiegen ist, wird ihn keiner herabstoßen. Hier steht sein Werk: tretet hin und erkennt das tiefste Gefühl von Wahrheit und Schönheit der Verhältnisse, wirkend aus starker, rauher, deutscher Seele, auf dem eingeschränkten düstern Pfaffenschauplag des medii aevi.

Und unser aevum? hat auf seinen Genius verziehen, hat seine Söhne umhergeschickt, fremde Gewächse zu ihrem Verderben einzusammeln. Der leichte Franzose, der noch weit ärger stoppelt, hat wenigstens eine Art von Wiz, seine Beute zu Einem Ganzen zu fügen, er baut jetzt aus griechischen Säulen und deutschen Gewölben seiner Magdalene einen Wundertempel. Von einem unserer Künstler, als er ersucht ward zu einer altdeutschen Kirche ein Portal zu erfinden, hab' ich gesehen ein Modell fertigen stattlichen antiken Säulenwerks.

Wie sehr unsere geschminkten Puppenmaler mir verhaßt find, mag ich nicht declamiren. Sie haben durch theatralische Stellungen, erlogene Teints und bunte Kleider die Augen der Weiber gefangen. Männlicher Albrecht Dürer, den die Neulinge anspötteln, deine holzgeschnigteste Gestalt ist mir willkommener !

Und ihr selbst, treffliche Menschen, denen die höchste Schönheit zu genießen gegeben ward, und nunmehr herabtretet, zu verkünden eure Seligkeit, ihr schadet dem Genius. Er will auf keinen fremden Flügeln, und wären's die Flügel der Morgenröthe, emporgehoben und fortgerückt werden. Seine eigenen Kräfte sind's, die sich im Kindertraum entfalten, im Jünglingsleben bearbeiten, bis er stark und behend wie der Löwe des Gebirges auseilt auf Raub. Drum` erzieht sie meist die Natur, weil ihr Pädagogen ihm nimmer den mannichfaltigen Schauplaß erkünsteln könnt, stets im gegenwärtigen Maß seiner Kräfte zu handeln und zu genießen.

Heil dir, Knabe! der du mit einem scharfen Aug' für Verhältnisse geboren wirst, dich mit Leichtigkeit an allen Gestalten zu üben. Wenn denn nach und nach die Freude des Lebens um dich erwacht, und du jauchzenden Menschengenuß nach Arbeit, Furcht und Hoffnung fühlst; das muthige Geschrei des Winzers, wenn die Fülle des Herbsts seine Gefäße anschwellt, den belebten Tanz des Schnitters, wenn er die müßige Sichel hoch in den Balken geheftet hat; wenn dann männlicher die gewaltige Nerve der Begierden und Leiden in deinem Pinsel lebt, du gestrebt und gelitten genug hast und genug genossen, und satt bist irdischer Schönheit und werth bist auszuruhen in dem Arme der Göttin, werth an ihrem Busen zu fühlen, was den vergötterten Hercules neu gebar nimm ihn auf, himmlische Schönheit, du Mittlerin zwischen Göttern und Menschen, und mehr als Prometheus leite er die Seligkeit der Götter auf die Erde!

Verschiedenes über Kunst.

Aus der nächsten Zeit nach dem Göß von Berlichingen und Werther.

Folgende Blätter streu' ich ins Publicum mit der Hoffnung, daß sie die Menschen finden werden, denen sie Freude machen können. Sie enthalten Bemerkungen und Grillen des Augenblicks über verschiedene Kunst, und find also für eine besondere Klasse von Lesern nicht geeignet. Sey's also nur denen, die einen Sprung über die Gräben, wodurch Kunst von Kunst gesondert wird, als salto mortale nicht fürchten, und solchen, die mit freundlichem Herzen aufnehmen, was man ihnen in harmloser Zutraulichkeit hinreicht.

I.

Dramatische Form.

Es ist endlich einmal Zeit, daß man aufgehört hat über die Form dramatischer Stücke zu reden, über ihre Länge und Kürze, ihre Einheiten, ihren Anfang, ihr Mittel und Ende, und wie das Zeug alle hieß, und daß man nunmehr stracks auf den Inhalt losgeht, der sich sonst so von selbst zu geben schien.

Deßwegen giebt's doch eine Form, die sich von jener unterscheidet, wie der innere Sinn vom äußern, die nicht mit Händen gegriffen, die gefühlt feyn will. Unser Kopf muß übersehen, was ein anderer Kopf fassen kann; unser Herz muß empfinden, was ein anderes fühlen mag. Das Zusammenwerfen der Regeln giebt keine Ungebundenheit; und wenn ja das Beispiel gefährlich seyn sollte, so ist's doch im Grunde beffer ein verworrenes Stück machen als ein kaltes.

Freilich, wenn mehrere das Gefühl dieser innern Form hätten, die

alle Formen in sich begreift, würden uns weniger verschobene Geburten des Geistes anekeln; man würde sich nicht einfallen lassen, jede tragische Begebenheit zum Drama zu strecken, nicht jeden Roman zum Schauspiel zerstückeln. Ich wollte, daß ein guter Kopf dieß doppelte Unwesen parodirte und etwa die Aesopische Fabel vom Wolf und Lamme zum Trauerspiel in fünf Acten umarbeitete.

Jede Form, auch die gefühlteste, hat etwas unwahres, allein sie ist ein für allemal das Glas, wodurch wir die heiligen Strahlen der verbreiteten Natur an das Herz der Menschen zum Feuerblick sammeln. Aber das Glas! Wem's nicht gegeben ist, wird's nicht erjagen; es ist, wie der geheimnißvolle Stein der Alchymisten, Gefäß und Materie, Feuer und Kühlbad, so einfach, daß es vor allen Thüren liegt, und so ein wunderbar Ding, daß just die Leute, die es besigen, meist keinen Gebrauch davon machen können.

Wer übrigens eigentlich für die Bühne arbeiten will, studire die Bühne, Wirkung der Fernmalerei, der Lichter, Schminke, Glanzleinewand und Flittern, lasse die Natur an ihrem Ort, und bedenke ja fleißig, nichts anzulegen, als was sich auf Brettern, zwischen Latten, Pappendeckel und Leinewand, durch Puppen vor Kindern ausführen läßt.

II.

Nach Falconet und über Falconet.

Aber, möchte einer sagen, diese schwebenden Verbindungen, diese Glanzkraft des Marmors, die die Uebereinstimmung hervorbringen, diese Uebereinstimmung selbst, begeistert sie nicht den Künstler mit der Weichheit, mit der Lieblichkeit, die er nachher in seine Werke legt? Der Gyps dagegen, beraubt er ihn nicht einer Quelle von Annehmlichkeiten, die sowohl die Malerei als die Bildhauerkunst erheben? Diese Bemerkung ist nur obenhin. Der Künstler findet die Zusammenstimmung weit stärker in den Gegenständen der Natur, als in einem Marmor, der sie vorstellt. Das ist die Quelle wo er unaufhörlich schöpft, und da hat er nicht, wie bei der Arbeit nach dem Marmor, zu fürchten ein schwacher Colorist zu werden. Man vergleiche nur, was diesen Theil betrifft, Rembrandt und Rubens mit Poussin, und entscheide nachher, was ein Künstler mit allen den

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