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Ich hätt' in guter Schlacht die Beine lieber
Verloren, die dazu hieher mich trugen,

Worte, denen die späteren sich anschließen:

Ich büßte ja die Zunge lieber ein,

Als daß sie gegen Michael Cassio zeugte,

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Wir sehen, statt soldatisch derb und kräftig zu sein, gibt er sich vielmehr ein weinerliches Ansehn und thut das natürlich nur, weil er dadurch eben Othello zu gewinnen meint. Und dem entspricht in Othello's Angelegenheiten der Ausruf, den wir ihn bei Cassio's Entfernung von Desdemona thun hörten: Ha! das gefällt mir nicht!" denn diesem leiht er den Ausdruck jähen Schreckens, weil er ja seines Freundes Glück und Ehre bedroht sieht. Man beachte: es ist dieselbe Waffe, mit der einst Desdemona Othello gewann, die jezt Jago braucht, um ihn ihr zu entreißen. In Othello's augenblicklicher Seelenstimmung konnte sie ihre Wirkung nicht verfehlen, nur steht trozdem fest, daß Jago nicht der Urheber der Eifersucht Othello's ist, sondern allein die Bedeutung des aus ihm herausgestellten,Walso in ihm selbst schon vorhandenen, Unglaubens, des argwöhnischen Verstandes hat, der seine von vornherein der Eifersucht verfallene Liebe zernagt und den selbstischen Keim derselben zit voller Entfaltung treibt. Darauf beruht die ungeheure Wirkung der Einflüsterungen Jago's, die nun überdies gerade durch das unterstügt wird, was Desdemona's Liebe in Othello über allen Zweifel hinaus heben sollte; denn er ist ja, wie wir vorhersahen, durch den ersten Zweifel an ihrer Liebe wieder auf den Standpunkt des Prüfens› zurückgeführt, von dem er ausging, und dieser Standpunkt selbst wendet sich gegen ihn. So seine Abstammung fie achtete sie nicht und floh den reichen Jünglings-Adel ihrer Stadt, um an solches Unholds pechschwarzer Bruft zu ruhn“ →→ aber ihm muß es jezt selbst unbegreifs lich scheinen, wie einst ihrem Vater; daß Furcht und Liebe in ihr kämpften, eh' ste sich ihm ergab, die sicherste Bürgschaft, daß ihre Furcht nun auch nicht mehr erwachen werde, beweist ihm ihre Heuchelei, für die es bald auch noch andre Belege gibt; denn sie hat ihren Vater ja auch getäuscht, wenn auch nur, um ihm, Othello, ganz anzugehören. In der That, Gervinus hätte Recht, wenn er in der Zerstörung des Liebesglücks Othello's die Hand der Nemesis für seinen Antheil an der Entführung Desdemona's sähe, denn Othello hatte kein höheres Recht auf Desdemona als ihr Vater, dess

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fen Liebe zu ihr tiefgewurzelt war, nur soll er Desdemona's hohe Erscheinung, die ihr Recht in sich selber trägt, nicht mit dem Maßstab äußerlicher Pflichten messen, von denen sie Nichts weiß, sie liebte überdies noch ihren Vater und hat es durchgekostet, daß sie ihn verloren", wie sie sagt; aber täuschen mußte sie ihn, oder sie wäre auch der lezten Lüge nicht fähig gewesen, die ihre Liebe als die selbstlos reine aufweist, die sie auch damals war, als sie ihn täuschte. Othello aber, der von Anfang an Selbstische, muß nun auch ihre Bereitwilligkeit, ihm zu folgen, ja ihr Entgegenkommen, das der lauteste Zeuge ihrer unbedingten Hingebung an ihn war, als bloße Heuchelei, als Maske, ansehen, schlau angenommen, um ihn zu gewinnen, und alle jene einzelnen Zeichen ihrer Liebe, auf die er einst den Glauben an fie baute, als er sie prüfte, verwandeln sich für ihn in ebensoviele Kunstgriffe, ihn zu täuschen. Zwar unser Dichter in seinem Reichthum läßt uns das Wirken aller dieser Momente nicht anschauen, er darf uns, wie wir gleich sehen werden, nur einige vorführen, aber ein einziges Wort, das Othello, als er sich überzeugt glaubt, Des= demona zuruft, das Wort: „Ich nahm dich für die schlaue (cunning) Dirne von Venedig, die Othello freite," beweist, daß alle diese Momente in ihm thätig waren, daß also in der That der Standpunkt des Prüfens selbst in Othello aufgehoben und verurtheilt ist. Wenn aber der Dichter uns nur einige dieser Momente vorführt, so liegt der Grund davon in dem Umstand, daß Jago, der nicht alle kennt, der active, angreifende Theil ist, Othello der passive, abwehrende, der also, so oft er Jago gegenübersteht, mit den ihm von diesem hingeworfnen Zweifeln schon allzusehr im Kampfe ist, um noch andre, die in ihm selber leben, auszusprechen*). Weit entfernt also, daß die Eifersucht allein durch seine Einflüsterungen in Othello angefacht wird, erscheint Jago vielmehr beschränkt in seiner Kenntniß dessen, was sie zu steigern vermöchte, und hat in Jenes Bruft Bundesgenossen, die er gar nicht ahnt gewiß ein neuer Zug der Weisheit unsres Dichters, oder vielmehr ein glänzender Beleg der Unmittelbarkeit seines Schaffens, denn so tief dringt der Blick des

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*) Ein einziges Mal, gleich zu Anfang, als er eben erst dem Kampf verfällt, nennt er selbst ein Moment, das nächste, am meisten in die Augen fallende: And yet how nature erring from itself Alles Uebrige kommt von Jago, worin das bisherige Mißverständniß unsres Dramas dann auch wohl mit begründet fein mag.

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rechnenden Verstandes nicht. Dadurch ist selbst ein Jago mit all' seinem Scharfsinn noch zu einem mangelhaften Werkzeug einer höhern Macht herabgesezt, des sittlichen Geistes, der Othello ihm in die Arme treibt, und der Ehre beraubt, mehr als ein menschlicher Bösewicht zu sein, denn zum Teufel fehlt ihm die Alwissenheit.

Daß aber Jago in der That damit anfängt, ihn durch Theilnahme, durch Mitleid, seinen Eingebungen zugänglich zu machen, zeigt ein Blick in unsre Scene. Abgesehen von den abgebrochnen. Reden, mit denen er beginnt und durch die alle die Sorge, das Mitleid des Freundes durchzufühlen ist, abgesehen von dem „guten Herr," das im Deutschen freilich durch mein General" verdrängt ist: sagt er es auch ausdrücklich:

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Auf Einen, der so unvollkommen wahrnimmt,
Nicht hören mag; noch Unruh' Euch erbau'n

Nicht kann's bestehn mit Eurer Ruh' und Wohlfahrt æ.

und weiterhin:

O bewahrt Euch, Herr, vor Eifersucht u. s. w.*).

Auf Othello's Seite entspricht dieser Theilnahme das herzliche Drån

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*) Die Stelle It is the green-ey'd monster which doth mock (denn das ist die ursprüngliche Lesart, muck und make sind bloße Conjecturen) the meat it feeds on hat den Auslegern viel zu schaffen gemacht. Schmidt 1. c. weist Tieck's muck ab und nimmt auch das make der Engländer nicht an, obgleich er fie gegen Tieck in Schuß nimmt, gibt aber selbst eine, wie mir scheint, unzulässige Erklärung von moks the meat etc., indem er es überseßt: verfälscht die Speise, d. h. macht sie zum Schatten, nährt sich also von Schatten. Aber weder die angezogenen: mock monarch, mock — fight, die zugleich den Begriff des Hohns auf das, was sie darstellen wollen, einschließen, noch die aus Macbeth angezogene Stelle, wo dasselbe wiederkehrt, können diese Erklärung begründen. Ich meine aber, daß man das Verb to mock nur in dem activen Sinne zu nehmen hat, um zum richtigen Verständniß zu gelangen. Die Eifersucht ist der Dämon, der die Speise, die ihn ernährt, nämlich den ihr verfallenden, sie verkörpernden Menschen, der zu ihrem Werkzeug wird, auch noch verspottet, dem Gespötte Preis gibt. Jago freut sich innerlich, den Mohren zum Gespötte zu machen. Daß übrigens der Eifersüchtige von seiner Leidenschaft aufgezehrt werde, ist eine durchaus gewöhnliche Anschauungsweise, die von allen Leidenschaften überhaupt gilt, wie denn Jago später zu Othello sagt: I see, Sir, you are eaten up with passion. Dann aber kann auch der Mensch mit Recht als ihre Nahrung bezeichnet werden und folglich meat wirklich den Menschen darstellen, statt daß man hier stets nach einem besondern Object suchte, das als Nahrung dienen sollte.

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gen, mit der Sprache herauszugehen, ja schon in der ersten Frage: Was sagst du, Jago?" beweist der beigefügte Name Jago,“ der auch in der dritten Frage wiederkehrt, die Herzlichkeit des Tons, mit der sie ausgesprochen wird. Und wieder, wie schon vorher, erräth er Jago's Gedanken von ferne; denn ehe dieser noch irgend etwas Bestimmtes gegen Caffio vorgebracht hat, fragt er schon: Ift er nicht ehrlich?" arbeitet also Jago's Plänen in die Hände. Denn in den Worten: „Bei Gott, mein Echo! als läg' ein Ungeheur in seinem Sinne, zu gräßlich, um sich sehn zu lassen,!' verräth er, daß er das Ungeheuer schon argwöhnt, das in Jago's Sinne liege. Aber das erhöht nun seine Herzlichkeit, die also aus der Angst um sein Loos, aus seiner Bedürftigkeit, entspringt.~,,Wenn du mich liebst,” fährt er fort,,,so zeige mir deine Gedanken." Und bald darauf, als auch das nicht zum "Ziele führt:,,Sprich zu mir, wie zu Deinen Gedanken, ganz wie Du denkst," endlich:,,Du übft Verrath an Deis nem Freund, Jago, wenn Du glaubst, man kränk' ihn, und sein Ohr zum Fremdling für Dein Denken machst." Was ist deutlicher? Wo ist die Hülfsbedürftigkeit je sprechender geschildert? Steigt hier doch der General und Statthalter, der sonst auf diese seine Würde so Eifersüchtige, zu dem niedrig gebornen Fähnrich, den er selbst nur mit „Du“ anredet, während Cafsto, der frühere Vertraute seiner Liebe, sich des,,Sie" erfreut, steigt er doch zu diesem so ganz herab, daß er Eins mit ihm wird, daß er von ihm fordert, was nur der Freund vom Freunde fordert! Aber noch mehr, er fordert von dem Freunde dies unbegrenzte Vertrauen, in dem Drange, von seiner Gattin zu erfahren, zu vernehmen, ob sie wirklich treulos ist, wofür er selbst sie schon hält! Wieder eine Consequenz seines Standpunkts, auf die wir in der allgemeinen Charakteristik Othello's nur hindeuteten, um sie hier auszuführen. Dieser Standpunkt nämlich, der die selbstlose Liebe ausschließt, weil er auf der Selbstständigkeit des Individuums ruht, fordert, insofern mit der Vereinzelung des Subjects seine Hülfsbedürftigkeit gesezt ist, das Verhältniß der Freundschaft, obschon freilich nicht in dem Sinne, wo sie selbst wieder zur Hingebung wird, sondern in dem Sinne der Verstärkung der eignen Persönlichkeit für den Fall drohender Gefahren oder Leiden, die unausbleiblich kommen müssen. Somit versteht es sich auf diesem Standpunkt von selbst, daß der Freund, der selbst als selbstständiger Mensch dasteht und als solcher der Achtung der Per

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son genießt, der mit denselben Feinden, dem Andrang der Welt, zu kämpfen hat, auch die Controle über das Weib des Andern mitzu führen berechtigt ist, denn dieses gilt nur als Besitz, als Sache ein Recht, das wir Othello schon hier, noch ehrer, es ausdrücklich thut, thatsächlich. dem neuen Freunde einräumen fehen. Hiemit aber ist nun den frühern Gründen; weshalb er Jago nicht durchschaute, weshalb er ihm verfallen mußte, der lezte beigefügt: feine aus seis nem Standpunkt fließende Bedürftigkeit ist es, die ihm Jago zum unentbehrlichen Freunde macht, sobald der Argwohn gegen seine Gattin ein Mal erwacht war. Nun aber ist er auch durch die Beschwörungen, die wir ihn eben aussprechen hörten, unauflöslich an ihn geknüpft; wenn auch vielleicht noch ein Mal das frühere Ver trauen zu Jener reagirt, es ist schon zu tief untergraben, er wird stets wieder zu dem Freunde seine Zuflucht nehmen und ihm dann nur noch sichrer angehören." Darin aber liegt, schon ausgesprochen, daß jezt auch seine Selbstständigkeit dahin ist, um die ihn also, wie wir oben sagten, in Wahrheit dieselbe Bedürftigkeit gebracht hat, die ihn vorher Desdemona in die Arme führte.

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Sehen wir jegt, wie im Verlaufe der Entwicklung die Eifersucht ihn immer fester umspannt, um ihn nicht mehr loszulassen; 1 sehen wir, wie sein Verhältniß zu Desdemona und seine Stellung zu sich selbst sich unter ihrem Einfluß umgestaltet. Noch ehe Jago das Wort Eifersucht ausgesprochen, bezeugt das kurze Wörtchen „Ha!“ das einzige, das er noch hervorzubringen vermag, die fürchterliche Gewalt der innern Kämpfe, denen er schon verfallen ist. Ausgehend von der Rührung, in der er sich der Verdammniß weihte, wenn er sie nicht liebe, ist er durch Empfindungen der Wehmuth, die seine ersten Fragen durchbebt, bes Ingrimmes, als Jago sein zu spotten scheint, der Angst, was er ihm vorenthalten möge, zu jenem schmerzlichen Gefühl des höchsten Elends fortgetrieben worden," in dem er jene Bitten an Jago richtete, und als auch diese fruchtlos find, geräth er außer sich und will ihn zwingen, seine Gedanken auszusprechen. Hier schließt sich jener kurze Ausruf an, der ihn der

Wuth verfallen zeigt und Jago entre ohin bringt, ihn vor der

Eifersucht zu warnen. Der Wuth folgt jezt die gänzliche Zerschlagenheit, in der er wieder nur ein einzig Wort:,, Jammer!" auss stoßt. Aber Jago hat sich doch vergessen, indem er ihm das Bild des Eifersüchtigen mit allen Zügen des Kleinlichen geschildert

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