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Wie kommt es aber, dass in dem Werke » Titus Andronicus, das doch sicher, wenn von Shakspere (bekanntlich hat man ja seine Autorschaft bestritten) seine erste SchöEs pfung ist, so wenig gereimte Verse zu finden sind? verräth der ganze Styl des Werkes, dass darin eine Anlehnung an Marlowe stattgefunden hat. Bringt man dann damit zusammen, dass, wie oben erwähnt, Marlowe der Hauptvertheidiger des » blank verse war, so ist das Räthsel gelöst. Im Uebrigen ist es auch ganz natürlich, dass die Anwendung des Reimes vom Charakter der Handlung, der Personen, überhaupt vom Gepräge des ganzen Stückes abhängig ist.

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Ein eigenthümliches Reimspiel ergibt sich aus der Wiederholung eines und desselben Wortes oder Wortcomplexes am Schluss von zwei oder mehreren sich unmittelbar folgenden Versen. Diese Eigenthümlichkeit ist besonders in >> The Two Gentlemen« häufig wahrzunehmen. (Siehe z. B. I, 1, 23; I, I, 141; I, 2, 31; I, 2, 76; I, 3, 62; II, 4, 165; II, 6, 1; III, 1, 92; III, 1, 96; III, 1, 175; III, 1, 259; III, 2, 20; III, 2, 42; IV, 2, 71; IV, 4, 75; IV, 4, 86; IV, 4, 99; V, 2, 12; V, 2, 55). Am anmuthigsten ist sie aber wohl verwendet in » The Merchant of Venice« V, 1, 193 f.:

Bassanio:

If you did know to whom I gave the ring,
If you did know for whom I gave the ring
And would conceive for what I gave the ring
And how unwillingly I left the ring,

When nought would be accepted but the ring, etc.*)

Eine ähnliche Wirkung übt auch das mehrmals wieder

*) Bei Aufführungen dieses Werkes kann man wahrnehmen, dass Schauspieler den häufigen Anklang des gleichen Versschlusses durch Modulationen im Vortrag allzusehr zu decken suchen. Der naive, liebliche Scherz, durch den diese Stelle wirken soll, kann aber dadurch nur abgeschwächt werden,

holte: »In such a night as this« (V, 1, 1), das sich allerdings nicht unmittelbar, Vers auf Vers, folgt.

Ausser dem eigentlichen Reim hilft auch die Alliteration vielfach, weichere, schmelzreichere Partien auszuzeichnen und kunstvoller zu gestalten.

Und gerade in den Werken, in denen sich der Reim am häufigsten findet, scheint auch die Neigung, der Sprache zahlreiche alliterirende Elemente einzufügen, vorgewaltet zu haben. >Love's Labour's Lost,« das schon im Titel den Stabreim aufweist, dürfte da obenan stehen. Aber auch z. B. in »The Two Gentlemen« ist ein starker Zug zum Alliteriren bemerkbar, besonders in den Reden des sprachgewandten Proteus. Vielleicht beabsichtigte der Dichter gar nicht immer, seiner Sprache diese Eigenthümlichkeit zu geben. Dieselbe mochte sich bei wärmer empfundenen Stellen um so leichter wie von selbst eingestellt haben, als der englischen Sprache, ähnlich wie der deutschen, vermöge ihres vorwaltend germanischen Charakters eine noch jetzt vielfach in sprichwörtlichen Redensarten wahrnehmbare Neigung für den Stabreim innewohnt.

Schliesslich erweist sich als ein die lyrisch-weiche Färbung der Jugendwerke förderndes Moment die eigenthümliche Messung gewisser Redetheile zu rhythmischen Zwecken. Mehrsilbige Wörter, die Proparoxytona sind, die aber durch Syncope Paroxytona werden können, erfahren in den frühern Werken mehr die volle Messung, während bei den spätern Dramen häufiger die syncopirte Form eintritt. Wie im Deutschen z. B. Erinnerung, Entwick e lung sanfter, weicher klingen, als Erinnrung, Entwicklung, so lassen auch im Englischen Formen wie vanquished, delicious - ersteres drei, letzteres viersilbig gesprochen, eine grössere Milde und Weichheit empfinden, als wenn dieselben syncopirt in der Aussprache auf zwei, resp. drei Silben zusammengezogen werden. Es ist also klar, dass die gedehnteren Formen mehr der Lyrik entsprechen, während die gekürzten in Folge ihrer schwungvolleren, energischeren Hebung mehr dramatisch wirken. Shakspere neigt in diesem Punkte in

seinen frühern Werken etwas zu dem weich melodischen Spenser, der allerdings noch weiter geht, indem er vielfach allgemein als Syncope geltende Wörter durch Einfügung eines >e<< zerdehnt in der Weise, dass er z. B. sprinkled zu sprinkeled, wondrous zu wonderous gestaltet.

Aber woher denn, so fragen wir am Schluss dieser Darlegung angelangt, woher denn in dem Dramatiker κατ' ἐξοχὴν diese Neigung zum Lyrischen? Die Antwort auf diese Frage wird uns leichter werden, wenn wir uns daran erinnern, dass eben die Jugendwerke es sind, die den lyrischen Charakter aufweisen. Denn vorerst ist wohl die Ursache dieser Erscheinung gerade in der Jugend des Dichters zu suchen, da ja dem jugendlichen Geist die Empfindung, das Erotisch-Lyrische ebenso zusagt, wie dem zur Thatkraft gereiften Mannesalter mehr die Reflexion, die ungezierte That ansteht.

Sodann hatte die obenberührte allgemeine Richtung der englischen Literatur nach den weichen und zierlichen Mustern der Italiener und Spanier daran einen grossen Antheil.

Auch steht Shakspere in seinen frühern Werken dem Boden viel näher, aus dem das von ihm hauptsächlich repräsentirte moderne Drama erwuchs. Ich denke an die mittelalterlichen religiös-dramatischen Schöpfungen. In diesen lagen eigentlich noch Episches, Lyrisches und Dramatisches wie im Keime beisammen. Indem sie äusserlich durch die Form des Dialogs sich in die dramatische Dichtungsart einreihen, ist die innere Anordnung und Behandlung des Stoffes rein episch, und ausserdem weisen sie in der Art des Ausdrucks und in der Versbildung den Charakter und die Mannigfaltigkeit des Lyrischen auf. Ja es kommt vor, dass der Mysterienautor selbst die Form des Dialogs ganz aufgibt und episch berichtet oder lyrisch sich ergiesst.

Ganz natürlich gelang es dem eigentlichen Drama nicht sofort, die wahrhaft dramatische Sprache sicher zu treffen. Der lyrische Charakter erhielt sich mehr oder weniger, und

das Drama der Alten, das wie ein die Gährung förderndes Element in das moderne Drama hereinströmte, war vermöge seines lyrisch-idealen Charakters dazu angethan, die schon vorhandene Neigung, der Bühnensprache eine lyrische Färbung zu geben, erheblich zu fördern. War es indess schon Marlowe stellenweise gelungen, die dramatische Sprache, wie sie dem modernen Drama, das sich in ganz andern. Regionen bewegt, als das antike, nöthig war, zu treffen, so gelang es doch erst Shakspere, den wahrhaft dramatischen Styl mit seinem eigenen Emporsteigen zur Vollendung zu erheben.

Damit ist nun allerdings zugestanden, dass von dem Standpunkte der ästhetischen Kritik die Werke, denen dieser lyrische Charakter eigen ist, den spätern Werken des Dichters hinsichtlich ihres Werthes als Dramen nachstehen; aber es erscheint uns auch ganz natürlich, dass die frühern Werke dieses Gepräge annehmen mussten, da Shakspere, so verschwenderisch ihn auch die Natur ausgestattet hatte, immerhin der Entwicklung bedurfte und dabei von den ihn umgebenden Verhältnissen bis zu einem gewissen Grade abhängig war.

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Hätte man aber gleichwohl bei dem Dichter, den man als Dramatiker par excellence anzusehen gewöhnt ist, nicht weit eher vermuthen sollen, man könne den Dramatiker im Lyriker wiederfinden als umgekehrt? Auch diese Anschauung hat etwas für sich, wie schon aus der Besprechung der episch-lyrischen Gedichte (siehe oben) erhellt. Man sehe sich ferner die Sonette näher an. Ein in gewissem Sinne dramatisches Gepräge kann man ihnen nicht absprechen. Wir entdecken darin, wenn wir sie in ihrem Zusammenhange nehmen, eine Art von Handlung, und die Ausdrucksweise kommt häufig dem Dialog nahe. Man möchte sagen, dass Shakspere, der Dramatiker, hier in der Lyrik sich ausnimmt, wie Goethe der Lyriker im Drama. Ihre eigentliche Sparte leuchtet in der ihnen ferner stehenden Gattung durch. Andererseits aber weist Shakspere auch lyrische Gedichte auf, die so naiv volksthümlich, so duftig,

so schmelzreich erscheinen, dass man in ihrem Schöpfer keineswegs den überwältigenden Sänger grosser Charaktere und gewaltiger Thaten ahnen möchte. Dies wird sich bei Darlegung des im engern Sinne Lyrischen in den Dramen, bei dem wir nunmehr angelangt sind, des Nähern erweisen.

Lyrische Einlagen.

Wir werden unter diesem Titel zu berühren haben: Prolog, Epilog, Chorus, Mask, Jig, Lied, Ballade, Gedicht, Beschwörungsformel-, Zauber- und Hexenspruchartiges, Sinn*und Denkspruch, Räthsel, Mährchenhaftes, lyrische Volkssage. Auch Fragmente aus solchen Gedichtformen und Anspielungen auf dieselben werden wir dabei nicht unerwähnt lassen dürfen. Es wird sich darunter manches finden, was sich nicht in abgeschlossener Form als lyrische Schöpfung präsentirt und auf das somit die Bezeichnung >lyrische Einlage« nicht wohl passen wird; aber wir glaubten derartiges gleichwohl unter dieser Rubrik aufführen zu sollen, da in solchen Fällen denn doch bestimmte lyrische Formen im Hintergrund stehen. Ueberhaupt müssen wir im Sinne behalten, dass wir es auch in der Folge mit Lyrischem im Drama zu thun haben, dass also die Lyrik hier nicht ihrer selbst wegen auftritt, sondern dramatischen Zwecken dient, und dass sie daher auch gewissen Unbillen ausgesetzt ist, deren Etwas, das blos Mittel zum Zweck ist, wohl stets gewärtig sein muss. Es kann geschehen, dass sie besonders zu Zwecken der Charakteristik ein grausames Spiel mit sich treiben lassen muss. Wenn z. B. Shakspere irgend einer Person in seinen Stücken eine poetische Ader leiht und diese uns dann Proben ihrer Dichtkunst gibt, so muss man derartige Produkte auch als von der betreffenden Person und nicht als von Shakspere herrührend, oder vielmehr als von Shakspere aber ganz im Geist und nach der Fähigkeit jener Person geschaffen oder ausgewählt betrachten. So

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