Зображення сторінки
PDF
ePub

6.

Hand zeichnungen

von

Goethe.

Radirte Blätter, nach Handzeichnungen (Skizzen) von Goethe, herausgegeben von Schwerdtgeburth, Weimar 1821.

Das Unternehmen einiger verdienten Künstler, nach meinen Entwürfen radirte Blåtter herauszugeben, muß mir in mehr als einem Sinne erwünscht seyn; denn wie dem Dichter die Melodie willkommen ist, wodurch der Tonkünstler sein Lied für ihn und andere belebt, so freut es auch hier ältere långst verklungene Bilder aus dem Letheischen Strome wieder hervorgehoben zu sehen.

Anderntheils aber hab' ich längst bedacht, daß in den Bekenntnissen, in den Nachrichten, die ich von mei nem Lebensgange gegeben, des Zeichnens öfters erwähnt wird, wobei man wohl nicht mit Unrecht fragen könnte, warum denn, aus wiederholter Bemühung und fort= dauernder Liebhaberey, nicht auch etwas künstlerisch Be= friedigendes habe hervortreten können.

Da läßt sich nun vor allen Dingen von den Vorthei len flüchtiger Entwürfe nach der Natur für den Einzelnen · so manches erwähnen: denn wie man von Leibnitz erzählt, daß er bei'm Lesen, Sprechen, Denken gar vieles angemerkt, ohne die Blätter jemals wieder anzusehen,

und dennoch dadurch jene bedeutenden Momente seinem Gedächtniß eingeprägt; also ist es auch mit flüchtigen Skizzen nach der Natur, wodurch uns Bilder, Zustånde, an denen wir vorüber gegangen, festgehalten werden und die Reproduction derselben in der Einbildungskraft glücklich erleichtert wird. Nun kommt hinzu, daß der Liebhaber, dessen Hand nicht fertig genug ist, allen und jeden Gegenständen eine anmuthige Nachbildung zu verleihen, auf's Bedeutende hinstreben und dasjenige sich zueignen wird, was einen auffallenden, sich besonders aussprechenden Charakter hat. Dergleichen glaubten freundschaftlich gesinnte Künstler schon långst unter meinen Blåttern zu finden; wie denn der uns allzufrüh entrissene Kaaß sich eine Sammlung aussuchte, davon aber Gebrauch zu machen durch tödt= liche Krankheit verhindert ward.

So ist denn auch der schönste Gewinn, den der Liebhaber bei seinem unerreichten Streben dennoch genießt, daß ihm die Gesellschaft des Künstlers lieb und werth, unterhaltend und nüßlich bleibt; und wer auch nicht selbst hervorzubringen im Stande ist, wird, wenn er sich nur kennt und zu beurtheilen weiß, im Umgang mit productiven Menschen immer gewinnen, und wo auch nicht gerade von dieser Seite, doch von einer andern sich ausbilden und auferbauen.

Im Gefühl übrigens, daß diese Skizzen, selbst wie fie gegenwärtig vorgelegt werden, ihre Unzulänglichkeit

nicht ganz überwinden können, habe ich ihnen kleine Gedichte hinzugefügt, damit der innere Sinn erregt und der Beschauer löblich getäuscht werde, als wenn er das mit Augen såhe, was er fühlt und denkt, eine Annäherung nåmlich an den Zustand, in welchem der Zeichner sich befand, als er die wenigen Striche dem Papier anvertraute.

Ein Gleiches haben wir schon oben bei flüchtigen Zeichnungen eines Freundes gethan; denn wenn man von einem jeden Kunstgebilde zwar verlangen kann, daß es sich selbst ausspreche, so gilt dieß doch eigentlich nur von gewählten, der größten Ausführung sich eignenden Werken. Andern hingegen, welche etwas zu denken und zu wünschen übrig lassen, mag man wohl mit guten Worten eine schickliche Nachhülfe gönnen.

Mannichfaltiges was hier noch zu sagen wåre, bleibe verspart auf den Fall, daß die Unternehmung begünftigt würde, und mehrere Blätter, über die man sich äußern könnte, den Freunden der Kunst und der Sitte vorgelegt wåren.

I.

Einsamste Wildnifs.

Ich sah die Welt mit liebevollen Blicken,

Und Welt und ich wir schwelgten im Entzücken;

So duftig war, belebend, immer frisch,

Wie Fels, wie Strom, so Bergwald und Gebüsch.
Doch unvermögend Streben, Nachgelalle,

Bracht' oft den Stift, den Pinsel bracht's zu Falle;

« НазадПродовжити »