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Vorbemerkungen.

zu

Es ist keine Kleinigkeit für uns, unsere Ansichten vorzutragen und einleuchtend machen, weil man auch das Neue gewöhnlich auf die alte Weise versteht.

Uns bleibt nur die eine und einfache Methode, die Leser auf die einfachsten Thatsachen in Reihe und Ordnung gestellt zu leiten; wobei sie damit anfangen müssen, vor der Hand die gewohnte Vorstellungsweise bei Seite zu stellen und sich an die Dinge selbst zu gewöhnen.

Bacon. (Nov. org. aph. 34. 36.)

Das volle Verständniss der Shakespeare'schen Dramen dürfte erst durch Ermittelung des ideellen Vorwurfs des Dichters bei den einzelnen Dramen erlangt werden. Für eine solche Ermittelung erscheint aber die Erkenntniss der Art und Weise der schöpferischen Thätigkeit des Dichters besonders förderlich, und bezweckt die vorliegende Arbeit, zu dieser Erkenntniss beizutragen und möglicherweise zu weiteren Forschungen in der anzudeutenden Richtung anzuregen.

Unsere wesentlich von den bisherigen Annahmen, hinsichtlich der Verwirklichung des ideellen Vorwurfs des Dichters in der von ihm behandelten Materie, des Allgemeinen in dem Besonderen, hinsichtlich des Inhalts und der Bedeutung der Sonette und des Dramas Hamlet, abweichende Auffassung, werden wir durch Be

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zugnahme auf die eigenen Worte des grossen Künstlers, und auf die Forschungen der Auctorität, welche dem wahren Künstler das ewig gültige Gesetz geschrieben hat, zu begründen suchen müssen, wir werden diese für uns reden lassen und es werden, nach Beschaffenheit der Umstände, die nachfolgenden Blätter vielleicht mehr fremdes als eignes Wort enthalten.

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Es unterliegt keinem Zweifel, dass Shakespeare schon in einem jüngern Alter das volle Bewusstsein der Schöpferkraft seines Geistes besessen hat; unter Hinweisung auf die Strophen in dem Sonett 70, welche sich auf das jüngere Alter und gleich allen Sonetten auf den Dichter persönlich beziehen, dürften die zum Theil bizarren Nachrichten über die Lebensverhältnisse, resp. den Lebenswandel des grossen Mannes in jüngern Jahren, für apokryphisch zu erklären sein. In dieser Hinsicht verdient die Ansicht des Professors Delius der den ganzen biographischen Apparat für einen Mythus erklärt, auf die Kenntniss von Einzelheiten aus dem Leben des Dichters verzichtet, und sich mit der Gewissheit begnügt: es lebte ein William Shakespeare der die Werke schrieb und von dem Verfasser derselben lasse sich nie gross genug denken den allgemeinsten Beifall.

Thatsache ist es, dass die eminente Geistesgrösse Shakespeare's sowohl von seinen Zeitgenossen, als in der zunächst folgenden Generation vollkommen gewürdigt worden ist.

Von den Zeitgenossen war es namentlich der als der grösste romantische Dichter Englands berühmte Spenser, der Shakespeare's Begabung anerkannte, und werden wir später versuchen nachzuweisen, dass und warum verschiedene dichterische Aeusserungen Spenser's, aus den Jahren 1591 und 1594, deren Beziehung auf Shakespeare bisher noch fraglich gewesen ist, auf ihn bezogen werden müssen.

Gleichwie von Spenser, so liegen auch von andern urtheilsfähigen Zeitgenossen Aeusserungen vor, welche die Bewunderung

erkennen lässt, die Shakespeare schon zu Lebzeiten gezollt wurde, so prophezeite z. B. Leonard Digges von seinen Werken: sie würden ihn jung erhalten zu allen Zeiten, und es würden die Tage kommen, die alles Neue verschmähen, Alles für Missgeburt achten würden, was nicht Shakespeare's sei, dann werde jeder Vers in seinen Werken neu erstehen und den Dichter aus dem Grabe erlösen.

Ben Jonson, der durch eigene dichterische Begabung zu einem Urtheil vollkommen berechtigt war, und mit Shakespeare in freundschaftlichen Verhältnissen gestanden, sagte in den Gedenkversen, welche der ersten Gesammtausgabe der Dramen vorangesetzt waren, jenes oft citirte Wort über den Dichter: er war nicht einer Zeit sondern aller Zeiten, und betonte die von demselben angewandte Kunst, indem er in bedeutsamer Weise äusserte, dass obwohl Natur die Materie des Poeten sei, so doch seine Kunst die Form hinzugebe.

In der nächstfolgenden Generation waren es namentlich die Dichter Milton, Dryden und Lee, welche von Shakespeare als einem ewig unerreichbaren Muster sprachen.

Dryden äusserte unter Anderem in seinem „Essay on dramatic poesy" (London 1668), dass Shakespeare unter allen alten und neueren Dichtern den weitesten und tiefsten Geist besessen habe, und dass er alle andern Dichter überrage, wie Cypressen niedriges Strauchwerk.

Dem grossen Milton aber gab die angeregte Frage wegen eines Denkmals die Gelegenheit Shakespeare in folgenden Versen ein Denkmal zn setzen:

Wozu braucht meines Shakespeare hehr Gebein

Ein hochgethürmtes Monument von Stein?

Wozu soll sich sein heiliger Staub hienieden

Verbergen unter stolzen Pyramiden?

Du theurer Sohn des Ruhms, sein grosser Erbe,

Was brauchst Du Stein dass nicht Dein Name sterbe?
In unserm Geist, der Dich bewundernd nennt,
Schufst Du Dir selbst ein dauernd Monument:
Wir schöpfen aus den Blättern Deiner Werke
Gleichwie aus Göttermunde Trost und Stärke:

Du machst durch Deines Geistes hohen Schwung
Uns selbst zu Marmor vor Bewunderung,

Um solche hehre Ruhstatt zu erwerben,

Dass um solch Grabmal Könige möchten sterben.*)

Die bürgerlichen Unruhen und das Regiment der Puritaner in England bewirkten, in Verbindung mit der sich auch dort später geltend machenden französischen Kunstrichtung, in dem folgenden Jahrhundert eine wesentliche Abschwächung des Interesses an der Shakespeare'schen Dichtung.

Von einem gänzlichen Vergessen, wie man es wohl zuweilen angenommen hat, kann selbstverständlich nicht die Rede sein, da während der Zeit von 1670 bis 1770 auch 17 Ausgaben der Shakespeare'schen Werke erschienen sind, welche Zahl freilich in dem Verhältnisse wie ein zu vier zu der Anzahl der Ausgaben in England in dem folgenden bis auf unsere Tage gehenden Jahrhundert steht.

Vor fast gerade 100 Jahren erfolgte die Wiedererweckung des Interesses an der Shakespeare'schen Dichtung beinahe gleichzeitig unter den drei Culturvölkern. In England bewirkte Garrick dieselbe durch Veranstaltung der Shakespeare - Feier an dem Geburtsorte und der Ruhestätte des Dichters; (cfr. Ode upon dedicating a building, and erecting a statue to Shakespeare at Stratford-upon-Avon. Dav. Garrick. London 1769). In Deutschland Lessing durch seine Beurtheilung der dramatischen Dichtung desselben (cfr. Hamburgische Dramaturgie und Litteraturbriefe). In Frankreich hauptsächlich Letourneur, der bei Herausgabe einer Uebersetzung der Dramen Shakespeare's den Muth hatte, ihn höher als Corneille und Racine zu stellen (cfr. Préface de sa traduction).

Besonders bedeutungsvoll erwies sich aber die Kritik Lessings, nicht nur für die Anerkennung des Dichters in Deutschland, sondern auch für die Beurtheilung desselben in England und Frankreich in den folgenden Zeiten.

*) Wir erlauben uns den Wortlaut der Bodenstedt'schen Uebersetzung in » William Shakespeare's Sonette in deutscher Nachbildung Decker) anzuführen.

(Berlin,

Lessing that den Ausspruch, dass er den Dichter mit Aristoteles höchsten Kunstforderungen in Uebereinstimmung fände.

Bei Erwähnung dieses Urtheils müssen wir schon hier darauf aufmerksam machen, dass eine solche Uebereinstimmung weder zufälliger Art sein, noch aus einer Lectüre der Aristotelischen Poetik allein, resultiren kann. Die Aristotelische Auffassung von dem Werth und der Würde der Kunst, welche Auffassung als Gesetz für alle Zeiten erscheint, hat zur Grundlage den philosophischen Gedanken, beruht auf der Vernunftforschung, und ein völliges Genügeleisten der höchsten Kunstforderungen macht ein näheres Eingehen auf die Speculation des Aristoteles unbedingt nothwendig. Dass dieses von Seiten Shakespeare's geschehen, dürfte wohl von Lessing als selbstverständlich angenommen worden, und der obige Ausspruch als eine Andeutung in dieser Beziehung anzusehen sein.

Seiner Bewunderung der Geistesgrösse Shakespeare's Ausdruck gebend, parallelisirte Lessing ihn mit Homer, indem er hervorhob, dass das was man von diesem gesagt habe: es lasse sich dem Herkules eher seine Keule, als ihm ein Vers abringen, vollkommen auch von Shakespeare sagen könne. Auf die geringste von seinen Schönheiten sei ein Stempel gedruckt, welcher gleich der ganzen Welt zurufe: ich bin Shakespeare's! und wehe der fremden Schönheit, die das Herz habe, sich neben ihr zu stellen!

In der Folgezeit wurden die Werke Shakespeare's und dessen schöpferische Thätigkeit von Hunderten der begabtesten Männer zum Gegenstand des Nachdenkens gemacht.

Viele bemühten sich um das Verständniss der Dramen und die Ausbreitung derselben. In Deutschland lieferte im vorigen Jahrhundert unter Anderen Wieland eine Uebersetzung.

Die deutschen Dichterfürsten Goethe und Schiller sprachen gleich Milton und Lessing ihre Bewunderung aus.

Schiller, der die Tragödie Macbeth bearbeitete, sagte in dem Gedichte Shakespeare's Schatten":

وو

Endlich erblickt' ich auch die hohe Kraft des Herakles,

Seinen Schatten. Er selbst, leider, war nicht mehr zu sehn.

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