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gehorsamen Kleriker, an der Entlarvung des falschen Angelo einen, wenn auch geringfügigen, Antheil nehmen. Ein zweiter in 'Maaß für Maaß' auftretender Mönch Thomas, für die Handlung ohne jede Bedeutung, hat in der That gar keine Gelegenheit, irgend einen Charakterzug zu entwickeln, wogegen der Begräbnißgeistliche im Hamlet, welcher der Ophelia die Exequien versagt, plastisch hervortritt als zelotischer Verfechter einer harten Satzung, dessen herber Eifer am Grabe der holden Unglücklichen sich zu dem Ausspruch versteigt:

Ihr Tod war zweifelhaft,

Und wenn kein Machtgebot die Ordnung hemmte,

So hätte sie in ungeweihtem Grund

Bis zur Gerichtstrommete wohnen müssen.

Statt christlicher Gebete sollten Scherben

Und Kieselstein' auf sie geworfen werden.

Alle diese, dem katholischen Clerus niederer Ordnung angehörigen, Geistlichen treten mit einer ihrem Berufe durchaus angemessenen Haltung auf und repräsentiren in Person und Wort den Einfluß der Kirche auf die Gemüther wie auf die Verhältnisse; man begegnet dem Mönche überall mit Ehrfurcht, mit Scheu man respectirt seine Mahnungen, seine Gebote. Sogar der dem dänischen Hofe unbequeme Eiferer behält mit seinem strengen Interdicte Recht, indem es selbst dem Königspaare nicht gelingt, ihm für Ophelien christliche Gebete abzugewinnen.

Diese Würde der Haltung ist es, die wir an dem Trifolium der protestantischen Geistlichen Shakespeare's vermissen.

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Allerdings kennzeichnen sich diese drei: Pfarrer Evans in den lustigen Weibern', Nathanael in Liebes Leid und Lust' und Ehrn Olivarius Textdreher in 'Wie es Euch gefällt' nicht dem Bekenntnisse nach ausdrücklich als Reformers - daß sie jedoch als englische Kirchendiener der Elisabethischen Aera gedacht sind, ergiebt nicht allein ihre Standesbezeichnung als 'parson, curate, vicar' und besonders das significante 'Sir' vor ihren Namen, sondern auch ihre Charakterzeichnung selbst, die mit Macaulay's Schilderung des damaligen Reverend auf's Haar übereinstimmt. - Alle drei werden von ihrer Umgebung gehänselt: Evans von Falstaff und den Bürgersleuten zu Windsor, Nathanael von den Hofleuten des Königs von Navarra, Ehrn Olivarius sogar von dem Gewerbsnårren Probstein, welcher Letztere im Begriffe, sich mit Käthchen, der Bauerndirne, ehelich zusammen geben zu lassen, keinen Anstand nimmt zu erklären (III, 3):

'Ich denke nicht anders, als mir wäre besser, von ihm getraut zu werden wie von einem Andern. Denn er sieht mir danach aus, als wenn er mich nicht recht trauen würde, und wenn er mich nicht recht traut, so ist dies nachher ein guter Vorwand, mein Weib im Stiche zu lassen.'

Sir Nathaniel, the curate, der steife, gespreizte Pedant, ein Phrasendreher von unendlicher Abgeschmacktheit in John Lilly's Manier, giebt sich dazu her, trotz seiner geistlichen Würden in einem Possenspiele vor dem Hofe von Navarra den Alexander zu tragiren; Sir Evans, the welch parson, bei aller Gutherzigkeit und allem 'Kampfesmuth gegen die Spotthaftigkeiten und Stichelworte' seiner Umgebung, ein Gelegenheitsmacher, ein Hans in allen Gassen, der noch dazu das Englisch mit wallisischer Zunge radebricht oder nach Falstaffs Ausdruck hermeckert, läßt sich sogar mit völliger Hintenansetzung seines friedfertigen Standes darauf ein, in einem von dem Gastwirth zum Hosenbande arrangirten Duelle mit dem heißblütigen Dr. Cajus die ebenso klägliche als lächerliche Rolle des Gefoppten zu spielen, und Sir Oliver, the vicar, der armselige, verlumpte Heckenpriester, stellt sich um so alberner dar, als er von 'seines Nichts durchbohrenden Gefühle' keine Ahnung hat und sich noch vermißt, es solle ihn Niemand aus seinem ehrwürdigen Berufe herausnecken.

Dieselben Conturen treten uns in der Caricatur entgegen, in welcher der Gewerbsnarr in 'Was Ihr wollt' den als Tollen eingesperrten Haushofmeister Malvolio, den Puritaner, unter der angenommenen Maske des Pfarrers Ehrn Mathias zum Besten hat. In dieser Figur des PseudoCuraten soll selbstredend ein Geistlicher von Malvolio's Secte, ein "Trübsalsbruder', also immerhin ein Reformer, persiflirt werden, den der Narr in salbungsvollem Jargon den ergötzlichsten Galimathias zu Tage fördern läßt. Allerdings läßt sich nicht leugnen, daß diese an das Possenhafte streifende Scene eine ganz erkleckliche Dosis Satire enthält indessen wenn man bedenkt, wie viele Schwierigkeiten die damals aufkeimende Secte der Puritaner dem Schauspieldirector Shakespeare in den Weg legte, wird man begreiflich finden, daß sich der Lustspieldichter die Gelegenheit nicht entgehen ließ, die Gegner seines Geldbeutels und seiner Muse durch Verspottung ihrer Querköpfigkeiten dem Gelächter der Hauptstadt zu überliefern.

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So unerquicklich es für das protestantische Bewußtsein sein mag, die betreffende niedere Geistlichkeit bei Shakespeare in dieser Weise vertreten zu sehen, so wenig sind wir berechtigt, den Dichter für die Anschauungen seines Zeitalters, für die Stimmung und Würdigung seiner Mitwelt verantwortlich zu machen. Der Lustspieldichter hat sich an die Schäden seiner Zeit zu adressiren und kann seine ethischen Zwecke, die Heilung dieser Schäden durch ihre Verspottung, überhaupt nur erreichen, wenn er mit vernichtender Ironie die Mitwelt da packt, wo sie faule Flecke zeigt. Stand der damalige Reverend so tief in der Schätzung des lustigen Alt-Englands, wie Macaulay es beschreibt und die Quellen es bestätigen, so darf es in der That nicht befremden, wenn dies Bild in aller Schärfe in dem Zeitspiegel der Shakespeare'schen Dichtung reflectirt.

Was nun ferner den hohen Clerus anlangt, so entfaltet derselbe bei Shakespeare die ganze Fülle kirchlicher Machtvollkommenheit vor der englischen Reformation. Von dieser Glorie getragen und im vollen Bewußtsein seines Einflusses greift der Priesterstand höherer Ordnung mit sicherer Hand in die Zeitläufte ein, in Wort und That ein bestimmender Factor für den pragmatischen Verlauf der weltlichen Dinge.

Cardinäle, Bischöfe, Legaten des päpstlichen Stuhls sitzen am Steuer des Staatsschiffs und verfechten nicht allein die Rechte der Kirche da, wo sie in Frage gestellt werden, mit allen ihnen zu Gebote stehenden Waffen, sondern treiben auch, und zwar mit Vorliebe, Staatspolitik, sei es im Interesse der Krone, sei es gegen die Träger derselben, wie es die Welthändel mit sich bringen, bezüglich der Vortheil der Kirche es erheischt.

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Diese hohen katholischen Würdenträger herrschsüchtig sind sie Alle vom Dichter gezeichnet und dabei doch nicht aus demselben Holze geschnitzt. Schon die Nationalitäten scheiden sich von einander: die Italiener von den Engländern.

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Im König Johann führt uns Shakespeare einen römischen Legaten italischer Abkunft in dem Cardinal Pandulfo vor, einen Satelliten des Pabstthums, einen wälschen Pfaffen, wie er schlauer, diplomatischer, jesuitischer nicht gefunden werden mag. Weil König Johann gewehrt hat, daß kein wälscher Priester

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In seinen Landen zehnten soll und zinsen;

weil er der heiligen Gaunerei mit Pfründen' ein Ziel gesetzt

- und Stephan Langton,

Erwählten Erzbischof von Canterbury,

Gewaltsam abhält von dem röm'schen Stuhl;

weil er dem Pabste Innocenz trotzt, schleudert der Legat den Bannfluch auf Englands König und weiß mit perfider Beweisführung den König Philipp von Frankreich zu überreden, daß er den eben erst beschworenen Bund mit Johann wieder löse, womit aufs Neue die Brandfackel des Kriegs zwischen Frankreich und England entzündet wird, Akt III, Sc. 1:

Religion ist's, was den Eid macht halten,
Doch du schworst wider die Religion;
Wobei du schwörst, dawider schwörest Du
So machst Du Eid zum Zeugen wider Eid
Für Deine Treu', da Treue, die nicht sicher

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Des Schwures ist, nur schwört, nicht falsch zu schwören.
Welch ein Gespötte wäre Schwören sonst.

Du aber schwörst, meineidig nur zu sein,

Meineidig, wenn Du hältst, was Du beschworst.

Die spätern Eide gegen Deine frühern

Sind d'rum in Dir Empörung gegen Dich,

Und keinen bessern Sieg kannst Du erlangen,
Als wenn Du Dein standhaftes edles Theil
Bewaffnest wider diese lose Lockung.

Den jungen Arthur Plantagenet, den legitimen König von England, für dessen Rechte Frankreich mit den Waffen eintritt, sucht der hinterlistige Pfaff nicht aus der Gefangenschaft, in die der Prinz gerathen, zu retten er macht sogar den Franzosen plausibel, daß der Knabe in der Gewalt Johanns belassen werden müsse, welcher Letztere nicht umhin könne, den eigentlichen Thronerben bei Seite zu schaffen (Akt III, Sc. 4), und alsdann

Wird all sein Volk die Herzen von ihm wenden,

Des unbekannten Wechsels Lippen küssen
Und Antrieb aus den blut'gen Fingerspitzen
Johanns zur Wuth und zur Empörung ziehn.

Wie der schlaue Italiener prophetisch geahnt, stirbt der gefangene Arthur, und dieser Tod wendet die Herzen der englischen Barone von dem Usurpator ab, der demnächst seinen Frieden mit Rom zu machen und die englische Krone als Lehn vom Pabste zu nehmen sich gezwungen sieht:

Mein Odem war's, der diesen Sturm erregt
Auf Euer starr Verfahren mit dem Pabst.
Nun, da Ihr Euch zu mildem Sinn bekehrt,

So soll mein Mund den Sturm des Krieges stillen
Und dem durchtobten Land schön Wetter geben.

(Akt V, Sc. 1).

Einen zweiten römischen Legaten führt uns der Dichter in Heinrich VIII. in dem Cardinal Campeggio (Campejus) vor, den der Pabst als,,unparteiischen Richter" im Ehescheidungsprocesse des Königs wider seine Gemahlin Katharina von Arragonien nach London entsendet hat. Das Auftreten dieses priesterlichen Abgesandten kennzeichnet sich allerdings anders, als im König Johann denn das päbstliche Ansehen hat bereits von Wittenberg und Genf aus seinen erschütternden Stoß erlitten, und den Königsthron des Tudors findet dieser Legat von festerem Materiale gezimmert, als Pandulfo den Johann's ohne Land. In richtiger Würdigung dieser Verhältnisse zeigt sich der diplomatische Priester hier zurückhaltend, mehr sondirend, und verschwindet spurlos, sogar ohne Abschied und die Ehescheidungssache, die für Heinrich brennende Frage, ganz in der Schwebe lassend, als er gewahr wird, daß der eigenwillige, gewaltthätige Tudor ganz andere Ziele verfolgt, als die sich mit den Interessen der Curie vereinigen lassen.

Von den geschmeidigen Schleppenträgern des römischen Stuhls heben sich wesentlich die englischen Würdenträger der Kirche ab, die sich

wiederum in zwei Gruppen scheiden: in die Geistlichkeit der LancasterYork Tragödie und in die höheren Kleriker des Tudor-Drama's. - Die erstere Gruppe recrutirt sich aus den hohen und höchsten Familien Englands und stellt uns eine stattliche Reihe politischer Lords im priesterlichen Talar dar, echtes Vollblut, kernige Patrioten, Engländer durch und durch, während wir in Heinrich VIII. dem kirchlichen Streberthum begegnen, Emporkömmlingen, groß geworden durch den Willen eines despotischen Monarchen, abhängig von seinen Launen und nur diesen und ihrem eigenen Ehrgeize dienend. Betrachten wir sie näher.

Den Reigen eröffnen in Richard II. zwei legitimistische Edle: der Bischof von Carlisle und der Abt von Westminster, Beide Anhänger des von Bolingbroke entthronten Königs Richard, - der Eine, Carlisle, ein offener, heldenmüthiger Charakter, der sich nicht scheut, in WestminsterHall vor der Reichsversammlung der Lords den mächtig gewordenen Bolingbroke frei und öffentlich des Kronenraubs zu beschuldigen und feierlichen Protest einzulegen, daß der edle Richard

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der Andere, allerdings nur ein heimlicher Verschwörer, aber immerhin ein Verfechter des Rechts, welcher nach Entdeckung der von ihm geleiteten Coalition für die Sache seines entthronten Königs,,vor düstrer Schwermuth dem Grabe hingiebt seinen Leib." Carlisle's freimüthiges Auftreten im Hause der Lords nöthigt nicht allein seinem Gegner das Bekenntniß ab:

Denn hegtest du schon immer Feindesmuth,
Ich sah in dir der Ehre reine Gluth,

sondern mildert auch die Strafe für seine Theilnahme an der Verschwörung zu einer Verbannung in ein geistlich Haus."

Richard Scroop, Erzbischof von York, ein würdiger, gelehrter Prälat von gutem Wandel, kriegslustig, hitzig, vertrauensselig, ein sanguinischer Verfechter des Legitimitätsprincips, tritt in Heinrich IV. als thätiges Mitglied des gegen den Lancasterkönig gestifteten Bundes: NorthumberlandPercy auf, zunächst zur Empörung aufgestachelt durch seines Bruders, des Lords Scroop Hinrichtung zu Bristol. 1) Wie sehr es ihm jedoch um die Sache zu thun ist, nämlich um Abstellung der vom Adel und von dem Volke gegen Heinrichs Regiment erhobenen Beschwerden, documentirt er dadurch, daß er in den zwischen ihm und der Lancasterpartei abgeschlossenen Friedenstractaten ganz vergißt, die Personen der Empörer 1) Heinrich IV, I. Theil, I, 3.

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