leiten Julien natürlich auf diese Gedanken. Niemand anders sang ihr das Hochzeitslied, sie singt es sich gleichsam selbst; und dies wirft einen weiteren melancholischen Reiz über diese Stelle, denn die Abwesenheit der hymeneischen Feste galt schon im Alterthum für eine üble Vorbedeutung, und so bewährt sie sich hier. << Nachstehend der Dialog der Liebenden am Morgen nach der Brautnacht (III, 5, I f.): Jul. Wilt thou be gone? it is not yet near day: Jul. No nightingale: look, love, what envious streaks Some say the lark makes sweet division; O, now I would they had changed voices too! Wie jene Unterredung auf dem Ball durch Geist und Scharfsinn ausgezeichnet ist, so macht sich hier tiefe Innigkeit und ahnungsvolle Empfindung bemerkbar. Es liegt dieser Scene »das Tagelied« zu Grunde, eine Gattung dialogischer Gedichte, die in der Zeit des Minnegesangs entstanden war. Friedrich Diez*) lässt sich über das Tagelied der provençalischen Dichter also hören: »Das Tagelied, alba d. i. Morgenroth, feiert das Glück zweier Liebenden, indem es den Tagesanbruch verwünscht; in dem Abendlied, serena (von sers, Abend), « fährt er fort, »sehnt sich der Liebende nach der Ankunft des Abends. < An anderer Stelle **) äussert er sich über dieselbe Dichtungsart bei den Deutschen, wie folgt: »Die Tagelieder oder Tageweisen, bei den Deutschen noch süsser und zärtlicher als bei den Provenzalen, mögen einheimischen Ursprungs sein. Denn sie haben dem Inhalt und der Form nach manches Eigenthümliche. Der Hergang der Geschichte ist hier gewöhnlich so, dass der Wächter die Liebende weckt und sie bittet, den Mann zu ermuntern, diese jedoch den Tag nicht so nahe glaubt, mit dem Wächter hadert, und endlich ungern den Geliebten aufweckt, worauf sie sich scheidend umarmen.<< Jener Streit der Liebenden unter sich und mit dem Wächter dreht sich dann darum, ob es die Sonne oder *) Friedr. Diez: Die Poesie der Troubadours. Zwickau 1876, p. 115. **) p. 265. der Mond sei, der die Helle verursache, ob die Nachtigall oder die Lerche ihr Lied ertönen lasse, wie dies vollständig in unserm Dialog der Fall ist. Es erübrigt uns nun noch, auf die Stellen in Shakespere hinzuweisen, die wir als Betrachtungen, Meditationen bezeichnen möchten, und in welchen bald mehr die gedankenreiche philosophische, bald die gemüthvoll weiche, zuweilen elegische Seite hervortritt. Hierher gehört die schöne Stelle aus »The Merchant of Venice IV, I, wo Portia den Segen der Barmherzigkeit verkündet : The quality of mercy is not strain'd, It droppeth as the gentle rain from heaven Wherein doth sit the dread and fear of kings; It is enthroned in the hearts of kings, It is an attribute to God himself; And eartly power doth then show likest God's Diese Rede erinnert an eine Stelle in »Measure for Measure (II, 2), wo Isabella, nachdem sie an Angelo die inständigsten Bitten um Gnade für ihren Bruder gerichtet hat, also anhebt: Could great men thunder As Jove himself does, Jove would ne'er be quiet, Would use his heaven for thunder; Nothing but thunder! Merciful Heaven, Thou rather with thy sharp and sulphurous bolt Split'st the unwedgeable and gnarled oak Most ignorant of what he's most assured, His glassy essence, like an angry ape, Plays such fantastic tricks before high heaven As make the angels weep; who, with our spleens, Der melancholische Jaques (As you like it II, 7) stellt seine Betrachtungen über den Wechsel im Leben und in den Anschauungen des Menschen an und legt dabei die Eintheilung des Menschenlebens in 7 Abschnitte zu Grunde, die übrigens ursprünglich nicht von Shakspere herrührt, sondern sogar schon dem Hippokrates zugeschrieben wird: All the world's a stage, And all the men and women are merely players: And one man in his time plays many parts, Even in the cannon's mouth. And then the justice, With eyes severe and beard of formal cut, Full of wise saws and modern instances; And so he plays his part. The sixth age shifts With spectacles on nose and pouch on side, His youthful hose, well saved, a world too wide Is second childishness and mere oblivion, Sans teeth, sans eyes, sans taste, sans every thing. Prospero legt (Tempest IV, 1) seine Zauberkunst nieder und findet in diesem Act Veranlassung, eine Betrachtung über die Nichtigkeit alles Irdischen anzustellen. Es geschieht dies in nur wenigen Versen, die man aber zu dem Grossartigsten rechnet, was die Shakspere'sche Muse hervorgebracht hat. And, like the baseless fabric of this vision, Nachdem der naturkundige Friar (Romeo and Juliet II, 3) auf das ewige Sichzerstören und Sichwiederverjüngen von allem Bestehenden hingewiesen, verbreitet er sich über die Heilkräfte in der Natur, spricht von dem Segen, welchen der richtige Gebrauch derselben, von dem Unheil, das Unverstand oder Missbrauch bringen kann. The earth that's nature's mother is her tomb; None but for some und yet all different. |