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erbaut gewesen sein und er mag sich bei Freunden darüber geäußert haben, z. B. bei Ben Jonson1). George Wither, der um jene Zeit nach London kam, veröffentlichte satyrische Gedichte, welche er so sich selbst widmete: 'G W wisheth himself all happiness' eine offenbare Verspottung von Thorpe's Widmung der Sonette, in welcher Lord Herbert, da er die Widmung guthieß, eigentlich sich selber 'all happiness' wünschte. Wither mag etwas von der Geschichte der Sonette gehört und den Grafen für die Widmung verantwortlich gehalten haben; daher der Hieb. Daß Wither in gewisse Beziehung zu den 'private friends' trat, geht schon daraus hervor, daß er dem Grafen Southampton und Grafen Pembroke je ein Sonett widmete.

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Auch Ben Jonson scheint auf Thorpe's Widmung anzuspielen und zugleich William Herbert als denjenigen zu bezeichnen, dem sie galt. In der Widmung seiner Epigramme an den Grafen von Pembroke sagt er: 'While you cannot change your merit, I dare not change your title: under which name I here offer to your Lordship the ripest of my studies, my Epigrams; which, though they carry danger in the sound, do not therefore SEEK YOUR SHELTER; for when I made them I had nothing in my conscience, to expressing of which I DID NEED A CYPHER'.2)

Das verräth doch deutlich, daß des Grafen Namen in einer früheren Widmung geändert worden war und zwar in eine Chiffre. Wie Massey glaubt, wollte Ben Jonson damit auf Wither's Widmung antworten und die Veröffentlichung und Widmung der Sonette auf Thorpe's Schultern wälzen. Thorpe war es, der des Schutzes bedurfte und des Grafen und seinen eigenen Namen durch eine Chiffre ausdrückte. Ob es Jonson damit ehrlich meinte, ist eine andere Frage.

Indem ich, am Schlusse meiner Untersuchung der Herbert-Sonette angelangt, deren Ergebnisse überblicke, gestehe ich, daß ich mich nicht getraue, über den eigentlichen Zweck der Sonette ein positives Urtheil abzugeben, d. h. ich vermag nicht zu entscheiden, ob die Sonette nur als Parodie auf Sidney's Sonette geschrieben, oder ob sie wirklich durch eine Leidenschaft des jungen William Lord Herbert zu Lady Rich veranlaßt wurden. Wie ich früher sagte, konnte recht gut Beides neben einander der Fall sein. War Herbert in einer solchen Leidenschaft befangen (was uns jetzt wohl nicht mehr unglaublich erscheint, wenn es auch zufällig nicht geschichtlich verbürgt ist) und drängte er Shakespeare,

1) Massey Suppl. p. 34 für dieses und alles Folgende, ebenso Brown on Shakespeare's Sonnets p. 11.

2) ebenda p. 35.

war.

sie zu besingen, so haben wir gesehen, daß es nicht zum Zwecke der Liebeswerbung geschah, daß sich Shakespeare nicht zum dichterischen Kuppler erniedrigte, sondern daß vielmehr eine Befreiung durch die Poesie, vielleicht auch eine Art Rache an Lady Rich für Sidney beabsichtigt Auf der anderen Seite aber könnte auch schon der fünfte Gesang aus Sidney's 'Astrophel und Stella' allein Herbert und Shakespeare die Idee eingegeben haben, die darin ausgesprochenen Drohungen Sidney's weiter auszuführen und zwar durch den Mund eines in Lady Rich toll verliebten, unreifen Jünglings, was prächtige Gelegenheit bot, Sidney's beklagenswerthe Schwäche zu persifliren; denn in Astrophel und Stella erscheint er ja vielmehr als ein verliebter Knabe, denn als ernster Mann. Für die dichterische Conception würde mir dies vollkommen genügen; ja ich könnte sogar glauben, Shakespeare's Sonette der zweiten Abtheilung seien bloße objective Ausarbeitungen von Ideen, die er aus Sidney schöpfte

wenn nicht, wie schon hervorgehoben, alles, was in dieser zweiten Abtheilung an Sidney erinnert, sich direct auf dessen Stella-Lady Rich bezöge! Deshalb neige ich mehr zur anderen Ansicht und kann mich des Gedankens nicht erwehren, daß eben doch eine wirkliche Leidenschaft Herbert's für Lady Rich ihn zunächst getrieben habe, Shakespeare zum Schreiben dieser Sonette zu veranlassen.

Als wirkliche Ergebnisse unserer Untersuchung aber glaube ich aufstellen zu dürfen, daß die zweite Abtheilung der Shakespeare-Sonette, gerade wie ein Theil der ersten Abtheilung, ihre Hauptanregung aus Philipp Sidney's Gedichten empfangen habe; daß sie vom Dichter für William Lord Herbert, späteren Grafen von Pembroke, geschrieben wurde und daß die berühmte schwarze Schöne der Sonette nicht eine widerliche, zigeunerhafte, übelduftende Maitresse des großen Dichters war, sondern der strahlendste Stern zweier Höfe, Philipp Sidney's unsterbliche Stella, die vielbesungene, vielgeliebte Lady Rich.

Hier höre ich die anscheinend schlagende Einwendung: wie kommt es, daß man erst heute dieses 250 Jahre alte Geheimniß der Sonette enträthselt haben will? Obgleich diese Frage eigentlich nicht nur an Massey's, sondern an alle anderen zur Erklärung der Sonette aufgestellten Theorien zu richten wäre, will ich von unserem Standpunkte aus eine Antwort versuchen.

Wie wir von Meres wissen, waren Shakespeare's Sonette nicht für das große Publicum geschrieben, sondern für die vertrauten Freunde; dabei verhüllte der Dichter aber sein Thema und gab diese Sonette namen- und fast durchgehends geschlechtslos hinaus. Dies verräth eine besondere Absicht, denn es war dem Wesen der Sonettendichtung entgegen. Diese zuerst von Surrey und Wyatt 'aus Italien nach England

verpflanzte Blüthe höfischer und modischer Kunstpoesie'1) war für die 'literarischen Feinschmecker' bestimmt, und ihr Thema war 'feine Galanterie, sinnreich in allen denkbaren Modulationen variirt. Der Dichter selbst aber identificirte sich ohne Weiteres mit dem bald glücklich, bald unglücklich Liebenden einer Dame gegenüber, die unter fingirtem Namen freilich erschien, die aber doch in manchen Fällen von den Zeitgenossen auf irgend eine bekannte hervorragende Persönlichkeit gedeutet wurde und auch nach der Absicht des Dichters so gedeutet werden sollte.' Die Sonettendichtung stellte sich aber auch noch andere Aufgaben: der Dichter gab seine Erzeugnisse heraus, um seinen Witz, seinen Tiefsinn, seine noch nicht dagewesenen Concetti bewundern zu lassen; oft barg sich unter dem Namen, den er besang, gar kein Wesen von Fleisch und Blut, sondern eine abstracte Idee, ein philosophisches Problem. Das alles trifft bei Shakespeare's Sonetten nicht zu; sie tragen den Stempel von Gelegenheitsgedichten, sind an verschiedene Personen gerichtet, von verschiedenen Personen gesprochen und bergen ein Geheimniß, das eben nicht offenbar werden sollte. Er hatte sich nicht ein Thema ausgeklügelt, womit er seine Vorgänger in den Schatten stellen wollte; er beabsichtigte weder eine fingirte Liebe zu besingen, noch ein tiefsinniges Problem zu lösen. Hätte er z. B., wie Simpson 2) meint, die Liebe nach dem Codex amoris in so und so viel analogen Capiteln philosophisch beleuchten wollen, so hätte er es gewiß so deutlich gethan, daß es seine Zeitgenossen auch merkten, hätte den Sonetten eine der üblichen erklärenden Ueberschriften gegeben und hätte sie selbst veröffentlicht. Der große Dichter der Realität unterschied sich aber auch hierin von seinen Collegen: er focht nicht mit Windmühlen, sondern sprach nur aus, was ihm das Herz bewegte - und das, glaube ich, sind wir besser im Stande zu verstehen als seine Zeitgenossen! Während die intimen Freunde, Southampton und sein Kreis, wußten, was Shakespeare eigentlich besang, sahen die Fernerstehenden in den Sonetten Gedichte über Freundschaft und Liebe, lasen Concetti heraus, wie sie's gewohnt waren und bedauerten dabei wohl nur, daß der Dichter die Sache nicht ganz kunstgerecht angefaßt, und versäumt hatte, eine nebelhafte aber unvergleichliche Laura, Celia, Delia, Licia oder Geraldine an die Spitze zu stellen. Dieser Mangel war freilich kein kleiner, er gab den Sonetten etwas Unfertiges und machte, daß sie nicht ganz auf der Höhe der Zeit standen und nicht allgemein gewürdigt wurden. Es ist gewiß, daß sie nicht den Erfolg der lyrisch-epischen Gedichte errangen, die viele und

1) Delius, Shakespeare Jahrbuch, I. B. Ueber Sh. Sonette.

2) Philosophy of Shakespeare's Sonnets, by Richard Simpson, London 1868.

Jahrbuch XVI.

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rasch sich folgende Auflagen erlebten, während die zweite Auflage der Sonette erst 1640, also nach 31 Jahren, gedruckt wurde, zugleich die letzte im 17. Jahrhundert! Sogar die kleine von Jaggard herausgegebene Sammlung von Gedichten Shakespeare's 'the Passionate Pilgrim' ergab in 13 Jahren drei Auflagen. Diese Vernachlässigung der Sonette ist doch gewiß ein Beweis dafür, daß sie den Voraussetzungen, mit welchen man damals Sonette zu lesen pflegte, nicht ganz entsprachen und daß man sie deßhalb nicht völlig verstand. Versuchte doch schon der Herausgeber der zweiten Ausgabe eine neue Anordnung und eine Erklärung der Sonette und zwar und das ist charakteristisch ganz im Einklange mit dem herkömmlichen Begriffe der Sonettendichtung: er gibt den Sonetten Titel wie: 'An seine spröde Geliebte'; 'Entschuldigung eines Liebenden für seine lange Abwesenheit'; 'Ueber den Empfang eines Notizbuches von seiner Geliebten' und überschreibt die Gruppen, in welche er die Sonette eintheilte, mit 'Preis der Schönheit'; 'Der Liebe Grausamkeit' u. s. w. Von autobiographischen Bekenntnissen, von der alleinigen Vergötterung eines schönen Jünglings hat dieser Herausgeber vierundzwanzig Jahre nach Shakespeare's Tode keine Ahnung, wohl aber fühlte er das 'ewig Weibliche' heraus, das in gewissen Sonetten wohnt, und wies sie einem Weibe zu. Wie Massey 1) bemerkt, zeigt diese Veröffentlichung der Sonette als Gedichte über verschiedene Gegenstände einigermaßen, wie die Leser seiner Zeit sie betrachteten. Allerdings scheinen zwei oft citirte Stellen in Ben Jonson's Werken anzudeuten, daß eine unserem Dichter noch näher liegende Zeit seine Sonette im trübsten Lichte der persönlichen Theorie erblickte; ich bin aber überzeugt, daß nur der Neid und absichtliches böswilliges Mißverstehen die Aeußerungen hervorrief, und bewundere die Unbefangenheit der Kritik nicht, die immer wieder aus dem Schutte der Vergangenheit hervorgräbt, was des Dichters Bild beflecken kann.

Die erste Anspielung auf Shakespeare's Sonette soll in Ben Jonson's 1609 geschriebenem und gedrucktem Stücke 'Epicoene, or the Silent Woman' enthalten sein 2), wo gewissen Versen, welche Sir John Daw an den in Weiberkleidern steckenden Knaben Epicoene richtet, unter Beziehung auf das Stichwort increase (s. 1. Sonett Shakespeare's: 'From fairest creatures we desire increase') der Titel: 'A Ballad or Madrigal 'of procreation" gegeben wird. Elze3) hält die Gründe, welche Henry Brown für diese seine Entdeckung anführt, ‘für nichts weniger als stich

1) Massey 1. c. p. 3.

2) Henry Brown 1. c. p. 17.

3) Elze, William Shakespeare, p. 188.

haltig'. Sei dem wie ihm wolle, es ist jedenfalls ein unschuldiger und schwacher Witz, der nur von Ben Jonson's Sucht, Shakespeare eins anzuhängen zeugt; denn Jonson mußte recht wohl wissen, woher Shakespeare diese Vermehrungs-Argumente seiner ersten Sonette genommen hatte (aus Sidney!). Die zweite Anspielung enthält Ben Jonson's 'Bartholomew Fair', wo er die in den Sonetten liegen sollende 'Freundschaftsgeschichte mit der Verführung der Geliebten durch den Freund und der darauf folgenden Versöhnung'1), durch ein Puppenspiel verspottet. Auch diese Anzüglichkeit steht nicht auf den festesten Füßen, denn es ist nicht ausgemacht, ob sie sich wirklich auf Shakespeare's Sonette oder auf Lily's 'Euphues', der die gleiche Geschichte enthält, bezieht. Angenommen was also nicht bewiesen ist es sei hier Shakespeare gemeint, so vermag ich in diesem Hiebe Ben Jonson's doch weiter nichts zu sehen, als ein absichtliches oder unabsichtliches Mißverstehen der Sonette unseres Dichters; keinesfalls aber kann dieses hämische und zweideutige Urtheil des Gegners Shakespeare's für den Inhalt der Sonette maßgebend sein, d. h. den Schluß rechtfertigen, Shakespeare's Sonette verdankten ihr Dasein wirklich einer so unwürdigen Freundschaftsgeschichte. Die Kritik, welche die dunklen Punkte mit Vorliebe zu registriren scheint, hätte sich doch fragen sollen, ob Shakespeare nicht vielleicht zu Lebzeiten schon mißverstanden worden sei, und sie hätte sich diese Frage bejahen können. Der Herausgeber der zweiten Auflage von Shakespeare's Sonetten, John Benson 2)

Vorworte zu denselben:

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sagt in seinem

'Ich wage, mit Vergunst, Euch hier einige ausgezeichnete und süßgedichtete Verse William Shakespeare's vorzulegen, die an sich jene Reinheit tragen, welche der Verfasser selbst, als er noch lebte, betheuerte.')

Shakespeare war also genöthigt gewesen, sich gegen falsche Auslegungen seiner Sonette zu vertheidigen; er hatte ihre Reinheit, vielleicht gerade einem Ben Jonson gegenüber, betheuern müssen. Bedarf es nun noch eines Beweises, daß die Zeitgenossen des Dichters seine Sonette mißverstanden? Auch John Benson verstand sie nicht, wie aus seiner Anordnung der zweiten Auflage hervorgeht (die ursprüngliche Widmung an den 'Mr. W. H.' ließ er einfach weg, wohl weil er in ihr nur ein Machwerk des ersten Verlegers, Thomas Thorpe, erkannte). Warum aber beschränkte sich Shakespeare darauf, die Reinheit seiner Sonette zu be

1) Vergleiche Elze 1. c. p. 499, Henry Brown 1. c. p. 18.

2) Man unterscheide den Dichter Ben Jonson und den Verleger John Benson! 3) Henry Brown 1. c. p. 26.

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