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mit dem Könige Claudius zum Untergang Hamlet's, Ophelia's Wahnsinn und Tod ab. Der fünfte Akt spielt auf dem Kirchhofe, es tritt nur ein Todtengräber auf. Der sechste Akt wird ganz von der Fechtscene und dem Ausgang der Hauptfiguren eingenommen. Der Schluß ist wirksam; unter den rauschenden Klängen kriegerischer Musik, die hinter der Scene den Einzug des Fortinbras verkündigt, stirbt Hamlet mit den Worten: 'Der Rest ist ewiges Schweigen.'

Ernesto Rossi's Hamlet ist eine interessante, stellenweise überraschende Leistung. Der Künstler ist noch von jugendlicher Frische, gewandt, lebhaft, ein vortrefflicher Fechter, von natürlichem Anstande. Aber in zwei Hauptpunkten greift er fehl: er giebt der Gestalt anfänglich einen so sentimentalen und weichmüthigen Ausdruck, daß die Ironie, die übersprudelnde Verachtung gegen das ganze Treiben dieser Welt,' der sich aufbäumende Stolz des Prinzen gar nicht hervortreten können, und springt im Verlauf der Handlung aus dieser duldenden Sentimentalität in die Leidenschaft eines Wahnsinnigen beinahe unvermittelt hinüber. Wo wir in der Scene mit Ophelia die Liebe hören wollen die Liebe, die entsagen muß und doch zu selbstsüchtig ist, um frei und groß entsagen zu können sehen wir nur einen Tollen vor uns. Meisterhaft ist Rossi's Mienenspiel, die natürliche, bewegte Geberdensprache, die gute Maske, die Plastik der Stellungen. Das ist ein Ritter, ein Prinz, sagen wir; jede Bewegung entspricht der Wahrheit und ist von einigen Uebertreibungen, die aber vielleicht nur unseren nordischen Augen als solche erscheinen, abgesehen schön. Nach dieser Richtung des Plastischen hin ist die Fechtscene vollkommen und bewunderungswürdig in ihrer Art. Die einst so hochberühmte italienische Fechtkunst des 16. Jahrhunderts kommt hier zur Erscheinung und zu Ehren. Der Wechsel der Rapiere zwischen Hamlet und Laertes vollzieht sich unter Rossi's Hand der, sich verwundet fühlend, Laertes die Waffe entringt und ihm zugleich die seine aufdringt — so blitzschnell, so natürlich, daß wir uns fragen: wie konnten wir nur an der Wahrscheinlichkeit des Vorganges daß nämlich Laertes die vergiftete Waffe aus der Hand lassen wird zweifeln! Und Alles in dieser Scene ist trefflich und charakteristisch: das Ergreifen des Rapiers, der Gruß gegen den König und die Königin, das Zurückweisen des Bechers. Daß Hamlet dem sterbenden König auch noch den Gifttrank in den Mund gießt, erwähnte ich schon. Zu den gelungenen Scenen ist ferner der Anfang des Gesprächs mit der Mutter zu rechnen. Die Wuth, der Ingrimm, die Hamlet bei dem Anblick seines Oheims, im Medaillonbilde am Halse der Königin, ergreifen und in den wildesten Versen: „ein Hanswurst von König, ein Beutelschneider von Gewalt und Reich, der weg vom Sims die reiche Krone stahl und in die Tasche steckte" sich austoben, ver

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stärkte Rossi durch Miene und Geberde auf's Aeußerste, er machte, ganz außer sich und in der Gewalt der Tollheit, die Bewegung des heimlichen Stehlens und in die Tasche Steckens. Es gab da einen Aufschrei des Hasses, einen Ausdruck des Dämonischen, der erschütternd wirkte. In meinem Gefühl verdarb er sich freilich gleich darauf den Eindruck, indem er, nicht gebändigt durch das Wort der Mutter, 'Halt inne!' ruft sie ihm zu ihr das Medaillon vom Halse reißt und es zwei- dreimal mit den Füßen zertritt. Den Monolog 'Sein oder Nichtsein' sprach er ein wenig künstlich, rhetorisch, mit grüblerischem Ausdruck, ohne die leiseste Regung der Leidenschaft. Wenn er im ersten Akte von Horatio die Kunde von der Erscheinung des Geistes erhält, wenn er im dritten Akt, zu Ophelien's Füßen liegend, den König belauert das Spiel mit Ophelien's Fächer ist gerade so ausgeklügelt wie das Abstäuben von Yorick's Schädel mit einem Battisttaschentuch hat Rossi, im ersten Falle in der Ausmalung des Erstaunens, im zweiten in der Spannung und Erregung seines Wesens das Richtige getroffen. Verfehlt schien mir die Begegnung mit dem Geiste und die Scene mit dem Todtengräber. Den ersten Auftritt spielt Rossi ohne jede tiefere Ergriffenheit, ohne die geringste Andeutung, daß hier die Ursache für die weitere Entwickelung des Charakters liegt; die zweite in einem weinerlichen Ton, in einem langsam hinschmachtenden Tempo. Von dem tragischen Humor, von der Weltironie, die hier in Hamlet's Reden, in dem Gegensatz ihrer Bedeutsamkeit zu der Alltagsprosa des Todtengräbers steckt, kein Hauch. Nur mäßig glückten die Gespräche mit Polonius, mit Rosenkranz und Güldenstern, die Declamation vom rauhen Pyrrhus im zweiten Akte, es ist eben nicht möglich, diese Scene als ein Sinngestörter zu spielen. Wie hier zu toll, war Rossi am Schluß der Schauspielscene zu zahm und zu matt; Shakespeare's Hamlet ist wie außer Rand und Band, er singt, er schreit, er stürzt dem Könige nach

Rossi sinkt bei dem Abgang des Königs gebrochen in einen Sessel zusammen. Mit einem Worte: eine interessante, aber seltsame Darstellung, meisterlich in Allem, was das Spiel als Spiel im weitesten Sinne des Worts betrifft, aber sich auch mit diesem begnügend. Was Rossi im Grunde darstellte, war nicht der dänische Hamlet, sondern der italienische, melancholische, brütende Verschwörer der Renaissance, der, durch einen Usurpator um sein Recht gebracht, sich des Mächtigen zu entledigen sucht.

Einheitlicher, künstlerischer faßte Tommaso Salvini die Rolle des Hamlet auf und führte sie stilvoller und reiner durch: stilvoller, aber auch blutloser. Salvini spielte am 19. Mai 1877 auf der Bühne des Friedrich-Wilhelmstädtischen Theaters in Berlin den Hamlet. Das Schauspiel begann hier mit der zweiten Scene des Originals. Es treten auf König und Königin, Polonius und Laertes, Hofherren und Hofdamen.

Erst nachdem der König dem Laertes die Erlaubniß zu seiner Reise nach Frankreich gegeben hat, erscheint Hamlet. Salvini trägt sich einfach in schwarzer Kleidung, mit einer breiten Goldkette um den Hals; er ist barhaupt, neigt sich grüßend dem Königspaar und küßt seiner Mutter die Hand. Darauf beginnt das Gespräch zwischen ihm, Claudius und Gertrud. Wenn sich dann der Hof entfernt hat, hält Hamlet seinen ersten Monolog: 'O schmölze doch dies allzufeste Fleisch!' Während desselben und im Verlauf seiner Unterredung mit Horatio und Marcellus bleibt Salvini aufrecht stehen, nur selten den Platz wechselnd, niemals sich setzend. Die zweite Scene spielt im Hause des Polonius, ziemlich getreu nach dem Original. Darauf folgt der Auftritt mit dem Geist. Hamlet ist jetzt in einen schwarzen Mantel gehüllt und trägt ein Barett auf dem Haupte. Die Worte: 'Mein Schicksal ruft und macht die kleinste Ader dieses Leibes so fest wie Sehnen des Nemeer Löwen!' spricht er wohl leidenschaftlich aber nicht entfernt mit dem Sturm und Drang, den wir bei dieser Stelle in den deutschen Hamletspielern erschütternd ausbrechen sehen. Er reißt sich auch nicht von den Freunden, die ihn festzuhalten suchen, ungestüm los, noch weniger zieht er das Schwert — mit einer schnellen Bewegung hat er sich von ihnen befreit und folgt nun dem Geiste mit langsam feierlichem Schritte. In der nächsten Scene steht er im Hintergrund, einige Stufen höher als der Geist, der im Vordergrunde links vom Zuschauer an der ersten Coulisse Posto faßt. Auch hier bleibt Salvini aufrecht, er fällt nicht auf die Knie, um die Erzählung und das Gebot des Geistes zu vernehmen. Als dann, nach dem Verschwinden des Geistes, Horatio und Marcellus hineinstürmen, ihn mit Fragen bestürmend, sagt Hamlet nur: was geschehen, ist ein furchtbar Schreckliches, ich kann es euch nicht sagen, aber schwört auf mein Schwert, nie bekannt zu machen, was ihr die Nacht gesehen. Darauf schwören sie, nur zweimal läßt der Geist unter der Erde seinen schauerlichen Ruf vernehmen. Nach dem Schwur fällt der Vorhang. Ich gestehe offen, daß ein Hamlet, der nicht sagt: 'Es lebt kein Schurk' im ganzen Dänemark, der nicht ein ausgemachter Bube wäre!' der nicht ausruft: 'Schreibtafel her! Ich muß mir's niederschreiben!' der den Akt nicht mit den sein ganzes Wesen und die Tragödie umschließenden Versen endet: 'Die Zeit ist aus den Fugen; Schmach und Gram, daß ich zur Welt, sie einzurichten, kam!' für mich nur der Schatten Hamlet's ist. Und schattenhaft spielt ihn auch Salvini. Er spricht ohne Feuer, gebrochen und leise, mit langen Kunstpausen innerhalb der Rede.

Der zweite Aufzug fängt mit der zweiten Scene im Original an und dehnt sich, mit manchen Kürzungen im Einzelnen, bis zum Schluß der zweiten Scene des dritten Aktes aus; seine Hauptbestandtheile sind Hamlet's

Gespräche mit Polonius, Rosenkranz und Güldernstern, mit den Schauspielern, die beiden Monologe: 'O welch' ein Schurk' und nied'rer Sklav' bin ich' und 'Sein oder Nichtsein', endlich der Abschied von Ophelia. Wie im ersten Aufzug Salvini's Hamlet ohne Feuer, ist er im zweiten ohne ironische Bitterkeit. Weder ein erheuchelter noch ein wirklicher Wahnsinn. Immer eine vornehme Haltung und das höflichste Benehmen; nur daß er bei den Worten 'die Rede soll mit Eurem Bart zum Barbier!' Polonius in den weißen Bart greift, will mir für einen solchen Prinzen nicht gefallen; alle Betonungen sind richtig, fein und durchdacht, auch nicht ohne Pointe, nur schade, daß die Spitze stumpf ist. Selbst der Ausbruch des erregtesten Gefühls in dem Monologe, der in unserem HamletText den zweiten Akt beschließt und der die stärkste Aufstachelung ist, mit der Hamlet seinen schwankenden Willen zur That fortzureißen sucht, bringt Salvini nur wenig aus seiner gehaltenen Ruhe. Darum tritt auch der Umschwung in dem Monolog von dem gesteigerten Rachegefühl zu dem reflectirenden Zweifel: 'Frisch an's Werk mein Kopf! Hum! Hum!' und dann weiter: 'Der Geist, den ich gesehen, kann ein Teufel sein' nicht scharf genug hervor. Das Selbstgespräch 'Sein oder Nichtsein' spricht Salvini ernst überlegend, ganz in Betrachtung versunken, mit kurzen Schritten hin- und hergehend; scharf werden die Worte: 'Sterben --schlafen vielleicht auch träumen!' hervorgehoben und von einander unterschieden, dann verweilt der Künstler mit besonderer Betonung bei den Versen: 'Das ist die Rücksicht, die Elend läßt zu hohen Jahren kommen. Denn wer ertrüg' der Zeiten Spott und Geißel, des Mächt'gen Druck, des Stolzen Mißhandlungen, verschmähter Liebe Pein, des Rechtes Aufschub, den Uebermuth der Aemter und die Schmach, die Unwerth schweigendem Verdienst erweist, wenn er sich selbst in Ruhstand setzen könnte, mit einer Nadel bloß?' Die Nadel oder der Pfriem des Originals ist in der italienischen Uebersetzung ein Stilet geworden und Salvini macht in seiner Rede bei dieser Stelle die Bewegung eines Mannes, der sich den Dolch in die Brust stößt. Das Gespräch mit Ophelien ist in seiner Auffassung ganz und gar durch die Ueberzeugung beeinflußt, daß der König und Polonius es belauschen, Einzelnes ist hier von großer Schönheit und Wahrheit: aber an Joseph Wagner reicht der Italiener nicht entfernt heran. Im Allgemeinen herrscht auch im zweiten Akt die Kunstpause bedenklich vor, die Darstellung hat etwas feierlich Abgemessenes.

Den dritten Akt nehmen die drei Auftritte: des Schauspiels, des Gebets des Königs und der Unterredung Hamlet's mit seiner Mutter ein. Die Bühne ist bei den Italienern nicht im Hintergrunde, sondern an der Seite aufgeschlagen: nicht glücklich, denn statt dem Könige gegenüber, liegt Hamlet nun in derselben Richtung mit ihm und muß, um ihn zu

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beobachten, sich beständig über Ophelien's Knie vorbeugen. Diese Anordnung wird dadurch noch verfehlter, daß Horatio nicht hinter Hamlet und Ophelia, sondern ihnen gegenüber an die Schaubühne gelehnt dasteht, der König und die Königin auf einer erhöhten Estrade sitzen. Salvini richtet seine Bemerkungen über die Schauspielkunst nicht an 'einige Schauspieler,' wie es im Text heißt, sondern an einen einzigen: es braucht nicht gesagt zu werden, daß der Künstler hier vortrefflich ist, Filigranarbeit ersten Ranges. Er hat dabei und behält auch während der Vorstellung einige beschriebene Blätter in der Hand- man kann sie für das Textbuch des Stückes oder für das Manuscript der Verse nehmen, die er dem Schauspieler zum Recitiren gegeben und blickt bald in die Papiere, bald auf das Antlitz des Königs. Wenn der König aufbricht, wirft er mit einem wilden Schrei es ist der einzige, den er im Verlaufe des Stückes ausstößt die Blätter in die Luft. Fein und geistreich, jedoch ohne das Zittern und Schwingen der Nerven, spielt er dann die Scene mit der Flöte, unterhält er sich mit Polonius über die Wolke. Ungeschickt ist wieder die Betscene des Königs eingerichtet; vorn links steht der Betschemel des Königs, von rechts her tritt Salvini auf, zieht sein Schwert, hält seinen Monolog und geht dann wieder, statt an dem König vorüberzuschleichen, in die rechte Coulisse zurück: man weiß im Grunde nicht, warum er gekommen ist. Wenn Hamlet in der Scene mit der Mutter ruft: 'Seht hier, auf dies Gemälde und auf dies!' so zeigt Salvini in die leere Luft, als wären die beiden Königsbilder nicht in Wirklichkeit, sondern nur als Wahngebilde seiner Phantasie vorhanden: ich glaube nicht, daß dies die Absicht des Dichters ist, Hamlet's Sinnverwirrung tritt erst bei dem Erscheinen des Geistes ein. Der ganze Akt wird im Allgemeinen feuriger und belebter gespielt, als die vorhergehenden, eine Fülle glücklicher und eigenartiger Züge findet sich, die sauberste Miniaturmalerei, aber der Schwung, das Alfrescoartige fehlen.

Der vierte Aufzug wird mit einem kurzen Selbstgespräch Hamlet's, einem Auszug aus dem Monolog Hamlet's bei dem Zuge des norwegischen Heeres unter Fortinbras im Text, eröffnet, daran schließt sich die dritte Scene des vierten Text-Aktes bis zu den Worten Hamlet's: 'Mann und Weib sind ein Fleisch, also meine Mutter; kommt, nach England!' und von der fünften Scene folgt die Uebersetzung, mit einziger Auslassung des sechsten Auftritts, dem Originale: natürlich nur in den Umrissen, im Einzelnen ist Vieles ausgelassen, noch mehr zusammengezogen. Den fünften Aufzug bilden drei Auftritte: Hamlet auf dem Kirchhofe und Ophelien's Begräbniß, die Aufforderung zum Wettkampf mit Laertes, die Fechtscene. Im Anfang ist Salvini vollkommen undeutlich, er flüstert nur mit Horatio, Alles traurig und eintönig. Er springt nicht in das

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