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er sieht die Natur später mit andern Augen an. Wenn er in der frühern Periode seines Schaffens es liebte, dieselbe weich, lieblich, heiter darzustellen, so erscheint sie dagegen später bei ihm lieber ernst, aufgeregt, düster, kämpfend, stürmend. Man vergleiche von diesem Gesichtspunkte aus z. B. Titus Andronicus, The Merchant of Venice, A Midsummer-Night's Dream einerseits mit King Lear, Macbeth, The Tempest andererseits. Diesem Gegensatz in der Auffassung entspricht auch vollständig die Art und Weise der Darstellung. Wie dort das Milde, Liebliche, in einer lyrisch weicheren, so spricht sich hier das unruhig Bewegte, der Kampf in der Natur in mehr dramatisch belebter Sprache

aus.

Der Gegensatz zwischen mehr lyrisch gehaltener und eigentlich dramatischer Sprache macht sich aber, wenn wir die frühern und die spätern Werke unsers Dichters vergleichen, nicht bloss nach der angeführten Seite, sondern überhaupt geltend.

Es dürfte hier unsere Aufgabe sein, zu untersuchen, worin denn eigentlich das lyrische Gepräge im Styl der frühern Werke besteht. Wir hätten es somit der quantitativ ausscheidbaren Lyrik gegenüber, von welcher wir schon Proben hinter uns und solche in noch reicherem Masse in Aussicht haben, hier mit Lyrischem rein qualitativer Art, mit dem lyrischen Charakter in Styl, Sprache und Vers zu thun.

Eine besonders charakteristische Seite dieses schmelzreicheren Styles darzustellen wird uns wohl am besten gelingen, wenn wir nach dem Princip verfahren, den Satz im Gegensatz zu beleuchten. Wir werden zu diesem Zweck eine Passage aus einem der frühesten Werke des Dichters (The Two Gentlemen of Verona V, 4) und eine solche aus einem der spätern, vielleicht dem letzten seiner Dramen (The Tempest III, 1) einander gegenüberstellen.

The Two Gentlemen of Verona V, 4.

Val.

I How use doth breed a habit in a man!
This shadowy desert, unfrequented woods,
3 I better brook than flourishing peopled towns:
Here can I sit alone, unseen of any,

5 And to the nightingale's complaining notes.
Tune my distresses and record my woes.
7 O thou that dost inhabit in my breast,
Leave not the mansion so long tenantless,
9 Lest, growing ruinous, the building fall
And leave no memory of what it was!
II Repair me with thy presence, Silvia.

The Tempest III, 1.

Ferd.:

I There be some sports are painful, and their labour
Delight in them sets off: some kinds of baseness
3 Are nobly undergone and most poor matters
Point to rich ends. This my mean task

5 Would be as heavy to me as odious, but
The mistress which I serve quickens what's dead

7 And makes my labours pleasures; O, she is

Ten times mor gentle than her father's crabbed, 9 And he's composed of harshness. I must remove ete.

Man vergleiche nun. Oben folgt mit regelmässigem, musikalisch strengem Rhythmus Vers auf Vers, fast wie Takt auf Takt in der Musik; jeder Vers gebietet oder

Steuerwald, Lyrisches.

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erlaubt wenigstens ohne Erschwerung des Verständnisses am Ende eine Pause zu machen. Enjambement selten, und wenn es ja vorkommt, derart, dass der Schwerpunkt des Satzes nicht ganz im folgenden Verse ruht, sondern so, dass ein gewisses Gleichgewicht in den Versen herrscht. Gedanke und Rhythmus gehen, fast wie in der ausgespro chensten lyrischen Form, im Liede, friedlich zusammen, ich möchte sagen, der Gedanke bequemt sich dem Rhythmus an, und das Ganze gestaltet sich so zum Ausdruck und Symbol einer andauernden gleichmässigen Stimmung.

Wie ganz anders im Tempest! Da gibt es keinen Einhalt, da ist Alles Action. Der Satz und mit ihm der Gedanke schliesst fast regelmässig inmitten des Verses ab, wo aber das Gefühl für den Rhythmus keine Ruhe gönnt, sondern zum Abschluss des Verses drängt. Ist man dort angelangt, so lässt wiederum der Gedanke nicht ruhen, sondern treibt zum Abschluss in der Mitte. Enjambement also in der Regel und ein sofortiges Weiterschreiten von einem Vers zum andern im Vortrag absolut geboten, da ja selbst Conjunction und Hilfsverb ans Ende treten. (Man vergleiche in letztberührtem Punkte etwa die Verse 2/3 und 5% oben mit Vers 5/6 und 7/8 unten). Es liegen hier Gedanke und Rhythmus im Kampf, und der Vers ist ein treues Abbild der nicht rastenden, der forteilenden und hinreissenden Handlung, wie sie ja so häufig in Shakspere's Werken charakteristisch hervortritt. Man greife in den beiden erwähnten Stücken oder in entsprechenden hinein, wo man will, man findet stets das Gleiche.

Einen ähnlichen Unterschied entdecken wir, wenn wir auf den Abschluss und das Einsetzen in den Reden der einzelnen Personen merken. In den frühern Werken schliesst jede Rede fast durchweg in einem ganzen Verse, während in den spätern sehr häufig der von einer Person unvollständig gelassene Vers durch die darauffolgende Person ergänzt wird.

Die lyrische Färbung des Styles in den Werken der ersten Periode wird ferner noch erhöht durch das häufige

Vorkommen des Reimes. Derselbe war im Drama ein Erbtheil der mittelalterlichen religiös- und allegorisch-dramatischen Schöpfungen. Die in der Regel kurzen Verse, in denen dieselben geschrieben waren, mussten bei dem Beginn des eigentlichen Dramas längeren von 10 bis 15 Silben weichen ; aber der Reim blieb, bis endlich Marlowe dem »blank verse «*) zum Sieg verhalf. Uebrigens wurde Marlowe von manchen Seiten gerade in dieser Hinsicht heftig bekämpft, und der Reim kam dann auch nachher noch vielfach zur Anwendung. Auch Shakspere, der ja überhaupt an dem Ueberbrachten gerne festhielt, aber in der Verwerthung desselben stets die höchste künstlerische Weisheit offenbarte, macht von dem Reim, wie schon erwähnt, besonders in seinen frühern Werken häufig Gebrauch. Er benutzt ihn in der Regel in der Weise, dass er poetisch gehobene, ohnehin lyrisch gefühlte Stellen damit auszeichnet. Allerdings dient der Reim auch noch andern Zwecken. Er kennzeichnet bei Seite Gesprochenes, schmückt sprichwörtliche Redensarten und hilft Rede und Gegenrede, die kurz und scharf einander folgen, kräftiger markiren. Beispiele zu jedem dieser Fälle sind ziemlich häufig, und unterlassen wir es daher ganz solche anzuführen.**) Eine Wirkung alterthümlicher Art scheint von Shakspere beabsichtigt zu sein, wenn er bei Repliken zumeist niedrig stehender Personen die alten doggerel-Verse und diese gar mit dem im Allgemeinen selten vorkommenden klingenden Reim zur Anwendung bringt.

Der Graf von Surrey hatte den »blank 'verse« zuerst in seiner Uebersetzung des I. und IV. Buches der Aeneide des Cardinals Hippolito angewandt. Darauf war er von Nicholas Grimoald (1520-1563) verwendet worden. Durch die Tragödie Gorboduc wurde er sodann in das gelehrte Drama, durch Marlowe's Tamerlan ins Volksdrama eingeführt. Bodenstedt scheint in dem Schlusswort zu >> Will. Shaksp. Sonnette« Berlin 1866, p. 207, wo er den Lord Surrey als Verfasser des ersten Drama's in Blankversen bezeichnet, diesen mit Lord Buckhurst, der mit Thomas Northon diese Tragödie schrieb, verwechselt zu haben.

**) Vergl. die Prolegomena in Tycho Mommsen's Ausgabe von Shakespeare's Romeo und Julia.

又♦

Etwas Formelhaftes haben die Reimpaare, welche Scenen
oder auch Theile derselben abschliessen, die sich dann auch
in den spätern Werken noch häufig finden. Speciell lyri-
schen Zwecken dient der Wechselreim, der wohl am häu-
figsten in »>Love's Labour's Lost« vorkommt, worin sich, ab-
gesehen von den eigens eingelegten lyrischen Gedichten,
über 200 Verse mit gekreuzten Reimen finden. Die lyrische
Wirkung wird noch erhöht, wenn vier Verse mit gekreuzten
Reimen mit einem Couplet abgeschlossen werden, wodurch
sich dann das Ganze strophenartig nach dem Muster des
>> common verse « gestaltet. Stellen wir die Werke, in denen
der Reim überhaupt eine häufigere Verwendung findet, zu-
sammen, so folgen sich dieselben nach dem Procentsatz ge-
reimter Verse in nachstehender Ordnung*):

1) A Midsummer-Night's Dream (2166 Zeilen, über
900 gereimte Verse, macht ungefähr 42%);

2) Love's Labour's Lost (2787 Zeilen, etwa 1100 ge-
reimte Verse, macht 351⁄2 %);

3) The Comedy of Errors (1777 Zeilen, ungefähr 360
Verse mit Reim, also 20%);

4) Romeo and Juliet (3024 Zeilen, 500 gereimte Verse
also etwa 19%).

(Erwähnen wir noch, dass » All's well that ends well<< auf 2965 Zeilen etwa 300 gereimte Verse hat, »Twelfth Night<< auf 2627 Zeilen etwa 200, »The Taming of the Shrew << auf 2595 Zeilen, ungefähr 150, etwa die gleiche Anzahl »The Two Gentlemen of Verona«, »The Merchant of Venice <, >>As you like it<< auf 2289, beziehungsweise 2662 und 2783 Zeilen).

Auch in den Histories frühern Datums findet sich der Reim ziemlich häufig, besonders gegen den Schluss der Reden.

*) Die Zählung geschah nach der Globe-Edition; die Ziffer für Romeo and Juliet wurde Tycho Mommsen's Ausgabe entnommen.

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