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Hugo Grotius, de jure belli et pacis. Lib. II, Cap. XIV. §. 14: „Contractibus vero eorum, qui sine jure imperium invaserunt, non tenebuntur populi aut veri reges; nam hi jus obligandi populum non habuerunt. De in rem verso tamen tenebuntur, i. e. quatenus locupletiores facti sunt"; und in gleicher Weise haben alle Schriftsteller des Völkerrechts, bis auf die jüngste Zeit herab, anerkannt, dass nach Vertreibung des Feindes das von diesem nach den Grundsätzen der occupatio bellica erworbene Eigenthum erlösche und dass das Eigenthum des vertriebenen Besitzers, also z. B. auch das des vertriebenen Regenten an den Domainen, nach dem Grundsatz des römischen Rechts, expulsis hostibus ex agris, quos ceperint, dominia eorum ad priores dominos redire - wie man sagt jure postliminii wieder auflebe, ohne dass der Eigenthümer an die Veräusserungen oder sonstigen Dispositionen des Zwischenbesitzers gebunden wäre, wenn er nicht selbst freiwillig auf sein Recht verzichtet oder dasselbe durch eine vollständige Unterwerfung verloren hatte. Hugo Grotius, de J. B. et P. Lib. III. Cap. VI. §. 4. Cap. IX. §. 13. Vattel, Droit des gens. Livre III. Chap. XIII., welcher S. 197 sagt: „Les Immeubles, les Terres, les Villes, les Provinces, passent sous la puissance de l'Ennemi qui s'en empare; mais l'acquisition ne se consomme, la propriété ne devient stable et parfaite, que par le Traité de Paix ou par l'entière soumission et l'extinction de l'État, auquel ces Villes et Provinces appartenoient. S. 198. Un tiers ne peut donc acquérir avec sûreté une Place, ou une Province conquise, jusqu'à ce que le Souverain, qui l'a perdue y ait renoncé par le Traité de Paix, ou que soumis sans retour, il ait perdu sa Souveraineté.“ Klüber, Droit des gens. §. 256 f. Martens, Précis du Droit des gens. Liv. VIII. chap. 14. §. 182. - Heffter, Europäisches Völkerrecht. §. 131. §. 185. Auch der neueste Schriftsteller über Völkerrecht: Wheaton, Éléments. Tom. II. pag. 58 - äussert sich in übereinstimmender Weise dahin: Le propriétaire originaire de cette espèce de propriété (immeuble) a droit à ce qu'on appelle le bénéfice de postliminii, et le titre acquis pendant la guerre doit être confirmé par un traité de paix avant d'être considéré comme complètement valide. Jusqu'à cette con

firmation ce titre reste susceptible d'être enlevé par le jus postliminii. Celui qui achète une portion du domaine national la prend au risque d'être évincé par le souverain originaire propriétaire, quand il rentre en possession de ses domaines." Dieselben Sätze sind es denn auch, mit welchen Hannover, Kurhessen und Braunschweig in ihren Deductionen die Unverbindlichkeit der Acte der westphälischen Zwischenherrschaft für den legitimen Regenten oder Landesherrn zu begründen versucht haben.

Allein die Frage, ob auf den Bestand des Königreichs Westphalen und die Gültigkeit der Acte dieser Zwischenregierung wirklich der Gesichtspunkt einer feindlichen Occupation und provisorischen feindlichen Verwaltung passe, den man, wie auch die gelegentlich benutzten Beispiele von Ankauf Dünkirchens durch Ludwig XIV. u. s. w. zeigen, allein im Auge hatte, blieb dabei unerwogen, oder wurde auf eine mit den Thatsachen im Widerspruch stehende Weise beantwortet. Sonst würde man andere, von den angezogenen völkerrechtlichen Autoritäten schon längst ebenso bestimmt hingestellte und anerkannte Sätze von dem Eintritt einer einerlei, ob legitimen oder nicht legitimen - Regierung in die Verbindlichkeiten einer frühern, wie sie schon H. Grotius Lib. II. Cap. IX. §. 8 f. 1) aufgestellt, nicht unberücksichtigt gelassen haben.

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Am besten hat unter den Neuern Heffter im Europäischen Völkerrecht der Gegenwart §. 185 den Unterschied zwischen der feindlichen Occupation, der provisorischen feindlichen Verwaltung und der eigentlichen Usurpation oder Zwischenherrschaft, welche mit der definitiven Uebernahme der Staatsgewalt und förmlichen Organisation der Regierungen verbunden ist, von einander geschieden.

Auch Wheaton fügt der vorhin hervorgehobenen Regel, 1. c. p. 59, in der Note, sogleich die erhebliche Einschränkung bei: „Quand le cas de conquête est compliqué de celui de révolution civile et de changement de gouvernement intérieur reconnu par la nation elle-même et par les puissances étrangères,

1) Vergl. auch den Aufsatz über die Verbindlichkeiten der in ihre Länder zurückgekehrten Fürsten u. s. w. in Luden's Nemesis. Bd X. St. 2. S. 129.

il faut recourir à une modification de la règle dans son application pratique, indem er auf die früher (Tom. I. pag. 38 ff.) vorgetragenen Sätze von den Staats veränderungen oder Umwälzungen in völkerrechtlicher Hinsicht verweist. Hier sagt er aber (pag. 41): De même quand les gouvernements étrangers ou leurs sujets traitent avec le chef actuel de l'État ou avec le gouvernement de facto, reconnu par l'assentiment de la nation

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les actes d'un tel gouvernement doivent être considérés comme valides par le souverain légitime, lors de sa restauration, quoiqu'ils soient les actes de celui que ce souverain regarde comme usurpateur.“" Im Verhältniss zu den eigenen Unterthanen soll freilich nach Wheaton der legitime Souverain die Acte der Zwischenregierung revociren können, allein doch nur insofern, als hier seine gesetzgebende Gewalt durch keine anderen Rücksichten, als die der allgemeinen Gerechtigkeit und Billigkeit, beschränkt sein kann.

Gewiss wäre der deutsche Bundestag in grosse Verlegenheit gekommen, wenn ein Antrag gemacht worden wäre, die Frage, ob Jérome ein Usurpator gewesen sei, zur Entscheidung zu bringen. Denn die Bejahung dieser Frage hätte die grossen Continentalmächte und die Mehrzahl der deutschen Regierungen, welche ihn als König von Westphalen anerkannt, und mit ihm und seinem Protector nicht blos staatliche, sondern auch Familienbande geknüpft hatten, in einen doch gar zu grellen Widerspruch mit ihren eigenen Handlungen verwickelt. Dies scheute auch wohl der Fürst Metternich, als er zur gütlichen Erledigung der westphälischen Angelegenheit ermahnte, und ebensosehr, wenn nicht noch mehr, die dabei nothwendige practische Erörterung des Legitimitätsprincips, welches selbst die heilige Allianz trotz aller darauf gestützten Restaurationen nicht weiter befolgt hatte, als es den grossen politischen Interessen convenabel zu sein schien.

Im völkerrechtlichen Sinne war die westphälische Regierung kaum noch eine usurpatorische zu nennen; denn nicht blos das Volk hatte sich ihr ohne Widerstand unterworfen, sondern sie war auch von allen Continentalmächten anerkannt. Ob diese Anerkennung eine freiwillige, oder ob sie durch die Noth und

die mangelnde Kraft zu fernerem Widerstand gegen den Sieger abgedrungen war, konnte hier so wenig wie bei andern völkerrechtlichen Verträgen einen Unterschied begründen. Auch die mangelnde Einwilligung der vertriebenen Beherrscher der Hannover'schen, Kurhessischen und Braunschweigischen Lande konnte die rechtliche Existenz des in den Staatenkreis vollkommen eingetretenen Königreichs Westphalen nicht afficiren, indem das Völkerrecht stets dem Mangel einer solchen Einwilligung nur so lange eine rechtliche Wirkung beigelegt hat, als sie möglicherweise noch mit factischen Folgen verbunden sein, d. h. vermöge des in irgend einer Weise fortdauernden Widerstandes eine Restitution oder Wiedergewinnung des verlorenen Bezitzes als möglich oder nur einigermaassen wahrscheinlich angesehen werden konnte. Niemand hat die völkerrechtliche Legitimität des Hauses Hannover auf dem englischen Throne bestritten, auch zu der Zeit, wo die Stuarts noch nicht erloschen waren, und ebensowenig fällt es Jemanden ein, die jetzige schwedische Königsfamilie als eine usurpatorische zu bezeichen, obgleich der Sohn des entthronten Königs Gustav IV. Adolph noch lebt. Wie aber die Lage Europa's nach der Besiegung Oesterreichs und Russlands (1805) und Preussens (1806) nach der Auflösung des deutschen Reichs, der Stiftung des Rheinbundes und in Folge der Stipulationen des Tilsiter Friedens war, konnte in der That von einer gegründeten Hoffnung auf Restitution der vertriebenen deutschen Fürsten, namentlich des Kurfürsten von Hessen und des Herzogs von Braunschweig, deren Länder dem Königreich Westphalen einverleibt waren, oder von einer Fortsetzung eines Kriegszustandes wider Napoleon von ihrer Seite vernünftiger Weise keine Rede sein. Was aber die Hannover'schen Lande betrifft, welche ohne ernstlichen Widerstand der allerdings eines rechtfertigenden Grundes entbehrenden, im Frieden mit dem deutschen Reich vollzogenen französischen Occupation Preis gegeben, dann einer provisorischen Verwaltung unterworfen, 1805 an Preussen abgetreten und endlich dem neu geschaffenen Königreich Westphalen einverleibt worden waren, so konnte man mit Grund auch nicht sagen, dass ihr Landesherr als solcher den Krieg gegen Napoleon fortgesetzt habe, obwohl dies von England, mit

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welchem Hannover durch Personalunion verbunden kanntermaassen geschehen ist. Wenigstens fehlt es an jeder darauf abzweckenden Erklärung und jeder derselben entsprechenden thatsächlichen Documentirung der Behauptung, dass auch der Kurfürst von Hannover den Krieg gegen Frankreich fortgeführt habe.

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Legt man diesen unzweifelhaften factischen Verhältnissen,' welche mit der Existenz des Königreichs Westphalen und seiner Regierung verbunden waren, die erforderliche Bedeutung bei, so wird man unmöglich, auch vom rein völkerrechtlichen Standpunkte aus, blos von einer während des Krieges stattgefundenen feindlichen Besetzung der Hannover'schen Lande und den mit einer solchen verbundenen Rechtswirkungen reden können. Hauptsächlich ist aber dabei zu erwägen, dass die ganze Frage von der Verbindlichkeit der Handlungen des Zwischenherrschers in ihren wichtigsten, die Rechte Einzelner berührenden Beziehungen weniger eine völkerrechtliche, als vielmehr eine staatsrechtliche Frage ist. Denn das Völkerrecht hat es blos mit den Rechtsverhältnissen der Staaten oder ihrer Völker und ihrer Glieder, als Bestandtheile des Ganzen, zu einander zu thun; das Staatsrecht dagegen mit den durch das Wesen und die Natur der Staatsverbindung begründeten und im einzelnen Staate positiv rechtlich bestimmten Rechten und Pflichten der Staatsgewalt als solcher und im Verhältniss zu den Staatsgliedern. Völkerrechtlich ist daher allerdings das Verhältniss des durch eine fremde Macht eingesetzten Usurpators zum legitimen Herrscher; nach Völkerrecht ist die Frage zu beurtheilen, ob das Recht des legitimen Herrschers im Verhältniss zu anderen Staaten und Völkern noch bestehe und im Falle der Restitution ein jus postliminii anzuerkennen sei, oder in der That eine auf neuem Titel beruhende Herrschaft beginne; völkerrechtlich ist endlich die Frage, in wiefern der restaurirte Besitzer die während des Interregnums mit andern Staaten abgeschlossenen Verträge und die im Verhältnisse zu diesen begründeten Rechte und Verbindlichkeiten zu übernehmen habe. Was dagegen das Verhältniss der Unterthanen zur s. g. Usurpation betrifft, und die Frage, ob und inwiefern die in der Zwischenzeit für Einzelne begründeten

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