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CHAUCER'S EINFLUSS AUF DIE ORIGINALDICHTUNGEN DES SCHOTTEN DOUGLAS.

Um ein vollständiges bild von der stellung, die ein bedeutender dichter in der literarhistorischen entwickelung eines volkes einnimmt, zu gewinnen, genügt es nicht, seine schöpfungen allein mit denen seiner zeitgenossen und seiner vorgänger zu vergleichen, sondern es ist auch notwendig zu untersuchen, von welchem einfluss er auf spätere dichter gewesen ist, in welche bahnen er den geschmack und die geistesrichtung seiner nachfolger gelenkt hat. Dass nun die stellung Chaucer's in der englischen literatur eine ganz hervorragende ist, war schon früh erkannt worden, den nachweis aber, in wie weit Chaucer auf andere dichter eingewirkt, hat man erst neuerdings zu führen begonnen. Einen kleinen beitrag hierzu soll nun auch die vorliegende arbeit liefern; nachdem H. Wood in Anglia III, 223 ff. den einfluss Chaucer's auf könig Jacob I. dargelegt hat, soll in gegenwärtiger untersuchung gezeigt werden, wie auch der schottische dichter Douglas unter diesem einfluss steht und wie sehr auch er sich an dem über ein jahrhundert. früher lebenden Chaucer bildete.

Zu meiner arbeit habe ich vor allem die 1874 von Dr. Small in Edinburgh besorgte vierbändige ausgabe der werke des Douglas benutzt, die erste gesammtausgabe dieses dichters. Sie zeichnet sich durch übersichtlichkeit und fleissige zusammenstellung des gesammten materials aus, wenn der herausgeber auch in einzelheiten nicht immer das richtige trifft. Für Chaucer lag mir die bekannte Morris'sche ausgabe (Aldine edition, London 1880) vor, nach der die citate gemacht sind; sonst benutzte quellen werden an der betreffenden stelle erwähnung finden.

Bekanntlich tritt nach dem tode Chaucer's in der entwicklung der englischen literatur eine zeit des stillstandes. oder richtiger gesagt, des rückschrittes ein. Keiner von den schülern des grossen meisters reichte an diesen heran, keiner war im stande, auf dem von Chaucer betretenen wege in der dichtkunst weiter zu schreiten.

Chaucer war eben seiner zeit weit voraus; wol stand er mitten in den grossen bewegungen jener tage, die mehr und mehr den bruch mit den überlieferungen des mittelalters vollzogen und die neuere zeit herbeiführten; in seiner poesie erhebt er sich über seine zeit: der natur und dem menschenherzen hatte er ihre geheimsten und tiefsten seiten abgelauscht und in anmutiger form dargestellt, das innerste leben bringt er zum ausdruck und zu künstlerischer gestaltung. Erst mit Spenser, nahezu zwei jahrhunderte später, beginnt eine neue blüte der literatur; von da ab eröffnet sich allerdings ein goldenes zeitalter ihrer entwickelung.

Während jener dazwischenliegenden periode aber hatte doch die dichtkunst eine stätte gefunden, wo ihr schutz und pflege zu teil wurde: oben im norden, bei den Schotten, erwachte um diese zeit der trieb zu dichterischem schaffen; ja es ist keine periode der schottischen literatur so reich an bedeutenden namen wie gerade die zeit des 15. und 16. jhdts. Unter den dichtern nimmt Gawin Douglas (1475-1522) nicht die niederste stelle ein; er ist von seinen zeitgenossen wie auch von späteren hoch geschätzt und gerühmt worden, wenngleich er diesen seinen ruhm weniger seinen originaldichtungen

1 So rühmt z. b. Lyndesay im Testament of the Papyngo (ausg. für die E. E. T. Soc. von F. Hall s. 224) seinen landsmann mit folgenden worten: 'Allace for one, quhilk lampe wes of this land,

Off Eloquence the flowand balmy strand,
And, in our Inglis rethorick the rose,
As of Rubeis the Charbunekle bene chose!
And, as Phebus dois Synthia presell,
So Gawane Dowglas, Byschope of Dunkell,

Had, quhen he wes in to this land on lyve,
Abufe vulgare Poetis prerogatyve,
Boith in pratick and speculatioun.

I saye no more: gude redaris may discryve
His worthy workis, in nowmer mo than fyve,
And, speciallye, the trew Translatioun

als vielmehr seiner Vergilübersetzung, der ersten gelungenen übertragung eines antiken dichters, zu verdanken hat.

Prof. Nichol sagt an einer stelle seiner Sketch of Scottish Poetry up to the time of Sir David Lyndesay: 1

'Chaucer was to the minor poets of England during the 15th century what Byron was to those of the last aud Tennyson has been to those of the present generation, a voice to echo aud a standard to follow from a distance'

und charakterisiert so einigermassen das verhältniss, in dem diese schottischen dichter zu Chaucer stehen; sein ausspruch lässt sich aber dahin erweitern, dass nicht nur die kleineren, sondern alle in jener zeit blühenden dichter spuren dieses einflusses in grösserem oder geringerem umfang verraten; selbst Dunbar, der grösste unter ihnen, ist von demselben nicht völlig frei. Dieser einfluss äussert sich im inhalt, in der form und selbst in der sprache aller dieser dichter. Was zunächst den inhalt anlangt, so sind es nicht die lebensvollen darstellungen der Canterbury Tales, die man nachahmte und denen man folgte, sondern wir begegnen hier vielmehr dichtungen, die mehr dem charakter der Chaucer'schen jugendwerke entsprechen; die allegorie spielt in allen eine wichtige rolle. Häufig werden diese allegorischen darstellungen von naturschilderungen eingeleitet, für welche die Schotten stets grosse vorliebe hegten; auch in diesen lässt sich sogar zuweilen das Chaucer'sche vorbild erkennen; wir finden weniger beschreibungen der grossartigen landschaften, der erhabenheit der schottischen gebirgsnatur als vielmehr ganz wie bei Chaucer den ausdruck der freude an naturschauspielen wie sonnenauf- und niedergang, an der pracht des maimorgens u. s. f.

Formell macht sich dieser einfluss insofern geltend, als eine reihe von strophenformen, die von Chaucer ausgebildet worden waren, bei diesen dichtern widerkehren; zumal ist die

Off Virgill, quhilk bene consolatioun

To cunnyng men, to knaw his gret Ingyne,
Als weill in Natural Science as Devyne'.

Nicht uninteressant ist hierbei, dass Lyndesay dieses lob gerade in der strophenform ausdrückt, die von Douglas im 3. teil des Palice of Honour angewendet worden war. Auch W. Scott, Marmion (6. gesang, 11. strophe), sowie G. Dyer, Poems 1801 s. 89 spenden unserm dichter ein warmes lob. 'Gedruckt als einleitung zu Murray's ausgabe der kleineren gedichte Lyndesay's für die E. E. T. Soc. s. XIV.

siebenzeilige strophe, die unter dem namen der Chaucerstrophe bekannt ist, vielfach in den dichtungen jener zeit verwendet worden. Bezüglich der sprache endlich lässt sich die beobachtung machen, dass seit Chaucer von den schottischen dichtern fleissig gelesen und nachgeahmt wurde, auch der nördliche dialekt sich sowol im vokalismus als auch in der flexion mehr und mehr trübt und mit südlichen elementen versetzt erscheint; dieselben treten zuerst vorzugsweise im reim auf, machen sich nach und nach aber auch im innern des verses breit. Gerade der uns hier näher beschäftigende Douglas steht betreffs seiner sprache so unter südlichem einfluss, dass Murray bei der aufzälung einiger solcher sprachlichen eigentümlichkeiten darüber sich folgendermassen äussert:

'Some of these forms were indeed more "Sodroun" than the literary English of his own day, but all are Chaucerian and show how deeply Douglas had drunk of him who was more even than Virgil:

In that art of Eloquence the flude

Maist cheif, profound and copious plenitude

Surs capital in vene poeticall

Soverane fontane and flum imperiall'.

Der erklärungsgrund für die ausdehnung dieses einflusses Chaucer's liegt ziemlich nahe. Die schottische literatur des 14. und anfang des 15. jhds. bot noch nicht jene mannigfaltigkeit des stoffes dar, wie sie uns in Chaucer's werken entgegentritt; sie war auch noch zu gering an umfang im verhältniss zur englischen, als dass nicht auch schottische dichter sich zu dieser, speziell zu Chaucer, hätten wenden, ihn zum vorbild nehmen und von ihm entlehnen sollen. Chaucer hatte. sich gewissermassen eine eigene sprache und kunstform geschaffen; er hatte durch das studium der Franzosen und Italiener die englische poesie mit neuen elementen befruchtet und auf diese weise ihr neue bahnen eröffnet.

Douglas selbst hat Chaucer ausserordentlich hoch geschätzt; wir begegnen in seinen werken mehrere male einer erwähnung des älteren dichters, nie aber, ohne dass ihm nicht das höchste lob gezollt würde, selbst in fällen, wo Douglas eine ansicht Chaucer's zurückweisen will. So nennt er ihn:

Murray: The Dialect of the Southern Counties of Scotland (London, published for the Philological Society) s. 46.

Anglia, VI. band.

4

'Venerable Chaucer, principall poet but peir,
Hevinlic trumpat, horleige and reguleir,
In eloquence balmy, condit, and diall,
Mylky fountane, cleir strand, and rose riall,
Of fresch endite, throw Albion iland braid'.'

Auch in den Palice of Honour führt er ihn ein:

'3it saw I thair of Brutus Albyon,

Geffray Chauceir, as a per se sans peir
In his vulgare'.2

An einer dritten stelle 3 endlich scheint Douglas sogar das verhältniss anzudeuten, in dem er zu Chaucer steht, sofern er ihn hier my master Chaucer nennt; so gesteht er also selbst zu, dass er sich ihn zu seinem vorbild genommen hat.

Die beiden wichtigsten originaldichtungen des Douglas sind: The Palice of Honour, um 1501 vollendet, sowie King Hart, über dessen entstehungszeit wir nicht genau unterrichtet sind; nach einigen soll das gedicht vor die Vergilübertragung, also vor 1513, nach anderen dagegen, denen auch ich mich aus später zu erörternden gründen anschliessen möchte, in eine spätere periode des dichters fallen. Beide dichtungen gehören dem gebiet der moralischen allegorie an. Ausser diesen besitzen wir noch ein kleines nur aus 4 strophen bestehendes gedicht, das ein wortspiel auf Conscience bildet und besonders die habgier der geistlichen geisselt; für unsern zweck kommt es höchstens insofern in betracht, als es in der Chaucerstrophe abgefasst ist. Doch offenbart sich unser dichter hier, sowie an einigen anderen stellen seiner werke als einen von den männern, die der reformation vorarbeiteten und die wege ebneten. Obgleich er ein cifriger katholik und anhänger des päpstlichen stuhles ist, weist er doch öfter auf die gebrechen seiner zeit hin, mahnt zur aufrechterhaltung von gesetz und sitte und eifert in bitteren klagen gegen die geringe bildung der niederen geistlichkeit. Auch Langland hatte schon, ebenfalls auf dem boden des katholicismus stehend, in ähnlicher weise gewirkt und dem volke aufzuhelfen gesucht:

Douglas, ed. by Small, II s. 14 z. 7.

2 Douglas, I s. 36, z. S. In derselben strophe wird auch Johne Goweir angeführt und zwar unter derselben chrenden bezeichnung 'morall', die Chaucer ihm in seiner Troiluswidmung verliehen hatte.

3 Douglas, II s. 16 z. 11:

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