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Anschauungen und Gefühle zu einer Totalität, in der das Endliche oder das Stückwerk vollendet und vollkommen wird. - Wem dies ein kühner Uebergriff aus unsern grundlegenden Betrachtungen dünken sollte, der möge erwägen, daß die Aesthetik wie jede Wissenschaft einen Beitrag zur Erkenntniß Gottes zu liefern hat, und daß durch die in ihrem Lichte mögliche Erklärung des Schönen unsere Gottesidee selbst bewährt und bestätigt wird.

Erst also wenn Raum und Zeit als Formen des idealen Lebens selbst aufgefaßt werden, das sich in ihnen realisirt und ein bestimmtes und wahrnehmbares Dasein gibt, erst dann ist es möglich, daß raumzeitliche Erscheinungen einen idealen Eindruck auf uns machen, daß in ihnen eine Idee niedergelegt und angeschaut werden kann. Die Empfindung des Schönen wird aber erfahrungsgemäß nur durch solche Erscheinungen in uns erweckt, welche der Ausdruck einer Idee sind und diese in sinnlich wohlgefälliger Weise darstellen. Der Zeus des Phidias war hellglänzendes Gold und mildschimmerndes Elfenbein, deren große Massen ein anmuthreiches Spiel von Licht und Schatten, von hervortretenden und zurückweichenden, zum Ganzen sich abgerundet zusammenschließenden Flächen gliedert; dies sah das leibliche Auge und erfreute sich an der Pracht der Farbe und folgte mit Lust der Bewegung im Zuge der Linien. Aber vor diesem Aeußeren, vor der Materie des Bildes beugte der Grieche die Kniee nicht, sondern er demüthigte sich vor der Idee des Gottes, deren Herrlichkeit ihn erhob. Es war die Versöhnung von ehrfurchtgebietender Macht und gnadenreicher Huld, die in der milden Majestät des Vaters der Götter und Menschen zur Anschauung gebracht wurde; es war eine religiöse Wahrheit in sinnenfälliger Form, und durch die Harmonie der inneren Bedeutung und der äußeren Gestaltung war sie schön. Die Zahlenverhältnisse der Tonschwingungen in Beethoven's Symphonie aus c würden den Gefühlsschauer in unserer Brust nicht erregt, die blosen Klänge für sich unsere Seele nicht entzückt haben: erst indem die Sehnsucht des Geistes, sein Schmerz über die Noth des Lebens, sein Ringen mit ihr und sein Siegesjubel in der Weltüberwindung vom schöpferischen Meister in seine wohllautenden Melodiengeflechte hineingelegt und durch sie in vollen Strömen wieder in unser Gemüth ergossen worden, erst in dieser Durchdringung und Verschmelzung von Gedanken, Tonmaterial und Gefühl haben wir die Schönheit. Vor Raphael's Transfiguration gewahren wir zunächst unten

dunklere, oben hellere Farben, und die Gestalt des verklärten Heilandes zieht das Auge als Lichtmittelpunkt an; unruhige, auseinander strebende Linien in der unteren Hälfte, sich sanft zusammenneigende in der oberen bilden einen die Aufmerksamkeit erregenden Contrast und finden dort das. Ziel ihrer anmuthigen Bewegung, wo auch die Farbengegensäße im reinen Licht zusammenrinnen. Dies ist das Aeußere des Bildes. Seine Seele aber ist die Idee der Religion, der Hingabe an Gott, die Kampf und Schmerz des Lebens löst und stillt, und das Irdische in das Himmlische verklärt. Und diese Idee stellt sich dar in der Begebenheit der hülfesuchenden Familie, die den besessenen Knaben zu den Jüngern bringt, deren einer nach oben deutet, wo der Meister in göttlicher Glorie zwischen Moses und Elias schwebt, wie das Gesez und die Propheten auf ihn als den Vollender hingewiesen. . Der allgemeine Gedanke, die besondere Handlung, die sinnlichen Darstellungsmittel stimmen und wirken zusammen, und so wird Vernunft, Gemüth und Auge zugleich befriedigt und erfreut, und dadurch erblüht die Schönheit.

Wir wollen das Schöne nun unter diesem doppelten Gesichtspunkt nach seinem idealen und nach seinem realen Elemente, nach der geistigen und sinnlichen Seite betrachten, wobei, wenn wir es vergessen wollten, die Sache selbst uns stets wieder dahin führen würde, daß beide stets untrennbar zusammengehören, da die Schönheit nach Schiller's Wort die Bürgerin zweier Welten ist, die den sinnlichen Menschen zum Denken leitet, den geistigen Menschen zur Natur zurückführt und der Sinnlichkeit wiedergibt.

Im Schönen ist immer ein geistig Allgemeines; wir müssen alles unter der Gestalt der Idee denken können, wenn von Schönheit die Rede sein soll. Unsere Sinneswahrnehmung erfaßt zunächst einzelne Dinge; wir kommen in unserer Auffassung zur Bestimmtheit des Besonderen, indem wir es von Anderem unterscheiden, wie es von diesem an sich durch seine eigne Form und Wesenheit unterschieden ist. Aber anders unterscheidet sich und unterscheiden wir die Eiche von der Linde, als von dem Adler, Goethe von Schiller, als von einem Stein. Achten wir hierauf, so finden wir bald: es unterscheiden ganze Kreise von Gegenständen sich von andern Kreisen dadurch, daß sie bestimmte Merkmale gemeinsam haben; und danach bilden wir den Begriff des in ihnen gleichen und einen Wesens, danach lernen wir den Sinn und das Wesen der Sache im Zusammenhang und Inbegriff aller

Dinge aussprechen, und das Geseß finden, welches die besondere Erscheinung durchwaltet, die Ordnung finden, die sie gliedert. Es sind Gedanken, die dies ausdrücken. Wir würden das Wesen der Dinge nicht im Begriff erfassen können, wenn sie nicht selber in demselben befaßt und begriffen wären; unsere Gedankenform würde ihr Sein völlig verändern, da eben alles Sein durch die Form die Bestimmtheit seiner Natur hat, wenn die Dinge nicht ursprünglich im göttlichen Geiste gedacht wären, der zugleich der Urquell unsers eigenen Erkenntnißvermögens ist. Der göttliche Geist braucht die Welt nicht zu überwinden und denkend zu be= wältigen, ihm steht kein unbegriffenes Dunkel gegenüber, vielmehr die Acte seines Denkens und Erkennens bilden die Ordnung und den Grund der Welt, die Seele der Dinge. So vernimmt unsere Vernunft die Vernunft in der Welt, und unser Denken erfüllt und bestimmt sich durch die in der Natur und Geschichte niedergelegten und entfalteten göttlichen Gedanken. In der Erkenntniß der Wahrheit denken wir die Dinge, wie sie in Gott sind. Wir erfassen uns selbst als einen seiner Gedanken, und so sind wir ursprünglich in der Wahrheit und können sie auch aus der eigenen Vernunft entwickeln. Das ist der Bliz der Erleuchtung, wenn fie uns im eigenen Innern klar wird, es ist nicht eine Eingebung von außen, sondern vielmehr ein Erwecktwerden im Innern, ein Auftauchen aus unserm Lebensgrunde, dem göttlichen Geist. Auch was wir lernen, müssen wir in uns erzeugen. Man kann ja nicht Gedanken, Wahrheiten in die Seele, in das Bewußtsein hineinstecken wie Aepfel in einen Sack, man kann das Bewußtsein nur anregen, die Ideen in sich selbst hervorzubringen.

Auch der Geist gehört zum Sein, auch er ist real; aber während die Materie ihr selber äußerlich, verschlossen und unverstanden bleibt, ist er vielmehr das sich selbst erfassende, sich selbst bejahende und dadurch sich als Geist sezende Sein. Sein Zusich selbstkommen ist sein Bewußtwerden. Indem er sein Vermögen verwirklicht, seine Anlagen ausbildet, sein Wesen zu seiner That macht, das Gesez seines Lebens erfüllt, bringt er dies alles zu seiner eignen Anschauung, erfährt er, was er selber ist, und alles Erkennen ist zuerst und zulezt Selbsterkennen.

Die Sinnesanschauung gibt uns überall nur Besonderes, das Denken sucht und erfaßt überall das Gefeß, das Allgemeine; der ästhetische Geist schaut eines im anderen. Er steht innerhalb der von Kant eroberten Einsicht: Begriffe ohne Anschauungen find

leer, Anschauungen ohne Begriffe blind. Er sucht nicht eine höhere Wahrheit erst hinter den Dingen, sondern unmittelbar im Gegenwärtigen offenbart sich ihm das Ewige. Alles Factische ist selbst schon Theorie, die Phänomene selbst sind die Lehre, sagte der weise Dichter 1). Den Dingen sind die göttlichen Gedanken eingebildet, wie sie in unserm Bewußtsein liegen; aber während sie jenen verborgen bleiben, ruft ihre Erscheinung sie in unserer Seele wach; sie werden nicht von außen in uns hineingetragen, unsere Thätigkeit wird aufgerufen, sie in uns zu erzeugen, und den in ihr selbst gefundenen Gedanken sieht die Seele zugleich in der Welt ausgeprägt.

Aber fragen wir nun nach dem Begriffe der Idee selbst, so unterscheiden wir sie von den Abstractionen des Verstandes, die dadurch entstehn, daß wir vieles Besondere aus mehreren Anschauungen weglassen, um diese dann unter einen gemeinsamen Ausdruck fassen zu können, oder daß wir einzelne Bestimmungen von den Dingen ablösen, die nicht deren ganzes Wesen ausmachen. Es ist eine Abstraction, wenn wir bei dem Begriffe des Baumes davon absehen, ob er Laub oder Nadeln trägt. Die Länge, die Breite eines Gegenstandes, seine Gleichheit mit sich selbst, seine Aehnlichkeit oder Unähnlichkeit mit andern sind für sich nicht darstellbar, und Raum und Zeit malen zu wollen, war eine arge Verirrung. Der Verstand erkennt die Beziehung der Dinge zu uns und zu andern, und sezt aus solchem Relativen wol einen Begriff zusammen, aber der ist dann nicht der angemessene Ausdruck ihres Wesens; was ein Schaf ist, erfahren wir nicht dadurch, daß wir wissen, der Wolf stellt ihm nach und wir kleiden uns in seine Wolle; dies Verhältniß der Gegenstände zu einander, ihre Nüglichkeit oder Schädlichkeit für einander kann nicht Idee genannt werden. Die Idee macht vielmehr das eigene Wesen der Dinge aus. Sie ist der Inbegriff und Einheitspunkt alles Lebendigen, aus welchem das Mannichfaltige entspringt und abgeleitet wird; sie ist das Allgemeine, welches das Besondere nicht ausschließt, sondern in sich und unter sich befaßt, und für eine Reihe von einzelnen Gegenständen, die es in sich vereint, den Grundunterschied von andern Gebieten des Seins bezeichnet, und dadurch sie in ihrem Dasein, in ihrer Eigenthümlichkeit und Natur bestimmt. So ist sie die allgemeine Form, in welche ein vielfacher Inhalt eingeht, und dadurch aus der Unbestimmtheit, die das Nichts wäre, zur Besonderheit, zur Erkennbarkeit kommt, daß er jene in sich aufnimmt und an sich darstellt.

Platon, der Begründer der Ideenlehre, bestimmte selbst sogleich die Idee als den göttlichen Gedanken der Dinge. So ist sie deren Ur- und Musterbild im Geiste Gottes, und damit die unter der Gestalt der Ewigkeit und Nothwendigkeit erkannte Form und der höchste Zweck des Seienden. Wir reden von der Humanität als der Idee der Menschheit. Sie ist das allen Menschen Zukommende, das immerdar Geltende für alle, das Gesez ihres Lebens, ohne das sie nicht Menschen wären, das sie von den Thieren oder Pflanzen unterscheidet, damit die nothwendige Bedingung ihres Daseins; sie ist das Dauernde im Wechsel der Individuen, und wie auch die einzelnen Persönlichkeiten wachsen oder altern, sie bleiben Menschen, bleiben der Idee der Menschheit theilhaftig. Diese kann von ihnen nicht hinweggenommen oder hinweggedacht werden ohne daß sie aufhörten zu sein. Die einzelnen Menschen aber sind nicht fertig, noch ist das ganze menschliche Geschlecht in seiner Entwickelung abgeschlossen, vielmehr ist das Leben Fortbildung, Verwirklichung der inneren Anlagen, und so erscheint die Idee, hier die Humanität, zugleich als der höchste Zweck oder das Ziel dieser Entwickelung und Fortgestaltung, als die Lebensaufgabe und die Bestimmung der Einzelnen wie des ganzen Geschlechts. Wir reden von der Idee des vegetabilischen Organismus und befassen darunter alles das was die Natur der Pflanzen und zwar aller Pflanzen kennzeichnet, was durch sie alle realisirt wird, was jeder die Norm und die unumgängliche Grundlage ihrer Entfaltung gewährt. Wir reden von der Idee des Staats. Sie unterscheidet das geordnete menschliche Gemeinwesen von der Heerde oder Räuberbande; alle Verfassungen, Monarchie und Republik, haben theil an ihr und sind dadurch Staatsformen, aber die eine prägt fie völliger aus als die andere, und hiermit ist die Idee das Maß der Beurtheilung, das im Geist erschaute Musterbild der Staaten überhaupt, darin in harmonischer Durchdringung alles das begriffen ist was in seiner Vereinzelung vorherrschend das Princip der besondern Verfassungen ausmacht. So nennen wir die Idee des Schönen den einheitlichen Inbegriff aller schönen Erscheinungen, das zum Bewußtsein gekommene Sein des Schönen, das sich in allen schönen Dingen findet, das sie vom Häßlichen oder vom Gewöhnlichen unterscheidet, und es heißt uns überhaupt dasjenige schön was nicht erst Gegenstand unsers Nachdenkens zu werden braucht um innerhalb seiner Idee erkannt zu werden, sondern was sofort durch sein Erscheinen die ihm zu

Garriere, Aesthetik. 1.

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