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FEB 9 1883

UEBER DIE QUELLEN CYMBELINE'S.

Einen der beliebtesten stoffe, welchen dichter alter und neuerer zeit bearbeitet haben, bildet die rechtfertigung und verherrlichung eines schönen weibes, welches beschuldigt wird die gattentreue gebrochen zu haben. Vornehmlich ist das mittelalter an dichtungen reich, die diesen gegenstand zum inhalt haben. Die meisten derselben gehören der romanischen literatur an. Unter ihnen erregen diejenigen ein besonderes interesse, welche mit einer wette auf die treue der schönen beginnen und damit zugleich das thema von vornherein bekannt geben. Die geschichte erhält dann folgende fassung. Ein mann rühmt in gesellschaft anderer die züchtigkeit und treue seines weibes. Dieses lob erweckt die eifersucht eines seiner zuhörer so sehr, dass dieser ihm eine wette darauf anbietet das weib für sich zu gewinnen. Der gatte nimmt dieselbe an. Sein gegner begibt sich zu der keuschen gattin und erklärt ihr seine liebe, wird aber abgewiesen. In der überzeugung seine wette verloren zu haben, wendet er sich an eine person, welche mit der getreuen in näherer beziehung steht. Mit hilfe dieser dritten person gewöhnlich eines alten weibes verschafft sich der übeltäter zeichen, die augenscheinlich seinen erfolg beweisen. Auf grund derselben glaubt der gatte dem betrüger. Er verstösst sein unschuldiges weib und beabsichtigt es ermorden zu lassen. Dasselbe erträgt aber die ausbrüche seines zornes mit geduld, bis schliesslich der schändliche betrug entdeckt und die gattin von dem verdachte der untreue vollständig gereinigt wird.

Die beweisführenden merkmale sind in den verschiedenen dichtungen verschiedener art. Gewöhnlich bestehen sie in einem male oder einer warze, welche sich auf der brust der schönen befindet; aber auch schon eine haarlocke, oder ein

Anglia, VI. band.

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gürtel, ein armband oder eine börse kann den gatten von der treulosigkeit seines weibes überzeugen.

Auch die handelnden personen in diesen dichtungen gehören verschiedenen ständen an. Zumeist sind sie der bürgerlichen klasse entnommen, doch gibt es auch eine nicht geringe zahl solcher dichtungen, in welchen sie aus adels- und hofkreisen stammen.

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Die heldin ist gewöhnlich eine verheiratete frau, zuweilen aber auch die braut, ja schwester des helden. Auf dem gebiete der romanischen literatur begegnet man diesem thema zuerst in italienischen novellen und französischen romanzen, durch welche es sich in die deutsche und englische literatur verpflanzt hat. Die hier in betracht kommende italienische novelle ist die 9. des 2. tags des Decamerone von Boccaccio. Deutsche bearbeitungen dieser erzählung des Boccaccio sind z. b. die von Zacharias Liebhold von Solbergk und von Michael Kongehl. Eine noch ältere ist die comedia des Hans Sachs Von der unschuldigen frau Genura. Die älteste deutsche ist jedenfalls das gedicht: 'Von zwein Kaufmann', welches von einem Ruprecht von Würzburg verfasst ist und in die übergangszeit vom 13. in das 14. jahrh. fällt. Dieses gedicht, welches sich abgedruckt findet in Grimm's 'Altdeutsche Wälder' bd. I, beruht allerdings auf einer französischen romanze.

Die wichtigste bearbeitung ist unstreitig die englische, das drama Cymbeline von Shakespeare. Wie es aber von den erwähnten deutschen bearbeitungen feststeht, dass diese nur die italienische novelle zur quelle haben, der sie denn auch im ganzen ziemlich genau folgen, so ist es bis jetzt noch nicht entschieden, ob der dichter des englischen dramas, der

1 'Eine schöne Historia von einem frommen gottesfürchtigen Kaufmann von Padua, welcher zu Mantua im Beisein anderer Kaufleut wegen seines lieben frommen Weibes Ehr und Frömmigkeit, sein Hab und Gut verwendet, solches ihm aber ein leichtfertiger Sykophant mit Betrug und Unrecht abgewand.' S. Gottsched, 'Nöthiger Vorrath zur Geschichte der dramatischen Dichtkunst' Leipzig 1757 s. 139. Dieses stück fällt in die zeit vor Shakespeare, dagegen nach Sh. das des Kongell, in die achtziger jahre des 17. jahrhts. Es führt den titel: Der unschuldig beschuldigten Innocentien Unschuld. Eine nachdenkliche Genuesische Geschichte in einem Misch-Spiel'. Gottsched s. 243. Ueber das verhältniss dieses stückes zu Cymbeline, s. Aug. Hagen: Shakespeare und Königsberg. ShakespeareJahrb. XV s. 325 f.

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seine vorlage in freier weise benutzt und erweitert hat, auch noch andere quellen hatte oder nicht; etwas bestimmt sicheres darüber ist noch nicht gesprochen, da man die als entferntere quellen zu Cymbeline scheinenden dichtungen mit diesem drama. noch nicht genau verglichen hat. Ich will nun versuchen das verhältniss derselben zu diesem darzulegen und die frage zu erörtern: hat sich Shakespeare von diesen dichtungen beeinflussen lassen oder nicht? Dieser aufgabe gemäss halte ich es nicht für unnütz, einesteils an den inhalt des dramas kurz zu erinnern, teilweise den der als quellen in frage kommenden dichtungen genauer zu analysieren, und anderenteils auch das erst genau festzusetzen, was Shakespeare aus der italienischen novelle des Boccaccio und der chronik des Holinshed entnommen hat. Denn der umstand, dass diese beiden mit sicherheit als die bis jetzt feststehenden quellen des dramas anzusehen sind, bietet insofern einen anhalt, als man dann dichtungen, welche gar keinen neuen zug, sondern nur dinge bringen, welche Shakespeare aus jenen beiden vorlagen entlehnt hat, mit gewissheit zurückweisen kann.

Die hier in frage kommenden dichtungen sind ausser der italienischen novelle, folgende:

1. Eine englische erzählung betitelt: 'The Tale told by the Fishwife of Standon-the-Green', welche sich in dem buche Westward for Smelts' findet.

2. Zwei altfranzösische romanzen, welche beide vermutlich ein und derselben zeit, der ersten hälfte des 13. jahrhunderts, angehören. Die eine ist betitelt: 'Le Roman de la Violette ou de Gérard de Nevers' und ist von einem Gilbert de Montreuil verfasst '; die andere führt den titel: 'Le Roman du comte de Poitiers.'

3. Ein altfranzösisches mirakelspiel: 'Un Miracle de Nostre-Dame comment Ostes roy d'Espaigne, perdi sa terre par gagier contre Bérengier qui le tray et le fist faux entendre de sa femme en la bonté de laquelle Ostes se fioit; et depuis le destruit Ostes en champ de bataille.'

4. Das deutsche märchen von Sneewitchen, welches Karl Schenkl in Germania V-458-50 mit dem drama Cymbeline in einigen punkten in enge beziehung gebracht hat.

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Man vermutet, dass diese romanze eine französische novelle zur grundlage hat, die betitelt ist: 'Le Roman dou roi Flore et la belle Jehanne', und einige gelehrte sind der meinung, dass die italienische novelle auf jener französischen romanze ruhe, während andere meinen, dass sie sich auf eine lateinische erzählung gründe.

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Cymbeline.

Akt I. Cymbeline, König von Britanien zur zeit des römischen kaisers Augustus, hatte von seiner ersten gemalilin eine tochter Imogen und zwei söhne Guiderius und Arviragus. Ein von ihm ungerechter weise verbannter hofmann Belarius hat aus rache diese beiden söhne in deren frühester kindheit geraubt und lebt nun mit ihnen in der tiefsten waldeinsamkeit. Des königs zweite gemahlin, ein böses ränkevolles weib, hat ihm einen stiefsohn Cloten zugebracht, welchen sie mit Imogen vermählen möchte. Diese hat sich aber schon mit Leonatus Posthumus, einem im gegensatz zu Cloten sehr tugendhaften edelmann, heimlich vermählt, welcher deshalb von Cymbeline verbannt wird. Posthumus geht nach Rom zu seinem freunde Philario, bei welchem er einige gefährten desselben trifft. Den stoff der unterhaltung bildet weibliche schönheit und tugendhaftigkeit. Einer von den freunden Philario's, Jachimo, spottet über die begeisterung, mit welcher Posthumus über die schönheit und treue seiner Imogen spricht, und verleitet ihn mit ihm in eine wette darauf einzugehen, dass auch Imogen seiner verführungskunst nicht widerstehen und dass er hiervon die deutlichsten beweise beibringen werde. Posthumus erklärt sich zu dieser wette bereit. Jachimo reist darauf zu Imogen, wird aber von ihr abgewiesen.

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Akt II. Durch eine verräterische list er gelangt in einer kiste in das schlafgemach Imogen's gewinnt er die nötigen beweismittel kenntniss von dem male auf ihrer brust und ein von ihrem gatten zum geschenk erhaltenes armband für seinen erfolg und gewinnt dadurch die sonderbare wette mit Posthumus, welcher nunmehr seine für treulos gehaltene gattin ermorden lassen will. - Der römische gesante Lucius fordert von Cymbeline im auftrage seines kaisers einen diesen schon lange schuldenden tribut.

Akt III. Lucius erklärt dem Britenkönig den krieg, da er abermals den tribut verweigert, und schickt sich zur rückreise an. Pisanio, der bei Imogen zurückgelassene treue diener des Posthumus, welchem letzterer den mord aufgetragen, entflieht mit ihr vom hofe ihres vaters, vereitelt aber den plan seines herren durch eine list: Imogen verkleidet sich als page und macht sich auf den weg nach Italien, um in die dienste des Lucius zu treten und in die nähe ihres gatten zu kommen. Auf ihrer wanderung gelangt sie ermattet zu einer höhle, welche dem Belarius und ihren brüdern als aufenthaltsstätte dient. Hier wird sie von diesen, welche waidmannshandwerk betreiben, freundlich aufgenommen, ohne dass sie sich gegenseitig erkennen. Cloten verfolgt in den kleidern des Posthumus die entflohene Imogen. Lucius wird in Rom zum feldherrn des heeres ernannt, welches gegen Cymbeline geschickt wird.

Akt IV. Imogen fühlt sich krank, fällt aber in folge des trankes, durch den sie woler zu werden geglaubt, in eine todähnliche onmacht. Diesen trank, welchen die von ihrem arzte Cornelius getäuschte königin für gift gehalten und den sie als stärkende arznei dem Pisanio gegeben, um ihn und Imogen aus dem wege zu räumen, hatte sie von dem diener zur erfrischung erhalten! Auch Cloten kommt an die höhle, wird aber von Guiderins, den er zum zweikampf reizt, getötet; sein haupt wirft der

selbe in den vorüberfliessenden strom. Die vermeintlich tote Imogen und Cloten werden nun beide zusammen in felsklüfte bestattet. Hier erwacht Imogen und durch die falschen kleider getäuscht, hält sie Cloten's rumpf fiir den leichnam ihres gatten. In tiefem schmerze über diesen verlust findet sie Lucius mit seinem heere, der sie in seine dienste nimmt. Belarius und seine pflegesöhne hören jetzt von der grossen gefahr, welche ihrem vaterlande durch das römische heer bereitet wird. Sie sind entschlossen gegen letzteres im vereine mit ihren landsleuten zu kämpfen.

Akt V. Posthumus von Pisanio mit der nachricht hintergangen, Imogen sei dem befehl gemäss von ihm ermordet, hat sich dem römischen heere angeschlossen, um in der schlacht seinen tod zu suchen. Er vertauscht aber bald aus vaterlandsliebe seine römische rüstung mit der eines britischen soldaten und kämpft gegen die Römer, unter welchen sich auch Jachimo befindet. Als es jedoch scheint, dass die Briten siegen, geht er wieder zu dem römischen heere über und hofft nunmehr zu fallen. Mit hilfe des Belarius und seiner beiden pflegesöhne tragen die Briten den sieg davon. Posthumus, Lucius, Imogen, Jachimo und andere Römer werden gefangen genommen. Der erstgenannte wird dem kerker überliefert. Belarius, Guiderius und Arviragus, welche vorgeben, edelleute aus Cambria zu sein, werden zu ritter geschlagen und die römischen gefangenen zum tode verurteilt. Da bittet Lucius für seinen treuen pagen Fidele so nennt sich Imogen in ihrer verkleidung un nachsicht. Cymbeline, der an ihr gefallen findet, sichert ihr das leben zu. Auf veranlassung Imogen's gesteht Jachimo reuevoll ein, dass er sie verleumdet hat. Dicselbe gibt sich jetzt zu erkennen. Pisanio, welchen Imogen in verdacht hatte sic vergiften zu wollen, wird von diesem durch Cornelius befreit, welcher die absichten der inzwischen verstorbenen königin kund gibt. Cymbeline fragt nach Cloten. Guiderius bekennt denselben getötet zu haben und wird deshalb zum tode verurteilt. In diesem augenblick entdeckt Belarius sich und die beiden prinzen. Der könig, erfreut seine söhne widergefunden zu haben, lässt Guiderius und Belarius unbestraft und gibt seiner tochter zu ihrer vermählung mit Leonatus Posthumus seinen väterlichen segen.

Das drama Cymbeline enthält zwei ganz von einander verschiedene erzählungen, deren eine auf den könig Cymbeline und seine beiden söhne sich bezieht; die andere die wette auf Imogen's treue zum gegenstande hat. Beide erzählungen hat Shakespeare in geschicktester weise vereinigt. Aus dieser verbindung entstanden die meisten unterschiede zwischen dem drama und seinen quellen.

Die erzählung von Cymbeline und seinen beiden söhnen findet sich bekanntlich in der chronik Holinshed's, welcher sich darin genau an den bericht des Galfred von Monmouth hält. Das, was hiervon in beziehung zu Shakespeares drama steht, ist folgendes.

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