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ab und baut sich daher mit innerer Nothwendigkeit aus dem Dialoge auf. Anders verhält es sich aber mit dem Drama, zu dem wir nun übergehen, mit Hamlet. Hier spielt sich die Tragödie, so weit sie vornehmlich unsere Theilnahme in Anspruch nimmt und unsern Geist beschäftigt, im Innern eines mehr leidenden als handelnden Helden ab und würde, da dieser Held seine Kämpfe für sich allein zu bestehen hat, uns schlechterdings unverständlich bleiben, hätte nicht der Dichter in den Monologen uns die Schlüssel zur Lösung der Räthsel dieses räthselhaftesten aller Dramen dargeboten oder doch darbieten wollen. Es erhellt aber daraus, daß für die Würdigung dieses Trauerspiels eine Erwägung der Monologe in ihrer jedesmaligen Stellung im Drama viel schwerer in's Gewicht fällt als für das Verständniß des vorigen Drama's. Betrachten wir das denn im Einzelnen eingehender.

In Hamlet's erstem Monologe ist die ungeheure Last der Aufgabe, den Vatermord am Oheim und Stiefvater zu rächen, noch nicht auf seine Schultern gelegt. Was ihn bis jetzt gepeinigt hat, das faßt er zusammen in seinen Ausruf:

Schwachheit, dein Nam' ist Weib!

Es ist die herzerschütternde Thatsache, daß gerade seine Mutter ihm zum Anlaß dieses Denkspruchs dienen muß. Sonst wird in diesem ersten Monologe nur Hamlet's grenzenlose Liebe und Verehrung für den todten. Vater mit seiner ebenso grenzenlosen Verachtung des gehaßten Oheims constatirt. Viel kürzer spricht sich Hamlet am Schlusse derselben zweiten Scene aus, denn die ihm mittlerweile gewordene geheimnißvolle Kunde von der Geistererscheinung seines Vaters in Waffen kann zuerst doch nur einen unbestimmten Verdacht in ihm erregen, und den äußert er in den Worten:

Ich vermuthe was von argen Ränken.

Solche Vermuthung wird ihm denn bald zur entsetzlichen Gewißheit aus dem Munde des gemordeten Vaters selbst. Nach dem Verschwinden des Geistes erwarten wir natürlich, daß Hamlet's nächster Monolog den Entschluss der Rachevollstreckung, zu der er soeben durch eine so eindringliche Mahnung aus dem Jenseits beschworen war, aussprechen, ja daß er das Wo und Wie dieser theuersten Pflichterfüllung erwägen würde. Statt dessen aber heftet sich der Monolog an die letzten Worte des Geistes: Gedenke mein! und Hamlet's einzige Sorge scheint sich um die Möglichkeit zu drehen, dass er diese letzten Worte vergessen möchte. In dem „Gedenke mein!" liegt nun allerdings auch das Gedenken an die Blutthat des Oheims miteinbegriffen, und so wird denn auch diese mit

eingezeichnet in die Schreibtafeln. Eingezeichnet bis auf Weiteres, möchten wir in Hamlet's Seele hinzufügen und uns fragen: Hat nicht der Dichter schon in diesem Monologe uns seine Auffaßung von dem Charakter des Helden andeuten wollen? Gewiß hat er das gewollt. Wir sehen, der Racheakt soll verschoben werden. In welchem Sinne aber dem Hamlet die Ausführung desselben vorschwebt, das verräth uns kein Wort seines Monologs. Wohl aber giebt sein Ausruf am Schlusse der Scene:

Die Zeit ist aus den Fugen: Schmach und Gram,

Daß ich zur Welt sie einzurichten kam

uns eine Probe davon, wie Hamlet es liebt, eine specielle, seinem Gewissen unabweisbar nahegelegte Frage zu verallgemeinern, das Concrete zum Absoluten zu verflüchtigen und das Praktische zum Theoretischen aufzulösen.

Aus diesem Zustande einer thatenscheuen Reflexion, dem die angenommene Wahnsinnsmaske freien Spielraum und beliebigen Aufschub gewährt, ihn herauszureißen zu einem Versuche wenigstens des Handelns, dazu bedarf es eines zufälligen äußeren Anlasses. Dieser Anlaß bietet sich denn dar in dem Auftreten der wandernden Schauspielergesellschaft und in der Declamation des ersten Schauspielers. Ihre Nachwirkung auf Hamlet's Gemüth zeigt uns sein folgender Monolog. Die tiefe Empfindung, welche der Schauspieler in seiner Recitation vom rauhen Pyrrhus für die Leiden der ihm doch fremden Hecuba in so erschütternder Wahrheit zu fingiren verstand, mahnt den Prinzen an seine bisherige Theilnahmlosigkeit in der eigenen Sache, in der Sache des ermordeten Vaters. Aber die ingrimmigen Schmähworte und Hohnreden, mit denen er sein Nichtsthun und sich selbst überhäuft, sollten ihn doch noch mehr zum Thun anstacheln, als der Vortrag des Schauspielers, und wir erwarten natürlich abermals aus Hamlet's Munde den festen Entschluß zur schleunigen Rachevollziehung zu vernehmen. Da treten neue Bedenken ihm wieder hindernd in den Weg. Der Geist, an dessen Erscheinung und Wort er bisher so sicher glaubte, kann ja ein böser Geist, ein Teufel, und der so bitter gehaßte und verschmähte Oheim kann ganz unschuldig an dem vermeintlichen Brudermorde sein. Die Rachevollstreckung muß also abermals verschoben werden, bis daß der König bei der Aufführung des Drama's von der Ermordung des Gonzago seine bis dahin nur präsumirte Schuld in Mienen und Geberden verrathen hat.

Mit diesem vorläufigen Aufschube, den Hamlet's Zweifelsucht zur Beschwichtigung seiner heraufbeschworenen Gewissensscrupel zu fordern scheint, gewinnt er denn abermals eine Frist, um sich vor der argen Zeit, die aus den Fugen ist, und vor seiner schweren Aufgabe, sie

wieder einzurichten, in sein Inneres' zu flüchten. Da ergeht er sich denn in den melancholischen Betrachtungen, die den Inhalt seines nächsten berühmtesten Monologes vom Sein oder Nichtsein ausmachen. Diese Betrachtungen über den Selbstmord als ein probates Mittel zur Befreiung von allem möglichen menschlichen Elend und über die Bedenken, die der Ergreifung dieses Mittels entgegentreten, scheinen doch rein theoretischer Natur zu sein, und die Frage vom Sein oder Nichtsein hat auf die Frage von Hamlet's Thun oder Nichtthun keine weitere praktische Bezugnahme, als etwa die im Schlusse des Monologs liegende: So macht Gewissen Feige aus uns allen; Der angebornen Farbe der Entschließung Wird des Gedankens Blässe angekränkelt, Und Unternehmungen voll Mark und Nachdruck, Durch diese Rücksicht aus der Bahn gelenkt, Verlieren so den Namen Handlung.

Zu solchen Unternehmungen, welche die Feigheit des Gewissens und die Blässe des Gedankens nicht zu Thaten werden läßt, müssen wir und muß Hamlet selbst, im Sinne des Dichters, doch auch wohl die ihm aufgelegte Rachevollstreckung an dem Oheim rechnen.

Durch die Aufführung des Schauspiels im Schauspiel hat Hamlet dann seine schwankende Ueberzeugung von der Blutschuld des Oheims wieder vollständig befestigt, und wir erwarten nun in seinem nächsten Monologe doch eine bestimmte Ankündigung seines sofortigen Handelns. Aber glücklicher oder unglücklicher Weise hat ihn seine Mutter vor dem Schlafengehen zu sich beschieden und da er doch lieber Dolche reden als Dolche brauchen mag, so liegt ihm die Aufgabe, der Mutter in's Gewissen zu sprechen, näher als die andere Aufgabe, seinen Stiefvater umzubringen. Nur zufällig wenigstens entnehmen wir das aus seinem eben berührten Monologe geräth er auf seinem Wege zur Mutter in das Gemach des Königs und findet ihn am Betpult knieend, also in einer so wehrlosen, unbeschützten Lage, so bequem wie nur möglich, um endlich an ihm das Werk der Rache zu vollstrecken. Aber gerade diese betende Stellung ist es, die den Rächer des Vatermordes irre macht. Der König selbst freilich verspricht sich, wie sein Monolog beweist, keinerlei Erfolg von seinen vergeblichen Gebetsversuchen. Wohl aber fürchtet Hamlet, durch das Schwert, das er schon gezückt hat, den betenden Verbrecher stracks in den Himmel zu befördern. Der Racheakt wird also abermals verschoben, nicht in der früheren Besorgniß, einen Unschuldigen, vom Teufel in Gestalt des väterlichen Geistes Verleumdeten, zu würgen, sondern in der Besorgniß, einen Schuldigen durch unzeitige Wegräumung der verdienten Höllenpein zu entziehen.

Aber wenn Hamlet auch solche zarten oder vielmehr raffinirt grausamen Bedenken hegt, den König in einer gegebenen Situation zu erstechen, so theilt der König in Betreff Hamlets diese Bedenken durchaus nicht, sobald er dessen Gemeingefährlichkeit, aus der Erstechung des Polonius, auch für seine eigene Person erkannt hat. Und zwar soll, der besseren Sicherheit wegen, England dieses Henkeramt an Hamlet vollziehen, wie der folgende Monolog des Königs das mit dürren Worten ausspricht. Den geheimen Mordplan in seinem ganzen Umfange entdeckt Hamlet freilich erst später auf der Fahrt nach England, aber daß er seinen Reisegefährten Rosencranz und Güldenstern und den ihnen mitgegebenen Briefschaften das Schlimmste zutraut, das hat er ja vorher schon gegen seine Mutter deutlich ausgesprochen. Wenn er dennoch die Seereise scheinbar bereitwillig antritt, so bestimmt ihn dazu schwerlich allein die Genugthuung, die er fühlt, seine beiden Schulgenossen mit ihrem eigenen Pulver in die Luft zu sprengen, wie er sich bildlich gegen seine Mutter ausgesprochen hatte. Im Sinne des Dichters. ist für Hamlet diese englische Reise ein willkommener Anlaß oder Vorwand, den Racheakt abermals zu verschieben. Eine Beschönigung von sich selber läßt sich freilich für diesen Aufschub nicht so leicht beschaffen, wie für die früheren Verzögerungsfälle, und so erklärt es sich, daß Hamlet's letzter Monolog auch nichts Derartiges versucht, sondern nur die eigne Unentschlossenheit und Unthätigkeit mit der Entschlossenheit und Thatkraft des jungen Fortinbras contrastirt, der in den Krieg mit Polen zieht, während Hamlet sich nach England einschiffen lässt. Der Parallelismus der Gedankenreihe Hamlet's in diesem seinem letzten Monologe mit derjenigen in dem Monologe, der sich an die Recitation des Schauspielers knüpfte, ist augenfällig genug. Aber jener frühere Monolog hatte doch ein greifbares Resultat zu seinem Ausgange: die Inscenirung des Schauspiels im Schauspiel, um damit die Schuld des Königs zu constatiren. Hier aber dient im Sinne des Dichters die Verherrlichung des Fortinbras in Hamlet's Munde und zugleich seine eigene Herabwürdigung, lediglich als Prophezeiung der Zukunft, die dem siegreich aus Polen heimkehrenden norwegischen Königssohne gehören wird. Der dänische Königssohn aber hat alsdann seine einzige Lebensaufgabe, der Rächer seines Vaters zu sein, mit seinem Tode besiegeln sollen und dürfen. Die Katastrophe, die dazu führt, tritt nothwendig aus der bisher in Hamlet's Innern spielenden Tragödie heraus und bedarf für den fünften Akt nicht mehr der Monologe, die uns als willkommene Fingerzeige für das Verständniß der Absichten des Dichters durch die vier ersten Akte begleitet haben.

Wie im Hamlet, so bildet auch im Othello der Monolog ein vorherrschendes unentbehrliches Element und zwar aus ähnlichem Grunde. Wie der Held des einen Dramas kann auch der Schurke des anderen keinen Vertrauten haben bei der Vollführung des Planes, den er durch alle Stadien der dramatischen Handlung verfolgt, und der Dichter sieht sich daher veranlaßt, in beiden Fällen durch eine Reihe von Monologen die Zuschauer fortlaufend zu orientiren über die Motive der betreffenden Personen und über den jedesmaligen Stand der Angelegenheit, die gefördert werden soll. Damit ist freilich die Aehnlichkeit zwischen beiden abgeschlossen, denn im Uebrigen läßt sich kaum ein größerer Contrast denken als der zwischen Hamlet's und Jago's Selbstbekenntnissen besteht. Auf der einen Seite eine reflectirende grüblerische Gewissenhaftigkeit, die immer anhält und zögert auf dem Wege zu dem erstrebten Ziele und dieses Ziel am Ende doch nur durch einen außer der Berechnung liegenden Zufall erreicht; auf der andern Seite eine praktische energische Gewissenlosigkeit, die ihr Ziel unverrückt in's Auge faßt und sich durch keine menschliche Regung von ihrem teuflischen Wege zur Erreichung des Zieles abirren läßt. Damit hängt es denn zusammen, daß der offene Cynismus, mit welchem Jago das Publicum gleichsam zum passiven Mitwisser seines Vorhabens und Thuns macht, das Verständniß seiner Monologe und aus den Monologen heraus seines Charakters eben so sehr erleichtert, wie die verschleierten Selbsttäuschungen Hamlet's solches Verständniß erschweren. Eine Analyse der Jago'schen Monologe hat es denn auch mit der Bewältigung eines bequemeren Materials zu thun, wie sich das nun im Einzelnen ergeben wird.

Schon Jago's erster Monolog am Schlusse des ersten Aktes enthält das Programm der ganzen Tragödie, so weit sie Jago zu ihrem Urheber hat. Das,,doppelte Schelmenstück", das er vollführen will, Othello's und Cassio's Verderben und zwar das Verderben des Einen durch den Anderen, steht ihm hier schon vor Augen. Zunächst nur in allgemeinem Umrisse, denn die Details der Ausführung muß er noch der Zeit und den Umständen überlassen, die er schon seinen Zwecken dienstbar zu machen wissen wird. Seinen Beweggrund zu solchem Plane kennen wir bereits aus seinem Zwiegespräch mit Rodrigo: es ist die kränkende Zurücksetzung, welche er von Othello erlitt, als nicht er, sondern Cassio zu dessen Leutnant ernannt wurde. In dem Monologe ist aber dieser Beweggrund, der für den Gimpel Rodrigo plausibel genug sein mochte, als irrelevant übergangen, und fast eben so wenig stichhaltig scheint ein statt dessen angeführtes Motiv: der von Jago selbst angezweifelte Verdacht, als ob Othello zu Jago's Frau in sträflichem Verhältnisse gestanden habe. Jago's eigentlichen Beweggrund läßt

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