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Delicateffe, Sentiment, Feinheit des Ausdrucks nannten, hatten sie es so weit gebracht, daß sie sich selbst nicht mehr verstanden. Um in diesen Unterhaltungen etwas zu gelten, bedurfte es weder des gesunden Menschenverstandes, noch des Gedächtnisses, noch irgend einer anderen Fähigkeit, es bedurfte des Geistes, aber nicht des ächten, sondern des falschen, bei dem die Einbildungskraft eine Hauptrolle spielt.“

Eine Nachtmüze hieß un complice innocent du mensonge, ein Rosenkranz une chaîne spirituelle, Marmorftatuen des muets illustres, tanzen hieß tracer des chiffres d'amour, den oberen Unterrock nannte man la modeste, den mittleren la friponne und den unteren la secrète. So waren die Ausdrücke du bon et du bel usage beschaffen. Daneben wurden aber auch einige verständigere Redensarten und Wendungen geschaffen, die sich noch bis heute erhalten haben, z. B. avoir les cheveux d'un blond hardi.

s.

Auch die Eigennamen verdrehte man, um ste romantischer zu machen. Mlle de Rambouillet anagrammatisirte sich zum Beispiel mit Hülfe des alten Malherbe und des Racou in Arthénice, Eracinthe, Carinthée u. f. w. Die Sitten und Gebräuche waren nicht weniger barock; man nannte sich nur ma chère, lud sich durch Räthsel und Charaden ein, schickte sich Rondeaux zu und dergleichen. Eine chère legte sich um die Empfangsstunde ins Bett und die Gäste versammelten sich um dasselbe im reich und phantastisch verzierten Alcoven. Um zu dieser Herrlichkeit zugelassen zu werden, mußte man durch einflußreiche Eingeweihte eingeführt sein und bewiesen haben, daß man le fin, le vrai fin, le fin du fin verstehe.

Diese Damen hatten jede ihren dienenden Ritter, der den Titel Alcovist bekam und oft ein Abbé war; doch scheint die Sache weniger bedenklich gewesen zu sein, als der Name vermuthen läßt, wenn man dem St.-Evremond trauen darf, dessen Zeugniß ich lieber französisch geben will:,,L'alcoviste n'était que pour la forme, parceque une précieuse faisait consister son principal mérite à aimer tendrement son amant sans jouissance et à jouir solidement de son mari avec aversion."

Daß alle diese Extravaganzen für den Molière, den Dichter des gesunden Menschenverstandes, eine fette Beute waren, läßt sich denken; und wie er sie zu verwenden wußte, zeigt jede Seite seines Stückes, das auch hinsichtlich der Sprache und des Styls schon von großer Bedeutung ist; denn wo der Dialog nicht in beabsichtigter Weise ge

schraubt, schwülstig und geziert ist, zeigen sich schon im Keim alle späteren Vorzüge seiner Sprache, vor Allem jene Raschheit und Natürlichkeit der Rede, die ihn noch heute in Frankreich zum Muster der komischen Diction machen.

Als Beispiel, wie er den Styl des Hôtel de Rambouillet auf der Bühne zu perfifliren wagte, möge folgender kurze Auszug der zehnten Scene hier stehen.

Mascarille.

Vicomte, que dis-tu de ces yeux ?

Jodelet.

Mais, toi-même, marquis, que t'en semble?

Mascarille.

Moi, je dis que nos libertés auront peine à sortir d'ici les braies nettes. Au moins, pour moi, je reçois d'étranges secousses, et mon coeur ne tient plus qu'à un filet.

Madelon.

Que tout ce qu'il dit est naturel! Il tourne les choses le plus agréablement du monde.

Cathos.

Il est vrai qu'il fait une furieuse dépense en esprit.

Mascarille.

Pour vous montrer que je suis véritable, je veux faire un impromptu là-dessus.

Jodelet.

J'aurais envie d'en faire autant; mais je me trouve un peu incommodé de la veine poétique pour la quantité des saignées que j'y ai faites ces jours passés.

Mascarille.

Que diable est cela! Je fais toujours bien le premier vers, mais j'ai peine à faire les autres. Ma foi, ceci est un peu trop pressé; je vous ferai un impromptu à loisir, que vous trouverez le plus beau du monde.

Jodelet.

Il a de l'esprit comme un démon.

Madelon.

Et du galant, et du bien tourné.

Auch dadurch war dies Lustspiel wichtig, daß es nur einen Act hatte und in Prosa geschrieben war, was bis dahin mit Ausnahme der den Italienern entlehnten Farcen nur selten vorgekommen war; es ist eins der ersten Muster jener in Frankreich seitdem so eifrig cultivirten Gattung. Neben seiner literarisch-historischen hat es aber auch eine cultur-historische Bedeutung; es hat, wie viele Zeugnisse

der Zeit bekunden, indem es die Lächerlichkeiten des damaligen gesellschaftlichen Geschmackes in ihrer ganzen Nacktheit hinstellt, auf die Reform desselben gradezu Einfluß gehabt. Man höre nur, was Ménage (Ménagiana tome II, pag. 65) sagt:

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J'étais à la première représentation des Précieuses Ridicules au Petit Bourbon. Mademoiselle de Rambouillet y était; madame de Grignan (tout l'hôtel Rambouillet), Mr. Chapelain et plusieurs autres de ma connaissance. La pièce fut jouée avec un applaudissement général; et j'en fus si satisfait en mon particulier, que je vis dès-lors l'effet qu'elle allait produire. Au sortir de la comédie prenant Mr. Chapelain par la main, Monsieur, lui disje, nous approuvions, vous et moi, toutes les sottises qui viennent d'être critiquées si finement et avec tant de bon sens, mais croyez moi, pour me servir de ce que Saint-Rémi dit à Clovis, il nous faudra brûler ce que nous avons adoré et adorer ce que nous avons brûlé. Cela arriva comme je l'avais prédit, et dès cette première représentation, l'on revint du galimatias et du style forcé."

Doch Molière fühlte später, daß noch nicht Alles gewonnen sei, daß er noch einmal drein hauen müßte; er that dies mit den femmes savantes, die radical wirkten bis auf die Calembours, welche, wenn sie auch nicht mehr zum guten Ton gehören, doch im Französischen so wohlfeil sind, daß man sie leichter macht als nicht macht, und wohl nie ganz aus der Conversation verschwinden werden.

Darf Deutschland hoffen, je einen Lustspieldichter zu bekommen, der den gesellschaftlichen Geschmack der ganzen Nation zu reformiren vermöchte, und wird es je eine Gestalt bekommen, wo dies möglich wäre?

Dr. A. Laun.

Weber deutsche Nationaldichtung.

Göthe sagt an einer Stelle in seinem Leben, daß der erste wahre und höhere eigentliche Lebensgehalt durch Friedrich den Großen und die Thaten des siebenjährigen Krieges in die deutsche Poesie gekommen sei. Es ist unbezweifelt gewiß, daß in der Zeit vor dem fiebenjährigen Kriege die deutsche Dichtung auf einen Grad von Jämmerlichkeit und Dürftigkeit gekommen war, der kaum überboten werden kann. Der schaale Inhalt der damaligen Poesie wird dadurch am besten bezeichnet, daß Göthe das Luftlager bei Mühlberg, wo zwei Könige sich im militärischen und höfischen Prunke zeigten, vielleicht den ersten würdigen Gegenstand nennt, der vor einem Dichter auftrat. Wenn ein solches Auskramen eitler und müßiger Pracht, diese Reihe üppiger Festmahle, dieses Flimmern eines wesenlosen Scheines der Dichtkunst den ersten würdigen Stoff lieferte, so läßt sich daraus schließen, wie unwürdig die Gegenstände sein mußten, die das übrige Leben darbot. Einem solchen Zustande gegenüber kann man allerdings mit Recht sagen, daß erst Friedrich II. durch sein thatenreiches Leben der deutschen Dichtkunst einen wirklichen Gehalt gegeben habe. Aber auch den ersten Gehalt, wie Göthe sagt? Wir wollen mit Göthe nicht über den Ausdruck rechten, da er augenscheinlich nur von der Zeit spricht, die dem siebenjährigen Kriege vorherging; wir wollen aber troßdem die Frage aufwerfen, ob die deutsche Nation achtzehnhundert Jahre auf die Erscheinung des großen Königs habe warten müssen, um aus seiner Hand sich den ersten wahren und höheren Lebensgehalt der Poesie geben zu lassen? Es ist traurig, daß wir diese Frage nicht mit einem lauten und kräftigen Nein beantworten können, sondern eine schwankende und ausweichende Erwiderung geben müssen. Wir haben allerdings eine Literatur gehabt, die im Leben des deutschen Volkes wurzelte und von seinen Thaten getragen wurde. Aber diese Literatur ist nicht zur vollen Blüthe gediehen, oder wenn diese Blüthe zugegeben werden muß, so ist sie doch bald geknickt, und was davon, den widrigen Umständen zum Troß, unter denen die Literatur zu leiden

hatte, sich eine Zeitlang Geltung verschaffte, hatte später das traurige Schicksal, in Vergessenheit zu gerathen. Das jezige Jahrhundert sucht freilich die Schuld früherer Zeiten zu tilgen und reißt die Literatur des Mittelalters wieder aus der Vergessenheit, aber es ges schicht doch eigentlich nur auf dem Wege der Gelehrsamkeit. Die lebendige Kette, welche die Gegenwart mit der Vergangenheit verknüpfen sollte, d. h. die lebendige Erinnerung, die sich von Geschlecht zu Geschlecht fortpflanzt, ist zerrissen. Wir sehen der alten Literatur, welche nach langer Verschollenheit wieder vor unser Auge tritt, wie einem Fremden in's Gesicht, und wenn wir auch anerkennen müssen, daß sie Fleisch von unserm Fleisch und Bein von unserm Bein ist, so ist doch der Abstand der Zeiten zu groß geworden, als daß wir mit ihr, wie mit einem Jugendfreunde, mit dem wir groß geworden sind, vertraulich und innig verkehren könnten. Erst mit der Zeit Friedrichs des Großen tritt uns die Literatur wieder näher und von ihm an datiren wir die Periode, in welche wir uns ohne Gelehrsamkeit, durch die bloße Erinnerung, durch das, was uns Väter und Großväter erzählten, zurückversezen können. Die Literatur aber nährt und erquickt sich von da an nicht bloß mit Thaten, die auf deutschem Boden geschehen sind, und bewegt sich nicht bloß in deutschen Stoffen und deutschen Formen, sondern sie zieht ihre Nahrung aus allen Enden der Welt und schleppt ihre Stoffe und Formen aus allen Nationen zusammen. So hat sich eine wirkliche Nationalliteratur unter den Deutschen nie in voller, frischer Kraft entwickelt. Woher diese Erscheinung?

Zunächst tritt uns hier die Zusammenseßung des völkerreichen germanischen Stammes entgegen. Wie finden wir die Deutschen, wo sie uns zuerst in der Geschichte begegnen? Nicht als eine ge= schlossene Einheit, sondern sofort in eine vielfältige Masse einzelner Stämme zerrissen und zersplittert. Zwar werden diese Stämme von einem gemeinschaftlichen Charakter zusammengehalten, sie weisen sich aus als Söhne einer Mutter durch ihren kräftigen Körperbau, ihre blauen Augen, ihr röthliches Haar — Eigenschaften, die allen deuts schen Völkerschaften zukommen, was Tacitus so bemerkenswerth findet; sie zeigen sich als Glieder Einer Familie durch eine ges wisse Uebereinstimmung der Sitten und Gebräuche, aber dennoch weiß Tacitus von den meisten Stämmen etwas Besonderes zu erzählen, das sie von einander unterscheidet. Aber auch zugegeben,

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