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Verfügung über die Mittel; dazu fehlen noch mehr die geistigen Kräfte. Nur ein Almosen zur Linderung der augenblicklichen Noth kann von einer an Gesetze und Instructionen gebundenen Behörde dargereicht werden; nur eine auf Befolgung der Gesetze und Instructionen gerichtete Thätigkeit kann zur öffentlichen Pflicht gemacht und als solche überwacht werden.

Um eine dauernd wirksame Hilfe zu gewähren, ist vor allen Dingen persönliche, dem Armen gewidmete Theilnahme erforderlich. Seine Verhältnisse müssen sowohl in Beziehung auf die Ursachen der Noth, als rücksichtlich der angemessensten Mittel der Hilfe genau untersucht werden; der äusseren freigebig gewährten Unterstützung muss eine innere Heilung und moralische Ueberwachung zur Seite gehen. Eine solche, den Armen gewidmete Thätigkeit erfordert eben so viel Wohlwollen als Einsicht und Charakterstärke; es gehört dazu ein beträchtlicher Aufwand von Zeit, und eine freie, an keinen Schematismus gebundene Verfügung über die vorhandenen Mittel. Zu einer solchen Thätigkeit fehlt den Mitgliedern der Armenkommissionen und den Bezirksvorstehern, welche ihr Amt meistens nur sehr ungern übernehmen, in der Regel ebensowohl der Raum und die Kraft, als der Wille. So ist denn der Erfolg der städtischen Armenpflege im Allgemeinen der, dass die Gemeinden im Ganzen unter der Last derselben seufzen und sich über die Gesetze des Staates als theils unweise, theils sogar als ungerechte beschweren. Die Wohlhabenden werden durch unaufhörliche Anforderungen an ihre Mildthätigkeit neben der fühlbaren Belastung durch Steuern um so mehr ermüdet und widerwillig gemacht je weniger sie befriedigende Erfolge sehen; die Armen endlich, welche die gesetzliche Verpflichtung der Kommune sehr wohl kennen, gewöhnen sich mehr und mehr daran, die Unterstützung als ihr Recht in Anspruch zu nehmen. Sonach empfinden sie, statt die empfangenen Wohlthaten unter allen Umständen mit Dank gegen die Geber und Anhänglichkeit an die Staatseinrichtungen zu vergelten, die vermeinte oder auch wirkliche Unzulänglichkeit derselben als eine unbillige Verkürzung, und messen dieselbe um so sicherer der Nachlässigkeit oder Hartherzigkeit der Armen

väter bei, je unrichtiger ihre Vorstellungen über die Kräfte der Kommune sind.

Genug, die Armenpflege, insbesondere in den grösseren Städten ist nur ein Beweis, wie auch für irdische Verhältnisse und politische Einrichtungen der Ausspruch sich bewahrheitet, dass die Vertheilung aller Habe unter die Armen ohne Frucht und Segen bleibt, wenn sie nicht unter der Leitung der Liebe geschieht.

In den ländlichen Gemeinden der östlichen Provinzen sind die Verhältnisse zwar sehr abweichend von den soeben geschilderten, indess leider in vieler Hinsicht noch weniger befriedigend.

Es fehlt an jeder Organisation. Bei der Regelung der gesetzlichen Armenpflege kommen drei Gesichtspunkte in Betracht. Zunächst müssen Behörden da sein, welche den Zustand der Bedürftigkeit mit Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit untersuchen, also ebensowohl verhüten, dass Jemand unbeachtet im Elend verkomme, als dass eine Unterstützung ohne begründeten Anspruch erschlichen werde. Zweitens muss die Beschaffung der erforderlichen Mittel gesichert sein; und endlich ist bei deren Verwendung die Einhaltung richtiger Grundsätze erforderlich.

In jeder dieser drei Beziehungen muss die ländliche Armenpflege in den östlichen Provinzen als eine ungeordnete bezeichnet werden.

Die vorhandenen Behörden haben nicht die Stellung und Fähigkeit, um sich der Prüfung der Hilfsbedürftigkeit mit Sorgfalt und Unbefangenheit zu unterziehen.

Der Schulze, welcher zunächst zu untersuchen hat, ob in der Gemeinde Arme vorhanden seien, ist zu unmittelbar dabei betheiligt, der Gemeindekasse vielmehr Ausgaben zu ersparen als aufzubürden.

Im Allgemeinen fehlt ihm ferner ebensowohl das Ansehen wie die Bildung zur wohlthätigen Ausübung dieser Pflicht. Endlich muss anerkannt werden, dass bei der jetzigen Verfassung unseres Heimathswesens die Hilfsbedürftigen, welche doch meistens der Klasse der Tagelöhner angehören grossentheils in gar

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keiner näheren Beziehung zu der Gemeinde stehen, sich ohne ihre Einwilligung daselbst niedergelassen haben und ihre Beschäftigung ausserhalb derselben suchen. Die Dominialpolizei entzieht sich möglichst allen lästigen Geschäften; die Rentmeister in den königlichen Dörfern sind zu entfernt, mit Kassen- und andern Büreaugeschäften zu sehr überhäuft, um den Verhältnissen einzelner Personen dauernde Aufmerksamkeit widmen zu können. Noch viel mehr ist dies mit dem Landrath der Fall.

Dennoch sind es die königlichen Behörden, welche in der Regel um Unterstützung angegangen werden, wenn der Fall der Hilfsbedürftigkeit eintritt, da die Gemeinden ohne Aufforderung und selbst Nöthigung ihre gesetzliche Verpflichtung selten erfüllen. Bei der Entfernung der Behörden von dem Wohnorte der Hilfesuchenden wird dann meistens der Weg schriftlicher Verhandlungen eingeschlagen; es kommt auf Untersuchung der Heimathsverhältnisse, ärztliche Prüfung des Gesundheitszustandes u. s. w. an, worüber Wochen vergehen. Die geringere Zahl der Darbenden hat den Muth und die Mittel, diese Schwierigkeiten zu überwinden. In Schlesien, woselbst der Kreis zugleich Landarmenverband ist, und sonach die Verpflichtung hat, für die Verpflegung der heimathlosen Armen zu sorgen und den unvermögenden Gemeinden zu Hilfe zu kommen, hat auch der Landrath keine unbefangene Stellung; auch er sucht natürlich dem Kreise vielmehr Kosten zu ersparen als zuzuziehen.

Nicht weniger folgenreich und eine Entschuldigung für die Behörden, wenn sie das Vorhandensein der Hilfsbedürftigkeit nicht mit besonderem Eifer untersuchen, ist der Umstand, dass es an geeigneten Bestimmungen fehlt, um die erforderlichen Mittel zur Unterstützung der Armen überall zu beschaffen. Es mangelt in dieser Beziehung ebensowohl an einer zweckmässigen Organisation der Armenverbände als an genügenden Bestimmungen für eine Vertheilung der Last innerhalb derselben.

Die einzelnen Gemeinden sind oft zu klein, und sämmtliche Mitglieder derselben selbst zu arm, und zu sehr demselben Wechsel der Verhältnisse unterworfen, als dass man ihnen erhebliche Anstrengungen zur Unterstützung einiger besonders

dürftiger Einwohner zumuthen könnte ). Wie kann eine aus

1) Nach der statistischen Uebersicht, welche den Motiven des 1849 vorgelegten Entwurfs einer Gemeinde-Ordnung beigefügt ist, hatten von den überhaupt im preussischen Staate vorhandenen 36,588 ländlichen Gemeinden nicht weniger als 8355 eine Bevölkerung von weniger als 100 Seelen, und nur 5292 eine Bevölkerung von 500 Einwohnern und mehr, also 31,296 Ortschaften eine Bevölkerung von weniger als 500 Seelen. (Siehe die stenographischen Berichte der ersten Kammer 1849. Bd. 2. S. 580.) Wie weit die Zersplitterung in vielen Gemeinden geht, entnimmt man noch anschaulicher aus der Angabe, dass nach einer im Jahre 1818 gedruckten Topographie in den drei Regierungsbezirken Gumbinnen, Königsberg und Marienwerder

ausser den Vorwerken, einzelnen nicht zu den Dorfgemeinden gehörigen Höfen, Mühlen u. s. w. 8204 Dörfer vorhanden waren, von denen 3828 weniger als 10 Häuser hatten; 7/8 der ganzen Zahl hatten weniger als 31 Häuser. S. v. Haxthausen, die ländliche Verfassung in den Provinzen Ost- und WestPreussen. Königsberg 1839. S. 67. Die Zersplitterung dürfte sich seitdem durch die Separationen, Abbauten, Colonisationen u. s. w. eher vermehrt als vermindert haben.

Vgl. Wegener, Grundzüge einer zeitgemässen Reorganisation des Gemeindewesens, Berlin 1850. S. 29.

Die kürzlich von dem statistischen Büreau herausgegebenen Tabellen enthalten keine Uebersichten dieser Art, wie viel Ortschaften gegenwärtig weniger als 5, 10 oder 20 u. s. w. Häuser enthalten. Doch kann man aus den gegebenen Durchschnittszahlen schliessen, wie gross die Zahl der ganz unbedeutenden Dörfer sein muss. In den Provinzen Preussen, Posen, Pommern beträgt die durchschnittliche Zahl der Wohngebäude in einem Dorfe zwischen 20 und 30; die durchschnittliche Einwoherzahl variirt nach den verschiedenen Regierungsbezirken zwischen 109 im Reg. Bez. Stralsund als Minimum und 284 im Reg. Bez. Stettin als Maximum. Daneben ist die Zahl der Vorwerke, welche den Gemeinden gleichgestellt werden, und abgesondert von denselben bleiben sollen, in allen diesen Regierungsbezirken sehr beträchtlich, und in vielen Kreisen sogar grösser, als die Zahl der Bauerndörfer, ganz abgesehen von den einzelnen Etablissements, Mühlenanlagen, Kolonieen u. s. w.; welche die Zersplitterung noch vermehren. Kreisen wie Rastenburg und Friedland in Ostpreussen, Berent, Schlochau, Konitz, Schwetz in Westpreussen beträgt die durchschnittliche Zahl der Wohngebäude auf einem Vorwerk, 8, 6 und selbst nur 4. In den rheinischen Regierungsbezirken kommen im Gegensatz auf ein Dorf 60 bis 70 Wohngebäude; ausserdem sind dort bekanntlich die einzelnen Höfe u. s. w. mit den Dörfern und diese untereinander zu Kommunalverbänden vereinigt.

In

Vergleiche die Tabellen und amtlichen Nachrichten über den preussischen Staat aus dem Jahre 1849, herausgegeben von dem statistischen Büreau, Bd. III. Seite 412, 420 u. s. w.

lauter Handwebern bestehende Gemeinde im schlesischen Gebirge ihren unbeschäftigten Mitgliedern eine wirksame Hilfe gewähren, da fast sämmtliche Einwohner auch in den besseren Tagen nur ein kümmerliches Brot essen, und jede eintretende Handelskrisis schwer auf ihnen allen lastet? In ähnlicher Weise bringt eine Fehlernte der Kartoffeln, eine anhaltend regnerische Witterung, welche Feldarbeiten unthunlich und die Wege grundlos macht, alle Einwohner einer ostpreussischen Kolonie oder eines oberschlesischen Bauerndorfes an den Rand einer Hungersnoth.

In der Mehrzahl der östlichen Provinzen besteht zur Zeit kein Armenverband zwischen den Dominien und den angrenzenden Bauerndörfern. In Schlesien ist ein solcher zwar durch Erlasse der Verwaltungsbehörden angeordnet; indess ist für die Ausführung dieser Bestimmung oft noch viel zu wünschen übrig; insbesondere herrscht über das Verhältniss, in welchem die Gemeinden und Dominien zur Last der Armenpflege beitragen sollen, häufig Unsicherheit. Hiernach kann es nicht auffallen, dass Gemeinden gegenwärtig nicht selten unvermögend sind, auch nur wenigen ihrer hilflosgewordenen Mitglieder die nöthige Unterstützung zu gewähren.

Um weitergehenden Forderungen einer wohlgeregelten Armenpflege zu genügen, reichen die Kräfte einzelner Dorfgemeinden fast niemals hin. Kranken- und Arbeits- Häuser zu errichten, sind Gemeinden von einer Bevölkerung unter 500 Seelen für sich allein nicht im Stande. Ingleichen wird es so kleinen Gemeinden in der Regel ebensowohl an Gelegenheit, wie an den Mitteln fehlen, um arbeitsfähige Arme zeitweilig lohnend zu beschäftigen.

Die preussische Gesetzgebung hat nun zwar nicht ganz unbeachtet gelassen, dass die Kräfte einzelner Dorfgemeinden nicht allen Bedürfnissen der Armenpflege genügend abhelfen können. Es ist die Errichtung von Landarmenverbänden angeordnet, um vorkommende Lücken zu ergänzen, und gemeinsame Anstalten zu errichten. Indess ist die Bedeutung derselben abgesehen davon, dass ihre Verfassung noch nicht überall nach Maas sgabe der neuern Gesetze geordnet ist 1), bis jetzt keine

1) Der §. 37 des Gesetzes über die Verpflichtung zur Armenpflege

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