Зображення сторінки
PDF
ePub

400

Buschauer. Gut, mein Freund, ich habe bei Gemälden, im Theater, bei andern Dichtungsarten, wohl ähnliche Empfin= dungen gehabt, und das ungefähr geahnet, was Sie fordern. Ich will künftig noch besser auf mich und auf die Kunstwerke acht geben; wenn ich mich aber recht besinne, so sind wir sehr weit von dem Anlaß unsers Gesprächs abgekommen. Sie wollten mich überzeugen, daß ich die abgemalten Zuschauer in unserer Oper zulässig finden folle; und noch sehe ich nicht, wenn ich bisher auch mit Ihnen einig geworden bin, wie Sie auch diese Licenz vertheidigen, und unter welcher Rubrik Sie diese gemalten Theilnehmer bei mir einführen wollen.

Anwalt. Glücklicherweise wird die Oper heute wiederholt, und Sie werden sie doch nicht versäumen wollen? Buschauer. Keineswegs.

Anwalt. Und die gemalten Männer?

Buschauer. Werden mich nicht verscheuchen, weil ich mich für etwas besser als einen Sperling halte.

Anwalt. Ich wünsche, daß ein beiderseitiges Interesse uns bald wieder zusammenführen möge.

Philostrat's Gemälde

und

Antik und Modern.

26

Goethe, fåmmtl. Werke. XXX.

Philostrat's Gemälde.

Was uns von Poefte und Prosa aus den besten Griechischen Tagen übrig geblieben, giebt uns die Ueberzeugung, daßalles was jene hochbegabte Nation in Worte verfaßt, um es mündlich oder schriftlich zu überliefern, aus unmittelbarem Anschauen der äußern und innern Welt hervorgegangen sey. Ihre älteste Mythologie personificirt die wichtigsten Ereignisse des Himmels und der Erde, individualisirt das allgemeinste Menschenschicksal, die unvermeidlichen Thaten und unausweichlichen Duldungen eines immer sich erneuenden seltsamen Geschlechts. Poesie und bildende Kunst finden hier das freiste Feld, wo eine der andern immer neue Vortheile zuweiß't, indem beide in ewigem Wettstreit sich zu befehden scheinen.

Die bildende Kunst ergreift die alten Fabeln und bedient sich ihrer zu den nächsten Zwecken, fie reizt das Auge, um es zu befriedigen, fie fordert den Geist auf, um ihn zu kräftigen, und bald kann der Poet dem Ohr nichts mehr überliefern, was der Bildkünstler nicht schon dem Auge gebracht hätte. Und so steigern sich wechselsweise Einbildungskraft und Wirklichkeit, bis sie endlich das höchste Ziel erreichen: sie kommen der Religion zu Hülfe, und stellen den Gott, dessen Wink die Himmel erschüttert, der anbetenden Menschheit vor Augen.

In diesem Sinn haben alle neueren Kunstfreunde, die auf dem Wege, den uns Winckelmann vorzeichnete, treulich verharrten, die alten Beschreibungen verlorener Kunstwerke

mit übriggebliebenen Nachbildungen und Nachahmungen der selben immer gern verglichen und sich dem geistreichen Ge= schäft ergeben völlig Verlorenes im Sinne der Alten wieder herzustellen, welches schwieriger oder leichter seyn mag, als der neue Zeitsinn von jenem abweicht oder ihm sich nähert.

So haben denn auch die Weimarischen Kunstfreunde, früherer Bemühungen um Polyguot's Gemälde nicht zu ge= denken, sich an der Philostrate Schilderungen vielfach geübt, und würden eine Folge derselben mit Kupfern herausgegeben haben, wenn die Schicksale der Welt und der Kunst das Unternehmen nur einigermaßen begünstigt hätten; doch jene waren zu rauh und diese zu weich, und so mußte das frohe Große und das heitere Gute leider zurückstehen.

Damit nun aber nicht alles verloren gehe, werden die Vorarbeiten mitgetheilt, wie wir sie schon seit mehreren Jahren zu eigener Belehrung eingeleitet. Zuerst also wird vorausge= seßt, daß die Gemälde-Galerie wirklich eristirt habe, und daß man den Redner loben müsse wegen des zeitgemäßen Gedankens, sie in Gegenwart von wohlgebildeten Jünglingen und hoffnungsvollen Knaben auszulegen und zugleich einen ange= nehmen und nüßlichen Unterricht zu ertheilen. An historischpolitischen Gegenständen seine Kunst zu üben, war schon längst dem Sophisten untersagt; moralische Probleme waren bis zum Ueberdruß durchgearbeitet und erschöpft; nun blieb das Gebiet der Kunst noch übrig, wohin man sich mit seinen Schülern flüchtete, um an gegebenen harmlosen Darstellungen seine Fertigkeiten zu zeigen und zu entwickeln.

Hieraus entsteht aber für uns die große Schwierigkeit, zu fondern, was jene heitere Gesellschaft wirklich angeschaut und was wohl rednerische Zuthat feyn möchte. Hiezu sind uns in der neuern Zeit sehr viele Mittel gegeben. Herculanische,

« НазадПродовжити »