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Gefechten wurden die Gothen zum Rückzug genöthigt. Dieser war jedoch nicht sowohl durch die Waffen der Römer veranlaßt worden, als vielmehr durch ihre Bundesgenossen, die Chersoniten, auf der heutigen Halbinsel Krimm. Diese hatten nämlich eine bedeutende Seemacht zusammengebracht, und griffen die Gothen auf einer Seite an, wo sie keinen Krieg vermutheten. Fast von jeder Seite mit Feinden umgeben, zogen sie sich in die Gebirge zurück, wo gegen hunderttausend durch Kälte und Hunger ihr Leben verloren haben sollen. Erst dadurch erschöpft, verstanden sie sich dazu mit Constantin einen Frieden zu schließen. Der König Ararich mußte seinen ältesten Sohn als Geißel geben, und der Kaiser suchte durch Freigebigkeit gegen die ersten Führer die Gothen zu gewinnen. Die Sarmaten und die Vandalen, vom Kaiser gerettet, vergaßen bald was sie ihm schuldig waren; sie fielen entweder gedrångt, oder aus Raublust verheerend ins römische Gebiet 30) (334). Nicht ungern sah es daher Constantin, daß Geberich, Ararichs Nachfolger, dieselben in einer entscheidenden Schlacht schlug. 31)

Zweites Capitel.

Hermanrichs großes Gothenreich und Athanarich Richter der herwinger.

Durch Constantin waren die Waffen der Römer bei den Gothen wieder in Achtung gesetzt worden. Die Schwierigkeit,

30) Nach dem Anonym. Valesian. heißt es freilich: Sed servi Sarmatarum adversum omnes dominos rebellarunt: quos pulsos Constantinus libenter accepit, et amplius CCC millia hominum mistæ ætatis et sexus per Thraciam, Macedoniam Italiamque divisit.

31) Die Quellen über Constantins Kriege mit den Gothen sind trübe und abgerissen, wie auch nicht wenig entstellt durch Panegyriker und selbst sonst unpartheiische Männer, denen Constantin als der erste christliche Kaiser alles war: so sagt Eusebius (in vita Constant. L. IV, c. 6. et L. I. c. 8.) Constantin hätte ganz Scythia erobert. Das im Text Ge fagte ist nach Zosim. L. II. Julian. Orat. I, c. 26. Eutrop. X, 4. Sext. Ruf. de provinc. c. 26. Jornand. c. 22. Sext. Aurel. Vict. de Cæsar. c. 41. Anonym. Vales. ad calc. Ammian. Marcell. ed. Bip. Idat. ad ann. 332. Isidor. Chronic. p. 709. ed. Grot. Hieronym. in Chronic.

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bei der Menge von Castellen und Festungen im römischen Gebiete Eroberungen zu machen, hielt sie vielleicht mehr ab, innerhalb 30 Jahre feindlich an der Grenze zu erscheinen, als der Vertrag, den sie mit Constantin geschlossen hatten, und den sie auch beobachteten, so lange die Familie dieses Kaisers auf dem Thron saß (bis ins Jahr 363). Allein in unthätiger und unkriegerischer Ruhe verblieben deßwegen die Gothen doch nicht. Ihnen war Krieg führen Bedürfniß, um so mehr, da ein Kriegsheld wie Hermanrich an ihrer Spiße stand. Zu feiner Zeit, die unter Theodorich dem Großen etwa ausgenommen, scheint die Gothenherrschaft den Glanz und die Ausdehnung erreicht zu haben, wie grade in diesem Zeitraume. Daher ist es nicht wenig zu beklagen, daß wir nur so spårliche und kurze Nachrichten über diese glänzende Seite der gothischen Geschichte besigen. Wenn wir nicht aus Jornandes oder vielmehr Cassiodor, der gewiß Sagen und Lieder benußte, eine Schilderung, wenn auch eine unvollkommene, von der damaligen Gothenherrschaft hätten, so wüßten wir davon wenig oder nichts. Denn den römischen Schriftstellern, die nur die deutschen Völker in so weit kennen, als sie kriegführend mit den Römern in Berührung kommen, ist diese Zeit der Zurückgezogenheit der Gothen vom Kriege mit ihnen ganz unbekannt, und wir wenden uns vergeblich an sie, über das große Reich in Norden der Donau und des schwarzen Meeres Aufschluß zu erhalten. Wir wollen nun hier versuchen, geleitet durch des Jornandes Nachrichten, 32) diese Heldenzeit des gothischen Volkes nåher anzugeben, freilich nach manchen Muthmaßungen und Wahrscheinlichkeiten, wozu uns nicht zu verwerfende Andeutungen und Angaben, wie auch innere Gründe des Volkslebens bestimmten.

Seitdem das Gothenvolk sich von den Ufern der Weichsel in die fruchtbaren Länder nördlich vom schwarzen Meere gezogen hatte, und oft die römischen Provinzen durch schreckliche Einfålle verheerte, mögen wohl einzelne Männer, welche die Kriegs,

32) De reb. Getic. c. 23 et 24.

züge leiteten, und welche von Jornandes als Könige angeführt werden, die Herrschaft über den größten Theil des Volkes gehabt haben. Allein es ist sehr wahrscheinlich, daß die ein zelnen Stämme ihre besonderen Führer hatten, die dem jedes, mal mächtigsten Führer als Verbündete folgten. Ohne anzus nehmen, daß Gothen, und ihre verwandten Stammvölker, Gepiden, Victofalen, Laifalen, Scirren, Boranen, Carpen, Peus ciner einen förmlichen Bund unter sich errichteten, liegt es schon in der Natur der Sache, daß Völkerståmme von gleicher Sprache, denselben Sitten und Gewohnheitsrechten durch enge Bande von selbst zusammengeschlossen bleiben. Jeder Stamm war selbst, ständig und hatte sein erbliches Oberhaupt, dessen Familie die erste des Stammes war: sobald ein großes Unternehmen aus, geführt werden sollte, hatte der Führer, welcher allgemein das größte Ansehen vermöge seiner Tapferkeit und Einsicht im Kriege genoß, den Vorzug; die andern Häupter der Stämme, die Theil an dem Zuge nahmen, übertrugen ihm die Leitung des Ganzen, und erkannten ihn gleichsam als Oberherrn, welches Verhältniß in Friedenszeiten gewiß wieder aufhörte. In solchen losen Verhältnissen konnte sich die Trennung und Selbstständig, keit der einzelnen Stämme erhalten, ohne daß doch das gemeinsame Band, welches alle Gothen als ein Volk zusammenhielt, verloren ging. Jedoch hatten einzelne Stämme zu einander eine engere Verbindung, theils wegen der Lage der Wohnsize, theils auch wegen der Freundschaft und Verwandtschaft ihrer Führer unter einander.

Demnach theilte sich die ganze gothische Nation in zwei große Volksstämme in die Ostgothen und Westgothen. 33) Ob diese Namen in der damaligen Zeit von den Gothen selbst gebraucht worden seyen, hat man bezweifeln wollen und behauptet, daß sie von den Römern erfunden worden; jedoch ohne hinreichende Gründe. Wäre das Zeugniß des Jornandes

33) Jornandes c. 14 et 17. An der ersten Stelle ist er unentschieden, ob der Name Oftgothen a nomine regis Ostrogothæ, an a loco orientali herzuleiten sey; die übrigen, sagt er, hießen Westgothen.

gewichtig, der sie schon nach diesen Namen an den Ufern der Weichsel und dann bei ihrer Ankunft ans schwarze Meer so unterscheidet, so wäre es überflüssig, nåhere Beweise dafür vors zubringen. Allein da dieser Geschichtschreiber leicht die Ansicht und die Namen, die man in seiner Zeit von dem gothischen Volke hatte, in die frühere Geschichte desselben übertragen konnte, so ist es nothwendig anderwärts Beweise herzuholen. Schon zur Zeit des römischen Kaisers Claudius war der Name Ofigothen (Austrogothi) den Römern bekannt: dies ersieht man aus Trebellius Pollio: 34) nun ist es höchst unnatürlich, daß die Römer, die wenig oder gar keine Kenntniß von der deutschen Sprache hatten, einem Volke einen Namen mit deutscher Wurzel nach seiner geographischen Lage gegeben haben sollten. Daß aber solche geographische Benennungen unter den deutschen Völkern sehr gewöhnlich waren, ersieht man aus den Namen West- und Ostphalen, und bei den Sachsen in England, Suffer, Wesser, Esser, Ostangeln. Zosimus und Ammian Marcellin kennen diese Namen und Abtheilung des gothischen Volkes nicht: dafür kommen bei ihnen, besonders bei dem leßtern häufig die Namen Gruthunger oder Greuthunger und Therwinger 35) vor, welche Namen dem gothischen Geschichtschreiber gänzlich fremd sind. Wenn auch nicht die Gruthunger 36) alle Ostgothen bezeichneten, so ist doch höchst wahrscheinlich, daß es der vorzüglichste Stamm

34) In Claudio c. 6. Doch ist die Lesart zweifelhaft: vielleicht hat auch eine spätere Hand den Namen hineingeseßt.

35) Man giebt gewöhnlich Thervingi als gleichbedeutend mit Thoringi oder Thuringi an, und glaubt, daß sich später ein Theil dieses gothischen Volksstammes in der Mitte von Deutschland niedergelassen und dem Lande Thüringen den Namen gegeben habe. Dieses alles aus der Namensähnlichkeit zu folgern, ist zu gewagt, da uns andere historische Beweise fehlen.

36) Taß die Greuthunger zu den Westgothen gerechnet werden müßten, wie der geistreiche und gelehrte Luden im zweiten Bande der Gesch. des teutschen Volkes (p. 543-545 in der langen Note 18 zum 5ten Buche, 28 Cap.) hat beweisen wollen, ist gewiß eine unrichtige Ansicht. Die dort angeführten neun Gründe für die neue Behauptung lassen sich widerlegen, und sind zum Theil von ihrem Aufsteller selbst widerlegt. Der nåbere Verlauf der Geschichte, der den Quellen getreu gegeben ist, wird am besten darthun, daß die Gruthunger Ostgothen waren: es bedarf dahier keiner weitern Auseinanderseßung.

unter denselben war, so wie die Cherwinger der erste unter den Westgothen: da die Führer aus diesen beiden Stämmen über die andern eine große und bleibende Auctorität ausübten, erhielten sie eine solche Macht, daß das Ansehn der andern Führer fast ganz verschwand. Größe des Volksstammes, vor. zügliche Lapferkeit, und eine Reihe ausgezeichneter Helden, in ihrer Sprache Amaler, Makellose, 37) genannt, die daher auch als Ansen oder Halbgötter geehrt wurden, erhoben das Volk der Gruthunger über alle anderen Stammgenossen und sie vers breiteten einen solchen Glanz um ihren Führer, daß sich seiner Herrschaft sämmtliche gethische Völker entweder freiwillig oder durch Uebermacht geschreckt unterwarfen. Dieser mächtige Abkömmling des Heldengeschlechts der Amaler war der tapfere und kriegerische Hermanrich, 38) dessen Namen den Römern nicht unbekannt ist, obwohl sie nie mit ihm in Krieg kamen. Als er auch die Westgothen, und ihre Führer, die nun den Namen Richter erhielten, unter seiner Herrschaft vereinigt hatte, war der mächtige König allen benachbarten germanischen und farmatischen Völkerschaften furchtbar und verderblich. Mit den Römern im Frieden lebend, nach dem Vertrag der mit Constantin früher abgeschlossen worden, wendete er seine Waffen gegen Norden, Osten und Westen: er führte sein Volk von Sieg zu Sieg: zwölf Völker, 39) deren Namen wir weder früher noch später in der Geschichte hören, unterlagen dem Eroberer. Außer diesen unterjochte er die am Don wohnenden Alanen und die Rorolanen, das mächtige und gewandte Volk der Heruler am måotischen See, und im Nordwesten die We

37) Amaler wird auch erklärt, daß es Himmlische bedeute: Barth, in der deutschen Urgeschichte, giebt die Erklärung Makellose, nach dem Sanserit, worin das Wort diese Bedeutung hat.

38) Ammian. Marcellin. L. XXXI, 3. spricht bei dem Einfall der Hunnen, vom weiten Länderbezirke Ermenerichi, bellicosissimi regis, et per multa variaque fortiter facta, vicinis nationibus formidati.

39) Bei Jornandes c. 23. sind die Namen angegeben, aber offenbar von den Abschreibern so verstümmelt und verdorben, daß man wahrscheinlich von den wenigsten eine Spur hat, wie sie eigentlich geheißen haben.

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