Hofes stand den friegerischen Gothen gegenüber. Ursachen zu Mißhelligkeiten mußten in Menge vorfallen: aber ein an die Waffen gewöhntes Volf pflegt Streitigkeiten nicht durch Worte zu schlichten, um so weniger, wenn es einen Führer hat, der einen fühnen, unternehmenden Geist mit Kriegsgeschicklichkeit und fluger Berechnung der Umstände verbindet. Ein solcher Mann war Alarich, entsprossen aus altem edlen Geschlechte. An den Mündungen der Donau geboren, war er frühe mit römischer Kriegsweise und Bildung bekannt geworden. Seiner ausgezeichs neten Zapferkeit, die ihm den Namen Balthe, der Kühne, erwarb, verdankte das berühmte Geschlecht der Balthen, das erste bei den Gothen nach dem der Amaler, Ursprung und Glanz 42). Schon frühe zeichnete er sich durch Freiheitssinn aus, und er gehörte zu den Gothen, die nichts von einem Vertrag mit Theodosius wissen wollten 43). Entweder Ueberredung und ehrende Auszeichnung oder Uebermacht der römischen Waffen stimmten Alarich endlich zu friedlichen Gesinnungen gegen den Kaiser und er nahm, wie mehrere andere gothische Führer, mit den Seinigen faiserlidie Dienste. In der Schlacht bei Aquileja kämpfte er gegen den Usurpator Eugenius an der Spige gothis scher Hülfötruppen für des Theodosius Sache. Als aber dieser Kaiser gestorben war, so brachte man nicht nur die Gothen durch die Entziehung der bestimmten Jahrgelder auf, sondern 42) Jornandes c. 29. (Alaricho) erat post Amalos secunda nobilitas, Baltharumque ex genere origo mirifica, qui dudum ob audaciam virtutis Baltha, id est, audax, nomen inter suos acceperat. Dem Sinne dieser Stelle, deren Construction etwas unnatürlich ist, und die daber Anlaß zu Mißverständnissen gegeben hat, wird nicht widersprochen, wenn Jornand. c. 17. von den Gothen am schwarzen Meere sagt: Vesegothæ familiæ Balthorum, Ostrogothæ præclaris Amalis serviebant; denn dieses ist wie vieles Andere bei diesem Schriftsteller eine Anticipas tion in der Geschichte. 43) Clandian de VI. Consulatu Honorii v. 104 699. Maurusius Atlas Hebri clausit aquis. reizte auch besonders den angesehensten ihrer Führer, Alarich, dadurch zum Kriege, daß man ihm kein Commando über eine Abtheilung des Heeres anvertrauen wollte 44). Er griff daher zu den Waffen, vereinte unter sich die meisten Westgothen, die schon lange dem Frieden mit den Römern abgeneigt gewesen, und trug die verheerende Kriegsfackel von der Donau bis an die Mauern von Constantinopel 45). Dhne sich durch eine nußlose Belagerung uneinnehmbarer Befestigungswerke aufzus halten, wandte Alaric, den die allgemeine Stimme der Wests gothen zum Könige erhoben hatte 46), seine Schritte in bisher vom Kriege verschont gebliebene Provinzen. Macedonien, Thero salien und FÄyrien unterlagen den zahllosen Schwårmen der Gothen: ja selbst die asiatischen Provinzen wurden von ihnen geplündert 47). Das Land ward verwüstet und fast zur Einode gemacht, die Männer niedergehauen, Wciber und Kinder heerdenweise als Sklaven fortgeführt. Noch hätten die Verheerungen von Mittelgriechenland oder Achaja abgewendet werden können, wenn die Engpässe der Thermopylen belegt und tapfer vertheis digt worden wåren. Allein theils war fein Heer da, weil die Hauptstårke der Legionen in den lezten Zeiten die Gothen auss 44) Zosimus L. V, c. 5. 'Alápizos nyaváxtel, öri uri orgatiwrixWY ηγείτο δυναμέων, αλλά μόνονς είχε τους βαρβάρους, ους Θεοδόσιος έτυχεν αυτώ παραδούς, ότε συν αυτώ την Ευγενίου τυραννίδα καθείλε. 45) Claudian. in Rufin. I. II. v. 7 — 100. Tillemont. Mem. Eccles. Tom. XII, p. 200 sqq. 46) Jornand. c. 29. Mox ut ergo ante fatus Alaricus creatus est rex, cum suis deliberans suasit suo labore quærere regna, quam alienis per otium subjacere. Gibbon verschiebt ohne historischen Grund diese Erhebung bis zum J. 400. 47) Claudian. in Rufin. II, v. 30. Jam pascua fumant gemacht hatten, und die Römer rich vom Kriegsdienst, den sie scheuten, loskauften, theils waren die wenigen Truppen, die Antiochus und Gerontius in Griechenland befehligten, feiner großen Kriegsthat fåhig, sondern feige und verråtherisch überließen sie dem Feind die Påsse, wo einst Leonidas mit 500 Spartanern das ganze Heer des erres aufgehalten hatte. Gleiches Schicksal theilten nun die Städte und die Bewohner Adaja's mit Thessalien und Macedonien: nur Theben wurde durch die Festigkeit seiner Mauern gerettet; auch Athen blieb verschont: doch diese Stadt nur durch schnelle Unterwerfung. Weßwegen sie von Alarich die besondere Gunst erhielt, daß fie nicht nur nicht geplündert wurde, sondern auch von der Aufs nahme eines gothischen Heeres befreit blieb. Alarich selbst fam mit wenigen in die Stadt; nachdem er daselbst von den Einwohnern viele Huldigungen ihrer Ergebenheit empfangen, sich gebadet und mit den Bornehmsten der Stadt bei einem großen Mahle unterhalten hatte, verließ er Athen und zog gegen den Peloponnes 48). Daß das übrige land von Attika von den Verhees rungen verschont geblieben, fönnen wir dem Zosimus nicht glauben. Als Seide und Verehrer der alten Götter erklärt er die Rettung Athens durch den besondern Schuß Minerva's und die Erscheinung der Gestalt des Achilleus, wie ihn Homer beschreibt als Råcher des Patroclus; diese habe den Alarich so in Sdirecten gesetzt, daß er nicht gewagt gegen die Stadt zu streiten, da si anter der besonderen Obhut der Himmlischen stünde 49). 48) Zosimus L V, c. 6. Claudian. in Rufin. L. II, v. 186 — 191. 49) Zosimus V, c. 6. Wenn Giobon ch. XXX. zu weit geht und dem Alarich als einem ganz ungebildeten Barbaren alle Kenntniß des Homer und der griechischen Götterwelt abspricht; so erheben andere Geschichtschreiber ihn zu sehr und geben ihm eine Kenntniß des Alter: thums, die er gewiß nicht besaß. Lord Byron in Childe Harold's Pilgrimage Canto Il. St. 14. sagt in Beziehung auf obige Angabe des Zosimus: Where was thine Aegis, Pallas, that appallid Wie wenig sich der Gothenführer und sein Volk vor dem Zorn der alten griechischen Götter scheuten, deren Mythologie ihnen gewiß unbekannt war, sieht man daraus, daß sie alles zers storten, was sie noch von den alten griechischen Tempeln, Altären und Statuen vorfanden: weil ihnen dieses als Christen verdienstlich schien. Die alten Mysterien der Ceres horten mit der Zerstörung von Eleusis auf 50). Von Megara, welches Alarich nun beseşte ; bis Corinth ist zwar nur ein kurzer Weg, allein so schwer wegen des gebirs gigen Bodens und der engen Straße zu passiren, daß eine unbedeutende Macht dem größten Heere den Zugang streitig machen kann. Allein auch hier zeigten sich die römischen Truppen nicht nur feige, sondern auch als Verråther; ohne Widerstand ward den Gothen der Zugang gelassen, und die Städte des Peloponnesus, die sich bisher auf das feste Bollwerk des Isthmus verlassen hatten und sorglos ohne Mauern waren, fanden sich jekt fürchterlich getäuscht. Corinth, Argos, Sparta, und die übrigen Städte, so ausgezeichnet im Alterthum durch ihre Macht, fielen in die Hände der Gothen, ohne den geringsten Widerstand, ro daß Alarichs Zug von Thracien bis nach Sparta einem Riegreichen Triumphzuge glich 51). So war Griechenland in der Gemalt der Gothen und nirs gends war eine Aussicht sich von diesen schrecklichen Feinden zu befreien, wenn nicht die Hülfe des Occidents erschien. So Und in dem curse of Minerva sagt derselbe englische Dichter, indem That all may learn from whence the plunderer came, 60) Eunapius (in Vit. Philosoph. p. 90 93 ed. Commelin.) deutet an, daß eine Schaar Mónghe Griechenland verrietben und dem gothischen Heere folgten. 61) Zosimus 1. c. 1 ungern man in Constantinopel diese in Anspruch nahm, so hatte Schenkt man der Nachricht Glauben, daß Sorglosigkeit IV. Consul. 52) Claudian I Consulat. Stilich. v. 172 186. Honor. 459 487. 53) Zosimus L. V, c. 7. Die andere gibt Claudian de bello Extinctusque fores, ni te sub nomine legum |