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Abbild des menschlichen Verkehrs, unmittelbar aus dem Leben auf die Bühne gebracht. Denn im wirklichen Leben redet ja der Mensch nur zum Menschen und wenn er zu sich und mit sich selber spricht, so geschieht das in der Regel doch nur in Gedanken, nicht in Worten, vor Allem aber nicht in längerer zusammenhängender Rede, wie der Dramatiker ihn auf der Bühne sprechen läßt. Auf der Bühne ist das laut ausgeführte Selbstgespräch freilich eine Nothwendigkeit, wenn die Gedanken, die der Schauspieler seinem Mitschauspieler vorenthalten will oder muß, doch den Zuschauern offenbar werden sollen. So gestaltet sich denn der Monolog zu einer theatralischen Convenienz, zu einem Hülfsmittel, dessen Unentbehrlichkeit allseitig anerkannt und dessen Anwendung dem Dramatiker als ein selbstverständliches Recht gestattet wird. Fraglich und bedingt bleibt dabei nur das Maaß und Ziel dieser Anwendung von Seiten des Dichters. Der Monolog darf ebensowenig da erspart und vernachlässigt werden, wo sein Fehlen eine Lücke in dem Gange der Handlung oder eine Dunkelheit der Entwickelung der Charaktere veranlassen würde, wie es andererseits nicht überflüssiger Weise an ungehörigem Platze eingeschoben werden darf, etwa als ein bloßes Paradestück des declamatorischen Pathos oder als ein müßiges Spiel des Witzes. Der Monolog muß vielmehr seine jedesmalige Stellung im Drama aus sich selber rechtfertigen können, aus einer innern Nothwendigkeit gleichsam da stehend wo es steht, im engsten Zusammenhange mit dem, was ihm vorangeht und was ihm nachfolgt, als ein festeingefügtes Glied in der großen dialogischen Kette der übrigen Scenen.

Diese Theorie des Monologs, die hier nur in einigen flüchtigen Zügen sich skizziren ließ, möge denn nun ihre vervollständigende Illustration erhalten an der Praxis Shakespeare's als des sichersten Führers und Meisters auch auf diesem Gebiete dramatischer Kunst. Freilich würde es die mir gesteckten Grenzen eines Vortrags weit überschreiten, wollte ich Shakespeare's Verfahren an einer Musterung seiner sämmtlichen Dramen nachweisen. Ich werde mich vielmehr auf das engere Gebiet der Tragödie beschränken müssen und zwar auf die fünf grossen tragischen Dramen, deren Bekannschaft ich bei Ihnen Allen am sichersten voraussetzen darf und zur Vermeidung weitläufiger Inhaltsrecapitulation allerdings auch voraussetzen muß.

Wir beginnen mit der frühesten der fünf großen Tragödien unseres Dichters, an denen wir den Gebrauch des Monologs nachzuweisen haben, mit Romeo und Julie. Von vornherein ist es klar, daß da die Stellung

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der beiden Liebenden zu einander und zu ihrer Umgebung, isolirt wie sie dastehen, mitten in den Conflicten der Parteiwuth ihrer hadernden Familien, sie für alle Aeußerungen ihrer Empfindungen in Wonne und Verzweiflung auf sich selbst, d. h. auf den Monolog hinweisen muß. So hat denn Shakespeare auch von dem Monolog den ausgiebigsten Gebrauch gemacht; aber nur und das ist ein feiner charakteristischer Zug für die wahre echte Leidenschaft der Beiden, nicht für die unklaren oder unentwickelten Gefühle, die dieser Leidenschaft bei Beiden vorangingen. Romeo macht seiner halt- und grundlosen Liebesschwärmerei für die spröde Rosalinde in keinem Monologe Luft, sondern nur im witzelnden Dialoge mit seinen Freunden. Und auch Julie äußert in keinem Monologe den Eindruck, den die von der Mutter ihr angekündigte Bewerbung des Grafen Paris auf ihr Herz, das noch nicht gesprochen hat, hervorbringen mochte. Erst die erste Begegnung des Liebespaares auf dem Feste der Capulets beseitigt mit ihrem urplötzlich zündenden Lichte den bisherigen Dämmerungszustand, und da tritt der Monolog beiderseits in sein Recht und kurz, aber entschieden, zeichnet er gleichsam das Programm der jetzt beginnenden Tragödie. Zuerst von Seiten Romeo's, da er Juliens Abstammung erfährt, in dem Ausruf:

Sie eine Capulet! O theurer Preis! mein Leben

Ist meinem Feind als Schuld dahingegeben.

Und dann Julie, noch ehe sie Romeo's Namen und Herkunft weiß:

Ist er vermählt,

So ist das Grab zum Brautbett mir erwählt.

Nachdem sie aber Namen und Herkunft erfahren hat:

So einz'ge Lieb' aus einz'gem Haß entbrannt.

Ich sah zu früh, die ich zu spät erkannt.

Mein Lieben kündet Unheil im Beginn:

Dem schlimmsten Feinde gab mein Herz ich hin.

Ihren vollen Erguß in Worten findet Romeo's Leidenschaft aber erst in seinem folgende Monologe, Nachts, im mondhellen Garten der Capulets unter dem Fenster, an welchem Julie sichtbar wird. Bei ihrem Anblick gedenkt er nicht mehr des Familienhaders, der sie trennt oder doch trennen sollte. Nur die Feier der Schönheit Juliens bildet den Inhalt dieses Hymnus der Liebe als die nothwendige Einleitung gleichsam zu dem Zwiegespräch, das sich daran schließt und den Bund der Beiden für das Leben und den Tod besiegelt. Bezeichnend für diesen Monolog Romeo's ist es, daß eben nur der Preis der sonnengleichen Erscheinung Juliens darin vorherrscht und daß Romeo's eigene Liebesempfindung sich

nur in diesem Preise wiederspiegelt, sonst aber hier kaum zu ihrem entsprechenden Ausdrucke gelangt.

Aus dem Garten der Capulets in der Mondnacht führt uns der Dichter unmittelbar in den Klostergarten Lorenzo's im Morgenlichte und zeigt uns den vielkundigen Mönch als Sammler von Kräutern aller Art, heilsamen wie giftigen. Sein philosophisches Selbstgespräch bei dieser Beschäftigung, ohne scheinbare Bezugnahme auf die uns bisher bekannt gewordenen Personen und Verhältnisse, erhält seine Würdigung und Berechtigung für uns erst später aus der Verwendung, welche der vertraute Beichtvater der beiden Liebenden von seiner botanischen Wissenschaft für die Bereitung des verhängnißvollen Schlaftrunkes macht.

In jener früheren Gartenscene hatte Julie in ihrer Apostrophe an den vermeintlich abwesenden Romeo des aus dem Familienhader entspringenden Hindernisses ihrer Liebe wohl gedacht:

Dein Nam' ist nur mein Feind. Du bleibst du selbst,

Und wärst du auch kein Montagu.

Und zum Schlusse, ehe noch Romeo sich zu erkennen gab:

Und für den Namen, der kein Stück von dir,

Nimm ganz mich selbst.

Jetzt hat Romeo sie beim Worte genommen. Der Bund der Liebenden ist geschlossen und in Juliens nächstem Monologe kümmert sie nicht mehr der Familienhader der Montagues und Capulets, sondern nur die Saumseligkeit der Amme, ihrer Liebesbotin an Romeo, die schon drei Stunden fort ist und noch immer mit dem heißersehnten Bescheide nicht zurückkehrt. Bedeutsam genug betont Julie da ihr Herz, ihr warmes jugendliches Blut im Contraste mit der schwerfälligen Unbehilflichkeit ihrer alten Amme. Solche psychologische und physiologische Fingerzeige für das Verständniß der Charaktere und der rasch weiterstürzenden Handlung zu geben, dazu hat der Dichter den Gebrauch des Monologs für vorzugsweise geeignet erachtet.

Zwischen dem zweiten und dritten Akte des Dramas vollzieht sich die heimliche Trauung des Liebespaares durch den hilfsbereiten Mönch Lorenzo, und demgemäß trägt der neuvermählten Julie folgender Monolog einen von dem vorhergehenden Monologe der bräutlichen Julie wesentlich verschiedenen Charakter. Wenn in jenem in leidenschaftlicher Klage die ungeduldige Erwartung der Rückkehr der Amme mit der ersehnten Botschaft von Romeo sich aussprach, so äußert sich in diesem Monologe die Erwartung des ersten Besuchs ihres jungen Gatten in einem innigeren und zugleich gehaltneren Tone. Der Monolog gipfelt in den Worten:

Ich kaufte einen Sitz der Liebe mir,

Doch ach! besaß ihn nicht: ich bin verkauft,

Doch noch nicht übergeben.

Auch hier finden wir Andeutungen, welche Julie füglich nur im Selbstgespräch machen konnte, Andeutungen, die im Gespräch mit der Amme und mit Romeo kaum am Platze gewesen wären.

Die nun eintretenden gewaltsamen Ereignisse: Tybalt's Tod, Romeo's Verbannung, Juliens erzwungene Verlobung mit Paris, schaffen eine allseitig veränderte Situation, und diese resümirt sich in dem kurzen Monologe, mit welchem die nun auch von der Amme in ihren Nöthen verlassene Julie den dritten Akt beschließt. Indem sie sich von ihrer bisherigen Vertrauten und Rathgeberin lossagt, gedenkt sie des Mönches Lorenzo. Wenn auch der ihr nicht helfen kann, so bleibt ihr doch als letzte Zuflucht der Selbstmord. Die verzweiflungsvolle Energie dieses Entschlusses fordert hier den kürzesten und knappsten Ausdruck der Sprache und führt uns zurück auf jenen eben so kurzen und knappen Ausdruck, den wir in Juliens erstem Monologe fanden. Ohne Romeo kein Leben! das ist der beiden Monologen gemeinsame Inhalt, am Anfange wie jetzt am drohenden Ende dieses Liebesbundes.

Wenn durch Juliens Monologe, die wir bisher betrachteten, je ein leitender Gedanke hindurchging und ein einheitlicher Ton sich darin vernehmbar machte, so ändert sich das mit dem Monologe, zu dessen Betrachtung wir nunmehr übergehen. Julie hat sich nicht vergebens an den Mönch um ein Rettungsmittel in ihrer Bedrängniß gewandt, aber jetzt, da sie dieses einzige Rettungsmittel ergreifen, da sie den Schlaftrunk nehmen soll, drängen sich ihr, die wir bisher als so entschieden und entschlossen kennen lernten, mannigfache Bedenklichkeiten auf. Zuerst möchte sie, da ihre Lebenswärme schon vor der ahnenden Vorstellung des Kommenden zu erstarren beginnt, zu ihrem Troste die Amme zurückrufen. Aber

Mein düstres Spiel muß ich allein vollenden

sagt sie und greift zum Schlaftrunk. Aber vielleicht bleibt dieser Trank wirkungslos und sie muß am Morgen sich dem Grafen Paris antrauen lassen. Doch dafür liegt der Dolch bereit, das letzte Mittel, auf das schon der Schluß des vorigen Monologs hingedeutet hatte. So ist das Bedenken von der Wirkungslosigkeit des Trankes beseitigt, und an dessen Stelle tritt das andere Bedenken von einer tödtlichen Wirkung desselben. Aber nur für einen Augenblick giebt sie dem Verdachte Raum, der Mönch könne sie vergiften wollen, um sich selber vor den Folgen ihrer

von ihm vollzogenen Trauung mit Romeo sicher zu stellen. Ihr drittes Bedenken ist schlimmer als die beiden ersten, die sie leichter Hand abwies:

Wie aber, wenn ich, in die Gruft gelegt,

Erwache vor der Zeit, da Romeo

Mich zu erlösen kommt!

Alle Schrecknisse eines solchen zu frühen Erwachens in der Gruft malt ihre aufgeregte Phantasie in einer sich drängenden Reihenfolge grauenhafter Bilder sich aus, die dann ihren Höhepunkt erreichen in der Vorstellung eines sie packenden Wahnsinns und im Wahnsinn zu vollbringenden Selbstmordes. Wie sie in dieser Vorstellung Tybalt's Leichnam aus seinem Grabe zerrt, so sieht sie in ihrer letzten Vision Tybalt's Geist ihren Romeo mit dem Stossdegen bedrohen und in dem Drange, ihrem Romeo zu Hilfe zu eilen, leert sie in höchster Beängstigung den Becher mit dem Ausruf:

Ich komme, Romeo! Dies trink' ich dir.

Hier haben wir denn statt der Monologe der Reflexion, der Empfindung, der Selbstbekenntnisse, die wir bisher beobachteten, den Monolog der dramatischen Handlung, einen Monolog, der den Verlauf einer ganzen Scene in sich faßt, nur daß diese Scene im Innern eines Individuums, nicht im Aeußern der Wechselrede verschiedener Personen sich abspielt.

Ein schrofferer Contrast ist kaum denkbar, als der zwischen den beiden Monologen des verbannten Romeo in Mantua. Im ersten spricht sich in der Zuversicht einer glücklichen Traumdeutung die frohe Hoffnung baldiger Wiedervereinigung mit der geliebten Julie aus. Da mitten in die anticipirte Ausmalung dieses Wiedersehens kommt ihm durch seinen Diener die Kunde von Juliens bereits erfolgtem Tode und Begräbniß, und rasch ist sein Entschluß gefaßt:

Wohl, Julie, heute Nacht ruh' ich bei dir.

Ich muß auf Mittel sinnen.

Und dieses Mittel ist bald gefunden: es ist das Gift, dessen Verkauf zwar das Gesetz in Mantua mit dem Tode bestraft; aber die hungerleidende Armuth des Apothekers, deren drastisch anschauliche Schilderung den folgenden größeren Theil des zweiten Monologs ausfüllt, wird sich durch Romeo's Gold schon bewegen lassen, das Gesetz zu brechen. In das leibliche Elend dieses Apothekers hatte sich schon früher Romeo wie zufällig im Vorübergehen an seinem Laden vertieft, gleichsam wie in ein Seitenstück zu seinem eignen geistigen Elend in der Verbannung zu Mantua.

Die grosse Schlußscene der Tragödie bringt uns zunächst in einem Monologe des Grafen Paris sein der Julie dargebrachtes Todtenopfer, das

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