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ihren eigenen wahren Vortheil zu erleuchten und zu veredeln, kann der Staat sich nur dann Erfolg versprechen, wenn er dabei durch die kräftigste Mitwirkung der Organe unterstützt wird, in welchen sich das Leben des Einzelnen unmittelbar bewegt, der Familie, der Gemeinde und Korporation. Die Unzertrennlichkeit des Privatwohles von dem Gedeihen dieser Kreise des geselligen Lebens wird hier einem Jeden durch seine eigene und unmittelbare Erfahrung anschaulich; hier allein kann es daher gelingen, der Ueberzeugung Bahn zu brechen, dass die richtige Würdigung des eigenen Interesses und eine unbefangene Auffassung des eigenen Rechts mit einer hochherzigen Anerkennung und treuen Erfüllung der uns obliegenden Pflichten durchaus zusammenfallen.

Mit Rücksicht auf dieses Ziel muss das Verhältniss des Einzelnen zu diesen Verbänden angemessen festgestellt und ihnen selbst die Macht zur Aufrechterhaltung desselben wiederum eingeräumt werden, indess dem Staat die Sorge anheimfällt, jedem Missbrauch dieser Macht vorzubeugen und abzuhelfen.

Nur durch ein selbstständiges wohlgeregeltes Leben dieser Glieder des gesellschaftlichen Körpers kann der allein richtige Grundsatz, dass Rechte erworben werden müssen, dem Verständniss eines Jeden einleuchtend gemacht werden, nur dadurch die Wahrheit, dass zu einem wohlthätigen Gebrauch der Freiheit die Ausstattung mit physischen und moralischen Kräften gehört, dieselbe dagegen ohne diese Voraussetzung nur zu härterer Abhängigkeit und schliesslich zum Verderben führt, willige Anerkennung finden.

Nicht die Unrichtigkeit dieses Grundsatzes, sondern eine missbräuchliche Anwendung und Benutzung desselben hat die Mängel und Gebrechen der alten Gesellschaft verschuldet. Sie beutete ihn dahin aus, dass den Diensten derjenigen, welche noch nicht in die Reihen der Bevorzugten eingetreten wären, der entsprechende Lohn verkürzt wurde.

Dies nicht nur zu verhüten, sondern mit Bewusstsein und Entschiedenheit auf die Beseitigung der heute noch auf uns lastenden Folgen dieses Unrechtes, das heisst auf die Erhöhung des Lohnes hinzuwirken, ist die freilich schwierige, jedoch nicht unerreichbare und dabei ganz unerlässliche Aufgabe.

Um sie zu lösen, wird man die Bedingungen, an welche die Erlangung von Rechten geknüpft werden soll, überall so wählen müssen, dass sie zugleich als die nothwendigen Voraussetzungen der selbstständigen Erfüllung des Berufes für den Einzelnen oder eines wohlthätigen Gebrauches seiner Freiheit, daher als die Forderungen seines eigenen wohlverstandenen Interesses anerkannt werden müssen.

Die nachtheiligen Folgen einer Verkennung der Bedingungen, unter welchen eine fortschreitende Vermehrung der Bevölkerung allgemein noch als wohlthätig betrachtet werden kann und der irrigen Ansicht, dass die Sicherstellung dieser Bedingungen von der Wirkung des sich selbst überlassenen Eigenvortheils erwartet werden dürfe, neben der dabei festgehaltenen Verantwortlichkeit des Staates für die Interessen der Gesammtheit wie für das Schicksal des Einzelnen treten am offensten bei der Verwaltung der Armenpflege hervor. Denn hier machen sie sich sofort als Forderungen geltend; hier wird das Missverhältniss zwischen den vorhandenen Mitteln und anerkannten Ansprüchen unmittelbar anschaulich; hier erkennt man die endlichen Früchte der vom Staat angenommenen und verkündeten Grundsätze auf das deutlichste.

Vorschläge, die in unserer Gesetzgebung herrschenden Prinzipien über die Rechte und Pflichten der Staatsangehörigen, über die ihnen bei Verfolgung ihres Eigenvortheils einzuräumende Freiheit und die dem Staate sowie seinen Organen vorzubehaltende Macht wesentlich umzugestalten, werden daher am überzeugendsten begründet werden können, wenn wir von der Betrachtung der Armenpflege ausgehen.

Wir beginnen dabei mit einer Darstellung der bestehenden Verhältnisse.

1. Mängel der bestehenden Armenpflege.

Das Ziel, welches die Staatsverwaltung in Preussen bei der Organisation der Armenpflege verfolgt, ist in dem Erlasse einer Landesbehörde treffend dahin bezeichnet:

„dass kein wirklich Hilfsbedürftiger ohne genügenden Beistand

bleibt; dass die dazu erforderlichen Mittel in gerechter

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Weise ohne Ueberbürdung Einzelner aufgebracht, und in zweckmässiger Weise verwendet werden."

Zur Erreichung dieses Zieles sind nach einer in der Beamtenwelt ziemlich verbreiteten Ansicht die erforderlichen gesetzlichen Grundlagen gegeben; man vernimmt wohl die Aeusserung, die Armenpflege sei in Preussen geordnet. Dies ist auch in sofern wahr, als durch das allgemeine Landrecht die Verpflichtung des Staates anerkannt ist, für die Unterstützung derjenigen Bürger zu sorgen welche in Hilfslosigkeit gerathen sind und insofern spätere Gesetze näher bestimmen, wem in einem besonderen Falle die Erfüllung dieser Verpflichtung zunächst obliegt 2).

Will man über die Ergebnisse dieser gesetzlichen Bestimmungen ein Urtheil gewinnen, so muss man die Verhältnisse der (grössten) Städte und der westlichen Provinzen von denen der ländlichen Kreise in den östlichen Provinzen wohl unterscheiden. Denn die Gesetze sind hier und dort in ganz abweichender Weise zur Ausführung gekommen.

In den Städten und westlichen Provinzen ist die Armenpflege in formeller Beziehung wirklich geordnet. Es sind besondere Behörden bestellt, denen die Untersuchung über das

1) Das allgemeine Landrecht bestimmt in Lit. 19. des II. Theils : §. 1. Dem Staate kommt es zu, für die Ernährung und Verpflegung derjenigen Bürger zu sorgen, die sich ihren Unterhalt nicht selbst verschaffen und denselben auch von anderen Privatpersonen, welche nach besonderen Gesetzen dazu verpflichtet sind, nicht erhalten können.

§. 2. Denjenigen, welchen es nur an Mitteln und Gelegenheit ihren und der ihrigen Unterhalt selbst zu verdienen ermangelt, sollen Arbeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten gemäss sind, angewiesen werden.

2) Diese Bestimmungen sind durch das Gesetz vom 31. Decbr. 1842 „über die Verpflichtung zur Armenpflege" und das unter demselben Datum erlassene Gesetz „über die Aufnahme neuanziehender Personen“ getroffen.

Das erste Gesetz verpflichtet die Gemeinden zur Unterstützung der Hilfsbedürftigen, welche daselbst einen Wohnsitz erworben, oder sich drei Jahre lang vor dem Beginn ihrer Verarmung aufgehalten haben. Der Kern des zweiten Gesetzes ist in dem §. 1. enthalten, welcher also lautet:

,,Keinem preussischen Unterthan darf an dem Orte, wo er eine eigene Woh„nung oder ein Unterkommen sich selbst zu verschaffen im Stande ist, der „Aufenthalt verweigert, oder durch lästige Bedingungen erschwert werden.,,

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Vorhandensein der Hilfsbedürftigkeit und die näheren Umstände des Falles obliegt (Armenkommissionen). Dieselben sind so zusammengesetzt, dass sie im Allgemeinen ihr Urtheil ohne zu ängstliche Rücksicht auf die eigene Beitragspflicht abgeben. Hier ist ferner der Haushalt geordnet, und es sind allgemeine, wenn auch mehr oder weniger zweckmässige, Bestimmungen über die Vertheilung der Steuern vorhanden, so dass die Mittel zur Armenpflege nach Maassgabe des anerkannten Bedürfnisses im Allgemeinen beschafft werden können.

Die Folgen dieser Ordnung zeigen sich zunächst darin, dass die Last der Armenpflege fortdauernd gestiegen und in den grössern Städten bereits zu einer drückenden Bürde herangewachsen ist 1).

Insbesondere haben in den letzten Jahren die Versuche, Armen durch die Vermittelung der Gemeinden lohnende Beschäftigung zuzuweisen, den Haushalt mancher Städte mit Zerrüttung bedroht 2).

Dennoch erweisen sich die Verwendungen zur Befriedigung des vorliegenden Bedürfnisses als nicht genügend. Die bewilligten Almosen reichen zum Unterhalt eines wirklich Hilflosen meistens nicht hin 3). Die unläugbar noch vorhandene Noth ruft frei

1) Die Gesammtkosten der Armenpflege in Berlin werden in dem Bericht der Armenverwaltung im Jahre 1842 auf Rthlr. 402,000 angegeben. Nach den Etats waren sie im Jahre 1846 auf 497,898 Rthlr., im Jahre 1849 auf 608,000 Rthlr., 1850 auf 597,000 Rthlr. gestiegen. In Breslau empfingen von 104,222 Einwohnern, welche die Stadt im Jahre 1849 zählte, nach Angabe der städtischen Behörden nicht weniger als 32,794 Unterstützung aus öffentlichen Mitteln.

Aehnlich sind die Verhältnisse in Köln, Aachen u. s. w. Auch in den Mittelstädten, wie Marienwerder, Liegnitz u. s. w. bildet die Ausgabe für die Armenpflege schon einen ziemlich bedeutenden Posten. In kleinen Städten wie Stuhm, Garnsee u. s. w., deren Verhältnisse sich denen des platten Landes nähern, sind sie noch ganz unbedeutend.

2) Die grossen Städte wie Berlin, Breslau, Cöln, Aachen u. s. w. sind in den Jahren 1849-51 genöthigt gewesen, zur Deckung des Defizits im Stadthaushalte beträchtliche Anleihen zu machen, abgesehen von der Erhöhung bestehender oder der Einführung neuer Abgaben. Die ausserordentlichen Ausgaben für die Armenverwaltungen waren zum Theil die Veranlassung davon. 3) Selbst in Berlin betrug die einem Hilfsbedürftigen gewährte monatZeitschr. für Staatsw. 1853. 1s Heft.

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willige Vereine hervor, die indess bei ihrer Zersplitterung, dem meistens bemerkbaren Mangel an Plan, Ordnung und Energie, die Aufgabe oft vielmehr erschweren und neue Ansprüche hervorrufen, als wirkliche Hilfe schaffen. So kann dem Betteln nicht mit voller Kraft entgegengetreten werden.

Noch entschiedener wird der Mangel an Anstalten empfunden, in welchen Kranke verpflegt, Obdachlose vorläufig untergebracht, Unbeschäftigte zur Arbeit angehalten werden können. In den kleineren Städten fehlten solche Anstalten bisher fast gänzlich.

Andrerseits sind die Fälle nur zu häufig, dass Zudringlichkeit und List fortlaufende Unterstützungen sich erwirkten wo Umsicht und Fleiss hingereicht haben würden, den Unterhalt aus eigenen Mitteln zu sichern. Solche Erfahrungen, ja die Grundlage, auf der das ganze System errichtet ist, nöthigen zur äussersten Strenge der Grundsätze, und erklären Misstrauen, Unfreundlichkeit und in manchen Fällen auch wohl Härte bei Ausübung des Amtes. Die Anerkennung der Hilfsbedürftigkeit wird an äussere Merkmale einer bereits vorhandenen Noth und der Entblössung von allen eigenen Hilfsmitteln geknüpft. So lange noch Betten unverkauft, ein warmer Anzug unverpfändet ist, wird es schwer, dem Gesuch um Unterstützung Eingang und Berücksichtigung zu verschaffen. Jedenfalls ist es nicht Aufgabe der Armenkommissionen und steht selbst nicht in ihrer Befugniss, dem Fortschritt einer beginnenden Verarmung durch eine rechtzeitige Hilfe zu begegnen, oder aus einer verwickelten Lage durch Bewilligung einer einmaligen umfangreicheren Unterstützung zu befreien. Der Entstehung einer dauernden Last durch eine über das augenblickliche und dringende Bedürfniss hinausgehende Beihilfe vorzubeugen, die Quellen der Armuth zu verstopfen, dazu fehlt die Vollmacht in Beziehung auf die

liche Unterstützung nach einem Berichte der Armenverwaltung aus dem Jahre 1842 im Durchschnitte nur 1 Rthlr. 24 Sgr. In Breslau beträgt das einem Einzelnen bewilligte Almosen meistens 1 bis 1/2 Rthlr., bei Familien höchstens 3 Rthlr. monatlich; in den kleineren Städten werden 15 bis 20 Sgr. im Minimum, und 1, 11/2, höchstens 2 Rthlr. als Maximum bewilligt. Ausserdem wird nach gewissen Grundsätzen, welche sich in der Praxis herausbilden, Armen bisweilen eine Unterstützung verweigert, auch wenn sie in dem Zustande der Hilfsbedürftigkeit sind.

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