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Ich kaufte einen Sitz der Liebe mir,

Doch ach! besaß ihn nicht: ich bin verkauft,

Doch noch nicht übergeben.

Auch hier finden wir Andeutungen, welche Julie füglich nur im Selbstgespräch machen konnte, Andeutungen, die im Gespräch mit der Amme und mit Romeo kaum am Platze gewesen wären.

Die nun eintretenden gewaltsamen Ereignisse: Tybalt's Tod, Romeo's Verbannung, Juliens erzwungene Verlobung mit Paris, schaffen eine allseitig veränderte Situation, und diese resümirt sich in dem kurzen Monologe, mit welchem die nun auch von der Amme in ihren Nöthen verlassene Julie den dritten Akt beschließt. Indem sie sich von ihrer bisherigen Vertrauten und Rathgeberin lossagt, gedenkt sie des Mönches Lorenzo. Wenn auch der ihr nicht helfen kann, so bleibt ihr doch als letzte Zuflucht der Selbstmord. Die verzweiflungsvolle Energie dieses Entschlusses fordert hier den kürzesten und knappsten Ausdruck der Sprache und führt uns zurück auf jenen eben so kurzen und knappen Ausdruck, den wir in Juliens erstem Monologe fanden. Ohne Romeo kein Leben! das ist der beiden Monologen gemeinsame Inhalt, am Anfange wie jetzt am drohenden Ende dieses Liebesbundes.

Wenn durch Juliens Monologe, die wir bisher betrachteten, je ein leitender Gedanke hindurchging und ein einheitlicher Ton sich darin vernehmbar machte, so ändert sich das mit dem Monologe, zu dessen Betrachtung wir nunmehr übergehen. Julie hat sich nicht vergebens an den Mönch um ein Rettungsmittel in ihrer Bedrängniß gewandt, aber jetzt, da sie dieses einzige Rettungsmittel ergreifen, da sie den Schlaftrunk nehmen soll, drängen sich ihr, die wir bisher als so entschieden und entschlossen kennen lernten, mannigfache Bedenklichkeiten auf. Zuerst möchte sie, da ihre Lebenswärme schon vor der ahnenden Vorstellung des Kommenden zu erstarren beginnt, zu ihrem Troste die Amme zurückrufen. Aber

Mein düstres Spiel muß ich allein vollenden

sagt sie und greift zum Schlaftrunk. Aber vielleicht bleibt dieser Trank wirkungslos und sie muß am Morgen sich dem Grafen Paris antrauen lassen. Doch dafür liegt der Dolch bereit, das letzte Mittel, auf das schon der Schluß des vorigen Monologs hingedeutet hatte. So ist das Bedenken von der Wirkungslosigkeit des Trankes beseitigt, und an dessen Stelle tritt das andere Bedenken von einer tödtlichen Wirkung desselben. Aber nur für einen Augenblick giebt sie dem Verdachte Raum, der Mönch könne sie vergiften wollen, um sich selber vor den Folgen ihrer

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Inhaltsverzeichnifs.

Ueber den Monolog in Shakespeare's Dramen. Einleitender Vortrag zur Jahresversammlung der Deutschen Shakespeare-Gesellschaft. Von Nicolaus Delius

Jahresbericht für 1879-1880. Vorgetragen in der Jahresversammlung vom 17. Mai 1880 von dem Herrn Vicepräsidenten General-Intendanten Freiherrn von Loën . .

Bericht über die Jahresversammlung zu Weimar am 17. Mai 1880

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Die Zechbrüder und Trunkenen in Shakespeare's Dramen. Von Wilhelm
Oechelhäuser

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Die medicinische Kenntniß Shakespeare's. Nach seinen Dramen historischkritisch bearbeitet von Reinhold Sigismund

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Die schwarze Schöne der Shakespeare-Sonette. Von Fritz Krauß .
Brooke's episches und Shakespeare's dramatisches Gedicht von Romeo and

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Juliet. Von Nicolaus Delius.

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Exegetisch-kritische Marginalien. Von K. Elze

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Zur Geschichte der deutschen Shakespeare-Uebersetzungen. Von Gisbert
Freih. Vincke .

254

Hamlet's Familie. Von Hermann Isaac .

274

Die Darsteller des Hamlet. Von Karl Frenzel

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Ueber Shakespeare's Geistlichkeit. Ein Vortrag von Julius Thümmel
Shakespeare's Ovid in der Bodleian Library zu Oxford. Von F. A. Leo

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Die neuesten Publicationen der New Shakspere Society'. Von Nicolaus
Delius

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Literarische Uebersicht.

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von ihm vollzogenen Trauung mit Romeo sicher zu stellen. Ihr drittes Bedenken ist schlimmer als die beiden ersten, die sie leichter Hand abwies:

Wie aber, wenn ich, in die Gruft gelegt,

Erwache vor der Zeit, da Romeo

Mich zu erlösen kommt!

Alle Schrecknisse eines solchen zu frühen Erwachens in der Gruft malt ihre aufgeregte Phantasie in einer sich drängenden Reihenfolge grauenhafter Bilder sich aus, die dann ihren Höhepunkt erreichen in der Vorstellung eines sie packenden Wahnsinns und im Wahnsinn zu vollbringenden Selbstmordes. Wie sie in dieser Vorstellung Tybalt's Leichnam aus seinem Grabe zerrt, so sieht sie in ihrer letzten Vision Tybalt's Geist ihren Romeo mit dem Stossdegen bedrohen und in dem Drange, ihrem Romeo zu Hilfe zu eilen, leert sie in höchster Beängstigung den Becher mit dem Ausruf:

Ich komme, Romeo! Dies trink' ich dir.

Hier haben wir denn statt der Monologe der Reflexion, der Empfindung, der Selbstbekenntnisse, die wir bisher beobachteten, den Monolog der dramatischen Handlung, einen Monolog, der den Verlauf einer ganzen Scene in sich faßt, nur daß diese Scene im Innern eines Individuums, nicht im Aeußern, der Wechselrede verschiedener Personen sich abspielt.

Ein schrofferer Contrast ist kaum denkbar, als der zwischen den beiden Monologen des verbannten Romeo in Mantua. Im ersten spricht sich in der Zuversicht einer glücklichen Traumdeutung die frohe Hoffnung baldiger Wiedervereinigung mit der geliebten Julie aus. Da mitten in die anticipirte Ausmalung dieses Wiedersehens kommt ihm durch seinen Diener die Kunde von Juliens bereits erfolgtem Tode und Begräbniß, und rasch ist sein Entschluß gefaßt:

Wohl, Julie, heute Nacht ruh' ich bei dir.

Ich muß auf Mittel sinnen.

Und dieses Mittel ist bald gefunden: es ist das Gift, dessen Verkauf zwar das Gesetz in Mantua mit dem Tode bestraft; aber die hungerleidende Armuth des Apothekers, deren drastisch anschauliche Schilderung den folgenden größeren Theil des zweiten Monologs ausfüllt, wird sich durch Romeo's Gold schon bewegen lassen, das Gesetz zu brechen. In das leibliche Elend dieses Apothekers hatte sich schon früher Romeo wie zufällig im Vorübergehen an seinem Laden vertieft, gleichsam wie in ein Seitenstück zu seinem eignen geistigen Elend in der Verbannung zu Mantua.

Die grosse Schlußscene der Tragödie bringt uns zunächst in einem Monologe des Grafen Paris sein der Julie dargebrachtes Todtenonfer das

bei aller scheinbarer Innigkeit doch etwas kalt und conventionell gehalten ist, ganz im Gegensatze zu Romeo's letztem Monologe, der wiederum als ein wesentlich handelnder Monolog aus verschiedenen Theilen besteht. Der erste Theil ist der Bestattung seines von ihm im Irrthum getödteten Nebenbuhlers Paris neben der gemeinsam geliebten Julie gewidmet, im Sinne des Alles sühnenden und versöhnenden Todes. Der zweite Theil feiert zugleich die selbst dem Tode unantastbar gebliebene Schönheit Juliens und fleht, um vor dem Scheiden seinen Frieden mit aller Welt zu machen, noch den todten Tybalt um Vergebung an. Der dritte Theil endlich leitet mit einer letzten Umarmung Juliens das Leeren des Giftbechers ein und schließt mit den Worten:

Und so im Kusse sterb' ich.

So lösen sich die grellen Dissonanzen in Juliens vorhergehendem Monologe zu sanften Harmonien in dem Sterbemonologe Romeo's. Ihm erscheint die Gruft der Capulets, die Juliens Phantasie sich mit allen Grauenbildern ausgemalt hatte, in der Wirklichkeit vielmehr als eine lichte Feierhalle, als eine willkommene Ruhestatt des Lebensmüden. Auf solche Worte friedlicher Ergebung würde ein abermaliges Aufreißen alter Wunden kaum am Platze gewesen sein. Der Dichter hat denn auch im Gegensatze zu Romeo's trostreicher Todesrede der wiedererwachenden Julie für den Ausdruck ihrer Verzweiflung mit weiser Beschränkung nur wenige Worte geliehen. Nachdem sie Lorenzo's Aufforderung, mit ihm die Gruft zu verlassen, zurückgewiesen und vergebens in Romeo's Becher einen Rest von Gift für sich selbst gesucht hat, stößt sie sich Romeo's Dolch in die Brust mit den Worten:

O willkommner Dolch!

Dies werde deine Scheide. Roste da

Und laß mich sterben.

Was dann noch weiter folgt, die Versöhnung der beiden feindlichen Geschlechter über dem Grabe ihrer Kinder, das konnte dem Dichter zu fernerer Anwendung des Monologs keinen Anlaß bieten.

Shakespeare's Romeo und Julie würde uns im Ganzen und Großen auch ohne die darin verflochtenen Monologe verständlich bleiben, obgleich wir dann allerdings manchen feineren psychologischen Zug zur Charakteristik der Hauptpersonen und ihrer Handlungsweise vermissen würden. Die Tragödie spielt sich ja im engeren Sinne zwischen den beiden Liebenden, im weiteren Sinne zwischen den beiden feindlichen Geschlechtern

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