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und se mourir, abgesehen von den zahlreichen Metaphern: rendre l'âme, passer l'arme à gauche, déposer son âme au sein de Dieu, c'en est fait, laisser ses houseaux (Lafontaine) etc. Dagegen hat freilich wiederum die französische Sprache keinen Erfaz für unsere poetischen Ausdrücke: Friedhof, Gottesacker; denn das Lamartine’sche champ de Dieu (Jocelyn 9 époque) ist ein durch die Dichter auf den Zweig der französischen Sprache gepfropftes fremdländisches Reis und die enceinte de paix wird von Chateaubriand in seinem génie du Christianisme selbst als entlehntes Bild bezeichnet. Klassifiziren wir nun die hier gewonnenen Resultate, so ergeben sich bereits mehre wichtige Prinzipien, die mit dem Geiste des Volkes im innigsten Zus sammenhang stehen. Der franz. Genius strebt so viel als möglich dahin, niederschmetternde (foudroyantes) Ideen durch Euphemismen *) zu verwischen. In jener Conversation, die sich doch ganz um die Gedanken des Todes in seinen verschiedensten Nüancen bewegt, berührt uns doch nie das Wort,,mort" weder als simplex noch als compositum mit seinem eisigen Hauche. Aehnlich dem Römer, der es als üble Vorbedeutung ansah, derartige Ausdrücke zu gebrauchen, sucht der Franzos sorgfältig durch einfache Wörter jenen Leichengeruch, der unsern deutschen Zusammenseßungen innewohnt, zu vermeiden. Ja, diesen Leichengeruch selbst verwandelt er in eine odeur du sapin und sagt sentir le sapin (eine Analogie zu sentir le fagot) von Jemandem, der dem Aussehen nach bald sterben wird. So gebraucht er lieber corbillard als char funèbre, bezeichnet den Leichnam durch das einfache corps, begnügt sich meist, wo kein Doppelsinn dadurch entsteht, mit convoi für convoi funèbre; ist glücklich, durch die Ausdrücke agonie, agoniser des herben Wortes „Todeskampf“ überhoben zu sein; ja (Dank sei es dem Genius seiner Sprache!) er hat sogar die Kunft entdeckt, de mourir tout en vie (= être emporté d'une maladie prompte). 2) Die franz. Sprache ist reicher, als die deutsche, an Ausdrücken, welche sich auf die gewöhnliche Prosa des Lebens, auf

*) François de Neuchâtel sagt deßhalb :

Il est certains objets qu'un prompt discernement
De l'oreille et des yeux écarte également
Soit quand leur nudité peut blesser la décence,
Et l'euphémisme alors en voile la licence,
Soit quand de leur tristesse ou de leur dureté
L'expression directe aurait trop d'âpreté. etc.

den praktischen Bedarf beziehen, ärmer dagegen an jenen sinnigen, aus der Tiefe des Gemüthslebens entsprungenen Wendungen, welche unsern Dichtern so wohl zu Statten kommen. Dieselbe Sprache, die allein acht Ausdrücke für den Begriff des Fensters und dessen verschiedene Modifikationen hat, die Sprache der ,,colifichets, brimborions, fanfreluches, breloques et affiquets; ein Idiom, das unzählige Wendungen hat, um die Form einer menschlichen Nase *) zu bezeichnen, ist nicht im Stande, Seelenkräfte wie Gemüth, noch Seelenzustände: wie Grimm, Heimweh, Sehnsucht 2c. wiederzugeben. Spiegelt sich nicht auch hierin wiederum der Geist des Volkes? Kurz, schon in jenem kleinen Ausschnitte aus dem Gebiete der Sprache liegt die légèreté des Franzosen, die nicht gern durch störende Eindrücke in seinem Lebensgenusse belästigt sein will, die délicatesse, welche euphemistischen Wendungen so hold ist, der praktische, auf das Aeußerliche gerichtete Sinn jenes Volkes klar genug zu Tage. Noch ist freilich für uns das génie einer Sprache eine Art von verschleiertem Bilde zu Saïs; die Sprachforscher haben bisher nur Anatomie, keine Physiologie getrieben. In der Dekonomie des Sprachgeistes die allgemeinen, ewigen Gefeße der Geistes- und Sprachbildung in der nationalen Färbung aufzufassen, wie sie gerade in dieser Sprachform zur Erscheinung gelangen, das ist ein auf dem Gebiete der Linguistik noch wenig kultivirtes Feld. Vor allen Dingen wird es sich darum handeln, auf diesem praktischen Boden, der nichts absolut Gutes und nichts absolut Schlechtes zeigt, sine ira et studio zu schildern, und der Arbeit weder den Charakter einer Anklageakte, noch den eines Panegyrikus aufzuprägen. Chateaubriand ist auf seinem idealen Gebiete, bei dem génie du Christianisme, vollkommen berechtigt, génie und beautés identisch zu fassen, keineswegs aber der Sprachforscher. Seit jener äußeren Anregung mit den Vorarbeiten zu einem Werke,,sur le génie de la langue française" beschäftigt, theile ich hier einige Fragmente aus meinen Studien, sowie meine Ansichten über die bei der Behandlung dieses Thema's zu wählende Methode mit, um bei der Behandlung

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*) Nez pointu; courbé; aquilin; épaté; aux méplats délicatement accusés; camus; camard; retroussé; d'une arête brusque; mince; capricieux; mal tourné; en l'air; au vent; à la Romaine; d'une coupe fine et fière; rechigné; renfrogné (refrogné) etc. Cfr. la chanson,, le nez "

mautort.

par De

eines eben so neuen *) als schwierigen Gegenstandes mich durch die Urtheile Sachkundiger vor etwaiger Einseitigkeit zu bewahren.

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Wenn es ein bekannter Grundsaß ist, daß die Behandlung eines Themas wesentlich durch zwei Momente bedingt wird: durch die innere Natur des Gegenstandes und durch den Kreis von Lesern, welchen man zunächst im Auge hat: so wird in ersterer Hinsicht die Analogie der Geschichtsschreibung im gegenwärtigen Falle den sichersten Wegweiser abgeben. Ist doch die Sprache das Volk, wie nach Buffon's bekanntem Ausspruche der Styl der Mensch ist! Und wie verfährt man, um das génie eines Jahrhunderts zu schildern? Gewiß handelt es sich hier nicht darum, ein Conglomerat von Thatsachen oder eine möglichst vollzählige Galerie von Persönlichkeiten des betreffenden Zeitalters aufzustellen, wir haben es hier mit einem Baume zu thun, dessen Wurzeln im Boden der Wissenschaft haften, dessen Krone sich aber in den Regionen der Kunst wiegt.,,Pour atteindre notre but, sagt Alfred de Vigny, als es sich um die Schilderung einer historischen Epoche handelt) **), il faut sans doute commencer par connaître tout le vrai de chaque siècle, être imbu profondément de son ensemble et de ses détails ce n'est là qu'un pauvre mérite d'attention, de patience et de mémoire. Mais ensuite il faut choisir et grouper autour d'un centre inventé, il faut donner une teinte lumineuse qui comprend ses plus vives couleurs etc." Da aber, wo es sich nun speziell um die Schilderung französischen Geistes und französischen Lebens handelt, wer könnte da wol über die passendste Form zweifelhaft sein? Seitdem Chateaubriand so glänzend für die Memoiren theoretisch und praktisch in die Schranken getreten ist, wird Niemand mehr ihnen den Rang in der französischen Geschichtsschreibung streitig machen ***). Die weltmännische Eleganz und

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*) Das sog. „génie de la langue fr.", Tübingen, Osiander 1843, enthält nichts als eine nackte, alphabet. Compilation von 3200 Sprichwörtern und prøverbialen Redensarten. Ein zweites Werk „Die Deutschen und Franzosen nach dem Geiste ihrer Sprachen und Sprichwörter“ von Venedey hält sich mehr in geistreichem allgemeinem Raisonnement und geht wenig auf sprachliche und wissenschaftliche Details ein, die dem Verfasser größtentheils fremd find. **) Réflexions sur la vérité dans l'art.

***) „Le Français a été dans tous les temps, même lorsqu'il était barbare, vain, léger et sociable. Il réflechit peu sur l'ensemble des objets, mais il observe curieusement les détails et son coup d'oeil est prompt, sûr et délié. Il faut toujours qu'il soit en scène et il ne peut consentir même Archiv f. n. Sprachen. IX,

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die bewegliche Aeußerlichkeit des französischen Lebens schmiegt sich nun einmal nicht in schwerfällige Bände dickleibiger, historischer Folianten. Eine gelehrte, mit unendlichen Citaten gespickte Abhandlung über esprit und causerie würde sich komisch genug ausnehmen. Es liegt wahrlich viel Wahres in der Behauptung, die besten Archive für französische Kultur- und Literaturgeschichte seien dadurch verloren gegangen, daß die Pariser Cafés, als Brennpunkte des geistigen Lebens der verschiedenen Epochen, uns nicht durch Memoiren berühmter Zeitgenossen geschildert sind. Welch herrliche Beiträge würde nicht das café Laurent rue Dauphine (eins der frühesten in Paris) zur Geschichte Jean Baptiste Rousseau's und feiner Zeit, das café de la Régence zur richtigen Würdigung Jean Jacques Rousseau's und seiner Schule, das café Procope zur Kritik Voltaire's und der Encyklopädisten, das café . Tortoni zur Sittenschilderung des Kaiserreichs, welches so glänzend dort vertreten war, uns liefern können? wie manche Streitfrage würde dadurch geschlichtet werden? Die Restauration - und das café de Chartres, die Julidynastie – und das café de Paris find in der Idee des Franzosen unzertrennlich verwachsen. Dem analog würde denn auch für die Schilderung des ,, génie de la langue française" sich vorzugsweise eine solche Darstellung eignen, welche die Ergebnisse scharfer Beobachtung und gründlicher Studien in möglichst schöner, von pedantischen brodequins (spanischen Stiefeln) freier Form liefert und durch eine den verschiedenen Nüancen des Sujets angepaßte französische Diction nicht bloß materiell, sondern auch formell zu bilden geeignet ist. Neben der Charybdis der philologischen Pedanterie gilt es aber ebensowohl, die Scylla jener rein poetischen, mystischen Sprachanschauung zu vermeiden, die mit Charles Nodier,, entrevoit une féerie complète d'enchantements et de métempsychoses dans ces brillantes familles de mots qui ne sont que des mots pour le vulgaire" *). - Hinsichtlich des zweiten für die Behandlungsweise

comme historien à disparaître tout à fait. Les mémoires lui laissent la liberté de se livrer à son génie. Là sans quitter le théâtre il rapporte ses observations toujours fines et quelquefois profondes. Il aime à dire: J'étais là, le roi me dit, j'appris du prince... Le désir qu'il a de se montrer penseur ingénieux le conduit souvent à bien penser. De plus dans ce genre d'histoire il n'est pas obligé de renoncer à ses passions dont il se détache avec peine. Il s'enthousiasme etc."

*) „Ceux là (sagt er in Bezug auf die Nomenklatur der Schmetterlinge) sont les chevaliers grecs et troyens. A sa cotte de mailles échiquetée de jaune

entscheidenden Moments, nämlich des Publikums und der davon abhängigen größern oder geringern Popularität, erkläre ich mich für das Werk, dessen wissenschaftliche Vorstudien ich hier liefere, wefentlich einem pädagogischen Zwecke untergeordnet zu haben. Meine Arbeit hat zunächst die höchste Stufe des französischen Sprachunterrichts auf Realgymnaften im Auge und soll demnach zunächst für das Jünglingsalter von 16–18 Jahren berechnet sein. Wenn einmal der so oft ausgesprochene Zweck, den Schüler in den Geist der Sprache einzuführen, keine bloße Phrase bleiben soll, so kann nur auf eine solche Art der Sprachunterricht einen würdigen Schlußpunkt finden. War dessen erste Stufe vorherrschend mechanisch, die zweite mehr abstrakt: so muß die dritte die konkreten Eigenthümlichkeiten des bestimmten Idioms nicht als etwas für sich Bestehendes, seine Regel im eigenen Organismus Findendes, sondern nur als äußere Hülle einer spezi= fisch-nationalen Anschauungsweise zum Bewußtsein bringen und so mit der grauen Theorie, des Lebens grünen Baum vermählen. Da werden bekannte Sprachgeseze in einem neuen Lichte erscheinen, und selbst die scheinbaren,,caprices et fantaisies" der Sprache in ihren feinsten Nuancen, die architektonischen Ornamente des Styls werden hier eine tiefere Bedeutsamkeit gewinnen, als in der steifleinenen Behandlung der syntaxis ornata nach hergebrachtem, landläufigem Schnitte *). Auf diesem Gebiete darf unsers Erachtens der Sprach

et de noir vous reconnaissez le prudent Machaon, fils presque divin du divin Esculape et fidèle autrefois au culte des plantes qui recèlent de précieux spécifiques pour les maladies; il ne manquera pas de s'arrêter sur le fenouil. Si vous descendez plus bas aux pacages, ne vous étonnez pas de la simplicité de ses habitants. Ces papillons sont des bergers et la nature n'a fait pour eux que les frais d'un vêtement rustique. C'est Tityr, c'est Myrtil, c'est Corydon. Un seul se distingue parmi eux a l'éclat de son manteau d'azur ... mais c'est le roi des pâturages, c'est Argus qui veille toujours à la garde des troupeaux etc. Cfr. in Bezug auf deutsche Sprache einen Artikel von Grube pädagog. Zeitschrift v. Löw und Körner, 2ter Jahrgang, 10te Lieferung, p. 893.

*) H. A. Müller hat sich in seinen „Beiträgen zur franzöf. Syntax mit besonderer Rücksicht auf die Sprache der Romantiker, Jena 1849" auch für die syntaxis ornata (pag. VII) dem alten grammat. Schematismus angeschlossen. Einzelne der soi-disant Regeln verdanken noch dazu einem bloßen Mißverständnisse ihr Dasein, wie Regel 272 (p. 113), wo tout offenbar nicht zu quiconque, sondern zu d'abord gehört. Der erste Saß der Regel 175 (p. 77) wird durch die Analogie von ivre-mort umgestoßen 2c.,

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