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die Menge der Gothen in verschiedene Gegenden vertheilen, um bei einem etwaigen Aufstande sie sogleich einzeln zu unterdrücken. Damit dieses schneller und ruhiger von Statten ginge, sollten römische Soldaten sie in ihre angewiesenen Derter begleiten. Daher mußte man die Festungen und Uebergangsorte der Donau von Truppen entblößen. Saphrar und Alatheus, die den jungen ostgothischen König Witherich bei sich hatten und Führer der Ostgothen waren, hatten früher bei dem Kaiser um die Erlaubniß angehalten, sich wie die Westgothen im römischen Gebiete niederlassen zu dürfen. Der Kaiser, damals schon von der zu großen Menge der Westgothen erschreckt und seine Unflugheit bereuend, hatte ihnen den Uebergang über die Donau versagt. Jezt aber, da sie sahen, daß der Fluß von Truppen entblößt war, benußten sie sogleich den günstigen Augenblic und fuhren auf vielen schlechtzusammengefügten Flößen in die römische Provinz hinüber, wo sie sich festseßten 6).

Täglich sahen die Römer mehr ein, wie unklug es gewesen war, eine so ungeheure Menge von Barbaren, die durch nichts in Zaum gehalten werden konnte, aufgenommen zu haben. Allein anstatt durch kluge Mittel das Uebel so viel als möglich zum Bessern zu wenden, brachte Habsucht und blinder Unverstand bald das glimmende Feuer der Unzufriedenheit in helle Flammen. Um sich der Führer der gothischen Nation zu bemächtigen, oder vielleicht auch um sie durch Gastmåhler einzuschläfern und ihnen die Noth ihres Volkes nicht so bemerklich zu machen, lud Lupicinus den Alavivus und Fridigern zu einem Gastmahle nach Marcianopel ein "). Mit einem großen Gefolge zogen die gothischen Führer dahin. Doch wurde die bewaffnete Menge

6) Ammian. Marcellin. c. 5. Ueber die Habsucht der beiden Stadthalter, (welche Zosimus u. Eunapius ganz verschweigen) Jornand. c. 26. Ammian. c. 4. u. Hieronymus. Chronic. p. 188.

7) Das nun Folgende bis zum Tode des Kaisers Valens ist nach Ammian. Marcellin. v. c. 5 bis zu Ende. Das Wenige, was außer Zosimus L. IV, c. 22, 23 u. 24. Jornand. c. 26 u. 27. u. Orosius L. VII, c. 33. andere Geschichtschreiber darüber bemerken, wird jedesmal an seinem Orte angeführt werden.

nicht in die Stadt gelassen, sondern mußte vor den wohlbewachten Thoren bleiben. Mit Unwillen und Murren sahen sie, wie die Römer im größten Ueberfluß und Wohlleben schwelgten, indem sie kaum so viel schlechte Nahrung hatten, um ihr Leben zu erhalten. Bald entspannen sich zwischen den Gothen, die erst um Lebensmittel ansuchten, diese aber versagt bekamen, und den Römern Streitigkeiten; die hungrigen Gothen suchten das Abgeschlagene mit Gewalt zu nehmen. Ein Gefecht entstand, worin viele Römer erschlagen wurden. Lupicinus davon benachrichtigt, daß die Gothen die Verwegenheit håtten vor den Thoren der Stadt mit den Waffen in der Hand den Römern gegenüber zu erscheinen, ließ sich in der Hiße verleiten, die ganze gothische Leibwache, welche dem Alavivus und Fridigern gefolgt war, umzubringen. Die Gothen, die das Schicksal der Ihrigen in der Stadt erfuhren, glaubten schon ihre Häupter dem Tode Preiß gegeben und versuchten im furchtbaren Lärm in die Thore der Stadt zu dringen. Fridigern erkannte die Gefahr, worin er schwebte. Nur rascher Entschluß konnte retten. Er schrie, daß bloß er den Tumult legen könnte, und mit gezogenem Schwerdte, fam er mit den andern Führern durch die Menge, welche die Straßen von Marcianopel anfüllte. Schnell schwangen sie sich auf ihre Pferde und entschwanden den Augen der ers staunten Römer, die nicht gewagt hatten sie zurückzuhalten. Mit Jubel empfingen die Gothen Fridigern und Alavivus, die sie schon gemordet glaubten und trafen sogleich Anstalten die Stadt zu belagern. Aufruhr ertönte nun überall, da sie jetzt gegen treulose Römer keine Verbindlichkeit zu haben glaubten. In der Nähe von Marcianopel, wo Lupicinus in der Eile Truppen zusammengezogen hatte, lieferte er mit mehr Unbedachtsamkeit als Ueberlegung den gereizten Feinden eine Schlacht. So tapfer die römischen Legionen kämpften, so vermochten sie doch nicht der ungestümen Wuth der Feinde zu widerstehen: und Lupicinus, der Urheber dieses Krieges, überließ durch seine Flucht nach Marcianopel das römische Heer seinem Schicksal, und den Gothen den Sieg, reichliche Beute und römische

Waffen, so daß sie nun jezt doppelt furchtbar erschienen. An diesem Lage hatten sie mit den Römern den langen blutigen Krieg begonnen, das lästige Joch abgeworfen, sich Lebensmittel und freie Wohnsiße erkämpft. Nach dieser Schlacht zog das gothische Heer unter den größten Verwüstungen umher. Thraciens friedliche Landbewohner büßten für die Schuld der schlechten Stadthalter.

Bald vermehrte sich die Macht Fridigerns auch noch durch die gothischen Schaaren unter Colias und Sueridus, welche, schon früher für den persischen Krieg in kaiserliche Dienste genommen, bei Hadrianopel gelagert waren. Sie sahen den Begebenheiten anfangs mit Gleichgültigkeit zu, die aber durch die Aengstlichkeit des Kaisers und des Magistrats der Stadt in Feindschaft gegen die Römer verwandelt ward. Besorgt, daß sie sich mit ihren Stammgenossen verbinden möchten, wollte man sie schnell entfernen: sie weigerten sich aber ihr Standlager zu verlassen; und da die Bewohner von Hadrianopel und besonders die zahlreichen Arbeiter in den dortigen Fabriken bewaffnet gegen sie auszogen, so wurden sie zu offenbarem Kriege gereizt. Sie schlugen die nicht an den Krieg gewöhnte Menge zurück und verbanden sich mit Fridigern, der sich schon in der Nåhe befand. Mit vereinten Kräften suchten sie nun die eingeschlossene Stadt zu erstürmen. Da sie aber nicht verstanden die Städte zu belagern und durch die Schleudermaschinen der Belagerten großen Verlust erlitten; so ließ Fridigern eine hinreichende Mannschaft zur Einschließung zurück, und zog mit den Worten: daß er mit den Mauern keinen Krieg führe ), ab, um die reichen und von allen Besaßungen entblößten Städte und Gegenden des Landes zu verheeren und zu plündern. Die Arbeiter in den Bergwerken, welche der grausamen Behandlung ihrer Herrn entliefen, und bei den Gothen gute Aufnahme fanden, führten dieselben durch geheime Fußwege zu den vers

8) Ammian. Marcell. 1. c. c. 6. Pacem sibi esse cum parietibus

memorans.

borgensten Pläßen, welche die Einwohner ausgesucht hatten, um sich, ihre Kostbarkeiten, Lebensmittel und Habseligkeiten in Sicherheit zu bringen. Unter dem Beistand solcher Führer konnte den Gothen nichts entgehen, und das unglückliche Land und seine Bewohner wurden gleich schrecklich durch Plünderung, Mord und Zerstörung heimgesucht 9).

Valens, der sich gerade in jener Zeit in Antiochia aufhielt, beschloß diesen Aufstand der Gothen mit Gewalt der Waffen zu bekämpfen. Er zog die Legionen, welche gegen die Perser in Armenien aufgestellt waren, von dem Euphrat weg, und schickte sie unter den Feldherrn Trajanus und Profuturus voraus nach Thracien: er selbst machte sich auf den Weg nach Constantinopel, um die Leitung des Krieges in eigner Person zu übernehmen. Zugleich ließ er seinen Neffen Gratian, den Kais ser des Westens, um Hülfstruppen ersuchen, die ihm dieser auch unter der Anführung des Comes domesticorum Richomer zuschickte: jedoch waren die meisten von diesen, ehe sie nach Thracien kamen, ausgerissen. Die drei genannten Generale faßten nun den Entschluß den Feind aufzusuchen und ihm in offener Feldschlacht zu begegnen. Bei der Stadt Salices, in der Nähe von einer der sechs Mündungen der Donau, fanden sie die Gothen gelagert, rings umgeben von ihrer ungeheuren Wagenburg, hinter der sie sorglos die Fülle ihrer Beute aufgehäuft hatten, und im Ueberflusse aller Arten von Lebensmitteln schwelgten. Der Wachsamkeit Fridigerns entging nicht die Absicht seiner Feinde, die sich täglich verstärkten. Er bemerkte, daß sie ihn beobachten wollten, bis er, durch Mangel an Lebensmitteln genöthigt, sein befestigtes Lager abbreche, und daß sie dann im Sinne hatten, seine Nachhut anzugreifen, um ihm so eine Niederlage beizubringen. Nachdem sich der gothische Führer einige Zeit unangegriffen hinter seiner Wagenburg ruhig gehalten, rief er seine einzelnen Heeresabtheilungen, die in der Umgegend des Fouragirens wegen herumschwärmten, ins Lager zusammen, und

9) Ammian. Marcell. 1. c. am Ende des 6ten c.

machte Zurüstungen zu einer Schlacht auf den folgenden Lag. Die Römer, die dieses bemerkten, suchten sie nicht zu vermeiden, obwohl sie an Zahl viel schwächer waren. Der Morgen rief auf beiden Seiten die Krieger in die Schlachtreihen: der Gothe steigerte seinen Muth und troßigen Sinn durch Kriegslieder, zum Ruhm seiner Vorfahren und Helden, untermischt mit gellendem übermüthigen Geschrei und dumpftönendem Hörnerschall: unterdeß der Römer in harmonischen Lönen den Kriegsgesang anstimmte. Auf beiden Seiten ward mit gleicher Anstrengung, Lapferkeit und Geschicklichkeit gestritten. Fridigern suchte die Anhöhen zu gewinnen: die armenischen Legionen, gehoben von ihrem Waffenruhm in den persischen Kriegen, fochten mit Heldenmuth gegen das unwiderstehliche Ungestüm der feindlichen Menge: hier waren die Gothen, dort die Römer Sieger, so daß es schien, als die einbrechende Nacht dem mörderischen Kampfe ein Ende machte, daß die Entscheidung des Sieges in einer neuen Schlacht noch erfochten werden müsse. Zwar hatten die Gothen mehr Todte als ihre Feinde, allein diese fühlten den geringern Verlust der Ihrigen doch empfinds licher. Obwohl die Römer ihre Niederlage nicht eingestehen, so geht doch aus allem hervor, daß sie besiegt wurden. Denn sle verließen das Schlachtfeld, die Gothen behaupteten es, und blieben sieben Lage hinter ihrer Wagenburg, erwartend ob die Feinde den Kampf erneuern wollten. Dieses Zurückziehen hinter die Wagenburg sieht Ammian mit Unrecht als Schrecken an, weil sie einen so heftigen Widerstand der Römer gefunden hätten. So viel Zeit und Umstände es erlaubten, wurde ein Theil der Gebliebenen mit den bei den Gothen üblichen Gebräuchen zu Erde bestattet, doch der größte Theil der Todten blieb unbegraben liegen, wo ihr Fleisch von den in jenen Zeiten an den Fraß von Menschenleichnamen gewöhnten Vögeln verzehrt ward, und die meisten Gebeine, welche die Felder bedeckten, noch mehrere Jahre nachher ein Denkmal der Schlacht bei Salices lieferten 1o).

10) Ammian. Marcellin. L. XXXI. c. 7. beschreibt diese Schlacht ausführlich, und seine Bemerkung: corpora diræ volucres consumserunt

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