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Real-Encyklopädie

für

protestantische Theologie und Kirche.

Unter Mitwirkung

vieler protestantischer Theologen und Gelehrten

in zweiter durchgängig verbesserter und vermehrter Auflage

begonnen von

D. J. J. Herzog † und D. G. T. Plitt +

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Drud von Junge & Sohn in Erlangen.

Scriver, Christian M., ist am 2. Januar 1629 zu Rendsburg geboren. Sein Leben war von Mutterleibe an ebenso reich an wunderbaren Behütungen Gottes wie an Trübsalen. In früher Jugend verlor er den Vater durch den Tod. Die tieffromme Mutter übernahm die Erziehung des Knaben, und ihre Frömmigkeit, besonders ihr Eifer im Gebet und im Umgang mit der hl. Schrift wurden von bleibender segensreicher Bedeutung für Scriver. Von einem begü= terten Verwandten unterstüßt, begab er sich zum Zweck des theol. Studiums nach Rostock. Hier übte vor allem Joachim Lütkemann einen entscheidenden Einfluss auf den gottseligen Jüngling aus, derselbe Lütkemann, an den sich auch Heinrich Müller (f. d. Art. Bd. X, S. 337) angeschlossen hatte. Nach Vollendung seiner theologischen Studien wurde Scriver erst 24järig — 1653 als Archidiakonus nach Stendal und 1667 als Pfarrer an St. Jacobi in Magdeburg berufen. Hier in Magdeburg stand Scriver als Seelsorger, Prediger, Schriftsteller auf der Höhe seiner Wirksamkeit. Er blieb mit seiner Magdeburger Gemeinde eng verbunden; 23 Jare durfte er an derselben wirken. Mehrere ehrenvolle Berufungen schlug er aus. Erst im höheren Alter, von dem Bedürfnisse nach Ruhe geleitet, entschloss er sich, dem Rate Speners folgend (1690), einen Ruf als Oberhofprediger in Quedlinburg anzunehmen. Nur drei Jare blieb er mit bereits gebrochener Kraft in dieser Stellung. Er starb am 5. April 1693. Scriver war einmal verheiratet, von seinen 14 Kindern überlebten ihn nur zwei. Sein Walspruch war: Als die Sterbenden, und siehe, wir leben!

Scriver gehört zu jenen lutherischen Theologen, welche, wie sein Zeitgenosse Heinrich Müller, in der zweiten Hälfte des 17. Jarhunderts gegen die mehr und mehr zu Tage getretenen Schäden der lutherischen Kirche, vor allem die Veräußerlichung christlichen Wesens, ihre Stimme erheben und dadurch dem Pietismus die Ban bereiten Scriver war mit Spener befreundet, und von beiden liegen Zeugnisse gegenseitiger Anerkennung und Wertschäßung vor. Wenn auch von dem Übereifer Einzelner seine Rechtgläubigkeit verdächtigt worden ist, so steht doch Scriver unzweifelhaft im Mittelpunkte der lutherischen Lehre: der Artikel von der Rechtfertigung aus Gnaden ist ihm der Augapfel des evangelischen Glau= bens, im Preise der freien Gnade Gottes in Christo, welche er an der eigenen Seele erfaren hat, kann er sich nicht genug tun, daneben aber legt er den höchsten Wert auf Taufe und Abendmal-nächst Luther finden wir bei Scriver das Trefflichste, was in der lutherischen Kirche in praktischem Interesse über die Sakramente geschrieben worden ist. Was Scriver predigt, was er schreibt, ist Frucht und Zeugnis eines reichen Innenlebens. Seine stetige durch merkliche Unterbrechungen nicht gestörte geistliche Entwicklung, das mannigfache Kreuz, das er in schweren Heimsuchungen in seinem häuslichen Leben, in eigener körperlicher Hinfälligkeit u. a. m. erfaren, eine ausgedehnte mannigfaltige Amtswirksamkeit, welche ihn als treuen nachgehenden Seelsorger mit den verschiedenartigsten geistlichen Zuständen seiner Gemeindeglieder in Berürung brachte, sind die Quellen seines inneren Reichtums. Dazu gesellt sich bei ihm ein hohes Maß natürlicher Begabung. Eine reiche Phantasie steht ihm zu Gebote, er weiß dieselbe jedoch in Schranken zu halten und fast nie gelangt sie zur Alleinherrschaft. Scriver hat einen offenen Blick für das Naturleben. Wie er auch aus den entferntesten und verborgensten Teilen der hl. Schrift immer das treffende Wort oder Bild zu finden versteht, wie ihm bei seiner seltenen Belesenheit auch in der außertheologischen Litteratur seiner Zeit eine Fülle von treffenden Bemerkungen, Gleichnissen, Anekdoten, Beispielen aus derselben für seine Predigten und praktisch-litterarischen

Real-Encyklopädie für Theologie und Kirche. XIV.

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