Зображення сторінки
PDF
ePub

neuen Auftritte in ihrer Ausdehnung von mehr als hundert Verszeilen den zum Schlusse drängenden Fluß der Haupthandlung ungebürlich aufhalten. Besonderen Dank schulden wir West endlich noch dafür, daß Don Cesar sich nicht mehr einer Lorgnette bedient und das Tabakschnupfen aufgegeben hat zwei Gewohnheiten, durch die ihn Gozzi

-

der damaligen Gegenwart näher brachte.

Eine neue Ausgabe der West'schen Donna Diana hat, wie die Vorrede sagt, im Versbau und Ausdruck nachgeholfen." Diese Nachhülfe besteht wesentlich darin, daß sämtliche Verszeilen durch Einfügung meist recht übler Flickwörter auf die Gleichmäßigkeit der fünffüßigen Jamben gebracht wurden. Das Ohr des neuen Ballhorn war leider nicht fein genug, um herauszuhören, wie gerade durch den öfteren Wechsel der längeren und kürzeren Verszeilen die Rede an Wohllaut unendlich gewinnt.

Das ist Donna Diana's Lebenslauf durch zwei volle Jahrhunderte1). Ein vergleichender Rückblick auf die beiden spanischen Lustspiele und ihr ganz verschiedenes Endziel ergiebt, daß beide durch Moreto den für alle Folgezeit maßgebenden Grundriß erhalten haben.,,El mayor imposible" erscheint aber am feinsten und edelsten in Lope's ursprünglicher Fassung; das Gewand der Verse, die leichte Anmut der Rede sind kein überflüssiger Schmuck. Moreto hat zwar die Form beibehalten, doch beginnt schon durch ihn das Herabziehen der Handlung; auf diesem Wege folgen ihm, auch die Form fortwerfend, zwölf Bearbeiter und Überseßer. England stieg gleich bis zur tiefsten Stufe abwärts, das Stück wurde zur derbsten Posse verzerrt, und davon blieb dann für immer etwas an ihm haften. In Deutschland beseitigte Schröder die schlimmsten englischen Auswüchse; das verzerrte Gesamtbild ließ sich nicht so leicht zurechtrücken. Frankreich brachte nur den

1) Zur Aufführung des Lustspiels sind sechs Musikstücke erforderlich: 1) Marsch (II, 5); 2) Präludium (II, 10); Musik hinter der Scene (II, 11); 4) ein kurzes Musikstück (II, 11). 5) Gesang zur Guitarre) III, 3); 6) Gesang (III, 3). Ein musikalischer Freund teilt mir mit, daß zur ersten Aufführung des Stückes in Dresden (2. Oktober 1817) Karl Maria v. Weber die Musikstücke 1 bis 4 komponiert habe, und zwar: 1) Marsch für Trompeten u. Pauken; 2) Solo für zwei Guitarren; 3) Menuett für Viola, Flöte, Guitarre; 4) Romanze für Guitarre und Harfe. Adalbert Gyroweß wird als Componist der beiden anderen bezeichnet; 5) eine Tenorstimme mit Guitarre; 6) eine Tenorstimme mit Begleitung von Guitarre, Flöte, zwei Clarinetten, zwei Fagotten, zwei Trompeten und Pauken.

Grundgedanken in wirksamer Bühnenfassung, die Menschen folgten lediglich der herkömmlichen Vorschrift: Da war der gutmütige Onkel, die widerspenstige Nichte, der unternehmende Liebhaber nebst dem durchtriebenen Bedienten, die verschmigte Zofe, als Zugabe noch ein bärbeißiger Invalide, ein stottternder tauber Thürsteher. Bei Donna Diana lagen die Spielarten vor Moreto: er wählte, ordnete, änderte — mit glücklichem Griff, Gozzi und West lieferten dann noch feinere Ausarbeitung. So hatte das Stück stets neuen Gewinn zu verzeichnen: die Menschen wurden gehoben, bei schärferer Zeichnung; Perin vor allen stieg vom possenhaften Grazioso zum weltklugen Vertrauten der Prinzessin empor. Donna Diana" in ihrer Art steht einzig da, sie hat nicht ihres Gleichen bei uns und bleibt unvergänglich. „El mayor imposible" in seiner wechselnden Bearbeitung fand zwar überall Anklang, allein das Stück ist längst verschollen und vergessen. Ludwig Tieck meinte, es wäre wohl noch ein Versuch mit Moreto selbst zu machen1), um ein neues Lustspiel zu gewinnen er so wenig als Eduard von Bülow2) scheinen Lope's ursprüngliches Lustspiel gekannt zu haben. Wenn aber auch dieser Versuch eine Feder gefunden hätte wie die West's, so würde doch El mayor imposible schwerlich mehr erzielt haben als vorübergehenden Erfolg; jedenfalls zeigte West selber keine Neigung, die neue Bearbeitung zu wagen3).

So entgegengesettes Schicksal konnte nicht der Zufall herbeiführen; sein Grund liegt darin, daß die beiden Stücke, nach Gedanken und Ausführung, einander entgegengesezt sind. El mayor imposible bietet nichts an innerlichen wechselnden Vorgängen: das Ziel ist ein rein äußerliches, es wird erreicht durch äußerliche Mittel, durch Verkleidungen, die sich mehrfach wiederholen. Donna Diana dagegen zeigt uns fesselndste innerliche Vorgänge: die Wandlung der Heldin, die Selbstbeherrschung des Helden und dazwischen bewegt sich der doppelte Vertraute, welcher dort das Feuer schürt, während er hier Eiseskälte predigt. Das sind Verhältnisse, die sich nicht überleben können, weil sie immer ihren Reiz behalten. Daher das Endergebnis: hier die Dauer, dort der Verfall.

1) Schröder's dram. Werke v. Bülow. Einl. S. LVI.

2) A. a. O. Vorrede S. LXVIII.

3) Vorrede zu „Donna Diana“.

XII.

Shakspere und Garrick.

[Nicolaus Delius, der Mythus von William Shakspere. Bonn, H. B. König, 1851. Memoirs of Charles Macklin, by William Cooke, London, 1806. Memoirs of the Life of David Garrick. By Thomas Davies1). London, 1780. 2 vols. Dramatic Miscellanies, by Thomas Davies. London, 1784. 3 vols. The Dramatic Works of David Garrick. London, 1798. 3 vols. The Private Correspondence of David Garrick. London, 1831. 2 vols. 4o.]

[ocr errors]

Shakspere und Garrick zeigen in ihrer Lebensbahn eine seltene Ähnlichkeit: beide waren Dichter, beide Schauspieler, beide Schauspielunternehmer, wenn auch das Gewicht ihrer Leistungen auf den verschiedenen Gebieten verschieden ist, und beide sicherten ihrem Namen dauerndes Gedächtnis bei der Nachwelt. Getrennt durch einen Zeitraum von hundert Jahren, sind sie verbunden durch den Umstand, daß Garrick den eignen Ruhm befestigte, als er den Ruhm Shaksperes erneuerte. Shaksperes Lebenslauf wird durch eine Fülle unverbürgter Erzählungen verschönert oder verunstaltet, aber gar gering ist die Ausbeute, wenn wir nichts als sichere Wahrheit zu hören verlangen. Shaksperes Vater war ein Grundbesizer zu Stratford am Avon; der Geburtstag seines Sohnes William blieb unermittelt lieferung verlegt ihn auf den 23. April 1564: sein Tauftag ist der 26. April; er verheiratete sich im 19. Jahre mit Anna Hathaway, welche 8 Jahre älter war. Nicht lange darauf ging er allein nach London und trat hier in Thätigkeit zuerst als Schauspieler und Dichter, sodann auch als Schauspielunternehmer, in dieser Eigenschaft schon vor Vollendung des 24. Lebensjahres. Von seinen Rollen sind uns zwei bekannt: der Geist im Hamlet und Adam, der Diener Oliver in Wie es Euch gefällt“. Als Schauspielunternehmer leitete er mit fünfzehn

nur die Über

1) Thomas Davies war ein Schauspieler der Garrickschen Gesellschaft. Zu seinen Rollen gehörte: Gloster im „Lear". der König in „Ende gut, Alles gut.“ Er schrieb Lustspiele, starb als Buchhändler 1785,

gleichgestellten Teilhabern des Blackfriars-Theater, also benannt, weil es in den Gebäuden eines aufgehobenen Klosters der Dominikaner oder schwarzen Brüder" errichtet war. Den gedeihlichen Erfolg des Unternehmens beweist es, daß die Gesellschaft neben diesem Wintertheater noch ein Sommertheater am jenseitigen Themse-Ufer erbaute, welches der Globus hieß - von einem Hercules mit der Weltkugel belastet, der ihm als Abzeichen diente. Shakspere besuchte indes alljährlich seine Heimat, seine Familie; er kaufte das stattlichste Haus, welches Stratford aufzuweisen hatte, und erwarb zu diesem weitere Ländereien. Nach Überschreitung des 40. Lebensjahres zog er sich ganz dahin zurück, ohne dem Dichterberuf untreu zu werden. Sein Jahreseinkommen betrug 400 Pfd. Sterling, nach heutigem Geldwert etwa 2400 Pfd. In Stratford starb er 52 Jahre alt am 23. April 1616. Von drei Kindern überlebten ihn zwei verheiratete Töchter, aber schon im Jahre 1670 erlosch mit einer Enkelin seine unmittelbare Nachkommenschaft. Diese flüchtigen Züge geben Alles, was urkundlich ist, über Shakspere's äußeres Leben; die umfassendere Kunde über sein inneres Leben bieten uns seine Werke, und so wissen wir denn: er war der größte Schauspieldichter aller Völker und Zeiten.

Genau hundert Jahre nach dem Tode Shakspere's, am 20. Februar 1716, wurde David Garrick zu Hereford geboren. Sein Großvater, ein französischer Protestant, hatte in England Schuß gesucht, nachdem ihn die Aufhebung des Edicts von Nantes aus der Heimat vertrieben; sein Vater war Kapitän in der Armee. Den lebhaften Knaben fesselten die Bücher nicht allzusehr, aber schon im Alter von elf Jahren veranstaltete er eine Theatervorstellung. Wenn dabei seine Laune, seine natürliche Lebhaftigkeit Beifall erhielten, so beweist das nur wenig, weil Leistungen dieser Art immer dankbare Zuschauer finden. Bald nachher folgte er der Einladung seines Oheims, der zu Lissabon ein großes Weingeschäft betrieb, kehrte aber schon im nächsten Jahre nach England zurück, um die unterbrochenen Studien wieder aufzunehmen. Hier wurde später Samuel Johnson sein Lehrer, Freund und Gefährte; die Beiden beschlossen, ihr Heil in London zu versuchen. Garrick erbte von dem Oheim 1000 Pfd. Sterling, seine beiden Eltern starben kurz nach einander er war jezt völlig sein eigner Herr. Ein Weingeschäft, in Gemeinschaft mit seinem Bruder unternommen, hatte nur kurzen Bestand ihn trieb es unaufhaltsam der Bühne zu. Nach ernster Vorbereitung betrat er dieselbe in Ipswich, 25 Jahre alt, unter dem

[ocr errors]

Namen Lyddal; die Rolle eines Mohren 1) unterstüßte das Geheimnis, für den Fall des Mißlingens allein diese Vorsicht wurde überflüssig beim lautesten Beifall der Zuschauer. Das erste Auftreten in London erfolgte wenige Monate später am 19. Oktober 1741; er spielte Richard III. vor schwachbeseztem Hause zu Goodman's Fields. Seine leichte Natürlichkeit machte anfangs die Zuschauer stußig, bald wurde ihre Verwunderung zur Bewunderung: siebenmal mußte die Vorstellung wiederholt werden, dann erst folgten andere Rollen – und die Häuser zu Drurylane, zu Coventgarden standen leer, weil Alles angezogen ward vom Glanze des neuen Sternes. Das Drurylane-Theater gewann ihn nun mit 500 Pfd. Jahreseinkommen, damals ein unerhörtes Gehalt; Abgeordnete aus Irland luden ihn ein, während der Sommermonate in Dublin zu spielen, und das heißblütige irische Entzücken ergriff dort die gesamte Bevölkerung: Der Grundstein zum Ruhme des jungen Künstlers war gelegt. -Im 31. Lebensjahre erwarb Garrick, zusammen mit James Lacy, die Konzession des Drurylane-Theaters, er bezahlte für seinen Anteil 800 Pfd. Lacy, ein tüchtiger Geschäftsmann, übernahm die wirtschaftliche, Garrick die künstlerische Leitung unter der Losung: „Ordnung und Anstand.” Zwei Jahre später verheiratete er sich mit Eva Maria Weigel, 8 Jahre jünger als er, sie war eine Deutsche, geboren zu Wien, und als Tänzerin berühmt unter dem Namen Violette 2); bis an seinen Tod hat er sich niemals auch nur vierundzwanzig Stunden von ihr getrennt. Diese Ehe blieb kinderlos, aber Garrick tröstete sich mit dem Gedanken, daß er den Kummer über kindlichen Ungehorsam nicht ertragen hätte. Die da maligen Bühnenzustände waren keine andern als die heutigen: Rollenneid der Schauspieler Ungunst der Schriftsteller, wenn ihre Stücke nicht aufgeführt wurden und als dritter Umstand: wetterwendische, leicht zu mißleitende Zuschauer. Sechzehn Jahre verliefen unter solchen Verhältnissen, da brachte der Winter 1763 eine ungünstige Spielzeit für Drurylane: die unbeständige Laune des großen Haufens folgte der

1) Er spielte den Sclaven Aboan im Trauerspiel „Oroonoko“ von Thomas Southerne (zuerst aufgeführt 1696). Die Rolle ist nicht umfangreich, aber wirkungsvoll. In Deutschland findet sich das Stück unter Ackermann's Aufführungen zum Jahre 1756 vermerkt, mit dem Titel: „Oroonoko der Wilde". Dalberg brachte in Mannheim seine eigene Übersetzung auf die Bühne zum ersten Mal 6. April 1786, sie erschien gedruckt 1789.

2) Nicht Violetti", wie der Name meistens geschrieben wird.

"

« НазадПродовжити »