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vorzüglich denen bekannt, welche die zartefte Erregbarkeit und die mächtigste Einbildungskraft befizen; und der Geisteszustand, welcher fo zu Wege gebracht wird, ist gleichsam ein Krieg gegen alles niedere Streben. Die Begeisterung für Tugend, Liebe, Freundschaft, das Vaterland ist wesentlich mit solchen Bewegungen verkettet, und so lange jene dauern, erscheint das Selbst in seiner eigentlichen Gestalt als ein Atom zum Universum. Dichter sind aber als Geister vom feinsten Organismus solcher Erfahrungen nicht nur fähig, sondern sie können, auch alle ihre Combinationen mit den entschwindenden Farben dieser ätherischen Welt bekleiden; ein Wort, ein Zug in der Darstellung eines Auftritts oder einer Leidenschaft wird die bezauberte. Saite berühren und bei Allen, welche jemals diese Bewe gungen empfunden haben, das schlafende, kalte, begrabene Bild der Vergangenheit wiederbeleben. Die Poesie macht auf diese Weise Alles unsterblich, was es des Besten und Schönsten in dieser Welt giebt; sie hält die verschwindenden Erscheinungen auf, die in der Dunkelheit des Lebens auftreten, hüllt sie in Sprache und Form, führt sie dann einem Jeden zu, süße Neuigkeit verwandter Freude denen bringend, mit welchen ihre Schwestern zusammenleben; sie wirkt, daß jene Offenbarungen nicht aufhören, welche dem Menschen innerlich von der Gottheit zu Theil werden.“

Die Macht, welche Shelley über die Sprache besaß, war unvergleichlich, und die originelle, innerliche Verbindung seiner Bilder gränzt an's Wunderbare, man denke nur an die herrliche Ode to the West Wind! Nur darf man nicht unerwähnt lassen, daß er aus Nachlässigkeit zuweilen solche Dunkelheiten in den Ausdruck gebracht, daß man sie nur schwer zu enträthseln vermag.

Die persönlichen Eigenschaften Shelley's welche Jedem gleich auffallen mußten, waren vorzüglich eine liebliche und herzliche Güte, die seine Unterredungen mit warmer Theilnahme erfüllte. Zugleich leuchtete unmittelbar der Eifer hervor, mit welchem er menschliches Wohl zu fördern bemüht war. Politische Freiheit erschien ihm als nothwendiges Erforderniß zu wahrem Glücke, und die Hoffnung, dereinst die neue, wahre Freiheit grünen zu sehen, ließ sein Herz hochklopfen und ihn persönliches Interesse geringschägen. Seinem Aeußern nach war er schlank und von fast mädchenhafter Schönheit; seine lebhaften ausdrucksvollen Augen, und die reiche Fülle des braunen Haares, welches das Haupt umringelte, die große Offen

heit, welche aus dem Antlige entgegenstrahlte alles dieses machte auf Jeden von vornherein einen angenehmen Eindruck und gewann ihm die Herzen. In der Unterhaltung zeigte sich sogleich die mannhafte Wahrheitsliebe, die Klarheit und Schärfe des Verstandes und die Gründlichkeit seiner Studien. Während er den Umgang mit Vielen verschmähete, waren ihm die Wenigen, welchen er sein Herz geschenkt hatte, wahrhaft unentbehrlich, und er hätte sie in jedem Augenblicke um sich haben mögen, um mit ihnen zu denken und zu empfinden. Ein Freund der sanften Schwermuth und Schwärmerei und des beschaulichen Stilllebens war er auch einem muntern Austausche der Gedanken keineswegs abgeneigt, und oftmals sahen ihn die Seinen ausgelassen und sprudelnd von Wiz und Fröhlichkeit.

Shelley war in seinen Ansichten aufrichtig und redlich, in seiner Gesinnung wohlwollend und liebevoll, aber er betrachtete die Welt mit den Augen eines Träumers und bildete sich Plane und Hoffnungen, die nie verwirklicht werden können. Seine Täuschung stürzte ihn ins Elend und machte ihn dadurch lange ungerecht gegen Andere; ste entfremdete ihn seiner Familie und feinen Freunden und trübte den größten Theil seines Lebens. Hätte ihm die Vorsehung einen längeren Lebenstag beschieden, so würde er ohne Zweifel völlig gereift sein in seinem Urtheile, und seine Poesie, befreit von dem Geiste einer verderblichen Philosophie, hätte ihm Aller Herzen gewinnen müssen. S.

Bur Charakteristik Othello's

von

Dr. E. W. Sievers,
Oberlehrer am Realgymnasium zu Gotha.

Erster Artikel.
Vorbemerkung.

Da die hier vorzutragende Auffassung des in Othello dargestellten psychologischen Prozesses sich von der bisherigen durchaus unterscheidet, so scheint es nöthig, mit der Nachweisung einiger Mängel der lezteren zu beginnen, um die Aufstellung einer neuen Ansicht nur erst zu rechtfertigen. Ich werde mich dabei an Rötscher und Gervis nus halten, denn wie es eine Entweihung der edelsten Frauengestalt sein würde, Desdemona gegen die Anschuldigungen Boumann's zú vertheidigen (Jahrbücher für wissenschaftliche Kritik. Berlin 1846. Nr. 99 und 100): ebenso ist es unnöthig, Ulrici's (Shakspeare's dramatische Kunst) hier zu erwähnen, da dieser die Hauptfrage nach dem Werden der Eifersucht in Othello mit Negation derselben abweist und die Ueberzeugung von der Untreue seiner Gattin bei ihm vorausseßt. Auf den Nachweis der Genesis der Eifersucht kommt aber in der That Alles an, da doch die lettere zunächst im Widerspruche mit der Liebe steht und folglich mit derselben erst vers mittelt werden muß. Da ist nun gleich Gervinus' Irrthum, daß er sie äußerlich vermitteln will, indem er sie durch Jago in Othello anfachen läßt. Zwar er sucht mit einem Bilde fich zu helfen: „der Argwohn sei ein Unkraut," sagt er (B. 3, S. 217), „das schon auf dem magersten Boden und in dem kümmerlichsten Raume wuchere.“ Allein mit einem Bilde wird nun und nimmer Etwas erklärt; wir fragen mit demselben Bilde:,,Wie konnte Jago's noch so bedachtsam ausgestreutes Unkraut nicht nur Wurzeln schlagen in einem Boden, der der Liebe ausschließlich gehörte (Gervinus wenigstens geht von dieser Annahme aus) *), sondern so üppig wuchern, daß er *) A. a. D.,,Und diese Liebe kam ihm von einem solchen Wesen, daß sie ihm den Haß und Neid der Welt aufwog. Mit dieser Liebe fiel der Sonnenblick in sein Leben, der jeden Mißklang auflöste in vollkommene Harmonie.“

dem tiefgewurzelten Glauben an Desdemona alle Nahrungskraft zu entziehen und ihn mit seinen Wurzeln auszurotten vermochte?" Oder in einfacher Prosa: Wie kommt es, daß Othello, da er doch Desdemona liebte, also an sie glaubte, den Einflüsterungen Jago's überhaupt Gehör gab? und wenn er es that, daß er den eingesogenen Verdacht vor Desdemona verhehlte? mußte er nicht, selbst wenn die Umstände gegen sie zu zeugen schienen, mit dem Zutrauen der Liebe vor sie hintreten, um von dem Verdacht befreit zu werden?” Gervinus freilich hat auf diese Frage eine Antwort, er appellirt an ,,die verschiedenartige Natur und Abstammung des Ehepaars," vermöge deren sich,,Beider Seelen in dem Augenblicke, wo ihr Verhältniß die erste Prüfung erfahre, innerlich voreinander zuschließen, statt sich zu öffnen." Aber zugegeben, die hier aufgestellte Behaup tung wäre begründet: so wäre damit der Grundgedanke unsres Dramas aufgehoben, indem die ganze Katastrophe dann nicht aus der Eifersucht des Liebenden, sondern der des Mohren entspringt, der feiner Naturbestimmtheit nach dem Argwohn nun einmal verfallen mußte und nicht reden konnte, wo es Zweifel zu beseitigen galt. Man sieht, damit ist auch die Liebe Othello's, die Gervinus eben noch erhob, ganz geläugnet- oder die frühere Frage: wie kommt es, daß Othello niemals auch nur versucht, sich mit seiner Gattin zu verständigen? ist noch in Kraft und von Gervinus nicht gelöst. Und so ist es, Gervinus ist durch die etwas feltsame Lieblingsansicht, Shakspeare wolle durch sein Drama vor,,der Verlassung des väterlichen Hauses und der unberathnen Hingebung an einen Fremden" warnen, irre geführt worden.

Gehen wir also zu Rötscher über, der, wie er stets die Kritik auf die legten Prinzipien zurückzuführen sucht, so auch hier die Quelle der Eifersucht bis in die Liebe zurück verfolgt. Er also sucht eine innere Vermittlung; nur leider steht der Nachweis, den zu prüfen hier nicht der Ort ist, daß in jeder fittlichen Verbindung der Keim der Eifersucht verborgen liege, ganz abstract an der Spiße seiner Abhandlung und ist mit dieser selbst in keine andere als jene äußerliche Verbindung gesezt. Daher kommt auch er schließlich dahin, den Helden unseres Stückes, wie Gervinus, allein Jago's Tücken zum Opfer fallen zu lassen; auch er stellt also Othello's Vertrauen zu Jago's Ehrlichkeit über seinen Glauben an Desdemona, womit seine Liebe überhaupt negirt ist, zumal in dem Sinne, den ihr Rötscher beilegt:,,hier liebt

und vertraut der ganze Mensch;" denn damit ist eben das Zutrauen aus der Liebe weggenommen. Später freilich, in der Charakteristik Desdemona's knüpft Rötscher wieder an seine Deduction der Eifersucht an und spricht sich dahin aus: der Keim des spätern Bruches, der von Anfang an in dieser Verbindung gelegen habe, sei,,die troß der allgemeinen sittlichen Durchdringung fehlende allseitige Durchdringung auch der individuellen Persönlichkeiten, durch die allein wir erst die höchste Gewähr einer, jeder fremden Einwirkung undurchdringlichen Einheit haben.“ Allein abgesehen davon, daß diese als nothwendig hingestellte Durchdringung auch der individuellen Persönlichkeiten praktisch darauf hinausläuft, daß die Forderung an Desdemona gestellt wird, sie hätte lernen müssen, Othello's,,Stimmungen," d. h. Launen zu errathen, eine Forderung, die entschieden abzuweisen ist, da sonst Othello selbst sittlich herabgesezt wird: so fallen diese Stimmungen, in die Desdemona,,mit liebender Sorgfalt“ hätte eingehen sollen, in eine Zeit, wo die fremde Einwirkung bereits erfolgt, die Eifersucht entfesselt war, die mithin durch jenen angeblichen Mangel in der Liebe Desdemona's nicht hervorgerufen ist eine Bemer kung, die auch Gervinus' ähnlich lautenden Tadel der Desdemona trifft *). Das Werden der Eifersucht ist also auch durch Rötscher nicht erklärt.

Wir sehen, das Streben nach einer andern Lösung des Widerspruchs, der zwischen Othello's ursprünglicher Liebe und späterer Eifersucht stattfindet, ist gerechtfertigt, insofern er noch ungelöst und doch der eigentliche Angelpunkt des ganzen Dramas ist. Wie für Hamlet **) wird auch für Othello noch eine tiefere Auffassung

*) Während aber Rötscher ausdrücklich ausspricht, mit dem gegen Desdemona Vorgebrachten solle ihr keine Schuld aufgebürdet werden, mithin ihre erhabene Gestalt unangefochten läßt, läßt Gervinus sie doch noch jener Lieblingsanficht zum Opfer fallen. Man lese zum Beweis dafür S. 231:,,Ihr auch, wie dem Mohren, obgleich sie selbst seinen Zorn und Troß noch reizend finden will (!), rersagt das Wort, wie dem verleßten Kinde u. f. w.“ Hiermit vergleiche man das Drama selbst und sehe, ob man Spuren subjectiver kindischer Gereiztheit findet. **) Meine Auffassung des Hamlet hat bereits einen Widersacher gefunden; da derselbe aber nur meine erste in diesen Blättern mitgetheilte Abhandlung über die äußere Handlung dieses Dramas kannte, als er die seinige schrieb, da er mithin weder die ganze Tragweite meiner dort gegebenen Beweisführung überblicken, noch vermuthen konnte, daß sie in dem psychologischen Theile neue Stüßen erhalten würde; so wird er es sich gefallen lassen müssen, daß ich ihn fürs Erste auf meine weiteren Ausführungen verweise, die seine Widerlegung schon enthalten. Indeß muß ich

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