Зображення сторінки
PDF
ePub

mächtig aufhalf, dessen Schauspiele, bey allen ihren Unregelmäßigkeiten, noch immer so stark auf sie wirks ten, die nicht durch beschränkte Kritik oder überfeine Bedenklichkeiten zu einer gewissen ausschliessenden Schauspielform gewöhnt war, die so viele Grundzüs ge ihrer Denkungsart, ihrer Sitten, ihres Umgangs in seinen Schauspielen, troß allen Abåndrungen des Zeitgeschmacks, immer noch wiederfand, daß solch eine Nation in ihrer Schäßung und Bewunderung gegen diesen Dichter bis zum lebhaftesten Enthusiass mus gieng, und daß unter ihr seiner Tadler immer nur sehr wenige waren; dieß war eben so natürlich als daß eine Nation, wie die französische, von jes her auf die Verzüge der englischen eifersüchtig, in diese enthusiastische Bewunderung nicht einstimmte, und, bey der vermeynten Vollkommenheit ihrer Schaus bühne, solche Stücke, wie die shakspearischen, höchst unvollkommen und verwerflich fand.

Man wurde freylich in Frankreich mit unserm Dichs ter erst spåt bekannt, erst nachdem die Nationalbühs ne daselbst grosse Fortschritte gemacht, und die meis ften flaßischen Dichter derselben schon gelebt hatten. Ueberhaupt gelangten die Franzosen erst spåt, und immer noch sehr unvollkommen, zur Kenntniß des englischen Theaters. Der erste vielleicht, der sie dars auf aufmerksam machte, war St. Œvremont; aber was er darüber sagt, *) ist so unzulâänglich und so wes nig treffend, daß es die Neugier nach näherer Kennts niß nicht sehr reizen konnte. Noch mehr mußte die Ueberseßung der gut gemeynten aber höchst einseitigen *) Oeuvres de St. Evremont T. II. p. 245. 260. Ed. d'Amfterd. 1699. 12.

[ocr errors]

1

Beurtheilung der englischen Bühne von Collier *) das Vorurtheil wider dieselbe in Frankreich bestärken. Unaufhörliches Morden im Trauerspiel, und auss schweifende Sittenlosigkeit im Lustspiel, waren die charakteristischen Eigenheiten, die man den englischen Schauspieldichtern allgemein beylegte. Voltaire fand es daher sehr leicht, das Urtheil seiner Nation über das englische Theater nach seiner Absicht zu stimmen, die gewiß nicht dahin gieng, ihm groffe Lobsprüche zu machen, und seine Landesleute zur genauern Kennts niß und grössern Schäßung deffelben zu ermuntern. Am wenigsten war es sein Zweck und sein Vortheil, sie mit Shakspeare's Verdiensten unpartheyisch bes kannt zu machen; und so sprach er ihm schon in sei, nen Briefen über die Engländer **) jeden Funken guten Geschmacks ab, und erklärte seine Tragödien für ungeheure Possenspiele., Diese Vorwürfe hat er hernach so oft und viel, obgleich fast immer gleich einseitig und ungerecht, wiederholt, daß ich mich bey ihm, als dem berühmtesten, heftigsten und unbil ligsten Tadler unsers Dichters àm långsten verweilen würde, wenn sein Tadel mehr Gewicht und Gründlichkeit hatte, und wenn ich nicht meine Leser auf das verweisen könnte, was theils von andern, theils *) Sein View of the English Stage, fet in a true light fam 1699. 8. heraus, und wurde zu Paris 1715. 8. unter dem Titel: La Critique du Theatre Anglois, überseßt. Von unserm Dichter kommt nicht viel darin vor, und sein Name fann durch die Uebersehung in Frankreich nicht sehr bes rühmt geworden seyn, wenn gleich der Uebers. die Ausspras che desselben seinen Landesleuten vermuthlich dadurch erleichs tern wollte, daß er ihn Chacfper schrieb.

[ocr errors]

**) Br. XVIII, XIX.

von mir selbst schon ehedem zur Prüfung und Ablehs nung seiner Beschuldigungen geschrieben ist. *). Eben so wenig will ich mich hier auf die Urtheile andrer ans gesehener Kunstrichter **) der Franzosen über unsern Dichter einlassen; denn es würde blosse Wiederhos lung von Gründen und Gegengründen seyn.

Umsonst versuchte la Place in seinem Englischen Theater die Bestreitung jener Vorurtheile, und eine richtigere Würdigung der englischen Schauspieldichs ter, besonders auch Shakspeare's. Von seinen Ues bersetzungen aus demselben rede ich weiter unten; und sie waren freylich nicht darnach, viel Sensation zu machen; aber, was er in seiner vorläufigen Abhands lung über die englische Schaubühne von diesem Dichs ter sagt, ist viel wahrer und unpartheyischer, ***) als alles, was Voltaire jemals zu seinem Lobe oder Tadel geschrieben hat, und besonders das, was er einem Engländer darüber in den Mund legt. Jgt denkt man in Frankreich freylich schon beffer und bils liger von dem Werth der englischen Bühne und ihres *) Dahin gehört besonders der von mir ins Deutsche überfeßte Versuch der Mrs. Montagu über Shakspeare's Genie und Schriften, Leipz. 1771. 8; die durch Voltaire's Schreiben an die Französische Akademie veranlaßte Vertheidigung Sh.'s im Deutschen Museum, vom Januar 1777. S. 40. ff. und der Difcours fur Shakspeare et fur Monfieur de Voltaire, par Iofeph Baretti, Lond. 1777. 8. wovon ich in dem Brittischen Museum für die Deutschen. B. III Art. XII einen Auszug geliefert habe.

**) Besonders Marmontel's in dem Difcours Preliminaire zu feinen Chef-d'œuvres Dramatiques.

***) Auch weit gründlicher, als was dawider in der Lettre fur le Theatre Anglois, Par. 1752. 2 Tomes, 8vo. ering aert wird.

größten Dichters, seitdem man mit beyden nåher bes kannt geworden ist, und beyde der Nachahmung und gelegentlichen Benußung würdig gefunden hat.

Hoffentlich entläßt man mich gern der Mühe, hier alle deutschen Tadler Shakspeare's zusammenzustels len, und ihren Tadel zu untersuchen. Was in den vorigen beyden Abhandlungen sowohl, als in der ges genwärtigen über unsern Dichter gesagt ist, wird selbst dem, der ihn nicht aus sich selbst beurtheilen und schås Ben gelernt hat, Stof genug an die Hand geben, die Vorwürfe zu beantworten, die man auch unter ung oft wieder ihn vorgebracht hat, und hie und da noch vorzubringen fortfährt. Nichts weiter also von allen denen, die auch in Deutschland vor, oder mit, oder nach Voltaire voltairifirten, von Gottsched an bis auf den Kunstrichter von ernster Stirne, nach deffen hohem Ausspruche die Uebersehung des ganzen Shakspeare und die Aufführung seiner Stücke, Schuld daran ist, daß dramatische Kunst, Festigkeit des Ges schmacks, und unser ganzes Theater auf ein ganzes Decennium zurückgesezt sind; daß in allen Köpfen Liebe für das Uebertriebene, das Grause, Wilde und Fürchterliche erregt, die Fantasie verwildert ist; daß Geschmack und Moralitåt gelitten haben. Shakspeare ist ihm ein Mann, der bey allem groffen Genie nicht das mindeste Gefühl für das Schöne gehabt habe; ist ein Schriftsteller voller Auswüchse, voll wilden Feuers, voll geschraubter Wißeley, voll pöbelhaften Unsinns. Dieß, und mehr dergleichen, im hohen Orakelton gesprochen, steht in einer unfrer ach tungswürdigsten Zeitschriften, im drey und zwanzigs Fen Bande der Fleuen Bibliothek der schönen Wif senschaften.

[merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small]

Meinen angelegentlichsten Endzweck bey dieser gans

zen Schrift, Shakspeare's deutsche Leser, so viel möglich, in den rechten Gesichtspunkt zu stellen, aus welchem sie diesen Dichter und seine dramatischen Werke zu beurtheilen haben, würde ich immer noch nicht hinlänglich erreichen, wenn ich ihnen nicht auch von dem damaligen Zustande der englischen Bühne eine deutliche Vorstellung zu geben suchte. Kaum darf ich wol erst erinnern, daß es dabey meine Abs ficht nicht ist, eine vollständige Geschichte der englis fchen Schaubühne zu liefern *), oder auch nur die *) An historischen Untersuchungen über die Geschichte der englischen Schaubühne fehlt es nicht; und ich nenne hier nur die vornehmsten darunter, wiewol ihre Verfasser gar oft einander nur kopirt haben. Ausser den in Warton's Geschichte der englischen Poesie hieher gehörige Nachrichtens findet man die Hauptzüge dieser Geschichte in Dodsley's

« НазадПродовжити »