Зображення сторінки
PDF
ePub

IST KOENIG AELFRED DER VERFASSER DER ALLITERIERENDEN METRA DES BOETIUS?

Vor kurzem brachte diese zeitschrift einen aufsatz von Dr. Hartmann, der in entschiedener weise könig Ælfred die allit. metra des Boetius zuschrieb. Noch vor seinem erscheinen reichte ich eine untersuchung ein, die zu dem entgegengesetzten ergebnisse geführt hat. Die folgenden seiten sollen das wesentliche derselben enthalten, und zwar genau in der fassung, die ich ihr vor der einsichtnahme in Hartmann's untersuchung gab, da ich mich nicht veranlasst gesehen, in irgend einem punkte von meiner ansicht abzugehen. Eines der nächsten hefte der Anglia wird den übrigen, den 1. teil meiner arbeit. enthalten, in dem gezeigt wird, dass sowohl das vorwort zu der prosaischen bearbeitung des Boetius als das vorwort in versen vor den allit. metren nicht von Ælfred herrühren kann; ausserdem wird er eine darlegung des verhältnisses der prosaübersetzung zu ihrer vorlage enthalten. Das ergebniss derselben. ist, dass Elfred das lateinische werk ganz selbständig verarbeitet widergibt.

Was wir in Ælfred's bearbeitung finden, können wir als zeugniss seines geistes hinnehmen; denn er formt den stoff völlig nach seinen eigenen anschauungen. Ermöglicht wurde dies durch sein verständniss für die behandlung philosophischer fragen, durch die für seine zeit umfassenden kenntnisse und vor allem auch durch seine bewundernswerte beherrschung der sprache. Das ziel, seinem volke das werk des Boetius allgemeinverständlich zu machen, konnte natürlich ohne jene drei momente nicht erreicht werden. Hinzukommen musste aber auch, dass Alfred die ganze darstellung dem geiste des ags. volkes nahe rückte, darauf bedacht nahm, für wen er

seine bearbeitung schrieb, und so in den argumenten bisweilen über seine vorlage hinausgriff oder auch kürzungen vornalım; er musste eine reihe von erläuterungen einführen und gab durch zahlreiche, anschauliche beispiele, die zugleich von dem schwunge seiner phantasie und von seinem poetischen gefühl zeugniss ablegen, dem stoffe eine konkretere fassung.

Ein bezeichnender unterschied zwischen der darstellung bei Boetius und Alfred besteht darin, dass dieser in der darlegung der philosophischen erörterungen sein gemüt eindringlicher mitsprechen lässt, als der römische philosoph, welcher objektiver in der entwicklung seiner trostesgründe vorwärts schreitet. Boetius wendet sich mehr an den verstand; Ælfred an das gefühl. Dies wurde wesentlich dadurch veranlasst, dass der könig den geist des christentums in seine bearbeitung trug. Wo irgend möglich hat er bezug auf dasselbe genommen, während Boetius' schrift zwar unverkennbar einfluss des christentums zeigt, aber von dem geiste des christentums nicht. wahrhaft durchdrungen ist. Welchen vorzug hierdurch Alfred vor Boetius gewann, zeigt uns der schluss des werkes. In der ags. übertragung finden wir neben dem troste der philosophie den trost der christlichen religion, und dass religion und philosophie bei Alfred hand in hand gehen, musste den wert für sein volk erhöhen und gerade diesem stoffe zum vorteile gereichen.

Die freiheit und meisterschaft, welche Alfred in der bearbeitung des Boetius zeigt, muss um so höher angeschlagen werden, als der philosophische ausdruck des werkes dem verständnisse grosse schwierigkeiten entgegensetzte. Asser's erklärungen werden den könig nur bei der ersten lektüre unterstützt haben; darauf, dass jener die von ihm benutzte handschrift glossiert habe, weist nichts hin. Bei der abfassung der bearbeitung selbst war Aelfred natürlich imstande, den lateinischen text allein zu verstehen.

Wir müssen uns nun die frage vorlegen, wann Ælfred die prosaübersetzung des Boetius verfasste. Dies ist deshalb nötig. weil sich daran eine erklärung knüpft, wie er dazu gekommen sei, die lateinischen metra erst später einer poetischen bear

Warton, History of English Poetry. Ed. by W. C. Hazlitt, London 1871, III, 38. Wright, Biographia Britannica Literaria. London 1842, I, 394.

1

beitung zu unterziehen. Es ist die ansicht Rawlinson's, die Cardale aufnimmt, wenn er s. 4 der vorrede zu seiner ausgabe sagt: wir haben grund, zu glauben, dass Alfred aus Boetius' werke während der unglücksfälle trost schöpfte, welche ihn im ersten teile seiner regierung trafen. Nach seiner eigenen angabe, sagt Cardale weiter, übersetzte er es unter mancherlei weltlichen geschäften, die ihm oft leib und seele in anspruch nahmen. Ist dies mit notwendigkeit auf die schweren drangsale der ersten regierungsjahre zu beziehen? Abgesehen davon, dass ihn auch später äussere unruhen in anspruch nahmen, ist der eifer, mit welchem sich Aelfred zum wohle seines volkes den regierungsgeschäften widmete, trotzdem dass er schwer durch seine krankheit zu leiden hatte, mehr als genügend, um obigen ausspruch begreiflich erscheinen zu lassen. Es ist uns nun genau überliefert, wann die wissenschaftliche tätigkeit des königs begann; es war dies bald nach seinem zusammentreffen mit Asser, und zwar am 11. November des jahres 885.2 dahin verstand Ælfred noch nichts von der lateinischen sprache, es ist also unmöglich, die bearbeitung des Boetius in die zeit zu setzen, in welcher sie Cardale entstanden sein lässt. Da ferner die angabe des prosaischen vorwortes erst von einem anderen aus Alfred's vorrede zur übersetzung der Cura pastoralis genommen ist, müsste man mit viel mehr recht die letztere auch in jene zeit versetzen. Ferner erheben sich, wir bedürfen allerdings keiner gründe mehr, — noch innere bedenken gegen die wahrscheinlichkeit einer solchen ansicht, wie sie Cardale und andere von Rawlinson übernahmen. Wie soll man es sich vorstellen, dass die prosaübersetzung in zeiten des krieges, die poetische in zeiten des friedens und der ruhe verfasst worden sei? Man kann doch nicht annehmen, dass bei jener Alfred nicht nötig gehabt habe, seine gedanken zu

2

[ocr errors]

Bis

Neque mihi sane dubium, quin utraque ista Boethianorum carminum versio ab eodem prodierit Alfredo: prior cum adversis pressus sensum duntaxat auctoris exprimere satis haberet; posterior autem, cum otium postea nactus, de Poetica parte poetice qualitercunque reddenda cogitaret. Allerdings suchte Alfred, wie Asser berichtet, schon ehe er mit diesem bekannt wurde, von der weisheit seiner bischöfe den besten nutzen zu ziehen; so oft er nur zeit hatte, liess er sich von ihnen vorlesen, so dass er mit vielen büchern bekannt wurde, ehe er sie nur lesen konnte (Pau.i: könig Aelfred und seine stelle in der geschichte Englands s. 215—6).

sammenzunehmen. Warum soll er, wenn er sich vorgenommen hatte, die metra in versen widerzugeben, zunächst deshalb seine prosaübersetzung der metra verfasst haben, weil zur zeit der übertragung krieg geführt wurde? Vielleicht wird man behaupten, es haben die trüben verhältnisse seine poetische kraft gelähmt, und deshalb sei die poetische widergabe auf bessere zeiten verschoben worden. Der einfluss politischer verhältnisse auf die poesie kann aber nach belieben sehr verschieden gedeutet werden, es ist also geraten, ihn nicht heranzuziehen. So verwertet ihn Tupper in entgegengesetzter weise, er teilt auch die alliterierenden metra den trüben zeiten im beginne von Ælfred's regierung zu; wir müssen nach Tupper 'der tage gedenken, da Alfred seine sorgen zur harfe in dem sumpfigen Athelney oder in der hütte des kuhhirten einsam besang.'

Rawlinson's erklärung trägt zugleich die ansicht in sich, dass die allit. metra auf grössere freiheit schliessen lassen, dass sie eine bedeutendere leistung sind, als die prosaübersetzung, da sie mehr aufmerksamkeit und musse beanspruchten. Unsere erwartungen in bezug auf dieselben müssten also ausserordentlich hoch gespannt sein; denn wir haben gesehen, welch ein günstiges bild die prosa von ihrem verfasser bot, und die alliterierende bearbeitung der bereits einmal verarbeiteten gedanken soll so gross sein, dass wir sie nicht einer periode zuweisen können, welcher die prosa zufällt?

Es ist unbegreiflich, wie sich Rawlinson's ansicht über die entstehungszeit beider bearbeitungen trotz ihrer völligen inneren und äusseren unhaltbarkeit so einbürgern konnte. Rawlinson kam zu ihr wol nur durch das bestreben, Alfred's autorschaft zu stützen; in Wanley sehen wir ganz deutlich bedenken dagegen aufsteigen, das Elfred denselben stoff zweimal behandelt habe, und diese sucht er durch annahme jener erklärung zu beschwichtigen; er sagt von Rawlinson, bevor er sie in seinem Catal. p. 85 anführt.

Utramque tamen metrorum Latinorum versionem tuto Ælfredo Regi posse adscribi arbitratur, cujus quidem rei difficultatem sic argutissime solvit.

Wir finden also hier den versuch eines beweises dafür, dass Alfred auch die allit. metra verfasste; seine autorschaft ist ja durchaus nicht bewiesen, und mit dem gleichen rechte, mit dem man fordert, es müsse erst durch starke gründe

Anglia, VI. band.

9

t

bewiesen werden, dass Alfred die allit. metra nicht verfasst habe, kann man verlangen, dass für Alfred's verfasserschaft bessere gründe besonders aus dem werke selbst gebracht werden, als es bisher geschehen.

-

Vor

Die übersetzungen Ælfred's können nicht vor das jahr 885 fallen. Als erste derselben hat man die des Boetius bezeichnen wollen, aber Pauli's behauptung,' 'von geistlichen in der litteratur seiner tage belehrt, scheine Alfred dieses buch vor den übrigen studiert und sich zur übersetzung desselben angeschickt zu haben', kann gar nichts für ihre richtigkeit geltend machen. Dass Alfred 'damals des Lateinischen noch nicht hinreichend mächtig war, und Asser ihm daher den urtext, den er übersetzte, vereinfachen und auslegen musste, ist keineswegs als grund dafür anzugeben; denn auch die Cura pastoralis hatte sich Alfred, wie er in der vorrede selbst sagt, von erzbischof Plegmund, Asser und seinen priestern Grimbold und Johannes erklären lassen, 3 man darf dies also nicht auf Malmesbury's bemerkungen hin als etwas der übersetzung des Boetius besonders eigentümliches hervorheben, vielmehr machen die schwierigkeiten, welche Boetius' trostschrift bieten. musste, es unwahrscheinlich, dass er sich diesem werke zuerst zuwandte; denn wir wissen, dass er sehr bald nachdem er die erlernung der lateinischen sprache begonnen, seine tätigkeit als übersetzer aufnahm, und auch nachdem Alfred, wie ten Brink annimmt, Orosius und Beda übersetzt hatte, konnte er sehr wohl bei Boetius der hilfe bedurft haben. Ganz besonders spricht aber dagegen, die übersetzung desselben an erste stelle zu setzen, dass sich hier Ælfred als schriftsteller in jeder hinsicht vollkommener zeigt, als in den übrigen werken. Wir haben sonst keinen anhalt zur bestimmung der reihenfolge, in

1 Seite 221.

2 Pauli will dieses verfahren in der zusammengezogenen form der übertragung in der sogar manche abschnitte des originals ganz fehlen', noch erkennen; kann man dem an sich schon nicht beistimmen, so spricht noch dagegen, dass die Cura pastoralis, für welche das gleiche gelten müsste, genau übersetzt ist, während die übertragung von Beda's kirchengeschichte, bei der uns nicht von einer vorhergegangenen auslegung berichtet wird, lücken zeigt, für deren erklärung andere gründe geltend zu machen sind.

3 Dies ist natürlich nicht Johannes Erigena, wie Sh. Turner (II 10) meint, denn derselbe starb bereits im jahre $77.

« НазадПродовжити »