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sondern zugleich allgemeine wirtschaftliche Erscheinungen, daneben auch rechtliche und soziale Zusammenhänge mit in Betracht ziehen. Sie muß gleich zu Anfang eine stoffliche Verbindung in doppelter Beziehung herstellen, in wirtschaftsdogmatischer und wirtschaftsgeschichtlicher. Wirtschaftsgeschichtlich bedarf es einer kurzen Schilderung der wichtigsten dem Jahre 1875 nächstvorhergegangenen wirtschaftlichen Erscheinungen, damit die Preise, welche im Beginn der zu untersuchenden Zeitperiode herrschten und schon das Produkt von zurückliegenden Umständen waren, mit größerer Sicherheit beurteilt werden können. Wirtschaftsdogmatisch ist der Zusammenhang der Preise mit der gegenwärtigen Wirtschaftsorganisation darzustellen und sodann der Zusammenhang nachzuweisen, welcher zwischen der Frage der Preisveränderungen und dem größeren Fragengebiete über Wesen und Arten der Krisen augenscheinlich besteht.

So kann die vorliegende Untersuchung, ob sie gleich wesentlich induktiv zu führen ist, doch auch der Deduktion nicht entbehren 1). Wie jeder scharfgefaßte Begriff eines Generellen das Begreifen spezieller Erscheinungen nicht nur unterstüßt, sondern für das volle Begreifen derselben im Zusammenhange geradezu eine Vorausseßung bildet, und wie auf der anderen Seite wieder in speziellen Erscheinungen Merkmale eines generellen Begriffs vorfindlich sind: so muß unsere Untersuchung zur Feststellung und Beurteilung der Wirtschaftserscheinungen sich auf die allgemeinen Lehren der Volkswirtschaft stüßen, kann aber hinwiederum in ihren Ergebnissen auch auf die Fassung von volkswirtschaftlichen Begriffen, Säßen, Lehrmeinungen oder Forderungen Rückbezug und Rückwirkung haben. Die Gliederung der Untersuchung ergibt sich nach dem Vorstehenden von selbst.

1) Vgl. in Schmollers Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reiche", VII. Jahrg. 1883, 3. Heft, vorzüglich S. 241, die Auseinandersetzung Schmollers mit Carl Menger über „exakte“ und „realistisch-empirische" Methode in den ökonomisch-sozialen Wissenschaften; insbesondere über das Verhältnis der deskriptiven volkswirtschaftlichen Arbeiten zur allgemeinen volkswirtschaftlichen Theorie und ihre wechselseitige Bedingtheit durch einander.

Dazu Carl Menger „Untersuchungen über die Methode der Sozialwissenschaften", Leipzig 1883, und derselbe „Die Irrtümer des Historismus in der deutschen Nationalökonomie“, Wien 1884.

Im ersten Abschnitt sind die eben erwähnten wirtschaftsdogmatischen und wirtschaftsgeschichtlichen Grundlagen zu erörtern, wodurch der Boden für die spezielle Untersuchung vorbereitet und gesichert wird.

Dann hat der zweite Abschnitt sich mit der thatsächlichen Feststellung und Würdigung der Preisveränderungen seit 1875 zu befassen.

Die Aufgabe des dritten Abschnitts ist die Untersuchung und nähere Charakterisierung der Ursachen der Preisveränderungen. Ein Schlußwort hat die Ergebnisse in Rückblick und Ausblick zusammenzufassen.

Erster Abschnitt. Wirtschaftsdogmatische und wirtschaftsgeschichtliche Grundlegung.

Kap. 1. Wirtschaftsdogmatisches.

I. Die Wirtschaftsorganisation und die Preise.

Zwei Triebe sind es hauptsächlich, auf welche sich die wirtschaftlichen Erscheinungen der Gesellschaft in ihrer historischen Entwickelung zurückführen lassen. Der eine, stärker wirksam, allezeit lebendig und bereit sich gegen Hindernisse durchzuseßen, ist der Trieb zum Eigeninteresse, zum Eigenwohl. Er strebt als berechtigter Eigennut nach Selbsterhaltung, Selbsterweiterung und Geltendmachung der Persönlichkeit; seine Verzerrung ist die Eigensucht, die sittlich wie wirtschaftlich so verwerflich und schädlich, als der gesunde Egoismus berechtigt und erforderlich ist. Der andere Trieb, oftmals verdunkelt, zurückgedrängt, zeitweise scheinbar ertötet, aber immer wieder hervorbrechend und unaustilgbar wie die Natur des Menschen selbst, zu der er mitgehört, ist der Trieb zum Gesellschaftswohl1), der als Gemeingeist auf das Wohl eines engeren oder weiteren Verbandes abzielt, und wie in der Familie auch im Vereinsleben, in Gemeinde, Nation und Staat als wichtiger Antrieb wirft.

1) Bei der Betrachtung der Anlagen des Menschen als eines lebenden Wesens überhaupt muß man mit Kant von einem dreifachen Triebe, nämlich: „Zur Erhaltung seiner selbst“, „Zur Fortpflanzung seiner Art“ und „Zur Gemeinschaft mit anderen Menschen, d. i. zur Gesellschaft“ ausgehen. Siehe Kant, Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft, 1. Stück sub I.

Dieser Doppelgrundlage entsprechend weist die heutige Wirtschaftsorganisation eine Mischung zweier Wirtschaftssysteme auf: des einzelwirtschaftlichen, welches vorwiegend auf dem Grundtriebe zum Eigenwohl beruht, und des gemeinwirtschaftlichen, welches wesentlich dem Triebe zum Gemeinwohl entspricht. laufen aber beide Systeme nicht unverbunden nebeneinander her. Jedes derselben hat, wenn schon nicht in seiner inneren Ausbildung, doch in der Wirtschaftsführung nach außen hin, mannigfache Berührung und Verbindung mit dem anderen System. Und beide, obwohl selbständig und grundverschieden in ihrer Entwickelung, dienen, unter gegenseitiger Einflußnahme, einander zur Ergänzung und Korrektur, so daß sie zusammen in organischer Verbindung unseren heutigen Volkswirtschaftsorganismus darstellen 1).

1) Gemeinwirtschaft.

Die praktische Notwendigkeit der Gemeinwirtschaft ergibt sich aus der Thatsache, daß wichtige rein wirtschaftliche und kulturelle Bedürfnisse der einzelnen Menschen, und mehr noch die höheren Lebenszwecke der Gesellschaft sich durch Einzelwirtschaften und deren selbständig-freien Verkehr untereinander entweder gar nicht oder nicht ausreichend oder nicht vorteilhaft, insbesondere auch nicht in wirtschaftlicher Weise befriedigen und verwirklichen lassen. Dahin gehört das Bedürfnis nach Sicherung des Vaterlandes gegen äußere Gefahr, nach Sicherheit von Leben und Gesundheit, Ehre und Eigentum, das Bedürfnis nach Unterrichts-, Bildungs- und Kunstanstalten, nach ausgebreiteten Verkehrsmitteln und nach zahlreichen anderen, insbesondere auch wirtschaftlichen Wohlfahrtsveranstaltungen. Nicht in lezter Reihe gehört dahin auch die Bestrebung in Staat und Gesellschaft, das Leben der einzelnen unter deren eigener pflichtmäßiger Mitwirkung soweit besser, würdiger und sittlicher zu ge= stalten, als dies unter den gegebenen (historisch entwickelten) ökonomischen und sozialen Verhältnissen möglich ist. Endlich kommen auch gemeinschaftliche Erwerbs- und Wirtschaftsbestrebungen auf

1) Für volkswirtschaftliche Grundbegriffe und Prinzipien in ihrem Zusammenhang mit dem Aufbau der Staatswirtschaft ist neuestens zu beachten Say, Grundlegung der theoretischen Staatswirtschaft, Wien 1887.

dem Gebiete der Produktion, des Kreditwesens, der Sparthätigkeit und des Konsums in Betracht.

Solche Gemein bedürfnisse und Gemeinzwecke haben Gemeinwirtschaften in doppelter Form hervorgerufen: die Zwangsgemeinwirtschaften von allgemeinerer Natur und die Freigemeinwirtschaften von mehr spezieller Natur, beide insoweit kollektivistisch, als ihnen Gemeinverantwortlichkeit und Gemeineigentum zu Grunde liegt.

Der ersten Art gehören die Gemeinwirtschaften des Staates und der Kommunen an. Beim Staate ist sowohl die Gesamtfinanzwirtschaft, als auch jeder einzelne Teil derselben gemeinwirtschaftlicher Natur. Jedoch mit einem Unterschiede. Der finanzwirtschaftliche Privaterwerb des Staates, zumal der staatliche Produktions- und Verkehrsbetrieb ist wohl in Bezug auf innere Gestaltung gemeinwirtschaftlich; die geschäftliche Handhabung aber erfolgt hauptsächlich nach Grundsägen der Einzelwirtschaft. Und dieses leßtere ist im wesentlichen auch bei den Freigemeinwirtschaftsformen der Fall, zu welchen vor allen die Genossenschaften gehören. Die älteren Genossenschaften sind korporative Verbände oder Zweckwirtschaften von privatrechtlicher Natur, welche auf freier Vereinigung beruhen und mit selbständiger Rechtspersönlichkeit ausgestattet sind 1). Neu ist die Form der öffentlich-rechtlichen Zwangs-(Berufs-)Genossenschaften, wie sie durch das Unfallversicherungsgeseß vom 6. Juli 1884 geschaffen worden 2).

1) Vgl. das umfassende Werk von Gierke, „Das deutsche Genossenschaftsrecht", Bd. I-III, Berlin 1868-1881, und neuestens von demselben Verfasser „Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung“, Berlin 1887. Ueber die historische Entwickelung der Genossenschaft siehe vorzüglich Bd. I des erst genannten Werkes. Danach fünf Perioden: 1) Die freie Genossenschaft des alten Rechts, ein Friedens- und Rechtsverein, bis etwa 800 n. Chr. 2) Die abhängige oder herrschaftliche Genossenschaft, welche dem patrimonialen und feudalen Verfassungsprinzip entspricht, ca. 800-1200 n. Chr. 3) Die blühenden „gekorenen“ Genossenschaften, mit dem Mittelalter endend. 4) Die abhängigen Privatrechtskorporationen, dem obrigkeitlichen Staatsgedanken oder absoluten Staat entsprechend, ca. 1500 bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts. 5) Die freien Associationen unserer Zeit des allgemeinen Staatsbürgertums. Hierher möchten nächst den eigentlichen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften auch Vereinsanstalten, sowie Aktien- und Kommanditgesellschaften zu zählen sein, während die offenen und stillen Handelsgesellschaften ganz zur Einzelwirtschaft neigen. 2) Vgl. aus S 9 des Gesetzes „Die Berufsgenossenschaften sind für bestimmte Bezirke zu bilden und umfassen innerhalb derselben alle Betriebe

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